Texterschließung und Berichten: Unterschied zwischen den Seiten

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{{Kurzinfo-1|Idee}}
==Textsorte: Bericht==
Eine '''Texterschließung''' als Arbeitsform zielt im Unterschied zur [[Textwiedergabe]] nicht darauf ab, einen Text so klar und übersichtlich wie möglich vorzustellen, sondern aufzuzeigen, was man von einem vorliegenden schwierigen Text verstanden hat.


Das ist besonders interessant bei naturwissenschaftlichen Texten, kann im Deutschunterricht aber auch sinnvoll an überdurchschnittlich schwierigen Texten geübt und getestet werden.  
==Beispiele==
===Die Sportreportage===
Und nun schalten wir um ins ...-Stadion:
:"... ja, liebe Fußballfreunde zuhause am Apparat, die Begegnung zwischen ... (Mannschaftsname)  und dem diesjährigen Meisterschaftsfavoriten ...  läuft jetzt schon in der 33. Minute ohne besondere Höhepunkte, die Mannschaften haben immer noch nicht zu ihrem Spielrhythmus gefunden und immer noch warten die 25 000 Zuschauer auf ein Spiel, das sein Eintrittsgeld wert ist. Der Boden ist aufgeweicht, das Leder ist nass und glitschig und die Spieler haben immer wieder Mühe mit dem Gleichgewicht. Aber die Partie ist nicht nur langweilig, es gab auch schon einige unschöne Szenen, so dass der Unparteiische bereits zwei Mal die gelbe Karte zücken musste. Zu allem Überdruss sah der Innenverteidiger der Gäste auch noch rot, weil er dem Herrn im schwarzen Dress den Vogel gezeigt hatte. Das ist unschön und zeigt das dünne Nervenkostüm der Gäste. Sie sind im Dauerstress, das wissen wir ja und die Stimmung im Team ist gereizt.
:Jetzt aber startet ... (Spielername), greift sich die Kugel und treibt sie aus dem eigenen Strafraum in Richtung Mittellinie, er scheint sich ein Herz zu fassen, keiner greift ihn an, endlich einmal eine beherzte Aktion  der Münchner, ... befindet sich nun 20 Meter vor dem Leverkusener Kasten , jetzt flankt er nach rechts zu ..., ein wunderschöner Pass, maßgerecht auf den Schuh des ... (Nationalität) Stürmerstars, der hebt den Ball butterweich in den Innenraum, dort prescht ... (Name) heran, angelt sich die Kugel aus der Luft und knallt sie ins ... (Mannschaftsname) Gehäuse. TOR! Ein wunderschöner Angriff der Mannen aus ... (Region, Bundesland oder Stadt), der Schlussmann war machtlos, ihn trifft keine Schuld.
:Ja, liebe Fußballfreunde, eins zu null für die Elitekicker aus dem ... (Himmelsrichtung) der Republik. Es wurde aber auch Zeit! Hoffentlich gibt dies dem Spiel endlich jene Rasse und Klasse, die wir bisher vermisst haben!  Noch ist eine knappe Stunde zu spielen, eine knappe Stunde für die Schützlinge von ... (Trainer), um das Blatt zu wenden. Wir jedenfalls melden uns in 10 Minuten wieder, kurz vor der Halbzeit, und geben jetzt zurück ins Studio ... "


Zur Texterschließung gehören die Schritte:
# Welche informationen erhält der Zuhörer?
# Orientierung im Text
# Welche Umschreibungen (Synonyme) verwendet der Reporter für den Fußball, den Schiedsrichter, die Mannschaften, das Tor usw.?
# Bildung von Verstehensinseln (Heraussuchen der Stellen, wo man etwas versteht)
# Welcher Zusammenhang besteht zwischen Grammatik und Satzbau einerseits und dem Geschehen auf dem Spielfeld andererseits?
# Verbindungen zwischen Verstehensinseln suchen
# Lese- und Sprechübung: Trage den Text wirklichkeitsnah vor.
# den roten Faden suchen
# Verfasse eine eigene Reportage, wobei du die Sportart frei wählen kannst. (Es muss nicht immer Fußball sein.)
# abschließend über das Verstandene reflektieren


Dies kann man an unterschiedlich schwierigen Texten üben. Für den Test empfiehlt sich ein etwas einfacherer Text, für den nur '''drei''' Schritte ausformuliert werden sollen: Thema (Worum geht es?), Textwiedergabe und roter Faden.


== Beispiel eines Tests zur Texterschließung ==


{{Aufgabe|1=
[[Kategorie:Deutsch]]
''Lessing in der [http://de.wikisource.org/wiki/Vorrede_zu_einem_Entwurf_einer_Abhandlung_%C3%BCber_%22Bibliolatrie%22 Vorrede] zu einem Entwurf einer Abhandlung über »Bibliolatrie« (Bibelverehrung) aus dem Jahre 1779:''
 
====Einordnung des Textes====
 
''In diesem Entwurf zu einem Vorwort versucht Lessing im {{wpde|Fragmentenstreit|Fragmentenstreit}} sein Plädoyer für ein aufgeklärtes Verhältnis zu Religionen als einen Versuch der Vermittlung zwischen {{wpde|Orthodoxie|orthodoxem}} Bibelverständnis und radikaler {{wpde|Religionskritik|Religionskritik}} zu beschreiben. Insofern kann man den Text als eine rationale Rechtfertigung der Intention seines im selben Jahre erschienenen Theaterstücks [[Nathan der Weise]] verstehen.''
 
===Text===
 
{{Zitat|Der bessere Teil meines Lebens ist - glücklicher- oder unglücklicherweise? - in eine Zeit gefallen, in welcher Schriften für die Wahrheit der christlichen Religion gewissermaßen Modeschriften waren. Nun werden Modeschriften, die meistenteils aus Nachahmung irgendeines vortrefflichen Werks ihrer Art entstehen, das sehr viel Aufsehn macht, seinem Verfasser einen sehr ausgebreiteten Namen erwirbt, . . . nun werden Modeschriften, sag' ich, eben weil es Modeschriften sind, sie mögen sein, von welchem Inhalte sie wollen, so fleißig und allgemein gelesen, daß jeder Mensch, der sich nur in etwas mit Lesen abgibt, sich schämen muß, sie nicht auch gelesen zu haben. Was Wunder also, daß meine Lektüre ebenfalls darauf verfiel und ich gar bald nicht eher ruhen konnte, bis ich jedes neue Produkt in diesem Fache habhaft werden und verschlingen konnte. Ob ich daran gut getan, auch wenn es möglich gewesen wäre, daß bei dieser Unersättlichkeit, die nämliche wichtige Sache nur immer von einer Seite plädieren zu hören, die Neugierde nie entstanden wäre, endlich doch auch einmal zu erfahren, was von der andern Seite gesagt werde, will ich hier nicht entscheiden. Genug, was unmöglich ausbleiben konnte, blieb bei mir auch nicht einmal lange aus. Nicht lange, und ich suchte jede neue Schrift wider die Religion nun ebenso begierig auf und schenkte ihr ebendas geduldige unparteiische Gehör, das ich sonst nur den Schriften für die Religion schuldig zu sein glaubte. So blieb es auch eine geraume Zeit. Ich ward von einer Seite zur andern gerissen; keine befriedigte mich ganz. Die eine sowohl als die andere ließ mich nur mit dem festen Vorsatze von sich, die Sache nicht eher abzuurteln, quam utrinque plenius fuerit peroratum (als bis sie von beiden Seiten ausführlicher durchgesprochen wäre). Bis hieher, glaub' ich, ist es manchem andern gerade ebenso gegangen. Aber auch in dem, was nun kömmt?
 
Je zusetzender die Schriftsteller von beiden Teilen wurden - und das wurden sie so ziemlich in der nämlichen Progression; der neueste war immer der entscheidendste, der hohnsprechendste - desto mehr glaubte ich zu empfinden, daß die Wirkung, die ein jeder auf mich machte, diejenige gar nicht sei, die er eigentlich nach seiner Art hätte machen müssen. War mir doch oft, als ob die Herren, wie dort in der Fabel, Der Tod und Liebe, ihre Waffen vertauscht hätten! Je bündiger mir der eine das Christentum erweisen wollte, desto zweifelhafter ward ich. Je mutwilliger und triumphierender mir es der andere ganz zu Boden treten wollte, desto geneigter fühlte ich mich, es wenigstens in meinem Herzen aufrechtzuerhalten.
 
Das konnte von einer bloßen Antiperistasis, von der natürlichen Gegenwirkung unsrer Seele, die mit Gewalt ihre Lage ändern soll, nicht herkommen. Es mußte folglich mit an der Art liegen, mit der jeder seine Sache verteidigte.
|[http://de.wikisource.org/wiki/Vorrede_zu_einem_Entwurf_einer_Abhandlung_%C3%BCber_%22Bibliolatrie%22 Lessing in der Vorrede zu einem Entwurf einer Abhandlung über »Bibliolatrie« (Bibelverehrung) aus dem Jahre 1779]; 20.10.2006}}
 
=== Aufgabenstellung ===
 
# Worüber schreibt Lessing im vorliegenden Text?
# Geben Sie den Text mit Ihren eigenen Worten wieder.
# Stellen Sie kurz den „roten Faden“ dar.
}}
 
=== Beispiel für eine Lösung ===
 
{{Lösung|1=
====Thema====
 
Über die Wirkung der Lektüre religiöser Schriften auf Lessing ''(Wortblock)''
 
Lessing schreibt darüber, weshalb er so viele Schriften über Wahrheit und Unwahrheit der Religion gelesen hat, und darüber, wodurch er in seinem Urteil verunsichert wurde. ''(Satz)''
 
====Textwiedergabe====
 
Lessing führt in seiner Vorrede zu einem Entwurf einer Abhandlung über Biblioatrie aus, die wesentliche Phase seines Lebens habe in einer Zeit gelegen, wo Schriften über das Christentum populär, ja geradezu Mode gewesen seien. Zu Modeschriften komme es meist, wenn ein hervorragendes Werk zu einem Gegenstand erschienen sei und sich andere an dessen Erfolg anzuschließen suchten. Weil in einem solchen Fall so viel zu diesem Thema erscheint, müsse jemand, der als informiert gelten wolle, sich auch damit beschäftigen. So habe auch er praktisch alles, was zu dieser Frage an Neuem erschienen sei, gelesen. Dadurch sei bei ihm allerdings die Neugier entstanden, zu erfahren, was gegen die Religion gesagt werde. Ob es insofern ein Fehler gewesen sei, so viele Schriften ''für'' das Christentum zu lesen, wolle er offen lassen. Jedenfalls habe er alle Schriften gegen die Religion ebenso unparteiisch gelesen wie die für das Christentum. So habe er bei dieser Lektüre einige Zeit zwischen beiden Seiten geschwankt, je nach dem, welche Schrift er gerade gelesen habe. Und so sei es wohl auch anderen ergangen.
 
Doch dann habe er festgestellt, dass die Texte, je polemischer sie wurden, auf ihn immer weniger den Eindruck machten, den sie anstrebten. Vielmehr hätten ihn die Schriften für das Christentum am Christentum zweifeln lassen, während die Schriften dagegen ihn dazu gebracht hätten, am Christentum festzuhalten.
 
Seiner Meinung nach kann das nicht allein an einer normalen Reaktion auf einen Druck, sich für eine Meinung entscheiden zu sollen, liegen, sondern muss auch mit der Argumentationsweise der Schriften zusammenhängen.
 
===Roter Faden===
 
Lessing schreibt, er habe viele Schriften über Religion gelesen, weil sie in Mode waren. Da er so viele davon gelesen habe, habe er auch Interesse für die Schriften der Gegenseite entwickelt und sich bei der Lektüre um ein gerechtes Urteil bemüht. Dabei sei er, je mehr Schriften er gelesen habe, desto mehr durch die Schriften ''für'' das Christentum gegen das Christentum eingenommen worden, dagegen von den Schriften ''gegen'' das Christentum darin bestärkt worden, am Christentum festzuhalten. Das müsse auch mit der Art, wie in diesen Schriften argumentiert worden sei, zusammenhängen.
}}
 
== Reflexion zur Aufgabenstellung ==
 
Es ist ''nicht'' ganz einfach zu erkennen, dass Lessing mit dieser Vorrede zu seiner geplanten Schrift über Bibelverehrung zu verstehen gibt, dass seiner Meinung nach die eifrigsten Verteidiger des Christentums dem Christentum den größten Schaden antun. Und das, obwohl er es in den letzten Sätzen ganz deutlich ausspricht.
 
Denn er hütet sich - wie auch in seiner Schrift "Über den Beweis des Geistes und der Kraft" - ''offen'' auszusprechen, dass er einen vernunftwidrigen Glauben an Wunder für ein Zeichen von Unverstand hält. Vielmehr verteilt er in dieser Vorrede die Kritik noch gleichmäßig auf Verteidiger und Kritiker des Christentums. Dass er als [[Aufklärung|Aufklärer]] aber kein Befürworter von Bibelverehrung ohne vernünftige Kritik sein kann, das kann man sich denken, auch wenn er aus Rücksicht auf die orthodoxe buchstabengläubige Mehrheit es vermeidet, das ganz deutlich auszusprechen.
 
Er kündigt also keine Schrift für oder gegen das Christentum an, sondern eine Schrift über Bibelverehrung. Und dass diese kritisch ausfallen wird, rechtfertigt er in diesem Vorwort.
 
== Unterrichtsreihen ==
* [[DSB/Erschließung poetischer Texte – Kurzprosa|Erschließung poetischer Texte – Kurzprosa]] ([[Digitale Schule Bayern/Deutsch]])
 
== Weblinks ==
* [http://www.uni-koblenz.de/~odsleis/leseverstehen2004/ Josef Leisen: Leseverstehen in den naturwissenschaftlichen Fächern der Sekundarstufen]
** [http://www.uni-koblenz.de/~odsleis/leseverstehen2004/4.pdf Das Fünf-Phasen-Schema zur Texterschließung (pdf, 1 Seite)]
 
== Siehe auch ==
* [[Arbeitstechniken]]
* [[Methoden im Deutschunterricht]]
* [[Reziprokes Lesen]]
* [[Texte aktiv lesen]]
* [[Unterrichtsmethoden]]
 
[[Kategorie:Methoden für Deutsch]]

Version vom 15. Mai 2006, 07:39 Uhr

Textsorte: Bericht

Beispiele

Die Sportreportage

Und nun schalten wir um ins ...-Stadion:

"... ja, liebe Fußballfreunde zuhause am Apparat, die Begegnung zwischen ... (Mannschaftsname) und dem diesjährigen Meisterschaftsfavoriten ... läuft jetzt schon in der 33. Minute ohne besondere Höhepunkte, die Mannschaften haben immer noch nicht zu ihrem Spielrhythmus gefunden und immer noch warten die 25 000 Zuschauer auf ein Spiel, das sein Eintrittsgeld wert ist. Der Boden ist aufgeweicht, das Leder ist nass und glitschig und die Spieler haben immer wieder Mühe mit dem Gleichgewicht. Aber die Partie ist nicht nur langweilig, es gab auch schon einige unschöne Szenen, so dass der Unparteiische bereits zwei Mal die gelbe Karte zücken musste. Zu allem Überdruss sah der Innenverteidiger der Gäste auch noch rot, weil er dem Herrn im schwarzen Dress den Vogel gezeigt hatte. Das ist unschön und zeigt das dünne Nervenkostüm der Gäste. Sie sind im Dauerstress, das wissen wir ja und die Stimmung im Team ist gereizt.
Jetzt aber startet ... (Spielername), greift sich die Kugel und treibt sie aus dem eigenen Strafraum in Richtung Mittellinie, er scheint sich ein Herz zu fassen, keiner greift ihn an, endlich einmal eine beherzte Aktion der Münchner, ... befindet sich nun 20 Meter vor dem Leverkusener Kasten , jetzt flankt er nach rechts zu ..., ein wunderschöner Pass, maßgerecht auf den Schuh des ... (Nationalität) Stürmerstars, der hebt den Ball butterweich in den Innenraum, dort prescht ... (Name) heran, angelt sich die Kugel aus der Luft und knallt sie ins ... (Mannschaftsname) Gehäuse. TOR! Ein wunderschöner Angriff der Mannen aus ... (Region, Bundesland oder Stadt), der Schlussmann war machtlos, ihn trifft keine Schuld.
Ja, liebe Fußballfreunde, eins zu null für die Elitekicker aus dem ... (Himmelsrichtung) der Republik. Es wurde aber auch Zeit! Hoffentlich gibt dies dem Spiel endlich jene Rasse und Klasse, die wir bisher vermisst haben! Noch ist eine knappe Stunde zu spielen, eine knappe Stunde für die Schützlinge von ... (Trainer), um das Blatt zu wenden. Wir jedenfalls melden uns in 10 Minuten wieder, kurz vor der Halbzeit, und geben jetzt zurück ins Studio ... "
  1. Welche informationen erhält der Zuhörer?
  2. Welche Umschreibungen (Synonyme) verwendet der Reporter für den Fußball, den Schiedsrichter, die Mannschaften, das Tor usw.?
  3. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Grammatik und Satzbau einerseits und dem Geschehen auf dem Spielfeld andererseits?
  4. Lese- und Sprechübung: Trage den Text wirklichkeitsnah vor.
  5. Verfasse eine eigene Reportage, wobei du die Sportart frei wählen kannst. (Es muss nicht immer Fußball sein.)