Oberstufen-Chemiebuch Kontextorientiert/Die Entstehung des Lebens und Reise-Lyrik: Unterschied zwischen den Seiten

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== Moleküle im Weltall ==
[[File:DPAG 2010 33 Postkutsche.jpg|thumb|DPAG 2010 33 Postkutsche]]
=== Aus Atomen werden Moleküle ===
Bisher haben wir immer nur einzelne Atome betrachtet, die sich mit Spektren im Weltall nachweisen lassen. Aber nicht nur einzelne Atome sondern auch Verbindungen konnten nachgewiesen werden. Die interstellare Materie besteht aus neutralem und ionisiertem Gas sowie aus interstellarem Staub.
[[Datei:"Finger of God" Bok globule in the Carina Nebula.jpg|thumb|Eine etwa 2 Lichtjahre große Molekülwolke im Carinanebel]]
Die chemische Zusammensetzung des Staubes lässt sich nur schätzen, aufgrund der Elementhäufigkeiten im interstellaren Gas. Man vermutet Silikate wie Pyroxene und Olivine (''zwei Eisen-Magnesium-Silikate'') , Kohlenstoff in Form von Graphit oder Fullerenen (''Kohlenstoff-Bälle'') oder verschiedene gefrorene Gase (wie Wassereis und CO₂-Eis).
Hauptbestandteil einer solchen Wolke ist aber auf jeden Fall molekularer Wasserstoff (H₂). Die Häufigkeit der anderen Moleküle ist jedoch mindestens um den Faktor 1000 niedriger als die Häufigkeit von H₂. Mit Hilfe von Spektren konnte man noch Kohlenmonoxid (CO), Hydroxyl-Radikale (OH), Cyan (CN), Wasser (H₂O), Blausäure (HCN) und sogar Alkohol (=Ethanol).


Wenn die Wolke dicht genug ist, können sich viele Arten von Molekülen bilden, bis hin zu Aminosäuren. Eine gewisse Dichte ist notwendig, um die Moleküle vor Strahlung zu schützen, die die Moleküle sonst wieder zerstören würde.
=Kategorien, Motive und Titel=
{{Box||
Dies ist ein Versuch, das weite Feld Reise-Lyrik thematisch und/oder motivisch zu ordnen.  


{{Box|Aufgabe 1|3=Üben|2=Informiere dich über den Begriff "Radikal" und halte eine Definition fest}}
Vorschläge für weitere Kategorien können gerne in die "Diskussion" (siehe oben rechts) eingebracht werden. Ebenso Hinweise auf andere Gedichte und nützliches Material im Internet. 


{{Box|Aufgabe 2|3=Üben|2=Die Strukturformeln der erwähnten einfach Moleküle Kohlenmonoxid (CO), Wasser (H₂O), Blausäure (HCN) und Alkohol=Ethanol (C₂H₅OH) sind nach dem Kästchen gegeben. Wiederhole anhand der Beispiele folgendes:
Die Zitate geben die ersten Zeilen wieder, sie sollen einen Eindruck von Ton und Thematik vermitteln - und auch zu deren Auffindbarkeit (in Buch, Netz oder Gedächtnis) beitragen.
* Was besagt die Edelgas-Regel? Ist sie bei diesen Molekülen erfüllt?
|Hervorhebung1}}
* In Molekülen erreichen Atome den Edelgas-Zustand durch das gemeinsame Benutzen der Elektronen, ohne Elektronen-Austausch.
==Gedichte von Aufbruch, Unterwegssein und Ankunft==
** Kontrolliere ob die Anzahl der Außenelektronen bei allen Molekülen der Anzahl der sichtbaren Elektronen entsprechen.
===Aufbruchstimmungen===
** Kontrolliere, ob jedes Molekül die "richtige" Anzahl an Elektronen hat, also soviele wie es normalerweise hat.
Schreibe/Zeichne für die Aufgaben das Molekül etwas größer ab und halte die Beobachtungen durch Anmerkungen an dem Molekül fest. 
}}
<center><gallery>
Datei:Carbon monoxide simple.svg|Kohlenmonoxid
Datei:H2O.svg|Wasser
Datei:Blausäure.svg|Blausäure
Datei:Ethanol lewis.png|Ethanol = Alkohol
</gallery></center>


=== Rosetta auf der Suche nach Sternenstaub ===
Ludwig Tieck (1773 - 1853) : Wohlauf! es ruft der Sonnenschein (aus: Franz Sternbalds Wanderungen, 2. Buch 5. Kapitel)
Bei der Erforschung interstellarer Molekülwolken hat man das Problem, dass man in absehbarer Zukunft nicht dorthin kommen wird, um zu sehen, welche Moleküle es dort wirklich gibt.
:Wohlauf! es ruft der Sonnenschein
:Hinaus in Gottes freie Welt!
:Geht munter in das Land hinein
:und wandelt über Berg und Feld!


Da gibt es aber noch die Kometen, also Himmelkörper, die aus Eis, Staub und lockerem Gestein bestehen und sich in einer elliptischen Bahnen um die Sonne bewegen, wobei sich ein Teil der Bahn im Sonnensystem befindet während der andere Teil sich außerhalb des Sonnensystems liegt . Man kann sie vor allem dann sehen, wenn sie in der Nähe der Sonne sind und durch die Erwärmung sich mehr Gas und Staub löst, das durch die Einwirkung des Sonnenwindes bei ausreichender Nähe hell leuchten.
J.v.Eichendorff (1788 - 1857): Sehnsucht
:Es schienen so golden die Sterne
:am Fenster ich einsam stand
:Und hörte aus weiter Ferne
:Ein Posthorn im stillen Land.


<center>[[File:Cometorbit.png|500px]]</center>
::siehe auch:  Die zwei Gesellen / Frische Fahrt / Der frohe Wandersmann (aus dem "Taugenichts")


Diese Kometen sind in astronomischen Maßstäben recht nah und so gab es in den letzten Jahrzehnten einige Missionen, mit denen man versucht hat, die Bestandteile und den Aufbau von verschiedenen Kometen zu bestimmen. Am bekanntesten sind die folgenden Missionen:
Wilhelm Müller (1794 - 1824): Das Wandern (Aus "Die schöne Müllerin")
* Vorbeiflug der '''Raumsonde Giotto''' am '''Halleyschen Kometen''' in 596 km Entfernung, später Vorbeiflug am Kometen '''Grigg-Skjellerup''' in 200 km (1985 - 1992).
:Das Wandern ist des Müllers Lust,
Die Raumsonde '''Stardust''' hatte das Ziel Partikel aus der Gashülle des Kometen Wild 2 einzufangen und ihn zur Erde zurückzubringen. Dazu wurde die Sonde in 240 km Entfernung durch den Schweif des Kometen geflogen. (1999-2011)
:Das Wandern!
* Für die Mission '''Deep Impact''' wurde ein 372 kg schweres Projektil von der eigentlichen Sonde abgetrennt und man lies es auf den '''Kometen Temple 1''' einschlagen, um das Innere des Komenten zu erforschen. Das durch den Aufprall herausgeschleuderte Material wurde mit den Instrumenten der Sonde sowie mit Teleskopen auf der Erde und im Weltraum untersucht. (2005 - 2013).
:Das muß ein schlechter Müller sein,
*  Die '''Sonde Rosetta''' wurde von der ESA in komplizierten Manövern über eine langen Zeit auf die Bahn des Kometen Tschurjumow-Gerassimenko gebracht, umkreiste ihn dann fast zwei Jahre und warf den Lander Philae ab, um Material auf dem Kometen direkt zu untersuchen zu lassen. Philae landete weich auf dem Kometen, konnte aber nicht sofort einen stabilen Stand finden und blieb nach mehreren Hüpfern schließlich in dem schattigen Bereich einer Wand stehen. (2004-2016)
:Dem niemals fiel das Wandern ein,
:Das Wandern.


<center><gallery widths="300px" heights="270px" caption="Künstlerische Darstellungen der Raumsonden zur Kometenerforschung">
Ludwig Uhland (1787 - 1862): Abreise (aus "Wanderlieder" 1811)
Datei:Giotto spacecraft.jpg|Giotto
:So hab ich nun die Stadt verlassen,
Datei:Deep_Impact.jpg|Deep Impact
:Wo ich gelebet lange Zeit;
File:Stardust_artist.jpg|Stardust
:Ich ziehe rüstig meiner Straßen,
File:Rosetta - comet fly-by.jpg|Rossetta
:Es gibt mir niemand das Geleit.
</gallery></center>


Das folgende Bild zeigt den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko in sehr hoher Auflösung. Eine größere Darstellung erhält man, indem man das Bild anklickt und dann noch mal vergrößert.  
===Unterwegs===
Wilhelm Müller(1794 - 1824): Aus der "Winterreise": Gute Nacht
:Fremd bin ich eingezogen,
:Fremd zieh ich wieder aus ...
:<small>siehe auch:  Der Lindenbaum / Der Leiermann</small>


<center>[[Datei:Comet 67P on 19 September 2014 NavCam mosaic.jpg]]</center>
Eduard Mörike (1804 - 1875): Auf der Reise
:Zwischen süßem Schmerz,
:Zwischen dumpfem Wohlbehagen
:Sitz ich nächtlich in dem Reisewagen,
:Lasse mich so weit von dir, mein Herz,
:Weit und immer weiter tragen.


Heinrich Heine (1797 - 1856): Lebensgruß („Buch der Lieder" Nr. XIX)
:Eine große Landstraß ist unsere Erd,
:Wir Menschen sind Passagiere;
:Man rennet und man jaget, zu Fuß und zu Pferd,
:Wie Läufer oder Kuriere.


Gerade die Rossetta-Mssion hatte für viel Aussehen gesorgt. Man erhielt große Mengen an Bildern in bester Auflösung von "Tschuri" (Tschurjumow-Gerassimenko). Dies wurde durch viele Videos und Berichte im Fernsehen und im Internet verbreitet und fand viele Fans, die fasziniert die Geschehnisse in so großer Entfernung verfolgten.
B. Brecht (1898 - 1956): Radwechsel
Auch wenn die Mission von Philae nicht ganz erfolgreich war, kann man die gesamte Mission doch als erfolgreich ansehen, da die Manöver und die Kontaktaufnahme schon eine große Leistung darstellen, wenn an beachtet, wie viel Vorplanung und Vorbereitung notwendig war. Immerhin dauerte die Mission 12 Jahre und Rosetta wurde zwischendurch für 31 Monate in einen Winterschlaf, versetzt um Strom zu sparen. Da die Übertragung Funksignale mehr als 30 Minuten dauerte, war keine direkte Steuerung möglich. Die Abläufe wurden durch vorprogrammierte Sequenzen gesteuert, die man teilweise schon 12 Jahre vorher der Sonde mitgegeben hatte.
:Ich sitze am Straßenhang,
:Der Fahrer wechselt das Rad ....


'''Filme zur Rosetta und Philae:'''
===Ankunft - Heimkehr===
* [https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/89/MISSION_INS_UNGEWISSE_-_Der_Kometenj%C3%A4ger_Rosetta.webm Neunminütiger Videobericht des DLR über die Rosetta-Mission]
* [https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4d/Mission_ins_Ungewisse_II_%E2%80%93_Der_Kometenlander_Philae.webm?uselang=de 10-minütiger Videobericht des DLR über die Philae-Mission]


J.W.Goethe (1749 - 1832): Glückliche Fahrt
:Die Nebel zerreißen,
:Der Himmel ist helle,
:und Äolus löset
:das ängstliche Band.


=== Moleküle chemisch betrachtet ===
Friedrich Hölderlin (1770 - 1843): Die Heimat
Warum halten eigentlich Atome zusammen? Würden sie das nicht tun wollen, hätten wir meine Moleküle und damit auch nicht die Biomoleküle, aus denen wir bestehen.
:Froh kehrt der Schiffer heim an den stillen Strom,
:→[[Oberstufen-Chemiebuch Kontextorientiert/Die Entstehung des Lebens/Wie Atome zusammenhalten|Wie Atome zusammenhalten]]
:Von Inseln fernher, wenn er geerntet hat;
:So käm auch ich zur Heimat, hätt ich
:Güter so viele, wie Leid, geerntet.


==  Leben künstlich erzeugen? ==
Heinrich Heine (1797 - 1856): Deutschland, ein Wintermärchen (Caput I)
Stanley Miller war ein US-amerikanischer Biologe und Chemiker. Er gilt als Pionier der Suche nach dem Ursprung des Lebens. Nach ihm ist das Miller-Urey-Experiment benannt, einer der bekanntesten Versuche der Wissenschaft. Miller studierte an der University of California in Berkeley und später an der University of Chicago. Das Experiment führte er im Jahr 1953 noch als Student gemeinsam mit Harold Urey durch.
:Im traurigen Monat November war's
:Die Tage wurden trüber,
:Der Wind riß von den Bäumen das Laub,
:Da reist ich nach Deutschland hinüber.
:<small>siehe hierzu [https://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/Heine/winter.htm H. Heines "Wintermärchen" (K. Dautel)]</small>


Es diente als Bestätigung der Vermutung, dass unter den Bedingungen, wie man sie in einer möglichen Uratmosphäre der Erde vermutete, eine Entstehung organischer Moleküle, wie sie heute bei Lebewesen vorkommen, per Zufall möglich ist. In sofern wollte Miller nicht wirklich Leben erschaffen sondern nur probieren, ob die ersten Schritte hin zu komplexeren Molekülen, ohne eine gezielte Synthese möglich wären.
Theodor Fontane (1819-1898): John Maynard
:„Wer ist John Maynard?"
:​"John Maynard war unser Steuermann,
:aushielt er, bis er das Ufer gewann,
:er hat uns gerettet, er trägt die Kron',
:er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn."


<center><gallery widths="300px" heights="300px">
Bertolt Brecht (1898 - 1956): Rückkehr
Datei:Miller1999.jpg|Stanley Miller, mit dem Versuchsaufbau
:Die Vaterstadt, wie find ich sie doch?
Datei:Miller-Urey-Experiment-2.png|Schematischer Versuchsaufbau des Miller-Urey-Experiments
:Folgend den Bomberschwärmen
</gallery></center>
:Komm ich nach Haus.


Von dem eingesetzten Methan wurden etwa 18 % in Biomoleküle umgewandelt, aus dem Rest entstand eine teerartige Masse. Die fünf an häufigsten entstandenen Moleküle waren:
Hans Bender (1919 - 2015): Heimkehr
* '''Ameisensäure''' H-COOH
:Im Rock des Feindes,
* '''Glycin''' NH₂–CH₂–COOH ''(Aminosäure, die in Proteinen enthalten ist)''
:in zu großen Schuhen,
* '''Glycolsäure'''  HO–CH₂–COOH
:im Herbst,
* '''Alanin''' CH₃–CH(NH₂)–COOH ''(Aminosäure, die in Proteinen enthalten ist)''
:auf blattgefleckten Wegen
* '''Milchsäure''' CH₃–CH(OH)–COOH
:gehst du heim.
Als weitere Aminosäuren entstanden in nennenswerten Mengen noch '''Glutaminsäure''' und '''Asparaginsäure.'''


=== Die Form von Molekülen ===
Hilde Domin (1909-2006): Rückkehr
Bei Molekülen aus zwei Atomen gibt es nur eine Möglichkeit, wie diese zwei Moleküle angeordnet werden. Ab drei Atomen gibt es schon zwei Möglichkeiten nämlich gestreckt oder gewinkelt. Das das nicht egal ist, solltet ihr schon in der Mittelstufe gelernt haben. So bildet das gewinkelte Wasser-Molekül H₂O einen Dipol, was mit zu der hohen Siedetemperatur des Wasser beiträgt. Das Kohlendioxid CO₂ dagegen ist gestreckt und so kann sich trotz Polarisierung ein Dipol ausbilden.
:Meine Füße wunderten sich
:dass neben ihnen Füße gingen
:die sich wunderten.  


<center><gallery widths="300px" heights="300px">
Jenny Aloni (1917-1993): Nach der Ankunft in Israel
MEP translucent of Water.png|Rot bedeutet negativ polarisiert, blau positiv polarisiert. Es bildet sich ein Dipol aus.
:Das ist der Wind nicht mehr, der mich umstrichen,
MEP translucent of Carbondioxide.png|Die negative Polarität der Sauerstoffatome schließt die positive Polarisierung des Kohlenstoffatoms vollständig ein.  
:nicht mehr der Sturm, der mich zu trösten wußte,
</gallery></center>
:das ist nur noch sein Zerrbild, grau verblichen,  
:der Kern nicht mehr, nur noch die hohle Kruste.


Dieser Unterscheide machet das Wasser zu einer Flüssigkeit, in der sich bei "normalen" Temperaturen Leben entwickeln konnte. Denn in Flüssigkeiten treffen sich Teilchen eher und können intensiver interagieren, als wenn sie im gasförmigen Zustand sind.
==Gedichte von Sehnsuchtsorten==
===Italien - Venedig===
J.W.Goethe (1749-1832): Mignon (aus „Wilhelms Meisters Lehrjahre“)
:Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn
:Im dunklen Laub die Goldorangen glühn,
:Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
:Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
:Kennst du es wohl?


Die Anziehung von gewinkelten OH-Gruppen zu anderen polarisierten Gruppierungen ist die wichtige Voraussetzung für die Anziehung der DNA-Stränge und damit für unsere genetische Grundlage. Viele Reaktionen, nicht nur im Körper beruhen auf der Anziehung von polarisierten Gruppierungen. Daher sind die Struktur und die vorhandenen Winkel von besonders wichtiger Bedeutung.
Isolde Kurz (1852 - 1944): Italien
:Hingestreckt zwischen beiden Meeren
:Liegst du und träumst in Mittagsruh’,
:Götterliebling!
:Und die Wellen singen ihr altes Lied,
:Das weltenalte


Wie sich die Struktur der Moleküle begründen lässt wollen wir nun etwas genauer betrachten. Mehr dazu auf der Unterseite:
C.F. Meyer (1825-1898): Auf dem Canal grande
:→[[Oberstufen-Chemiebuch_Kontextorientiert/Die_Entstehung_des_Lebens/Molekül-Geometrie|Molekül-Geometrie]]
:Auf dem Canal grande betten
:Tief sich ein die Abendschatten,
:Hundert dunkle Gondeln gleiten
:Als ein flüsterndes Geheimnis


=== Erste Funktionelle Gruppen ===
R.M.Rilke (1875 – 1926): Spätherbst in Venedig
:Nun treibt die Stadt schon nicht mehr wie ein Köder,
:der alle aufgetauchten Tage fängt.
:Die gläsernen Paläste klingen spröder
:an deinen Blick. ...


Hermann Hesse (1877 – 1962) Ankunft in Venedig
:Du lautlos dunkler Kanal,
:Verlassene Bucht,
:Uralter Häuser graue Flucht,
:Gotische Fenster und maurisch verziertes Portal!


== Aliens - Wesen aus Silizium? ==
Rose Ausländer  (1901-1988): Mein Venedig
[[File:لبيبثبقق.jpg|thumb|Seit einem Vorfall in Rosswell (New Mexico) sehen für viele Alien so aus!]] Für uns ist es ganz normal, dass wir die "organische Chemie" mit der Kohlenwasserstoff-Chemie gleichsetzen. Die ganze Natur und ihre Moleküle sind zu mehr als 99% aus Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Sauerstoff-, Stickstoff-, Schwefel- und Phosphor-Atomen zusammengesetzt. Gerade die Kohlenstoffatome, mit ihren vier Außenelektronen und nahezu beliebig langen Kohlenstoffketten, ermöglichen eine unglaubliche Anzahl an Verbindungen. Im Jahre 2012 waren etwa 40 Millionen organische Verbindungen bekannt.
:Venedig
:meine Stadt
:Ich fühle sie
:von Welle zu Welle
:von Brücke zu Brücke


Warum sollte es dann nicht Wesen aus Silicium geben, denn Silicium-Atome haben ja gleich viele Außenelektronen wie die Kohlenstoff-Atome? Man könnte also vermuten, dass es alle Kohlenwasserstoff-Verbindungen auch in einer Silizium-Veriante gibt? Tatsächlich gibt es auch Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, die Silane, allerdings gibt es da ein Problem ...
Günter Kunert: Venedig II


<center><gallery widths="200px">
===Wald===
Datei:Silane-2D.png|'''Silan''' (''"-an" wie Alkan, nur mit Silicium'') → entzündet sich an der Luft selbst, es entstehen Siliciumdioxid und Wasserdampf, kann nicht gelöscht werden
Friedrich Schlegel (1772 - 1832): Im Spessart
Datei:Hexasilan.svg|'''Hexasilan''', ist eine instabile farblose Flüssigkeit, die mit Wasser reagiert. Thermisch instabil, zersetzt sich unter Wasserstofffreisetzung
:Gegrüßt sei du, viellieber Wald!
Datei:Tetramethylsilan stereo.svg|<u>Aber:</u> Das flüssige '''Tetramethylsilan''' ist chemisch weitgehend inert.
:es rührt mit wilder Lust,
File:PDMS.svg|'''Polydimethylsiloxan''' ist eine farblose, durchsichtige und ölige Flüssigkeit, als ungiftig und chemisch inert gilt, ...
:Wenn abends fern das Alphorn schallt,
Datei:Silicone resin.svg|das ganze 3-dimensional entspricht dem Silikon.
:Erinnrung mir die Brust.
</gallery></center>


Wenn, dann kann man Silicium-Leben sicher nicht direkt aus unsere organischen Molekülen herleiten!
Mörike: Am Waldsaum
Grund für die Instabilität der Silane ist die kleinere Elektronegativität von Silicium, so dass die Si-H-Bindungen stärker polarisiert sind und außerdem Wasserstoff-Atome negative Teilladungen haben. Dadurch reagiert die H-Atome der Silane mit den positiv polarisierten H-Atomen von Wasser. Außerdem ist die Stabiliät der Si-H Bindungen deutlich geringer als die der C-H Bindungen. Dadurch sind die Silane thermisch weniger stabil als Alkane.  
:Am Waldsaum kann ich lange Nachmittage,
:Dem Kukuk horchend, in dem Grase liegen;  
:er scheint das Tal gemächlich einzuwiegen
:Im friedevollen Gleichklang seiner Klage.


<u>Zum Weiterlesen:</u>
:Hermann Hesse: Schwarzwald
* [http://www.tagesspiegel.de/wissen/ausserirdische-aliens-aus-saeure-und-silizium/1248726.html Aliens aus Säure und Silizium] - Müssen Außerirdische wie wir funktionieren? Interessanter Artikel, der auf mögliche Fehler eingeht, die passieren, wenn man irdische Maßstäbe bei der Suche nach Leben anlegt.
:Seltsam schöne Hügelfluchten,
:Dunkle Berge, helle Matten,
:Rote Felsen, braune Schluchten,
:überflort von Tannenschatten!


Statt den Kohlenstoff durch Silicium zu ersetzen, könnte man natürlich auch andere Atome ersetzen. So hat man tatsächlich Bakterien gefunden, die bei Abwesenheit von Phosphor sich einfach vorhandenes Arsen nehmen, dass ja in der gleichen Hauptgruppe wie Phosphor steht.  
===Andere===
* [http://www.faz.net/aktuell/wissen/natur/die-arsen-urzelle-ein-leben-wie-im-film-11079865.html Die "Arsen-Urzelle"]
Ralf Thenior: Gran Canaria
:Nein ganz herrlich ganz
:wunderbar also jeden Tag
:Sonne und baden natürlich
:auch jeden Tag schon also
:fast jeden Tag ...
:<small>siehe zu Reiselyrik im Unterricht K.H. Spinner: Umgang mit Lyrik in S1, Schneider Verlag 2000 S.137ff</small>


=== Bedeutung verschiedener Bindungsarten ===
==Gedichte von Fremde und Heimat==
Die Chemie hat bisher nur die Voraussetzungen für die Biologie geliefert. Weiter werden wir auch nicht gehen, denn die dort eventuell auftretenden chemischen Vorgänge sind erst einmal zu kompliziert.
===In der Fremde===
Clemens Brentano (1778-1842): In der Fremde
:Weit bin ich einhergezogen
:Ueber Berg und über Thal
:Und der treue Himmelsbogen
:Er umgiebt mich überall.


Wichtig aber für die Funktionalität, wie schon am Beispiel von Wasser und Kohlendioxid verdeutlicht, ist die Interaktion der verschiedenen Arten von Teilchen in Stoffen. Die Stabilität der Bindungen macht ein Silan basiertes Leben dagegen ja eher unwahrscheinlich. Aber nicht jeder (chemischer) Stoff besteht ja aus Molekülen.
Wilhelm Müller(1794 - 1824): Aus der "Winterreise": Gute Nacht
:Fremd bin ich eingezogen,

:Fremd zieh ich wieder aus ...
Hilde Domin (1909 - 2006): Fremder
:Ich falle durch jedes Netz,
:wie ein Toter
:falle ich durch die Netze hindurch.
:Samenkorn ohne Erde
:schwerelos
:treibt mich der Wind
:aus allen Netzen empor.


Um diese Unterschiede, die uns immer wieder in Chemie beschäftigen werden, genauer zu betrachten, sollen fünf durchaus bekannte Stoffe genauer untersucht werden. Die Überlegungen, die dabei wichtig sind, sind grundlegend für die Chemie.
Mascha Kaleko: Sehnsucht nach einer kleinen Stadt
:Jetzt müßte man in einer Kleinstadt sein
:Mit einem alten Marktplatz in der Mitte,  
:Wo selbst das Echo nächtlich leiser Schrite
:Weithin streut jeder hohle Pflasterstein


<center><gallery widths="200px" heights="200px">
Yüksel Pazarkaya (*1940:) gastarbeiter
File:Methane-3D-vdW.png|{{wpde|Methan|Methan}}
:wahrlich gastfreundlich
File:Hexagonal compact 5x3.svg|{{wpde|Natrium|Natrium}}
:sind diese deutschen
File:Sodium-chloride-3D-vdW.png|{{wpde|Natriumchlorid|Natriumchlorid}}
:sie tauften uns
File:Diamond animation.gif|{{wpde|Diamant|Diamant}}
:gastarbeiter
File:H2o.png|{{wpde|Wasser|Wasser}}
</gallery></center>


{{Box|Aufgabe 3|3=Üben|2=Suche zu den fünf gegebenen Stoffen folgende Eigenschaften aus den verlinkten Wikipedia-Artikeln heraus oder suche nach anderen Informations-Quellen.
===Im Exil===
* Was sind die kleinsten Teilchen? Wie hängen die Atome zusammen?
Heinrich Heine: Nachtgedanken
* Siedetemperaturen
:Denk ich an Deutschland in der Nacht,
* Wasserlöslichkeit
:Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
* Stromleitfähigkeit
:Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
}}
:Und meine heißen Tränen fließen.
 
B.Brecht: Finnische Landschaft (1940)
:Fischreiche Wässer! Schönbaumige Wälder!
:Birken- und Beerenduft!
:Vieltoniger Wind, durchschaukelnd eine Luft
:So mild, als stünden jene eisernen Milchbehälter
:Die dort vom weißen Gute rollen, offen!
 
Rose Ausländer (1901 - 1988): In jenen Jahren
:In jenen Jahren
:war die Zeit gefroren:
:Eis so weit die Seele reichte
:
:Von den Dächern
:hingen Dolche
:Die Stadt war aus
:gefrorenem Glas
:Menschen schleppten
:Säcke voll Schnee
:zu frostigen Scheiterhaufen
 
Mascha Kaleko (1907 - 1975): Im Exil
:Ich hatte einst ein schönes Vaterland -
:So sang schon der Flüchtling Heine.
:Das eine stand am Rheine,
:Das meine auf märkischem Sand.
 
===Sinn-Fragen===
Matthias Claudius "Urians Reise um die Welt" 1787
:Wenn jemand eine Reise tut,
:So kann er was verzählen;
:Drum nahm ich meinen Stock und Hut
:Und tät das Reisen wählen.
:[...]
:Und fand es überall wie hier,
:Fand überall ’n Sparren, 

:Die Menschen gradeso wie wir, 

:Und eben solche Narren.
</poem>
 
Gottfried Benn (1886 - 1956): Reisen
:Meinen Sie Zürich zum Beispiel
:sei eine tiefere Stadt,
:wo man Wunder und Weihen
:immer zum Inhalt hat?
 
==Zu Fuß, im Zug, im Auto, im Kopf==
===zu Fuß===
Wilhelm Müller: Das Wandern (siehe oben)
:
===im Zug und im Auto===
A.v. Chamisso (1771 - 1831): Das Dampfroß.
:Schnell! schnell, mein Schmied! mit des Rosses Beschlag!
:Derweil du zauderst, verstreicht der Tag. –
:Wie dampfet dein ungeheures Pferd!
:Wo eilst du so hin, mein Ritter wert? –
 
Gottfried Benn (1886 - 1956): D-Zug
:Braun wie Kognak. Braun wie Laub. Rotbraun.
:Malaiengelb.
:D-Zug Berlin-Trelleborg und die Ostseebäder.
:Fleisch, das nackt ging.
:Bis in den Mund gebräunt vom Meer.
 
Erich Kästner: Im Auto über Land
:An besonders schönen Tage
:ist der Himmel sozusagen
:wie aus blauem Porzellan.
 
Nicolas Born (*1937): Im Zug Athen Patras
:Kahle Felsschädel, helle Augen,
:  hell der Mund.
:Alter Wortboden, wilder Rhodoendron
: auf der Höhe
:fruchtbar fruchtbar das Meer
: - Licht
 
Wolf Wondratschek (*1934): In den Autos
:Wir waren ruhig,
:hockten in den alten Autos,
:drehten am Radio
:und suchten die Straße
:nach Süden.
 
Bodo Morshäuser (*1953): Irritierter Abgang
:Die Reise ist zu Ende, die Fotos noch nicht fertig,
:ich mache die Augen zu. Mittelstreifen fliegen entgegen.
:Die ungewohnten Eindrücke umzingeln uns.
 
:<small>Hinweis: Diese drei und noch mehr zeitgenössische Gedichte vom Reisen sind enthalten in der Anthologie: ''In diesem Lande leben wir. Deutsche Gedichte der Gegenwart'', hrsg. von Hans Bender, München 1978 S. 179 - 214</small>
 
 
Reinhard Mey: Über den Wolken
:Über den Wolken
:muss die Freiheit wohl grenzenlos sein
 
===Zeitreisen - Kopfreisen===
Friedrich Hölderlin (1770 - 1843): Der Neckar,
<poem>In deinen Tälern wachte mein Herz mir auf
  Zum Leben, deine Wellen umspielten mich,
      Und all der holden Hügel, die dich
        Wanderer! kennen, ist keiner fremd mir.
</poem>
Friedrich Schiller (1759 - 1805): Der Spaziergang
<poem>
Sey mir gegrüßt mein Berg mit dem röthlich strahlenden Gipfel,
    Sey mir Sonne gegrüßt, die ihn so lieblich bescheint,
Dich auch grüß ich belebte Flur, euch säuselnde Linden,
    Und den fröhlichen Chor, der auf den Aesten sich wiegt,
</poem>
Karoline von Günderode (1780-1806) Der Luftschiffer
<poem>
Gefahren bin ich in schwankendem Kahne
Auf dem blaulichen Ozeane,
Der die leuchtenden Sterne umfließt,
Habe die himmlischen Mächte begrüßt.
</poem>
 
Hugo von Hofmannsthal (1874 - 1924): Reiselied
<poem>
Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.
</poem>
==Lebensreise==
Andreas Gryphius (1616 - 1664): Abend
:Der schnelle Tag ist hin, die Nacht schwingt ihre Fahn
:Und führt die Sternen auf. Der Menschen müde Scharen
:Verlassen Feld und Werk; wo Tier' und Vögel waren,
:Traurt itzt die Einsamkeit. Wie ist die Zeit vertan!
:[...]
:Dies Leben kömmt mir vor als eine Rennebahn. ...
 
J.v.Eichendorff:  Die zwei Gesellen
:Es zogen zwei rüst'ge Gesellen
:Zum ersten Mal von Haus.
:so jubelnd recht in die hellen,
:klingenden, singenden Wellen
:des vollen Frühlings hinaus.
 
Heinrich Heine: Lebensgruß ("Buch der Lieder" Nr. XIX)
:Eine große Landstraß ist unsere Erd,
:Wir Menschen sind Passagiere;
:Man rennet und man jaget, zu Fuß und zu Pferd,
:Wie Läufer oder Kuriere.
 
==Linktipp==
 
* [http://www.vormbaum.net/index.php/fortbildungen-sp-1570298437/reiselyrik '''Reiselyrik'''] - "Formen des Unterwegsseins. Ein literaturgeschichtlicher Gang durch die Reiselyrik von der Goethezeit bis zur Gegenwart".
:U. Vormbaum stellt hier Gedichte nach diesen Oberbegriffen zusammen:
::1. Einstieg: Mit Goethe und all den anderen über die Alpen
::2. Zu Fuß, mit Kutsche und Kahn durch die Landschaft
::3. Reisen im Eisenbahnzeitalter
::4. Zwischen innerweltlichem und technomanischem Reisen
::5. Ausblick auf das Reisen heute
::6. Schluss: Die Alpen werden geschlossen
 
==Siehe auch==
*[[Reisen|Reisen als Thema im Unterricht]]
*[[Geschichte des Reisens]]
*[[Deutsch/Reisebericht|Reisebericht]] und [[Deutsch/Reisetagebuch|Reisetagebuch]]
 
[[Kategorie:Sekundarstufe 2]][[Kategorie:Deutsch]][[Kategorie:Lyrik]][[Kategorie:Reisen]]

Version vom 30. Dezember 2018, 17:39 Uhr

DPAG 2010 33 Postkutsche

Kategorien, Motive und Titel

Dies ist ein Versuch, das weite Feld Reise-Lyrik thematisch und/oder motivisch zu ordnen.

Vorschläge für weitere Kategorien können gerne in die "Diskussion" (siehe oben rechts) eingebracht werden. Ebenso Hinweise auf andere Gedichte und nützliches Material im Internet.

Die Zitate geben die ersten Zeilen wieder, sie sollen einen Eindruck von Ton und Thematik vermitteln - und auch zu deren Auffindbarkeit (in Buch, Netz oder Gedächtnis) beitragen.

Gedichte von Aufbruch, Unterwegssein und Ankunft

Aufbruchstimmungen

Ludwig Tieck (1773 - 1853) : Wohlauf! es ruft der Sonnenschein (aus: Franz Sternbalds Wanderungen, 2. Buch 5. Kapitel)

Wohlauf! es ruft der Sonnenschein
Hinaus in Gottes freie Welt!
Geht munter in das Land hinein
und wandelt über Berg und Feld!

J.v.Eichendorff (1788 - 1857): Sehnsucht

Es schienen so golden die Sterne
am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
siehe auch: Die zwei Gesellen / Frische Fahrt / Der frohe Wandersmann (aus dem "Taugenichts")

Wilhelm Müller (1794 - 1824): Das Wandern (Aus "Die schöne Müllerin")

Das Wandern ist des Müllers Lust,
Das Wandern!
Das muß ein schlechter Müller sein,
Dem niemals fiel das Wandern ein,
Das Wandern.

Ludwig Uhland (1787 - 1862): Abreise (aus "Wanderlieder" 1811)

So hab ich nun die Stadt verlassen,
Wo ich gelebet lange Zeit;
Ich ziehe rüstig meiner Straßen,
Es gibt mir niemand das Geleit.

Unterwegs

Wilhelm Müller(1794 - 1824): Aus der "Winterreise": Gute Nacht

Fremd bin ich eingezogen,
Fremd zieh ich wieder aus ...
siehe auch: Der Lindenbaum / Der Leiermann

Eduard Mörike (1804 - 1875): Auf der Reise

Zwischen süßem Schmerz,
Zwischen dumpfem Wohlbehagen
Sitz ich nächtlich in dem Reisewagen,
Lasse mich so weit von dir, mein Herz,
Weit und immer weiter tragen.

Heinrich Heine (1797 - 1856): Lebensgruß („Buch der Lieder" Nr. XIX)

Eine große Landstraß ist unsere Erd,
Wir Menschen sind Passagiere;
Man rennet und man jaget, zu Fuß und zu Pferd,
Wie Läufer oder Kuriere.

B. Brecht (1898 - 1956): Radwechsel

Ich sitze am Straßenhang,
Der Fahrer wechselt das Rad ....

Ankunft - Heimkehr

J.W.Goethe (1749 - 1832): Glückliche Fahrt

Die Nebel zerreißen,
Der Himmel ist helle,
und Äolus löset
das ängstliche Band.

Friedrich Hölderlin (1770 - 1843): Die Heimat

Froh kehrt der Schiffer heim an den stillen Strom,
Von Inseln fernher, wenn er geerntet hat;
So käm auch ich zur Heimat, hätt ich
Güter so viele, wie Leid, geerntet.

Heinrich Heine (1797 - 1856): Deutschland, ein Wintermärchen (Caput I)

Im traurigen Monat November war's
Die Tage wurden trüber,
Der Wind riß von den Bäumen das Laub,
Da reist ich nach Deutschland hinüber.
siehe hierzu H. Heines "Wintermärchen" (K. Dautel)

Theodor Fontane (1819-1898): John Maynard

„Wer ist John Maynard?"
​"John Maynard war unser Steuermann,
aushielt er, bis er das Ufer gewann,
er hat uns gerettet, er trägt die Kron',
er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn."

Bertolt Brecht (1898 - 1956): Rückkehr

Die Vaterstadt, wie find ich sie doch?
Folgend den Bomberschwärmen
Komm ich nach Haus.

Hans Bender (1919 - 2015): Heimkehr

Im Rock des Feindes,
in zu großen Schuhen,
im Herbst,
auf blattgefleckten Wegen
gehst du heim.

Hilde Domin (1909-2006): Rückkehr

Meine Füße wunderten sich
dass neben ihnen Füße gingen
die sich wunderten.

Jenny Aloni (1917-1993): Nach der Ankunft in Israel

Das ist der Wind nicht mehr, der mich umstrichen,
nicht mehr der Sturm, der mich zu trösten wußte,
das ist nur noch sein Zerrbild, grau verblichen,
der Kern nicht mehr, nur noch die hohle Kruste.

Gedichte von Sehnsuchtsorten

Italien - Venedig

J.W.Goethe (1749-1832): Mignon (aus „Wilhelms Meisters Lehrjahre“)

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn
Im dunklen Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?

Isolde Kurz (1852 - 1944): Italien

Hingestreckt zwischen beiden Meeren
Liegst du und träumst in Mittagsruh’,
Götterliebling!
Und die Wellen singen ihr altes Lied,
Das weltenalte

C.F. Meyer (1825-1898): Auf dem Canal grande

Auf dem Canal grande betten
Tief sich ein die Abendschatten,
Hundert dunkle Gondeln gleiten
Als ein flüsterndes Geheimnis

R.M.Rilke (1875 – 1926): Spätherbst in Venedig

Nun treibt die Stadt schon nicht mehr wie ein Köder,
der alle aufgetauchten Tage fängt.
Die gläsernen Paläste klingen spröder
an deinen Blick. ...

Hermann Hesse (1877 – 1962) Ankunft in Venedig

Du lautlos dunkler Kanal,
Verlassene Bucht,
Uralter Häuser graue Flucht,
Gotische Fenster und maurisch verziertes Portal!

Rose Ausländer (1901-1988): Mein Venedig

Venedig
meine Stadt
Ich fühle sie
von Welle zu Welle
von Brücke zu Brücke

Günter Kunert: Venedig II

Wald

Friedrich Schlegel (1772 - 1832): Im Spessart

Gegrüßt sei du, viellieber Wald!
es rührt mit wilder Lust,
Wenn abends fern das Alphorn schallt,
Erinnrung mir die Brust.

Mörike: Am Waldsaum

Am Waldsaum kann ich lange Nachmittage,
Dem Kukuk horchend, in dem Grase liegen;
er scheint das Tal gemächlich einzuwiegen
Im friedevollen Gleichklang seiner Klage.
Hermann Hesse: Schwarzwald
Seltsam schöne Hügelfluchten,
Dunkle Berge, helle Matten,
Rote Felsen, braune Schluchten,
überflort von Tannenschatten!

Andere

Ralf Thenior: Gran Canaria

Nein ganz herrlich ganz
wunderbar also jeden Tag
Sonne und baden natürlich
auch jeden Tag schon also
fast jeden Tag ...
siehe zu Reiselyrik im Unterricht K.H. Spinner: Umgang mit Lyrik in S1, Schneider Verlag 2000 S.137ff

Gedichte von Fremde und Heimat

In der Fremde

Clemens Brentano (1778-1842): In der Fremde

Weit bin ich einhergezogen
Ueber Berg und über Thal
Und der treue Himmelsbogen
Er umgiebt mich überall.

Wilhelm Müller(1794 - 1824): Aus der "Winterreise": Gute Nacht

Fremd bin ich eingezogen,


:Fremd zieh ich wieder aus ... 
 Hilde Domin (1909 - 2006): Fremder

Ich falle durch jedes Netz,
wie ein Toter
falle ich durch die Netze hindurch.
Samenkorn ohne Erde
schwerelos
treibt mich der Wind
aus allen Netzen empor.

Mascha Kaleko: Sehnsucht nach einer kleinen Stadt

Jetzt müßte man in einer Kleinstadt sein
Mit einem alten Marktplatz in der Mitte,
Wo selbst das Echo nächtlich leiser Schrite
Weithin streut jeder hohle Pflasterstein

Yüksel Pazarkaya (*1940:) gastarbeiter

wahrlich gastfreundlich
sind diese deutschen
sie tauften uns
gastarbeiter

Im Exil

Heinrich Heine: Nachtgedanken

Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen.

B.Brecht: Finnische Landschaft (1940)

Fischreiche Wässer! Schönbaumige Wälder!
Birken- und Beerenduft!
Vieltoniger Wind, durchschaukelnd eine Luft
So mild, als stünden jene eisernen Milchbehälter
Die dort vom weißen Gute rollen, offen!

Rose Ausländer (1901 - 1988): In jenen Jahren

In jenen Jahren
war die Zeit gefroren:
Eis so weit die Seele reichte
Von den Dächern
hingen Dolche
Die Stadt war aus
gefrorenem Glas
Menschen schleppten
Säcke voll Schnee
zu frostigen Scheiterhaufen

Mascha Kaleko (1907 - 1975): Im Exil

Ich hatte einst ein schönes Vaterland -
So sang schon der Flüchtling Heine.
Das eine stand am Rheine,
Das meine auf märkischem Sand.

Sinn-Fragen

Matthias Claudius "Urians Reise um die Welt" 1787

Wenn jemand eine Reise tut,
So kann er was verzählen;
Drum nahm ich meinen Stock und Hut
Und tät das Reisen wählen.
[...]
Und fand es überall wie hier,
Fand überall ’n Sparren, 

Die Menschen gradeso wie wir, 

Und eben solche Narren.

</poem>

Gottfried Benn (1886 - 1956): Reisen

Meinen Sie Zürich zum Beispiel
sei eine tiefere Stadt,
wo man Wunder und Weihen
immer zum Inhalt hat?

Zu Fuß, im Zug, im Auto, im Kopf

zu Fuß

Wilhelm Müller: Das Wandern (siehe oben)

im Zug und im Auto

A.v. Chamisso (1771 - 1831): Das Dampfroß.

Schnell! schnell, mein Schmied! mit des Rosses Beschlag!
Derweil du zauderst, verstreicht der Tag. –
Wie dampfet dein ungeheures Pferd!
Wo eilst du so hin, mein Ritter wert? –

Gottfried Benn (1886 - 1956): D-Zug

Braun wie Kognak. Braun wie Laub. Rotbraun.
Malaiengelb.
D-Zug Berlin-Trelleborg und die Ostseebäder.
Fleisch, das nackt ging.
Bis in den Mund gebräunt vom Meer.

Erich Kästner: Im Auto über Land

An besonders schönen Tage
ist der Himmel sozusagen
wie aus blauem Porzellan.

Nicolas Born (*1937): Im Zug Athen Patras

Kahle Felsschädel, helle Augen,
hell der Mund.
Alter Wortboden, wilder Rhodoendron
auf der Höhe
fruchtbar fruchtbar das Meer
- Licht

Wolf Wondratschek (*1934): In den Autos

Wir waren ruhig,
hockten in den alten Autos,
drehten am Radio
und suchten die Straße
nach Süden.

Bodo Morshäuser (*1953): Irritierter Abgang

Die Reise ist zu Ende, die Fotos noch nicht fertig,
ich mache die Augen zu. Mittelstreifen fliegen entgegen.
Die ungewohnten Eindrücke umzingeln uns.
Hinweis: Diese drei und noch mehr zeitgenössische Gedichte vom Reisen sind enthalten in der Anthologie: In diesem Lande leben wir. Deutsche Gedichte der Gegenwart, hrsg. von Hans Bender, München 1978 S. 179 - 214


Reinhard Mey: Über den Wolken

Über den Wolken
muss die Freiheit wohl grenzenlos sein

Zeitreisen - Kopfreisen

Friedrich Hölderlin (1770 - 1843): Der Neckar,

In deinen Tälern wachte mein Herz mir auf
   Zum Leben, deine Wellen umspielten mich,
      Und all der holden Hügel, die dich
         Wanderer! kennen, ist keiner fremd mir.

Friedrich Schiller (1759 - 1805): Der Spaziergang

Sey mir gegrüßt mein Berg mit dem röthlich strahlenden Gipfel,
     Sey mir Sonne gegrüßt, die ihn so lieblich bescheint,
Dich auch grüß ich belebte Flur, euch säuselnde Linden,
     Und den fröhlichen Chor, der auf den Aesten sich wiegt,

Karoline von Günderode (1780-1806) Der Luftschiffer

Gefahren bin ich in schwankendem Kahne
 Auf dem blaulichen Ozeane,
 Der die leuchtenden Sterne umfließt,
 Habe die himmlischen Mächte begrüßt.

Hugo von Hofmannsthal (1874 - 1924): Reiselied

Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.

Lebensreise

Andreas Gryphius (1616 - 1664): Abend

Der schnelle Tag ist hin, die Nacht schwingt ihre Fahn
Und führt die Sternen auf. Der Menschen müde Scharen
Verlassen Feld und Werk; wo Tier' und Vögel waren,
Traurt itzt die Einsamkeit. Wie ist die Zeit vertan!
[...]
Dies Leben kömmt mir vor als eine Rennebahn. ...

J.v.Eichendorff: Die zwei Gesellen

Es zogen zwei rüst'ge Gesellen
Zum ersten Mal von Haus.
so jubelnd recht in die hellen,
klingenden, singenden Wellen
des vollen Frühlings hinaus.

Heinrich Heine: Lebensgruß ("Buch der Lieder" Nr. XIX)

Eine große Landstraß ist unsere Erd,
Wir Menschen sind Passagiere;
Man rennet und man jaget, zu Fuß und zu Pferd,
Wie Läufer oder Kuriere.

Linktipp

  • Reiselyrik - "Formen des Unterwegsseins. Ein literaturgeschichtlicher Gang durch die Reiselyrik von der Goethezeit bis zur Gegenwart".
U. Vormbaum stellt hier Gedichte nach diesen Oberbegriffen zusammen:
1. Einstieg: Mit Goethe und all den anderen über die Alpen
2. Zu Fuß, mit Kutsche und Kahn durch die Landschaft
3. Reisen im Eisenbahnzeitalter
4. Zwischen innerweltlichem und technomanischem Reisen
5. Ausblick auf das Reisen heute
6. Schluss: Die Alpen werden geschlossen

Siehe auch