Soziale Ungleichheit

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Unterrichtsplanung: Stunde: Frauen als Chefärztinnen? - Reihe Soziale Ungleichheit

Vorlage:Meinung

Thema der Stunde und seine Einordnung in die Unterrichtsreihe

Das Thema der heutigen Stunde lautet: „Wie kann der Staat mehr Chefärztinnen bekommen? Lösungsansätze zur Umsetzung des Verfassungsauftrages der Beseitigung von Nachteilen bezüglich der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau am Beispiel der Berufsposition von „Ärztinnen“ in der BRD.“

Es gliedert sich sinnvoll in die Reihe „Eigentlich haben doch alle die gleichen Chancen, oder? Soziale Ungleichheit in der BRD“ ein. Die Reihe bietet eine umfassende Übersicht der Sozialen Ungleichheit in der BRD, ihrer Ursachen und ihrer Auswirkungen.

Folgende Bereiche sollen mit Abschluss der Reihe thematisiert worden sein:

  1. Der Beruf als Indikator für den sozialen Rang
  2. Modelle von Gesellschaftstrukturen (Schichtenmodell / Lagenmodell)
  3. Randgruppen der Gesellschaft – Gilt die Gleichheit? (GG Art. 3.1)
  4. Die soziale Lage einer Familie, die Sozialhilfe erhält (Fallbeispielanalyse)
  5. Was ist Armut? - Ursachen der „neuen Armut“
  6. Der Sozialstaat BRD - (GG Art. 20)
  7. Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau - (GG Art. 3.2)
  8. Haben alle die gleichen Chancen? Soziale Ungleichheit in der Bildung
  9. Soziale Ungleichheit – Wann soll der Staat eingreifen? (Szenariotechnik)


Zielsetzung der Reihe

Die Schülerinnen und Schüler sollen sich mit dem Thema „Soziale Ungleichheit“ auseinandersetzen. Ihnen soll das Bestehen von Sozialer Ungleichheit in unserer Gesellschaft und somit in ihrer aktuellen Lebenswelt bewusst werden. Sie sollen sich mit den Vorgaben des Grundgesetzes auseinandersetzen und ihre moralischen Urteile mit diesem begründen können. Im Laufe der Reihe ergab sich die Zielsetzung, den Schülern zu verdeutlichen, dass das Prinzip „jedem, der etwas leisten möchte, steht die Tür zum hohen sozialen Status offen“ in der Realität nicht immer zu verwirklichen ist. Entsprechend sollen die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass eine untere soziale Position nicht ausschließlich mit „Versagen“ oder „nicht wollen“ (Sozialhilfeempfänger = „Sozialschnorrer“) verbunden ist (vgl. auch Stundenziel). Unter dieser Prämisse wird die heutige Stunde zeigen, dass soziale Ungleichheit und auch „soziale Ungerechtigkeit“ jeden bzw. jede treffen kann. Curricularer Bezug Nach den vorangegangenen Reihenschwerpunkten Wirtschaft und Politik folgt ein soziologisch orientiertes Thema, um innerhalb der Jgst. 11 die dritte Bezugsdisziplin abzudecken (vgl. LP SW: 36). Das Reihenthema „Soziale Ungleichheit“ lässt sich dem Inhaltsfeld V (Gesellschaftsstrukturen und sozialer Wandel) zuordnen. Die Reihe basiert auf einer empirisch fundierten Einschätzung gesellschaftlicher Kernstrukturen (vgl. LP SW: 24).

Ziel der Stunde

Die Schülerinnen und Schüler sollen Lösungsansätze zur Umsetzung des Verfassungsauftrages der Gleichberechtigung erarbeiten. Insbesondere sollen die Schülerinnen und Schüler ...

  • die Situation bzgl. ungleicher Berufsposition von Frauen und Männern im Ärzteberuf kennen lernen.
  • sich mit einem Modell auseinandersetzen und das Modell erweitern bzw. ergänzen.
  • grundlegende Faktoren erkennen, die zur Ungleichheit führen bzw. geführt haben.
  • den Auftrag des Staates zur Beseitigung von Nachteilen bzgl. der Gleichberechtigung von Mann und Frau kennen lernen.
  • Lösungsansätze zur Überwindung eines politischen Problems entwickeln.
  • die Fähigkeit einüben, sich in fremde Rollen hineinzudenken.
  • (max.) die Präsentation von Arbeitsergebnissen einüben.
  • (max.) die erarbeiteten Lösungsansätze beurteilen.

Überlegungen zur Stunde

Bedingungsanalyse

Zur Raumwahl: Da sich eine Raumverschiebung aufgrund einer zufälligen Überschneidung von Abiturprüfungen und der Beanspruchung eines Raumes durch ein Planspiel ergeben hat, muss auf einen dritten, den Schülern unbekannten Raum ausgewichen werden (XXX). Diese Tatsache könnte zu Verspätungen einzelner Schülerinnen und Schülern führen. Vorteilhaft ist, dass der Raum XXX allen Schülern problemlos Platz bietet.

Im Kurs Sozialwissenschaften GK 11 herrscht trotz seiner Größe insgesamt eine angenehme Unterrichtsatmosphäre. Viele Schülerinnen und Schüler des Kurses beteiligen sich engagiert und konstruktiv am Unterricht. Schülerinnen und Schüler, die die Tendenz haben, sich aus dem aktiven Unterrichtsgeschehen herauszuhalten, werden durch geeignete Methodenwahl in den Unterricht einbezogen.

Die Existenz von sehr konträren Meinungen innerhalb des Kurses führt häufig zu lebhaften Diskussionen. Durch die Anfertigung und Besprechung einer Hausaufgabe zum Thema „Soziale Lagen – Beruf nach Geschlecht“ am Beginn der Reihe (Arbeitsblatt 18.05.00 - vgl. Anlage 2) haben die Schülerinnen und Schüler zu dem Stundenthema erste Vorkenntnisse gesammelt. So ist als bekannt vorauszusetzen, dass Frauen allgemein seltener in Führungspositionen vertreten sind und sie häufiger auf Erwerbstätigkeit verzichten (vgl. Anlage 2). Eine ausführliche Erörterung der Thematik erfolgte jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht (Schwerpunkt zu diesem Zeitpunkt: Modelle von Gesellschaftsstrukturen). Auffällig war jedoch das rege Interesse der Schülerinnen und Schüler an diesem Thema, so dass die Wahl des heutigen Stundenthemas mit der Betroffenheit, der Bedeutsamkeit (Schülerinnen als zukünftige Erwerbstätige) und mit dem erwarteten Schülerinteresse begründen lässt.

Didaktisch-methodische Entscheidungen

Der Verlauf der Unterrichtsstunde lässt sich in vier grobe Abschnitte aufgliedern, die aufeinander aufbauen:

  1. EINSTIEG: Empirische Daten zur Beschäftigungssituation von Ärztinnen (Problem)
  2. ANALYSE EINES MODELLS: ? Modell: Welche Ursachen führen / führten zu dieser Situation?
  3. PROBLEMATISIERUNG: ? Verfassungsauftrag: Staatliche Verpflichtung zur Schaffung von Gleichberechtigung (Problem konkretisiert) ? Lösungsansätze: Wie lässt sich das Problem lösen?
  4. PRÄSENTATION: ? Präsentation, Diskussion und Beurteilung der Lösungsansätze: Wirksamkeit und Verwirklichbarkeit

Im Zentrum der Stunde steht die Aufhebung bzw. Verringerung der Differenz von Anspruch und Wirklichkeit bzgl. der Gleichberechtigung in der BRD.

Um die Nähe der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zu wahren und um die Komplexität des Unterrichtsgegenstandes überschaubar zu gestalten, baut das Thema exemplarisch auf der Berufssituation von Ärztinnen und Ärzten auf. Durch diese Vorentscheidung wird der Lerngegenstand an einem konkreten und handhabbaren Beispiel behandelt. Es wird im Verlauf der Stunde die Möglichkeit gegeben, in der Mikrowelt (Lebenswelt: Arzt) die Makrowelt (Gleichberechtigungsauftrag des Grundgesetzes) zu entdecken. Die Brücke zwischen einem konkreten Problem und einem abstrakten Prozess wird geschlagen (vgl. GAGEL 62ff & 81ff).

Eine weitere bewusste Reduktion liegt in der Erarbeitung des Lösungsansatzes des Gleichberechtigungsproblems in der Funktion eines Kommissionsmitgliedes vor. Durch diese Vorgehensweise wird zwar die Bildung einer Utopie als moralische Zielvorstellung vermieden, jedoch fördert dieses Vorgehen die Realitätsbezogenheit des erarbeiteten Lösungsansatzes. Die Beschränktheit eines „realistischen“ Lösungsansatzes wird entweder im Maximalverlauf oder in der folgenden Stunde mit Hilfe der Hausaufgabe diskutiert.

Die Hausaufgabe greift die erarbeiteten Lösungsansätze aller Schülerinnen und Schüler auf. So ist gesichert, dass diese Arbeitsergebnisse noch einmal verwendet und diskutiert werden können. Dieses Vorgehen ist sinnvoll, da eine ausführliche Diskussion mehrerer Lösungsansätze innerhalb der heutigen Stunde aus Zeitmangel nicht möglich sein wird.

Bewusst nicht aufgegriffen werden „innere Barrieren“, die aus dem Individuum bzw. aus der Sozialisation als „Frau“ herrühren (vgl. Bertram: o.S.). Eine Untersuchung dieser Umstände könnte zum einen nur höchst oberflächlich und zum anderen nicht innerhalb einer Unterrichtsstunde bearbeitet werden.


geplanter Unterrichtsverlauf

Phase

Themen / Handlungsschritte

Medien, Methode

Einstieg

Problematisierung

- Stiller Impuls:

- ausgewählte empirische Daten zur Be­schreibung der Situation


- Analyse des Modells

- Ausfüllen der Tabelle

[ggf. Quote als Ergänzung des Modells]

- Folienserie1: Daten

- Unterrichtsgespräch



- Folie 2: Modell

Ergänzung

Problematisierung

- Textinput: Grundgesetz Art. 3.2:
Folie 3 auflegen

- Folie 3: GG Art 3.2

- „Textinput“





Erarbeitung

- Art 3.2 auf Modell Folie 1
- Bedeutung analysieren

- Thema der Stunde: Wie kann der Staat Chefärztinnen bekommen? – [Lösungsansätze zum Problem der Reali­sierung von Gleichberechtigung]

- Folie 2 um GG Art 3.2 ergänzt.

- Unterrichtsgespräch

- Tafel [Fixierung des Themas]

- Arbeitsanweisung stellen

- Arbeitsblatt austeilen (1 für 2)

- Erarbeitung von Lösungsansätzen

- Lehrervortrag

- Arbeitsblatt

- Partnerarbeit

Präsentation

[ggf. Ausstieg]

- Ansatz wird vorgestellt [im Kongress]

- Gesamte Lerngruppe diskutiert

- Frage nach Wirksamkeit des Ansatzes zur Problembeseitigung (ggf. Blitzab­stimmung)

- Frage nach Realisierbarkeit (ggf. Blitz­abstimmung)

- Schülervortrag

- Unterrichtsgespräch: Diskussion

Stellen der HA

HA: Zusatzaufgabe vom Arbeitsblatt

(HA ist als Zusatzaufgabe auf dem Arbeitsblatt fixiert)

Maximalplanung

2. Präsentation

vgl. oben (Präsentation)

- Eine zweiter Ansatz wird vorgestellt

Statistische Daten

Diese Daten waren ursprünglich auf Folie vorhanden. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 1999. Ärztinnen0.png

Ärztinnen1.png

Ärztinnen2.png

Ärztinnen3.png

Ärztinnen4.png

Literatur

  • MANTKE-GEIGER, PERL & KUHNERT-FREY: Frauen in der Medizin - Wiedereinstiegsmöglichkeiten und Arbeitszeitmodelle. In: Via Medici Online Ausgabe zum Kongress 1999. Aus: „Internet“
  • AHMADI G.: Frauen in der Medizin - Das Kreuz mit dem X. In: Via Medici Online Ausgabe zum Kongress 1999. Aus: „Internet“
  • BERTRAM R.: Workshop - Frauen in der Medizin. In: Via Medici Online Ausgabe zum Kongress 1998. Aus: „Internet“
  • HRADIL S.: Soziale Ungleichheit in Deutschland. Opladen 19997
  • GEIßLER, R.: Die Sozialstruktur Deutschlands, Bonn 1996-> neubearbeitete Auflage
  • HESSELBERGER D.: Das Grundgesetz – Kommentar für die politische Bildung. Bonn 19959
  • LP SW: MINISTERIUM FÜR SCHULE UND WEITERBILDUNG, WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN WESTFALEN: Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundarstufe II – Gymnasium/Gesamtschule in Nordrhein Westfalen – Sozialwissenschaften. Frechen 1999
  • GAGEL, W.: Einführung in die Didaktik des politischen Unterrichts. Opladen 1983

Arbeitsblatt

Arbeitsblatt: Kongress „Frauen in der Medizin“ Ärztinnen im Beruf – eine Faktensammlung Ärztinnen haben häufig größere Schwierigkeiten, ihre beruflichen Vorstellungen zu verwirklichen, als ihre männlichen Kollegen. Beispiele hierfür sind:

  • Frauen bekommen bei der Einstellung a) häufiger zeitlich beschränkte UND b) kürzere Arbeitsverträge als Männer.
  • Noch immer gehen viele Chefärzte davon aus, dass Ärztinnen nur eine begrenzte Zeit tätig sein werden, solange sie kinderlos sind.
  • Den jungen Ärztinnen fehlen die Vorbilder: Mitte der 90er Jahre gab es in der BRD ca. 1400 männliche Professoren, denen knapp 50 weibliche gegenüberstanden.
  • Häufig gestellte Frage bei der Einstellung: „Kommen Sie zur Arbeit, wenn ihr Kind krank ist?“
  • Gelingt es einer Ärztin, eine Tagesmutter für ihre Kinder zu organisieren, sieht sie sich dem Vorwurf ausgesetzt, eine Rabenmutter zu sein.

(Quelle: Eigene Zusammenfasssung aus G.Ahmadi: Das Kreuz mit dem X, Renate Bertram: Frauen in der Medizin in: Via medici Online Ausgabe)

Arbeitsauftrag

Ihr seid TeilnehmerInnen am Kongress „Frauen in der Medizin“. Während des Kongresses wird ein Forderungskatalog an die Bundesregierung aufgestellt, an dem ihr mitwirkt. Der Staat soll „die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung“ fördern (GG Art. 3.2). Ihr wisst, wo die Probleme liegen.

  • Wählt als Schwerpunkt EINE der im Unterricht erarbeiteten „Hürden“ [siehe Folie] ODER EINE der oben genannten Gegebenheiten aus, mit der ihr euch vertieft beschäftigen wollt.
  • Arbeitet eine konkrete Forderung an die Bundesregierung aus:
Was fordert ihr?
Mit welchen Mitteln soll die Bundesregierung die Weisung des Grund-gesetzes bezüglich eures gewählten Schwerpunktes in die Realität umsetzen?
  • Zusatzaufgabe: Falls ihr den ersten Teil schon bearbeitet habt

Beurteilt die Wirksamkeit und die Realisierungschancen eurer Forderung. Würde sich die Gesamtsituation ändern, wenn man auf eure Forderung einginge? Wer oder was könnte eine mögliche Umsetzung blockieren?

Folie: Hürdenlauf im weißen Kittel

Hürdenlauf im weißen Kittel


Siehe auch