Krisenjahr 1923/Inflation

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Die größte und im Gedächtnis der Deutschen bedeutendste Krise des Krisenjahrs 1923 war die Inflation - eine Geldentwertung, für die Zeitgenossen keine Erklärung hatten.

Gruppe 1: Ursachen

Aufgabe

Erstelle ein Poster/ eine Präsentation.

  1. Erkläre den Begriff Inflation in eigenen Worten.
  2. Zeige auf, wieso die Mark ab 1914 an Wert verlor.
    1. Schildere, wie die Versorgung in der Heimat zur Inflation beitrug.
    2. Erkläre, was Kriegsanleihen sind und gib an, wieso sie zur Inflation führten.
    3. Überlege, ob eine Geldentwertung nur negative oder auch positive Auswirkungen haben kann.
Definition
Inflation (von lat. inflatio „Aufblähen“, „Anschwellen“) bezeichnet eine allgemeine und anhaltende Erhöhung des Preisniveaus von Gütern und Dienstleistungen (Teuerung), gleichbedeutend mit einer Minderung der Kaufkraft des Geldes.
aus InflationWikipedia-logo.png




Zitat
Ursachen der Inflation
Die Reichsregierung hob kurz nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs am 4. August 1914 die gesetzliche Noteneinlösungspflicht der Reichsbank in Gold auf. Außerdem wurden die staatlichen Möglichkeiten zur Schuldenaufnahme und der Vermehrung der Geldmenge bei den Scheidemünzen und Banknoten durch die Aufhebung des Goldankers (= gesetzliche Dritteldeckung der Reichsbanknoten durch Gold) ausgeweitet. Diese Geldvermehrung sollte durch Kriegsanleihen anstatt durch Steuern gegenfinanziert werden. Denn der Aufmarsch und die Versorgung der Millionen Soldaten brachte nie dagewesene Kosten mit sich.

Gleichzeitig sollte die Kaufkraft der Bevölkerung für den Militärbedarf abgeschöpft bzw. stillgelegt werden, um bei der vorauszusehenden kriegsbedingten Güterverknappung im Inland der Schwarzmarktbildung durch Geldverknappung bei den Bürgern entgegenwirken zu können. Um an zusätzliches Geld und Gold zu kommen, wurden mehrere Kriegsanleihen und die Aktion Gold gab ich für Eisen aufgelegt. Anders als in Großbritannien und Frankreich, wo der Krieg durch Vermögenssteuern finanziert wurde, sollten diese Kriegsanleihen nach dem „Siegfrieden“ mit der „Kriegsbeute“ in Form von Reparationen dann wieder abgelöst werden. Die hohen Reparationen, die Frankreich nach dem verlorenen Krieg 1870/71 gezahlt hatte, waren vielen noch in Erinnerung.

Nach der Novemberrevolution 1918 verpflichtete der Friedensvertrag von Versailles 1919 Deutschland zu Reparationszahlungen an die Siegermächte (insbesondere an Frankreich). Deutsche Reparationsleistungen mussten in Goldmark, Devisen und Sachgütern geleistet werden und waren daher nicht von der Inflation betroffen. Im Januar 1920 hatte die Mark gegenüber dem US-Dollar nur noch ein Zehntel ihres Wechselkurses vom August 1914.

Auch die anderen kriegsbeteiligten Staaten hatten unter den Folgen des Weltkrieges zu leiden. In den Jahren 1921 und 1922 kam es zu einem weltweiten Konjunktureinbruch. Die deutsche Volkswirtschaft konnte sich in dieser Zeit erholen. Die entwerteten Löhne und Einkommen wirkten wie Lohndumping. Das deutsche Wirtschaftswachstum war stärker als in den Volkswirtschaften der Sieger.

Im Oktober 1921 wies die Mark noch ein Hundertstel ihres Wertes vom August 1914 auf, im Oktober 1922 nur mehr ein Tausendstel.
aus Deutsche Inflation 1914 bis 1923Wikipedia-logo.png

Gruppe 2: Hyperinflation

Aufgabe

Erstelle ein Poster/ eine Präsentation.

  1. Erkläre, warum man für die Inflation 1923 den Begriff Hyperinflation verwendet.
    1. Gib Beispiele, wie die Hyperinflation das Leben der Leute beeinflusste und beeinträchtigte.
    2. Überlege, ob eine Geldentwertung auch positive Auswirkungen haben kann.

Weil die Reichsregierung nicht mehr in der Lage war, die Reparationen zu bezahlen, kam es zur Ruhrbesetzung durch französische und belgische Truppen. Die deutsche Regierung rief zum „Ruhrkampf“, zum passiven Widerstand gegen die militärische Besetzung auf. Um die Streikenden bei Laune zu halten, wurden ihnen entsprechende finanzielle Hilfen ausgezahlt – in einer Mark, die sich durch die von der Regierung betriebene Geldvermehrung immer rascher entwertete. Damit begannen die Monate der Hyperinflation, die noch Generationen von Deutschen als Beispiel für die Schrecken einer Inflation verfolgten. Immer schneller vervielfachte sich die Abwertung gegenüber dem US-Dollar, bis schließlich im November 1923 der Kurs für einen US-Dollar 4,2 Billionen Mark entsprach.

Datei:Bundesarchiv Bild 183-R1215-506, Berlin, Reichsbank, Geldauflieferungsstelle.jpg
Geldauslieferungsstelle (Sammelstelle) in der Berliner Reichsbank, Oktober 1923
Datei:Billionmarks.jpg
Überdruckte Banknote von Dezember 1922


Die Hyperinflation sorgte für einen Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft und des Bankensystems. Zwei komplette Auflagen von 1000 Mark- und 5000 Mark-Banknoten konnten Anfang 1923 nicht mehr in Umlauf gebracht werden, sie mussten Ende 1923 mit „1 Milliarde“ und „500 Milliarden“-Aufdrucken verwendet werden. Der Aktienindex des Statistischen Reichsamtes stieg im Dezember 1923 im Monatsdurchschnitt auf einen Wert von 26,89 Billionen Punkte und der Goldpreis auf 86,81 Billionen Mark pro FeinunzeWikipedia-logo.png.

Auswirkungen

Geldscheine

Die Bilder können nur ansatzweise den Verlauf der Geldentwertung aufzeigen. Banknoten aus dem Kaiserreich sind so groß, dass sie nur in Brieftaschen passen. Sie waren auch so viel wert, dass sie nicht (oder fast nie) gefaltet wurden.

Mit der fortschreitenden Geldentwertung wurden die Scheine kleiner und dünner, da die Kosten des Papiers zu teuer wurden. Schließlich wurde nur die Vorderseite bedruckt, um Farbe zu sparen. Oben wurde bereits erwähnt, dass alte Geldscheine, deren Nominalwert zu gering war, mit neuen Werten überdruckt wurden.

Briefverkehr

Datei:Inflationsbrief Norden 1923-11-04.jpg
Umschlag eines Inlandbriefs von Wilhelmshaven nach Norden mit sog. DachziegelfrankaturWikipedia-logo.png, gestempelt am 4. November 1923

Nicht nur die Geldscheine, auch die Briefmarken mussten stets an die steigenden Preise angepasst werden.

Im Extremfall wogen die Briefmarken mehr als der Brief selbst, sodass man eigentlich für das höhere Gewicht noch mehr Briefmarken hätte verwenden müssen.


Porto für einen einfachen Fernbrief der ersten Gewichtsstufe bis 20g

1.10.1918 0,15ℳ
1.10.1919 0,20ℳ
1.04.1921 0,60ℳ
1.07.1922 6,00ℳ
15.11.1922 25,00ℳ
15.01.1923 50,00ℳ
1.03.1923 100,00ℳ
1.07.1923 300,00ℳ
1.08.1923 1.000,00ℳ
24. 8.1923 20.000,00ℳ
1. 9.1923 75.000,00ℳ
20. 9.1923 250.000,00ℳ
1.10.1923 2.000.000,00ℳ
10.10.1923 5.000.000,00ℳ
1.11.1923 100.000.000,00ℳ
5.11.1923 1.000.000.000,00ℳ
12.11.1923 10.000.000.000,00ℳ
20.11.1923 20.000.000.000,00ℳ
26.11.1923 80.000.000.000,00ℳ
1.12.1923 100.000.000.000,00ℳ

Am 1. 12. wurde als neue Währung die Rentenmark eingeführt: 10.000.000.000ℳ = 0,01 Rentenmark

Das Porto betrug deshalb 0,10 Rentenmark.

Quelle: Briefmarkenspiegel 3/87, S. 27

Siehe auch: Briefmarken-Jahrgang 1923 der Deutschen ReichspostWikipedia-logo.png


Lohntüte

Betrachte folgende Lohntüte:

Früher hatten nur die wenigsten Deutschen ein Konto bei einer Bank. Arbeiter bekamen freitags oder samstags nach der Arbeit eine Lohntüte, in der ihr Lohn in bar ausgezahlt wurde.


Aufgabe
  1. Überlege, wie die Familie den Lohn möglichst sinnvoll verwenden kann.
  2. Überlege, vor welchen Problemen sie während der Hyperinflation stehen. Was passiert mit dem Geld nach einer Woche?
  3. Auf der Lohntüte ist das Wort VorschussWikipedia-logo.png vermerkt. Erkläre, was das ist und welche Vorteile es hat.

Bei der schnell fortschreitenden Hyperinflation musste versucht werden, noch am gleichen Tag einzukaufen, da das Geld am kommenden Montag schon wieder weniger wert sein würde.

Am Besten wäre es, wenn man in der Vorwoche anschreiben hätte können, d.h. Waren bereits erhalten hatte, die man dann am Wochenschluss bezahlen würde.

Ähnlich funktioniert der Vorschuss, der einem einen Teil des Lohns vorher auszahlt, damit man sich Essen kaufen kann.


Lebensmittelpreise

Berliner Preise vom 10. Juni 1923:


Heute kosten in Berlin:

Markenbrot (1900g)*   2.500 Mark
Markenschrippe*          80 Mark
Markenfreies Brot (1200g)   4.500 Mark
Milch 1 Liter               1.140 Mark
Briketts (50kg, frei Keller) 11.430 Mark
Gas:cbm.                 200 Mark
Strom, Licht und Kraft     2.000 Mark
Straßenbahn: 600, Kind 300 Mark (ab Montag)
Hochbahn: III. Kl. 250 und 350 Mark,
II. Kl. 350 und 450 Mark
Omnibus. 600 u. 800 M

Quelle: G.Kotowski (Hrsg.): Historisches Lesebuch 3: 1914-1933. Frankfurt 1968, S.214

Nachwirkung

In den Zwanziger Jahren gab es nur wenig volkswirtschaftliche Kenntnisse, wieso es zur Inflation kam. Umso stärker wurden die Auswirkungen auf das eigene Leben oder von Bekannten als Oral History an die Nachkommen vergeben.

Der Ziegeleibesitzer

Meine Oma erzählte immer von einem Ziegeleibesitzer, den sie kannte (oder von dem sie nur gehört hatte), der Anfang 1923 seine Ziegelei mit allem Grund verkaufte und dafür sehr viel Geld bekam. Durch die Hyperinflation verlor dieses Geld seinen Wert und ein halbes Jahr später hatte er weder Geld noch eine Arbeit oder Produktionsmittel, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Der Universitätsprofessor

Der Universitätsprofessor aus der Stadt erhielt sein bislang gutes Gehalt monatlich, wobei die Gehälter nur nachträglich (oder gar nicht) an die Geldentwertung angepasst wurden.

Um ihre Familien zu ernähren, zogen viele Bürgerliche auf's Land, um Lebensmittel einzutauschen. Die Bauern wollten natürlich keine (bald) wertlosen Geldscheine und tauschten Milch, Kartoffeln und Eier gegen Silberbesteck und andere Wertgegenstände. Ein Bauer hatte angeblich einen Perserteppich in seinen Kuhstall gelegt, da er im Haus schon genug davon hatte.


Weblinks

Lemo3-20.gifLeMO: Die Inflation von 1914 bis 1923 (dhm.de)

Notgeld

Das Notgeld mit seinen bunten Scheinen dient oft der Illustration der „schwierigen Zeit“, diente aber oft eher nur als zusätzliche Einnahmequelle für finanzschwache Städte. Viele Ausgaben kamen gar nicht in den Umlauf, sondern wurden gleich von Sammlern aufgekauft.

  • das-deutsche-notgeld.de
    sehr umfangreiche Sammlung und Grundlagenartikel, der den Sammelaspekt gut erklärt
  • Notgeld Der schöne Schein (Spiegel.de)
  • Notgeld aus Bamberg (Ralf Arndt)
    "Viele besitzen sie noch, die Notgeldscheine aus der Zeit der Weimarer Republik.
    In der zweiten Jahreshälfte 1923 galoppierte die Inflation in Deutschland wie nie zuvor. Hintergrund waren die hohen Reparationsleistungen an die Siegermächte des Ersten Weltkrieges und der "Ruhrkampf" nach der Besetzung des Ruhrgebiets durch Frankreich.
    Die Alltagssorgen der Menschen der damaligen Zeit spiegelt dieser Geldschein aus dem katholischen Bamberg wider."
  • Wenke: Mein Solingen / Notgeld (Münzen aus minderwertigem Metall)