Karikatur/Karikaturen analysieren und interpretieren und Machtergreifung/Gleichschaltung: Unterschied zwischen den Seiten

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Eine Karikatur ist eine überspitze Darstellung eines (politischen) Ereignisses.  Es ist immer ein Bild zu sehen, das Menschen oder Begebenheiten übertrieben und auf eine ironische Art und Weise darstellt. Dabei übertreibt der Karikaturist, also der Zeichner des Bildes, häufig. Mit Hilfe der Überspitzung soll eine Aussage über eine (politische) Situation gemacht werden. Oft handelt es sich dabei um Kritik.  
[[File:Werner Beucke 1936.jpg|thumb|200px|Wahlplakat Deutschland 1936 ]]
Die so genannte '''„Gleichschaltung“''' folgte bald nach der „[[../|Machtergreifung]]“ durch die Nationalsozialisten. Der Begriff entstammt der nationalsozialistischen Terminologie und entstand 1933, als der Prozess der Vereinheitlichung des gesamten gesellschaftlichen und politischen Lebens in der Machteroberungsphase in Deutschland eingeleitet wurde.  


== Analyse ==
Ziel war es, bis 1934 den als Zerrissenheit verstandenen Pluralismus in Staat und Gesellschaft aufzuheben und eine Diktatur mit nur einem Machtzentrum zu errichten. Mit der Gleichschaltung strebte man an, alle Bereiche von Politik, Gesellschaft und Kultur gemäß den nationalsozialistischen Vorstellungen zu reorganisieren. Dies hatte oftmals die Eingliederung bestehender Organisationen in die NS-Verbände zur Folge.
=== Ziel ===
Rekonstruktion der Aussageabsicht, dazu Untersuchung der künstlerischen Gestaltung (Bildformen wie Metaphern, Symbole und Allegorien)


Besonderheit:  Benutzung  kultureller  Traditionen  (Bildwelten  früherer Zeiten, die für die Analyse bekannt sein müssen) Die Aussageabsicht lässt sich nach Pandel wie folgt differenzieren:
Für Organisationen und Institutionen, deren Existenz nicht infrage gestellt wurde, „bedeutete Gleichschaltung im Wesentlichen dreierlei:
* deskriptive Karikaturen, die eine Situation eher beschreiben
* kommentierende  K.,  die  Ereignisse  zusammenfassend (und objektiver) bewerten
* analytische K., die Ursachen nennen, Zusammenhänge klären
* agitatorische  K.,  die  einen  eindeutig  ideologischen Charakter besitzen


Vorzunehmende  Unterscheidungen, die  sich  auf  den  Zeitaufwand  mit Karikaturen im GU auswirken:  „Pointierte  Karikaturen:  Begrenzen  den  Inhalt, den  Situationsbezug und  sind  meistens  eindeutig  in  der Aussage  (daher  besonders  für Einstiege geeignet)
* Beseitigung demokratischer Strukturen zugunsten des ‚Führerprinzips‘,  
Komplexe  Karikaturen:  Umfassender, Vielfältiger  in  den Details  und schwieriger in ihrem ideellen Standpunkt zu erkennen
* Implementierung antisemitischer Grundsätze, indem Juden aus leitenden Positionen entfernt oder gänzlich aus der Organisation verstoßen wurden,
* sowie ein vollständiger oder partieller Führungswechsel zugunsten von Anhängern des neuen Regimes.“<ref>Michael Grüttner, Brandstifter und Biedermänner. Deutschland 1933–1939, Stuttgart 2015, S. 40. Die politische Willensbildung erfolgte schließlich allein durch den Führer Adolf Hitler, dessen Wille nach nationalsozialistischer Ansicht allein den wahren Volkswillen verkörperte.</ref>


=== Aufgabenstellung in Schritten ===
Die Analyse einer Karikatur ähnelt der [[Arbeit_mit_Quellen/Textquellen_erschließen|Erschließung von Textquellen]]. Sie lässt sich in folgende Schritte einteilen:
[[File:Wat heulst'n kleener Hampelmann.jpg|thumb|right|450px|„Wat heulst’n kleener Hampelmann?“ – „Ick habe Ihr’n Kleenen ’ne Krone jeschnitzt, nu will er se nich!“<br>Zuerst erschienen in: Düsseldorfer Monatshefte. 1849, unter dem Titel: Rundgemälde von Europa im August MDCCCXLIX (1849)<br>Lithografie von Ferdinand Schröder (1818–1857)]]


# Schau dir zunächst die '''Bildlegende''' an. Was kannst du über die Entstehungszeit, den Verfasser und den Titel der Karikatur erfahren?<br>'''Tipp:''' Oft haben Karikaturen keine Überschrift. Dann darfst du die Bildunterschrift als Titel verwenden.
# Schreibe einen Einleitungssatz (='''Basissatz''') aus den Informationen von Frage 1. Das könnte zum Beispiel so aussehen:<br>''„Die Karikatur „Wat heulst’n kleener Hampelmann?“  von Ferdinand Schröder, erschienen am 1849 in den Düsseldorfer Monatsheften, zeigt … “''
#  '''Beschreibe''' die Karikatur.
#* Was siehst du?
#* Welche Symbole benutzt der Zeichner?
#* Was siehst du im Vorder- bzw. im Hintergrund der Karikatur?
#* Welche Farben dominieren?
#* Welche Größenunterschiede sind zu erkennen?<br>Achte auch auf kleinste Details. Hier darf noch nicht interpretiert werden. '''Du darfst nur sagen, was du siehst'''!
# '''Interpretiere''' die Karikatur. Jetzt geht es darum, die '''Aussageabsicht''' des Karikaturisten zu erfassen. Der Karikaturist hat bestimmt Symbole und Zeichen benutzt, mit denen er uns etwas sagen möchte. Versuch erst einmal ganz allgemein nach Bedeutungen zu suchen. Zum Beispiel stehen Handfesseln für Unfreiheit, der Mann mit der geknickten Mütze ist der deutsche Michel, der den Durchschnittsdeutschen darstellen soll, eine Taube kann Frieden bedeuten etc. <br>Folgende Fragen können dir bei der Interpretation helfen:
#* Welches Problem wird dargestellt?
#* Welche Informationen enthalten Über-/Unterschrift und andere Texte im Bild (z.B. Sprechblasen)? In welchem Bezug stehen sie zum Bild?
#* Welche Person in der Karikatur stellt welche Person des Geschichte dar?
#* Welche Zeit wird in der Karikatur angesprochen?
#* Welche historische Vorgänge sind angesprochen?
#* Welche versteckten Aussagen ([[Karikatur/Symbole|Symbole]]) sind zu entschlüsseln?
#* Mit welchen Attributen werden die Figuren verknüpft? Welche Wertungen erhalten sie dadurch?
#* Was will der Karikaturist erreichen?
# '''Bewerte''' nun die Karikatur. Gelingt es dem Zeichner, aktuelle Themen aufzugreifen und verständlich darzustellen? Was ist deiner Meinung nach übertrieben oder verharmlost? Wie wirkt die Karikatur auf dich?
#* '''Welche Positionen werden vom Zeichner bezogen?'''
#* Was ist die "normale" Ansicht/Betrachtung des Geschehnisse? Was sieht der Zeichner evtl. anders?
#* Welche Aspekte/Personen sind umstritten?
#* Sind die Urteile des Zeichners richtig? Welche Verknüpfungen sind untertrieben/übertrieben?
#* Werden dadurch geisteshaltungsmäßige Tendenzen des Zeichners erkennbar? Welche? An welchen Punkten sind diese feststellbar? Steht der Zeichner in Opposition oder auf der Seite der gezeichneten Figuren und Geschehnisse?


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== Aus- oder eintreten? ==
<div class="grid">
<div class="width-1-2" style="border: thin solid;padding 1em;">
'''M1:'''
<span class="float:right;text-align:right;">3. März 1933</span>
Erkläre hiermit meinen Austritt aus der Partei und sende gleichzeitig das Mitgliedsbuch zurück. Irgendwelche Anfragen nach dem Grunde sind zwecklos, da dieselben nicht beantwortet werden können.
<span class="float:right;text-align:right;">H. M.</span>
</div>
<div class="width-1-2" style="border: thin solid;padding 1em;">
'''M2:'''
<span class="float:right;text-align:right;">6. März 1933</span>
Äußere Gründe zwingen mich, meinen Austritt aus der Partei zu erklären. Ich bitte daher, mich in den Mitgliederlisten zu streichen.
<span class="float:right;text-align:right;">H. M.</span>
</div>
</div>
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{{Aufgabe|
# Erkläre, worum es in den Briefen geht.
# Überlege, …
#* welche Gründe es geben kann.
#* warum diese nicht genannt werden.
# Lies M3 und M4 und entscheide, ob die dort genannten Gründe mit deinen übereinstimmen.
}}
<div class="grid">
<div class="width-1-2" style="border: thin solid;padding 1em;">
'''M3:'''
<span class="float:right;text-align:right;">21. März 1933</span>
Die Entwicklung der politischen Verhältnisse im Deutschen Reiche verlangt von mir als Beamten, dass ich mich entscheide, ob ich meine Mitgliedschaft bei der SPD aufrechterhalten und demgemäß aus dem Staatsdienst scheiden oder ob ich weiterhin Beamter bleiben und meine Beziehungen zu Ihrer Partei lösen soll.


[[File:Karikaturdeutung.png|thumb|800px|left|Bearbeitungszirkel einer Karikatur]]
Nach gewissenhafter Überlegung habe ich mich ent­schlossen, diesen zweiten Weg zu gehen. Bestimmend war dabei für mich der Gedanke, dass der Dienst am Volke höher steht, als die Gefolgschaftstreue zu einer Partei.


Ich erkläre daher hiermit meinen Austritt aus Ihrer Partei und bitte Sie, mich in Ihren Mitgliedslisten —unter Nr. 4442 20 — zu streichen.
<span class="float:right;text-align:right;">O.</span>
</div>
<div class="width-1-2" style="border: thin solid;padding 1em;">
'''M4:'''
<span class="float:right;text-align:right;">9. März 1933</span>
Gemäß § 9 des Organisationsstatuts erkläre ich hier­mit meinen sowie auch meiner Frau Austritt mit sofortiger Wirkung . . .
Als Behördenangestellter stehe ich vor einem Scheide­wege. Einerseits sehe ich, wie sich mit Sicherheit bei meinem Arbeitgeber, dem Reich, die Tendenz durchsetzt, diejenigen Arbeitskräfte, die regierungsfeindlichen Vereinigungen angehören, nicht mehr zu dulden. Auf der anderen Seite steht die Treue zur Partei. Leider sehe ich keine andere Möglichkeit als meinen Austritt. Steht doch die Existenz meiner Familie auf dem Spiele. Sollte dennoch das Los der Arbeitslosigkeit nicht abzuwenden sein, das aus eigener Anschauung sehr, sehr hart sein kann, so brauche ich mir nicht vorzuwerfen, nicht alles getan zu haben im Interesse meiner Frau und meines Kindes.
<span class="float:right;text-align:right;">Hans J.</span>
</div>
</div>
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[[Bild:1890 Bismarcks Ruecktritt.jpg|thumb|200px|Die ''Punch''-Karikatur ''„Dropping the Pilot”'' (dt. meist ''„Der Lotse geht von Bord”'') von Sir John Tenniel zur Entlassung Bismarcks 1890]]
== Führerprinzip ==
 
{{Zitat|Führer, befiehl, wir folgen Dir!|}}
 
[[File:Der Weg des gleichgeschalteten Staatsbürgers-lighter cropped etc.jpg|600px]]


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{{Karikatur}}


== Weblinks ==


* [http://web.archive.org/web/20070319222456/http://www.geschichtecom.org/bearbeitungsmethoden.htm Ein Raster zur Analyse von Karikaturen]
{{Machtergreifung}}
* [https://geschichtsunterricht.wordpress.com/2014/03/09/einer-karikatur-auf-der-spur-die-online-suche-schritt-fur-schritt/ Einer Karikatur auf der Spur: die Online-Suche Schritt für Schritt] (Daniel Bernsen, 9. März 2014)
* [http://mindthegaps.hypotheses.org/1375 ZUR ARBEIT MIT KARIKATUREN] mind the gap(s), 11. März 2014
* [https://segu-geschichte.de/karikaturen/ Lernmodule zu Flugblättern und Karikaturen] bei segu Geschichte


[[Kategorie:Karikatur]]
== Weblinks ==
[[Kategorie:Geschichte]]
* {{wpde|Gleichschaltung}}
* [https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/etablierung-der-ns-herrschaft/gleichschaltung.html Gleichschaltung 1933] (LeMO)

Version vom 6. Januar 2023, 06:36 Uhr

Wahlplakat Deutschland 1936

Die so genannte „Gleichschaltung“ folgte bald nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten. Der Begriff entstammt der nationalsozialistischen Terminologie und entstand 1933, als der Prozess der Vereinheitlichung des gesamten gesellschaftlichen und politischen Lebens in der Machteroberungsphase in Deutschland eingeleitet wurde.

Ziel war es, bis 1934 den als Zerrissenheit verstandenen Pluralismus in Staat und Gesellschaft aufzuheben und eine Diktatur mit nur einem Machtzentrum zu errichten. Mit der Gleichschaltung strebte man an, alle Bereiche von Politik, Gesellschaft und Kultur gemäß den nationalsozialistischen Vorstellungen zu reorganisieren. Dies hatte oftmals die Eingliederung bestehender Organisationen in die NS-Verbände zur Folge.

Für Organisationen und Institutionen, deren Existenz nicht infrage gestellt wurde, „bedeutete Gleichschaltung im Wesentlichen dreierlei:

  • Beseitigung demokratischer Strukturen zugunsten des ‚Führerprinzips‘,
  • Implementierung antisemitischer Grundsätze, indem Juden aus leitenden Positionen entfernt oder gänzlich aus der Organisation verstoßen wurden,
  • sowie ein vollständiger oder partieller Führungswechsel zugunsten von Anhängern des neuen Regimes.“[1]




Aus- oder eintreten?

M1: 3. März 1933

Erkläre hiermit meinen Austritt aus der Partei und sende gleichzeitig das Mitgliedsbuch zurück. Irgendwelche Anfragen nach dem Grunde sind zwecklos, da dieselben nicht beantwortet werden können.

H. M.

M2: 6. März 1933

Äußere Gründe zwingen mich, meinen Austritt aus der Partei zu erklären. Ich bitte daher, mich in den Mitgliederlisten zu streichen.

H. M.



Aufgabe
  1. Erkläre, worum es in den Briefen geht.
  2. Überlege, …
    • welche Gründe es geben kann.
    • warum diese nicht genannt werden.
  3. Lies M3 und M4 und entscheide, ob die dort genannten Gründe mit deinen übereinstimmen.

M3: 21. März 1933

Die Entwicklung der politischen Verhältnisse im Deutschen Reiche verlangt von mir als Beamten, dass ich mich entscheide, ob ich meine Mitgliedschaft bei der SPD aufrechterhalten und demgemäß aus dem Staatsdienst scheiden oder ob ich weiterhin Beamter bleiben und meine Beziehungen zu Ihrer Partei lösen soll.

Nach gewissenhafter Überlegung habe ich mich ent­schlossen, diesen zweiten Weg zu gehen. Bestimmend war dabei für mich der Gedanke, dass der Dienst am Volke höher steht, als die Gefolgschaftstreue zu einer Partei.

Ich erkläre daher hiermit meinen Austritt aus Ihrer Partei und bitte Sie, mich in Ihren Mitgliedslisten —unter Nr. 4442 20 — zu streichen.

O.

M4: 9. März 1933

Gemäß § 9 des Organisationsstatuts erkläre ich hier­mit meinen sowie auch meiner Frau Austritt mit sofortiger Wirkung . . .

Als Behördenangestellter stehe ich vor einem Scheide­wege. Einerseits sehe ich, wie sich mit Sicherheit bei meinem Arbeitgeber, dem Reich, die Tendenz durchsetzt, diejenigen Arbeitskräfte, die regierungsfeindlichen Vereinigungen angehören, nicht mehr zu dulden. Auf der anderen Seite steht die Treue zur Partei. Leider sehe ich keine andere Möglichkeit als meinen Austritt. Steht doch die Existenz meiner Familie auf dem Spiele. Sollte dennoch das Los der Arbeitslosigkeit nicht abzuwenden sein, das aus eigener Anschauung sehr, sehr hart sein kann, so brauche ich mir nicht vorzuwerfen, nicht alles getan zu haben im Interesse meiner Frau und meines Kindes.

Hans J.



Führerprinzip

Zitat
Führer, befiehl, wir folgen Dir!

Datei:Der Weg des gleichgeschalteten Staatsbürgers-lighter cropped etc.jpg





Weblinks

  1. Michael Grüttner, Brandstifter und Biedermänner. Deutschland 1933–1939, Stuttgart 2015, S. 40. Die politische Willensbildung erfolgte schließlich allein durch den Führer Adolf Hitler, dessen Wille nach nationalsozialistischer Ansicht allein den wahren Volkswillen verkörperte.