Lernpfade Ethik/Schöne neue Welt und Goodbye Deutschland/Auswanderung nach 1848: Unterschied zwischen den Seiten

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{{Box|Lernpfad
[[File:Bundesarchiv Bild 137-041316, Auswandererschiff "Samuel Hop".jpg|thumb|400px|right|Deutsche Auswanderer auf dem Weg in die USA über Rotterdam und Le Havre auf dem Schiff "Samuel Hop" im April 1849<ref>[https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_137-041316,_Auswandererschiff_%22Samuel_Hop%22.jpg Wikimedia Commons] (Zeichnung von Leo von Elliot aus: [https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=izl&datum=18491111&seite=4&zoom=51 Leipziger Illustrirte Zeitung, 10. November 1849],  S.292).- Passagiere auf dem Passagierdeck u.a. beim Kartenspiel, Musizieren</ref>]]
|Titel=Schöne neue Welt
[[File:Germans-emigrate-1874.jpg|thumb|left|400px|Deutsche Auswanderer gehen in Hamburg an Bord]]
|Bild = [[Datei:Aldous Huxley 1947.png|mini|Aldous Huxley]]
{{clear}}
|Der Lernpfad ist ein Teil des Lernbereiches „Utopien“. Er soll den SuS utopische Lebensweisen bewusst machen, ihnen ermöglichen, kritische, aktuelle Fragen zu stellen und gemeinsam nach Antwortmöglichkeiten zu suchen. Die SuS sollen ihr Wissen über die Utopien "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley <ref>Schöne neue Welt, Aldous Huxley; Fischer Verlag: 68. Auflage, Januar 2012</ref> anwenden und die Menschen, die darin leben und deren Lebensweisen kritisch hinterfragen. Außerdem soll ein Bezug zu der eigenen Lebenswelt hergestellt werden.
{{Zitat|"Die deutsche und bayerische Auswanderung nach Amerika ist daher immer als Teil einer vielfältigen Migrationsgeschichte zu verstehen.


*'''Zeitbedarf: 4 Unterrichtsstunden je 45 Minuten'''
Erwähnt seien nur drei weitere große Fernwanderungen der letzten Jahrhunderte: Vom späten 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert zog es zahlreiche Deutsche nach Ost- und Südosteuropa. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wanderten Hunderttausende meist
*'''Material: Roman "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley, Hefter, Stifte, Internetfähiger Computer (YouTube-Videos müssen abspielbar sein)'''
polnischsprachiger Menschen aus dem östlichen Preußen in die Industriegebiete des deutschen Westens.
*'''Lehrplanbezug: Lehrplan Gymnasium des Landes Sachsen, 10. Klasse, Lernbereich 3: Utopien'''
Und die Süd-Nord-Wanderung aus dem mediterranen Raum hat die Bundesrepublik seit den 1960er-Jahren de facto zu einem Einwanderungsland gemacht" |<cite>(Thomas Raithel, "Kommt bald nach ..." - Auswanderung nach Amerika 1683 - 2003)<ref>[https://www.ifz-muenchen.de/fileadmin/user_upload/Mitarbeiter/Downloads/raithel_kat.pdf Thomas Raithel, "Kommt bald nach ..." - Auswanderung nach Amerika 1683 - 2003]</ref>}}
*'''Vorbereitung: Die SuS haben bestenfalls die Utopie von Aldous Huxley in einem anderen Fach schon gelesen.'''|LernpfadNeu}}


== Ursachen ==
Raithel gibt in seinem Aufsatz eine Darstellung nach Adams (1993) wider, nach der die deutsche Einwanderung seit dem 19. Jahrhundert in mehreren Wellen stattfand, wobei deren Ursachen in den Vorgängen in den Quellländern als auch im Zielland liegen.


==Einführung==
Für die Auswanderung im 19. Jahrhundert nach den USA spielen zeitweise oder auch gleichzeitig:
In der Einführung soll es um die Annäherung an den Utopie-Begriff gehen.


* religiöse Motive (protestantische Sekten,  v. a. Mennoniten)
* die wirtschaftliche Situation (das in fränkischen Gebieten übliche Realteilungsrecht führt zur Hofteilung und  zur Bevölkerungszunahme, die Höfe werden dadurch aber immer unrentabler)
* Unzufriedenheit mit wirtschafts- oder sozialpolitischen Gegebenheiten
* sich selbst verstärkende Migrationsprozesse (Sogwirkung)


{{Aufgabe|Schreibe anhand dieses Abschnitts '''deine eigene Definition von Utopie''' in deinen Hefter. Was erscheint dir als wichtig? Schreibe ca. 5-6 kurze Sätze. 
eine Rolle.      


(Zeitvorgabe: 10 min.)}}
Ein weiterer Grund mag in der Ertragssituation gewesen sein, die auf die zwischen 1830 und 1840 herrschenden klimatischen und sonstigen Verhältnisse zurückzuführen ist. So beschreibt Lorenz Hübner im Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 1841/1842  für den Ort Beilngries.<ref>[https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10333494?page=,1 Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 1841/1842]</ref>


{{Zitat|
''"'''1832'''. Ungemein trocknes Jahr. Allen Brunnen der Stadt mangelte Wasser, und die Bergleute mußten es drei viertel Jahre lang im Thale aus den Flüssen holen. ''


"Utopien kommen auf keiner Landkarte (''u-topia: ohne Ort, Platz'') vor - sind aber nützliche Denkanstösse und Stimulanzien die uns auf neue Möglichkeiten, Erfindungen, Entdeckungen vorbereiten. Utopien entwickeln quasi im Gedankenlabor eine neue Wirklichkeit - die aber stärkere oder schwächere Verbindung zur Alltagsrealität hat.  
'''''1833'''. Auf ein naßkaltes Frühjahr folgte vom 1. bis 20. Mai eine anhaltend große Hitze von 20 - 26. ''


*Utopien sind zukunftsorientierte Spekulationen über Möglichkeiten gesellschaftlicher Strukturen - und manchmal realisierbare Programme. Häufig liegt ihnen die Sehnsucht nach wahrer Gerechtigkeit zugrunde, weshalb sie des Öfteren als sittenstrenger Staatssozialismus enden. Typisch sind meist auch Selbstbescheidung, Mäßigung, Verzicht auf Luxus, also Subsistenzwirtschaft.
'''''1834'''. Anhaltende Hitze und Trockenheit erzeugten einen so empfindlichen Futter- und Strohmangel, daß der Preis eines Schobers Kornstrohes auf 25 fl. gestiegen ist.''
*Utopien zeigen, wie unsere Welt nicht ist - aber sein sollte
*Utopien sind konstruktivistische Leistungen die eine neue Welt bauen, neue Konzepte und Ordnungsentwürfe, neue Orientierung geben. Sie zeigen was denkbar ist - wenn auch nicht unbedingt wünschbar.
*Utopien sind Modelle rationalen sozialen Theoretisierens. Jede Utopie ist Zeitkritik, da die vorherrschenden Tendenzen als negativ betrachtet werden oder zumindest als verbesserungswürdig. Utopien sind also auch Gesellschaftskritik und in der Funktion unverzichtbar.


Negative Utopien, Anti- Utopien oder '''Dystopien''' die totalitäre Ungeheuer, Freiheitsbeschränkung, Manipulation und Überwachung zeigen bis hin zur Apokalypse - oft gerade wegen der Perfektionierung von Wissenschaft, Technik und rationaler Verwaltung. Schwarze Utopien wie George Orwells "1984" sollen als Warnung verstanden werden.
'''''1835''' . Auch in diesem Jahre anhaltende Hitze und Trockenheit, und dabei eine Unzahl von Heuschrecken, welche die Altmühlwiesen, und die nächstgelegenen Getraidfelder ganz bedeckten, und jedes Gräslein auffraßen. ''


'''Positive Utopien''' zielen auf Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden. Sie basieren auf dem Prinzip Hoffnung und präsentieren ein Ideal, eine von Ausbeutung und Elend, von Lastern, von Übeln, von Not, kurzum von allem Bösen befreite Welt."
'''''1836'''. Trockenheit und Heuschreckenfraß wie im vorigen Jahr. An Grummet, Gerste, Haber und Erdbirn hatte Beilngries ein Mißjahr. Doch sind die Preise nieder geblieben, und das schwere Getraid war fast in Unwerth. Im Sommer und Herbste dieses Jahrs tödtete eine bisher nie gekannte Seuche hier und in der Umgegend viel Hundert Schweine."''|}}
''(aus http://www.brainworker.ch/Politik/utopien.htm, 07.03.2014)''


== Ablauf ==
[[Datei:Auswandererhaus_-_Bremerhaven_-_1850.jpg|400|right]]
Die Auswanderung erfolgte über französische, niederländische Häfen oder Häfen an der Nordseeküste,  Bremen und Hamburg. Um überhaupt auswandern zu können, mussten die Auswanderungswilligen  beispielsweise für die Niederlande
* einen Erlaubnisschein für die Auswanderung (aus dem Königreich Bayern),
* eine Erklärung über die Daten der Auswandernden zur Finanzierung des Aufenthaltes in den Niederlanden und der Überfahrt
* eine notarielle bestätigte  Erklärung des niederländischen Schiffsreeders mit Daten über das Schiff mit dem die Auswandernden transportiert werden


{{Aufgabe|Beantworte anhand dieses Abschnitts folgende Frage schriftlich in deinem Hefter:
vorlegen (Königlich Bayerisches Intelligenzblatt für den Rezat-Kreis, 1828).
'''Welche Negativen Aspekte werden vom Autor angesprochen?''' Antworte in Stichpunkten (mindestens 4)!


(Zeitvorgabe: 15 min.)}}
Auch die Kosten waren nicht unerheblich. Allein 50 fl ({{wpde|Gulden}}) mussten die Reisenden für den ersten Hafen in der Neuen Welt zurücklegen, die Überfahrt kostete 40 - 60 fl  (ohne Lebensmittel). Von Schwierigkeiten mit den Schiffsreedereien bzw. deren Kapitänen warnt das Königlich Bayerische Intelligenzblatt für Mittelfranken im Jahr 1846<ref>[https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-MDZ-00000BSB10346277?cq=%22B%C3%BCcher+zu+Bayern%22+Intelligenzblatt+Mittelfranken+1846&p=1&lang=de Königlich Bayerisches Intelligenzblatt für Mittelfranken] (Bavarikon.de)</ref>. Allenthalben erscheinen nun auch Ratgeber für Auswanderungswillige. 1862 erscheint in der Stahelschen Buchhandlung das Handbuch "Die Lehre von der Aus- und Einwanderung im Königreiche Bayern"<ref>[https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-MDZ-00000BSB10377866?cq=%22B%C3%BCcher+zu+Bayern%22+Aus-+und+Einwanderung&p=1&lang=de "Die Lehre von der Aus- und Einwanderung im Königreiche Bayern"] (bavarikon.de)</ref>
[[Datei:Auswanderung-bayern-usa.jpg|thumb|Auswanderer in den Jahren 1845/46 bis 1856/57 nach Amerika(nach Beiträgen zur Statistik des Königreichs Bayern (1854 S.223 und 1859 S241) zit. bei Thomas Raithel]]
Auch Mittelfranken bzw.  das Gebiet der Frankenhöhe ist davon betroffen. Im Königreich Bayern wird für die Jahre bis 1870 jeder Auswanderungswillige  im Königlich Bayerischen Intelligenzblatt für Mittelfranken (Sammlung Bavarica)  veröffentlicht, um Gläubigern Gelegenheit zu geben vorher seine Forderungen einzutreiben.<ref>[https://books.google.de/books?id=MTBNAAAAcAAJ&dq=Sommer+1816+Ernte+Ansbach&hl=de&pg=PA579&output=embed Ansbacher Morgenblatt 1847 (books.google.de)</ref>


Einige Auswanderer nach Amerika von der Frankenhöhe sollen hier angeführt werden:


==Gefahren des Utopischen==
{| class="wikitable"
!Jahr       
!Gemeinde
!Name
!Stand       
!Mitauswandernde Familienmitglieder       
|-
|'''1837'''       
|Leutershausen       
|Johann Georg Heindel       
|Taglöhner       
|3       
|-
|'''1837'''       
|Mittelramstadt       
|Konrad Prechtel       
|Taglöhner       
|4       
|-
|'''1837'''       
|Weissenkirchberg       
|Georg Michael Unger       
|Schuhmacher       
|1       
|-
|'''1837'''       
|Leutershausen                   
|Moritz Heß       
|Metzgermeister       
|2       
|-
|'''1837'''       
|Sachsbach/Herrieden       
|Eva Maria Krug       
|           
|1       
|-
|'''1837'''       
|Reichenau/Herrieden       
|Simon Eberlein       
|Hausbesitzer       
|2       
|-
|'''1837'''       
|Winkel/Herrieden       
|Anna Barbara Reiter       
|led. Hirtentochter       
|-       
|-
|'''1837'''       
|Kaudorf/Herrieden       
|Georg Michael Knörr       
|           
|-       
|-
|'''1837'''       
|Lettenmühle/Reichenau       
|Helena Berbara Rohringer       
|           
|-       
|-
|'''1837'''       
|Zumberg/Feuchtwangen       
|Maria Marg. Kunder       
|Bauernwitwe       
|3       
|-
|'''1837'''       
|Wildenholz/Feuchtwangen       
|Joh. Georg Illig       
|Drechslermeister       
|1       
|-
|'''1837'''       
|Dentlein/Feuchtwangen       
|Marg. Glasbrenner       
|ledige Taglöhnerin       
|1       
|-
|'''1837'''       
|Aichenzell/Feuchtwangen       
|Wilh. Grüb       
|lediger Dienstknecht       
|-       
|-
|'''1837'''       
|Kleinohrenbronn/Feuchtwangen       
|Mich. Georg Windsheimer       
|Gutsbesitzer       
|6       
|-
|'''1837'''       
|Feuchtwangen       
|Maria Barb. Baier       
|ledigen Standes         
|-       
|-
|'''1837'''       
|Erlmühle       
|Joh. Georg Kunder         
|Taglöhner       
|2       
|-
|'''1837'''       
|Feuchtw.       
|Peter Eichner       
|Witwer u. Drechslermeister       
|2       
|-
|'''1837'''       
|Sommerau/Feuchtw.       
|Carl Zur       
|Bäckermeister u. Brandweinbr.       
|6       
|-
|'''1837'''       
|Erlmühle       
|Joh. Gg. Windsheimer       
|Leinwandhdlr.                   
|-       
|-
|'''1837'''       
|Feuchtwangen       
|Eva Marg. Brunner       
|ledigen Standes       
|-       
|-
|'''1837'''       
|Kaudorf/Herrieden       
|Mar. Barb. Mack       
|ledige Gütlerstochter         
|1       
|-
|
|
|
|
|
|-
|'''1839'''       
|Rothenburg       
|Johann Adam Schuh       
|ehem. Besitzer der Limbachsmühle       
|2<br />
|-
|
|
|
|
|
|-
|'''1840'''       
|Leutershausen                   
|Georg Simon Reutelshöfer       
|Braumeister       
|6       
|-
|'''1840'''       
|Leutershausen       
|Georf Adam Stumpf       
|Schneidermeister       
|3       
|-
|'''1840'''       
|Leutershausen       
|Gg. Barhelmäs Gehring       
|Taglöhner       
|5       
|-
|'''1840'''       
|Leutershausen       
|Eva Barbara Hornung       
|Dienstmagd       
|-       
|-
|'''1840'''       
|Oberdachstetten       
|Johann Leonhard Mosmeyer       
|Schreinermeister       
|6       
|-
|'''1840'''       
|Unterbreitenau       
|Joh. Leonh. Ilgenfritz       
|lediger Bauernsohn       
|-       
|-
|           
|           
|           
|           
|           
|-
|'''1846'''       
|Sachsen (Leutershausen)       
|Maria Barbara Sperr       
|Schuhmacherswitwe       
|2       
|-
|'''1846'''       
|Leutershausen       
|Maria Marg. Mainzinger       
|ledige Hafnerstochter       
|-       
|-
|'''1846'''       
|Lauterbach       
|Joh. Jakob Schwarz       
|Dienstknecht       
|-       
|-
|'''1846'''       
|Lauterbach       
|Jakob Schwarz       
|Dienstknecht       
|-       
|-
|           
|           
|           
|           
|           
|-
|'''1847'''       
|Leutershausen       
|Joh. Christ. Mainzinger         
|Hafnermeister       
|6       
|-
|'''1847'''       
|Leutershausen       
|Joh. Leonh. Wägmann         
|Bäckermeister       
|3       
|-
|'''1847'''       
|Jochsberg       
|Joh. Mich. Fluhrer       
|Schmiedmeister       
|3       
|-
|'''1847'''       
|Klonsbach       
|Joh. Georg Thürauf       
|Wirth       
|6       
|-
|'''1847'''       
|Klonsbach       
|Joh. Bernhard Billenstein       
|Bauer                   
|3       
|-
|'''1847'''       
|Cadolzhofen       
|Georg Marr Carl       
|Köbler       
|4       
|-
|'''1847'''       
|Gastenfelden       
|Friedrich Stibor       
|Schreinermeister       
|2       
|-
|'''1847'''       
|Frommetsfelden       
|Johann Georg Krug       
|Taglöhner                   
|1       
|-
|'''1847'''       
|Wassertrüdingen       
|Moses Levi Hecht       
|Landkramhändler       
|3       
|-
|'''1847'''       
|Leutershausen                   
|Georg Peter Friedlein       
|vormaliger Wirth       
|3       
|-
|'''1847'''       
|Oberdachstetten       
|Anna Maria Weiß       
|ledig       
|3       
|-
|'''1847'''       
|Steinach/Rothenburg       
|Anna Margaretha Baumgärtner       
|ledige Chirurgentochter         
|-       
|-
|           
|           
|           
|           
|           
|-
|'''1847'''       
|Bettenfeld       
|Magdalena Barbara Kurz       
|Tochter des Bauern Joh. Leonhard Kurz       
|-       
|-
|'''1847'''       
|Lehrberg       
|Joseph Oettinger         
|Seifensieder                   
|3       
|-
|'''1847'''       
|Schillingsfürst       
|Willibald Hämmerlein       
|Maurergeselle                   
|1       
|}


Der sprichwörtliche schlechte Ruf von "Utopie" hat mehrere Gründe, die zugleich von ihrem Wesen ablenken. Der erste Grund liegt im Begriff selbst. Die (Kunst-)Wortschöpfung "Utopia" von Thomas Morus hat sich schematisch vollständig verselbstständigt. Der Begriff, wörtlich mit "Nicht-Ort" und "Nirgends" übersetzt, legt ab ovo die falsche Spur der Nichterreichbarkeit oder macht seinen Inhalt ausgedacht und all beliebig, in den frühen Staatsromanen und Gesellschaftsentwürfen von Morus, Campanella und Bacon setzte sich nicht die darin enthaltene Kritik durch, sondern die Macht der erzeugten utopischen Bilder überschattete die Motive.
<div style="float:right;margin-left:1em; padding: 0.5em;width:20em; background:#FFF0A2;"><span style="font-size:2em;text-align:center;display:block;">Für Auswanderer nach Amerika</span>
Durch Unterzeichneten von der Regierung angestellten und beeidigten Schiffsexpedienten werden Auswanderer nach Amerika zu dem billigen Preise von 80 fl einschließlich vollständiger Bekoestigeung befoerdert.  
<span style="font-size:2em;text-align:center;display:block;">H. August Heineken in Bremen</span>
Herr Kaufmann C. Pullich in Nördlingen wird die Güte haben, auf gefällige Anfragen nähere Auskunft zu ertheilen.</div>
Die Auswandernden gehörten sehr unterschiedlichen Gesellschaftsschichten an. Aus einigen Angaben, wie z. B. den ledigen mit Kind oder den Dienstknechten mag man einen Auswanderungsgrund erschließen.  


Dem utopischen in "Utopia", im "Gottesstaat" und in "Nova Atlantis" wurden die ihnen zugrunde gelegten Ideen (z.B. gerechte Verteilung der Güter, Selbstbestimmung über den technischen Fortschritt etc.) geopfert. Auch die neuzeitlichen Utopien wie das "Kommunistische Manifest" und Dystopien wie "1984" und "Schöne neue Welt" erzeugen angreifbare Bilder auf Kosten der Idee (z.B. Abschaffung des entfremdeten Menschen). Die in den utopischen Entwürfen angelegte Sprengkraft löste alles andere aus als den Ideen entsprechende Revolutionen und führte zu Implosionen des Denkens. Die Idealisierung und Perfektionierung von Freiheits- und Gleichheitsgrundsätzen hatte die Pervertierung und nachhaltige Diskreditierung der Utopie zur Folge. Die Macht der utopischen Bilder tilgte die Kritik.
In den 1830 - 1840-er Jahren inserierten Reedereien bzw. in Bayern akkredidierte Agenten aus Nordamerika und warben um die Auswanderer. Rechts nur ein Beispiel aus dem "Wochenblatt der Stadt Nördlingen" von 1848


Der zweite Grund für den schlechten Ruf von "Utopie" liegt in ihrer örtlichen oder zeitlichen Entgrenzung, mit all den Folgen einer uneindeutigen Begriffssemantik. Die Geschichte der Utopie der Utopie seit der Renaissance zeigt, dass die Menschen ihre utopischen Vorstellungen durchgängig an einen anderen Ort, in eine andere Zeit oder gar in eine andere Welt verlegt haben. Orts- und zeitversetzte Ferne katapultiert die Utopie ins Reich des Irrealen. Neue, in ausgedachten Modellwelten eingerichtete Gesellschaftsbilder führten zur Entfremdung von der Gegenwart. Die früheren Utopien sind dem Genre des Staatsromans zugeordnet und dem Verdacht auf Fiktivität ausgeliefert, bis heute. Solcherart abstrakte Utopie >> ist an sich nichts als ein Wunschtraumgebilde [...], ohne ein Bedürfnis [es] zu prüfen auf [seine] reale Gültigkeit, auf [seine] Vermittlung mit der Realität (Ernst Bloch, Experimentum Mundi. Frage, Kategorien des Herausbringens, Praxis, GA Bd. 15, Frankfurt/Main 1975,277) <<"
Nicht alle Auswanderungswilligen erreichten ihr Ziel. So  ist ausgerechnet für die Gemeinde Geslau unter dem Ankunftsdatum bei der Auswandererdatei Castlegarden in den USA notiert:


''(aus: Kufeld, Klaus: Zeit für Utopie. In: Julian Nida- Rümelin/Klaus Kufeld (Hg.): Die Gegenwart der Utopie- Zeitkritik und Denkwende. Alber, Freiburg/München, 2011, S. 9f)''<nowiki>}}</nowiki>




==Gesellschaft==
In diesem Teil soll die Gesellschaftsform in der Utopie näher betrachtet werden. Außerdem geht es um das operante Konditionieren und psychische Lenkung in unserer Gesellschaft.


{{Aufgabe|'''Löse die folgenden Aufgaben schriftlich in deinem Hefter:'''


1. Informiere dich [http://flexikon.doccheck.com/de/Operante_Konditionierung hier] über das '''operante Konditionieren'''! Versuche mindestens ein Beispiel zu einer Situation zu finden, in welcher du operantes Konditionieren, vielleicht auch unbewusst, angewendet hast! Beschreibe dieses Beispiel in mindestens 3 Sätze.
{{Goodbye Deutschland}}


2. '''Begründe''' mit deinem Wissen über das Buch "Schöne neue Welt" warum die Kinder im ersten Abschnitt Blumen und Bücher verachten sollen! Welche gesellschaftlichen Vorteile ergeben sich daraus? (maximal eine halbe A4-Seite)
== Quellen ==
 
<references/>
(Zeitvorgabe: 25 min.)}}
 
 
"„Ein heftiger Knall. Gellendes und immer gellenderes Sirenengeheul. Rasendes Schrillen von Alarmglocken. Die Kinder fuhren zusammen. Sie begannen zu schreien, die Gesichtchen von Entzetzen verzerrt. >>Und jetzt<< , brüllt der Direktor, denn der Lärm war ohrenbetäubend, >>werden wir ihnen die Lektion mit einem kleinen elektrischen Schlag einbleuen.<< Er winkte abermals, die Oberpflegerin drückte einen zweiten Hebel. Das Schreien der Kinder hörte sich plötzlich anders an. Verzweiflung, fast Wahnsinn klang aus diesen durchdringenden Schreikrämpfen. Die kleinen Körper zuckten und erstarrten, ihre Arme und Beine bewegten sich ruckartig, wie von unsichtbaren Drähten gezogen. >>Wir können diesen Teil des Fußbodens unter Strom setzen<<, brüllte der Direktor erklärend. >>Aber jetzt genug!<< bedeutete er der Pflegerin. Die Detonationen hörten auf, die Klingeln verstummten, das Sirenengeheul erstarb nach und nach. Die zuckenden Kinderleiber lösten sich aus ihrem Krampf, das irre Stöhnen und Schreien ebbte zu einem gewöhnlichen Angstgeplärr ab. >>Geben sie ihnen nochmal die Blumen und Bücher!<< Die Pflegerinnen gehorchten, aber beim bloßen Anblick der Rosen, der bunten Bilder mit den Mietzekatzen, Hottehüpfpferdchen und Bählämmern wichen die Kinder schaudernd zurück; ihr Geplärr schwoll sogleich wieder zu Entsetzgeschrei an . >>Beachten sie das meine Herren<<, sagte der Direktor triumphierend, >>beachten sie das genau!<< Bücher und unerträglicher Lärm, Blumen und elektrische Schläge- schon der kindliche Verstand verband diese Begriffe miteinander, und nach zweihundert Lektionen dieser oder ähnlicher Art waren sie unlösbar miteinander verknüpft. Was der Mensch zusammenfügt, das kann die Natur nicht trennen. >>So wachsen sie mit einem, wie die Psychologen zu sagen pflegen >instinktiven< Hass gegen Bücher und Blumen auf. Wir normen ihnen unausrottbare Reflexe an. Ihr ganzes Leben lang sind sie gegen Druckerschwärze und Wiesengrün gefeit.<<“
(Seite 36/37)
 
 
„>>- tragen alle Grün.<< begann eine leise, ungemein klare Stimme mitten im Satz, >>und Deltakinder tragen Khaki. Nein ich mag nicht mit Deltakindern spielen. Und Epsilons sind noch schlimmer. Sie sind zu dumm zum Lesen und Schreiben. Außerdem tragen sie Schwarz, und das ist eine abscheuliche Farbe. Oh wie froh ich bin, dass ich ein Beta bin!<< Pause, dann begann die Stimme von neuem. >> Alphakinder tragen grau. Sie arbeiten viel und mehr als wir, weil sie so schrecklich klug sind. Oh wie froh bin ich, dass ich ein Beta bin und nicht so viel arbeiten muss! Wir Betas sind etwas viel besseres als Gammas und Deltas. Gammas sind dumm. Sie tragen alle grün, und Deltakinder tragen Khaki. Nein ich mag nicht Deltakindern spielen. Und Epsilons sind noch schlimmer. Sie sind zu dumm zum -<< Der BUND drehte den Knopf zurück. Die Stimme schwieg, nur ein dünnes Wispern geisterte Weiter unter den achtzig Kissen weiter. >>Bis sie aufwachen, werden Sie es jetzt noch vierzig bis fünfzigmal wiederholt bekommen, dann Donnerstag und Sonnabend wieder, Hundertzwanzig Wiederholungen, dreimal in der Woche, dreißig Monate lang. Danach erhalten sie Unterricht für Fortgeschrittene.<<“
(Seite 42/43)
 
„>>Wir prädestinieren und normen auch. Wenn wir unsere Kleinlinge entkorken, haben sie bereits ihren festen Platz in der Gesellschaft, als Alphas oder Epsilons, als künftige Kanalreiniger oder künftige - << Er hatte künftige Weltaufsichtsräte sagen wollen, verbesserte sich aber und sagte >>künftige Brutdirektoren<<.“
(Seite 30)
 
{{Aufgabe|
1. '''Übertrage die Tabelle in deinen Hefter''' und ergänze schriftlich die Lücken! Durch klicken auf das Bild, kannst du es vergrößern!
 
2. '''Beurteile''' mit Hilfe einer Begriffsanalyse zu psychischer Lenkung, wo dir diese in deinem Umfeld auffällt, zum Beispiel durch Medien, Schule, Freundeskreis,... Kommentiere dazu den Blogeintrag "Gesellschaft in Schöne neue Welt" auf unserem Klassenblog!
 
(Zeitvorgabe: 20 min.)}}
<br />
 
{{Box|Methode: Begriffsanalyse|'''Begriffsanalyse''' bedeutet eine Art Definition von einem Begriff zu finden, hier "psychische Lenkung". Geht dabei auf die einzelnen Bestandteile der Wörter ein und definiert sie.|Merke}}
 
 
[[Datei:Schöne neue Welt Arbeitsblatt.jpg|mini|zentriert|500px|Arbeitsblatt zum Kastensystem in Aldous Huxleys "Schöne neue Welt"]]
 
 
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==Bildung und Normung==
Hier soll es vor allem um die Bildung und Normung in der Utopie von Aldous Huxley gehen. Wie sehen Schulen im Weltstaat aus? Wie werden Kinder behandelt?
 
 
{{Aufgabe|
1. '''Löse das Wörtgitter''' und finde 10 Begriffe zur Bildung in der Schönen Neuen Welt!
 
2. '''Suche dir einen Begriff''' von den gefunden aus und '''versuche diesen zu beschreiben.''' Es ist dir freigestellt, ob du darüber schreibst, eine Collage erstellst oder versuchst den Begriff zu zeichnen. Die Ergebnisse werden in der nächsten Unterrichtsstunde von allen vorgestellt.
 
(Zeitvorgabe: 20 min.)}}
 
 
{{LearningApp|app=p4r2nng0a01|width=100%|height=720px|minWidth=1320px}}
 
==Glück==
In diesem Teil wird es eine kurze Wiederholung zum Begriff "Glück" geben und näher auf das glücklich sein in Aldous Huxleys Schöne neue Welt eingegangen.
 
 
{{Aufgabe|
1. '''Sieh dir das folgende YouTube- Video genau an.'''
 
2. Notiere dir anhand des Videos die genannte '''Definition von Glück''' (1 Stichpunkt). Welche Meinung vertrat Aristoteles, Konfuzius und Epikur zum Thema Glück? (je 1 Stichpunkt)
 
(Zeitvorgabe: 10 min.)}}
 
 
{{#ev:youtube|jcCbussNDx0|800|center}}
 
 
{{Aufgabe|
1. '''Lies dir den Text genau durch.'''
 
2. '''Notiere''' dir anhand des Textes wie in der Schönen Neuen Welt Unglück vermieden wird. (mindestens 3 Stichpunkte)
 
3. Du kennst jetzt unsere heutige Definition von Glück und weißt warum die Menschen in der Schönen Neuen Welt "glücklich" sind. Wenn du dich bei der Diskussion von Mustafa Mannesmann und dem "Wilden" Michel '''für eine Seite entscheiden''' müsstest, welche würdest du wählen? Begründe deine Entscheidung schriftlich im Hefter! (mindestens 2 Argumente mit Begründung!)
 
(Zeitvorgabe: 20 min.)}}
 
 
">>Mein lieber junger Freund<< sagte Mustafa Mannesmann. >>Die Zivilisation hat nicht den geringsten Bedarf an Edelmut oder Heldentum. Die Dinge sind Merkmale politischer Untüchtigkeit. In einer wohlgeordneten Gesellschaft wie der unseren findet niemand Gelegenheit zu Edelmut und Heldentum. Solche Gelegenheiten ergeben sich nur in ganz ungefestigten Verhältnissen. Wo es Kriege gibt, Gewissenskonflikte, Versuchungen, den man widerstehen, und Liebe, die man erkämpfen oder verteidigen muss - dort haben Heldentum und Edelmut selbstverständlich einen gewissen Sinn. Aber heutzutage gibt es keine Kriege mehr, mit größter Sorgfalt verhindern wir, dass ein Mensch den anderen zu sehr liebt. Und so etwas wie Gewissenskonflikte gibt es auch nicht mehr: Man wird so genormt, dass man nichts anderes tun kann, als man tun soll. Und was man tun soll, ist im Allgemeinen so angenehm und gewährt den natürlichen Trieben so viel Spielraum, dass es auch keine Versuchungen mehr gibt. Sollte sich durch einen unglücklichen Zufall wirklich einmal etwas Unangenehmes ereignen, nun denn, dann gibt es Soma, um sich von der Wirklichkeit zu beurlauben. Immer ist Soma zur Hand, um Ärger zu besänftigen, einen mit seinen Feinden zu versöhnen, Geduld und Langmut zu verleihen. Früher konnte man das alles nur durch große Willensanstrengung und nach jahrelanger harter Charakterbildung erreichen. Heute schluckt man zwei, drei Halbgrammtabletten, und damit gut! Jeder kann heutzutage tugendhaft sein. Man kann mindestens sein halbes Ethos in einem Flächschen bei sich tragen. Christentum ohne Tränen - das ist Soma [...] Und es gibt keine Fliegen und Moskitos, die stechen können. Wir haben sie vor Jahrhunderten ausgerottet.<<
[...]
>>Ich brauche keine Bequemlichkeiten. Ich will Gott, ich will Poesie, ich will wirkliche Gefahren und Freiheit und Tugend. ich will Sünde.<< >>Kurzum<<, sagte Mustafa Mannesmann, >>Sie fordern das Recht auf Unglück."
(Seite 233 ff)
 
 
==Zusammenfassung==
 
In diesem Teil soll es um eine Zusammenfassung der vorher besprochenen Themen gehen. Anhand einer Mindmap werden wichtige Schlagworte zusammengetragen.
 
 
{{Aufgabe|
1. '''Erstellt in Partnerarbeit eine Mindmap''' zur Utopie "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley. Name der Mindmap soll Schöne neue Welt sein. Verwendet als Äste die Begriffe "Glück", "Bildung" und "Gesellschaft", zu denen ihr jeweils und mindestens 3 Unterpunkte finden sollt. Speichert die Mindmap so ab, dass wir uns verschiedene in der nächsten Unterrichtsstunde ansehen können!
 
(Zeitvorgabe: 20 min.)}}
 
 
==Deine eigene Utopie==
Im letzten Teil soll es um das Reflektieren der vorhergehenden Themen und den eigenen Bezug dazu gehen.
 
 
{{Aufgabe|'''Beschreibe schriftlich''', auf mindestens 1 A4-Seite, '''deine eigene, von dir erdachte Utopie.''' Beziehe die Problemkreise Gesellschaft, Bildung / Arbeit, Politik und Glück mit ein. '''Begründe ausführlich''', warum du dich für diese Form der Utopie entschieden hast und warum du darin leben willst!
 
(Zeitvorgabe: 40 min.)}}
 
 
 
{{mitgewirkt|* [[Benutzer:Sopieellis|Sopieellis]]}}
 
;Einzelnachweis:
<references />
 
[[Kategorie:Utopie]]
[[Kategorie:Ethik]]
[[Kategorie:Lernpfad]]
[[Kategorie:Interaktive Übung]]
[[Kategorie:Sekundarstufe 2]]
[[Kategorie:Anthropologie]]

Version vom 24. April 2022, 08:04 Uhr

Deutsche Auswanderer auf dem Weg in die USA über Rotterdam und Le Havre auf dem Schiff "Samuel Hop" im April 1849[1]
Deutsche Auswanderer gehen in Hamburg an Bord


Zitat
"Die deutsche und bayerische Auswanderung nach Amerika ist daher immer als Teil einer vielfältigen Migrationsgeschichte zu verstehen.

Erwähnt seien nur drei weitere große Fernwanderungen der letzten Jahrhunderte: Vom späten 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert zog es zahlreiche Deutsche nach Ost- und Südosteuropa. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wanderten Hunderttausende meist polnischsprachiger Menschen aus dem östlichen Preußen in die Industriegebiete des deutschen Westens.

Und die Süd-Nord-Wanderung aus dem mediterranen Raum hat die Bundesrepublik seit den 1960er-Jahren de facto zu einem Einwanderungsland gemacht"
(Thomas Raithel, "Kommt bald nach ..." - Auswanderung nach Amerika 1683 - 2003)[2]

Ursachen

Raithel gibt in seinem Aufsatz eine Darstellung nach Adams (1993) wider, nach der die deutsche Einwanderung seit dem 19. Jahrhundert in mehreren Wellen stattfand, wobei deren Ursachen in den Vorgängen in den Quellländern als auch im Zielland liegen.

Für die Auswanderung im 19. Jahrhundert nach den USA spielen zeitweise oder auch gleichzeitig:

  • religiöse Motive (protestantische Sekten,  v. a. Mennoniten)
  • die wirtschaftliche Situation (das in fränkischen Gebieten übliche Realteilungsrecht führt zur Hofteilung und  zur Bevölkerungszunahme, die Höfe werden dadurch aber immer unrentabler)
  • Unzufriedenheit mit wirtschafts- oder sozialpolitischen Gegebenheiten
  • sich selbst verstärkende Migrationsprozesse (Sogwirkung)

eine Rolle.

Ein weiterer Grund mag in der Ertragssituation gewesen sein, die auf die zwischen 1830 und 1840 herrschenden klimatischen und sonstigen Verhältnisse zurückzuführen ist. So beschreibt Lorenz Hübner im Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 1841/1842  für den Ort Beilngries.[3]

Zitat

"1832. Ungemein trocknes Jahr. Allen Brunnen der Stadt mangelte Wasser, und die Bergleute mußten es drei viertel Jahre lang im Thale aus den Flüssen holen.

1833. Auf ein naßkaltes Frühjahr folgte vom 1. bis 20. Mai eine anhaltend große Hitze von 20 - 26.

1834. Anhaltende Hitze und Trockenheit erzeugten einen so empfindlichen Futter- und Strohmangel, daß der Preis eines Schobers Kornstrohes auf 25 fl. gestiegen ist.

1835 . Auch in diesem Jahre anhaltende Hitze und Trockenheit, und dabei eine Unzahl von Heuschrecken, welche die Altmühlwiesen, und die nächstgelegenen Getraidfelder ganz bedeckten, und jedes Gräslein auffraßen.

1836. Trockenheit und Heuschreckenfraß wie im vorigen Jahr. An Grummet, Gerste, Haber und Erdbirn hatte Beilngries ein Mißjahr. Doch sind die Preise nieder geblieben, und das schwere Getraid war fast in Unwerth. Im Sommer und Herbste dieses Jahrs tödtete eine bisher nie gekannte Seuche hier und in der Umgegend viel Hundert Schweine."

Ablauf

400

Die Auswanderung erfolgte über französische, niederländische Häfen oder Häfen an der Nordseeküste,  Bremen und Hamburg. Um überhaupt auswandern zu können, mussten die Auswanderungswilligen  beispielsweise für die Niederlande

  • einen Erlaubnisschein für die Auswanderung (aus dem Königreich Bayern),
  • eine Erklärung über die Daten der Auswandernden zur Finanzierung des Aufenthaltes in den Niederlanden und der Überfahrt
  • eine notarielle bestätigte  Erklärung des niederländischen Schiffsreeders mit Daten über das Schiff mit dem die Auswandernden transportiert werden

vorlegen (Königlich Bayerisches Intelligenzblatt für den Rezat-Kreis, 1828).

Auch die Kosten waren nicht unerheblich. Allein 50 fl (GuldenWikipedia-logo.png) mussten die Reisenden für den ersten Hafen in der Neuen Welt zurücklegen, die Überfahrt kostete 40 - 60 fl  (ohne Lebensmittel). Von Schwierigkeiten mit den Schiffsreedereien bzw. deren Kapitänen warnt das Königlich Bayerische Intelligenzblatt für Mittelfranken im Jahr 1846[4]. Allenthalben erscheinen nun auch Ratgeber für Auswanderungswillige. 1862 erscheint in der Stahelschen Buchhandlung das Handbuch "Die Lehre von der Aus- und Einwanderung im Königreiche Bayern"[5]

Auswanderer in den Jahren 1845/46 bis 1856/57 nach Amerika(nach Beiträgen zur Statistik des Königreichs Bayern (1854 S.223 und 1859 S241) zit. bei Thomas Raithel

Auch Mittelfranken bzw.  das Gebiet der Frankenhöhe ist davon betroffen. Im Königreich Bayern wird für die Jahre bis 1870 jeder Auswanderungswillige  im Königlich Bayerischen Intelligenzblatt für Mittelfranken (Sammlung Bavarica)  veröffentlicht, um Gläubigern Gelegenheit zu geben vorher seine Forderungen einzutreiben.[6]

Einige Auswanderer nach Amerika von der Frankenhöhe sollen hier angeführt werden:

Jahr Gemeinde Name Stand Mitauswandernde Familienmitglieder
1837 Leutershausen Johann Georg Heindel Taglöhner 3
1837 Mittelramstadt Konrad Prechtel Taglöhner 4
1837 Weissenkirchberg Georg Michael Unger Schuhmacher 1
1837 Leutershausen Moritz Heß Metzgermeister 2
1837 Sachsbach/Herrieden Eva Maria Krug 1
1837 Reichenau/Herrieden Simon Eberlein Hausbesitzer 2
1837 Winkel/Herrieden Anna Barbara Reiter led. Hirtentochter
1837 Kaudorf/Herrieden Georg Michael Knörr
1837 Lettenmühle/Reichenau Helena Berbara Rohringer
1837 Zumberg/Feuchtwangen Maria Marg. Kunder Bauernwitwe 3
1837 Wildenholz/Feuchtwangen Joh. Georg Illig Drechslermeister 1
1837 Dentlein/Feuchtwangen Marg. Glasbrenner ledige Taglöhnerin 1
1837 Aichenzell/Feuchtwangen Wilh. Grüb lediger Dienstknecht
1837 Kleinohrenbronn/Feuchtwangen Mich. Georg Windsheimer Gutsbesitzer 6
1837 Feuchtwangen Maria Barb. Baier ledigen Standes
1837 Erlmühle Joh. Georg Kunder Taglöhner 2
1837 Feuchtw. Peter Eichner Witwer u. Drechslermeister 2
1837 Sommerau/Feuchtw. Carl Zur Bäckermeister u. Brandweinbr. 6
1837 Erlmühle Joh. Gg. Windsheimer Leinwandhdlr.
1837 Feuchtwangen Eva Marg. Brunner ledigen Standes
1837 Kaudorf/Herrieden Mar. Barb. Mack ledige Gütlerstochter 1
1839 Rothenburg Johann Adam Schuh ehem. Besitzer der Limbachsmühle 2
1840 Leutershausen Georg Simon Reutelshöfer Braumeister 6
1840 Leutershausen Georf Adam Stumpf Schneidermeister 3
1840 Leutershausen Gg. Barhelmäs Gehring Taglöhner 5
1840 Leutershausen Eva Barbara Hornung Dienstmagd
1840 Oberdachstetten Johann Leonhard Mosmeyer Schreinermeister 6
1840 Unterbreitenau Joh. Leonh. Ilgenfritz lediger Bauernsohn
1846 Sachsen (Leutershausen) Maria Barbara Sperr Schuhmacherswitwe 2
1846 Leutershausen Maria Marg. Mainzinger ledige Hafnerstochter
1846 Lauterbach Joh. Jakob Schwarz Dienstknecht
1846 Lauterbach Jakob Schwarz Dienstknecht
1847 Leutershausen Joh. Christ. Mainzinger Hafnermeister 6
1847 Leutershausen Joh. Leonh. Wägmann Bäckermeister 3
1847 Jochsberg Joh. Mich. Fluhrer Schmiedmeister 3
1847 Klonsbach Joh. Georg Thürauf Wirth 6
1847 Klonsbach Joh. Bernhard Billenstein Bauer 3
1847 Cadolzhofen Georg Marr Carl Köbler 4
1847 Gastenfelden Friedrich Stibor Schreinermeister 2
1847 Frommetsfelden Johann Georg Krug Taglöhner 1
1847 Wassertrüdingen Moses Levi Hecht Landkramhändler 3
1847 Leutershausen Georg Peter Friedlein vormaliger Wirth 3
1847 Oberdachstetten Anna Maria Weiß ledig 3
1847 Steinach/Rothenburg Anna Margaretha Baumgärtner ledige Chirurgentochter
1847 Bettenfeld Magdalena Barbara Kurz Tochter des Bauern Joh. Leonhard Kurz
1847 Lehrberg Joseph Oettinger Seifensieder 3
1847 Schillingsfürst Willibald Hämmerlein Maurergeselle 1
Für Auswanderer nach Amerika

Durch Unterzeichneten von der Regierung angestellten und beeidigten Schiffsexpedienten werden Auswanderer nach Amerika zu dem billigen Preise von 80 fl einschließlich vollständiger Bekoestigeung befoerdert. H. August Heineken in Bremen

Herr Kaufmann C. Pullich in Nördlingen wird die Güte haben, auf gefällige Anfragen nähere Auskunft zu ertheilen.

Die Auswandernden gehörten sehr unterschiedlichen Gesellschaftsschichten an. Aus einigen Angaben, wie z. B. den ledigen mit Kind oder den Dienstknechten mag man einen Auswanderungsgrund erschließen.

In den 1830 - 1840-er Jahren inserierten Reedereien bzw. in Bayern akkredidierte Agenten aus Nordamerika und warben um die Auswanderer. Rechts nur ein Beispiel aus dem "Wochenblatt der Stadt Nördlingen" von 1848

Nicht alle Auswanderungswilligen erreichten ihr Ziel. So  ist ausgerechnet für die Gemeinde Geslau unter dem Ankunftsdatum bei der Auswandererdatei Castlegarden in den USA notiert:



Quellen