Person und Offenbarung: Unterschied zwischen den Seiten

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==Person und Individuum==
{{Aufgabe|1=
Auskunft über mich
# Gesetzt, du wärest vermisst, und man würde ein Steckbrief verfassen, um dich zu suchen. Was könnte in einem solchen Steckbrief stehen?
# Was steht in deinem Kinderausweis oder Schülerpass?
# Schreibe eine Kurzbiografie über eine prominente Persönlichkeit!
# Was schätzen deine Freunde und Freundinnen an dir?
* Schau dir die Antworten auf die drei Fragen an und markiere die wichtigsten Unterschiede.
}}


{{Box|Zur Auswertung|
==Der profane Begriff "Offenbarung"==
Einige deiner Eigenschaften sind objektiv feststellbar, das heißt: Jeder wird bei Anwendung der richtigen Methode dasselbe herausfinden zum Beispiel über deine Größe, Augenfarbe, deine Fingerabdrücke, den genetischen Code.
Der Begriff „Offenbarung“ hat neben der religiösen auch alltägliche Bedeutungen, auch wenn er vielleicht nicht Bestandteil der Jugendsprache ist
 
{{Box|Beobachtung|
Andere Eigenschaften kann man nur herausfinden, wenn man eine Weile gemeinsame Erlebnisse teilt: Ob du dich leicht aufregst oder entspannt bleibst, ob du freundlich bist oder abweisend, hilfsbereit oder faul, mutig oder feige.
Versuche, etwas über die Verwendung des Wortes "Offenbarung" außerhalb des religiösen Kontextes herauszufinden. Vorschläge dazu:
 
* Suche das Wort mit ''Google News''.
Die meisten Menschen werden zustimmen, dass diese sozialen Eigenschaften mehr und Wichtigeres über dich aussagen als jene äußerlichen, objektiven Eigenschaften. Diese sozialen Eigenschaften sind aber beziehungsabhängig: Deine Freunde beurteilen dich vielleicht anders als die Lehrer.
* Suche das Wort in Buchtiteln, Titeln von Zeitungsartikeln usw.
* Frag Bekannte, was sie unter einer Offenbarung verstehen.
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Das lateinische Wort ''persona'' bedeutet ebenso wie das griechische Wort ''prosopon'' in der Grundbedeutung die Larve, die Maske des Schauspielers im Theater. Schon vor dem Christentum wurde der Begriff auch in übertragener Bedeutung gebraucht für den Stand eines Menschen in der Gesellschaft. Erst das Christentum jedoch hat den Begriff „Person“ zur zentralen Kategorie seines Menschen- und vor allem Gottesbildes werden lassen. Wie ist das gemeint?
*Wenn ein Menu alle Vorstellung sprengt, ein Weinjahrgang alles je dagewesene übertrifft, ein Kunstwerk völlig neue Dimensionen erschließt, dann wird das gelegentlich auch so gesagt: ''Das ist eine Offenbarung!''
 
*Wenn jemand zahlungsunfähig ist, sagt man: ''Er muss den Offenbarungseid leisten.''
Man kann nicht Personen aus einem Theaterstück in ein anderes versetzen: Der Versuch, William Shakespeares Figur der Julia in Star Wars mitspielen zu lassen, würde unsere Erkenntnisse über Julia nicht erweitern können; es entstünde ein neues Stück.  
*Enger bei der religiösen Begriffsverwendung sind wir, wenn jemand einem anderen Menschen etwas Wichtiges miteilt, was er bislang verschwiegen hat, weil es ihm peinlich war, weil es den anderen nichts angeht, weil es dem anderen Macht verleiht oder weil die Mitteilung aus anderen Gründen ein Risiko birgt, dann kann man sagen: ''Er hat sich ihm offenbart.''
 
*Schließlich benutzen wir das Adverb ''offenbar'', zum Beispiel in dem Satz: ''Offenbar hat der Präsident über seine Geschäftsbeziehungen im Parlament nicht die volle Wahrheit gesagt.'' Damit ist gemeint, dass die Wahrheit dieser Feststellung, dass der Präsident gelogen hat, nicht bestritten werden kann, weil es dafür unbezweifelbare Beweise gibt.
Übertragen wir diese Einsicht aus der Theaterwelt auf unser alltägliches Leben, kommen wir zu folgender Aussage:
{{Merke|1=
Der Mensch wird zu dem, was er ist, durch Kontakte mit anderen, durch die sozialen Kontexte, in denen er jeweils seine Rolle spielt – Familie, Schulklasse, Clique, Betrieb, soziale Einrichtung.  
}}


Die Suche nach einem „Selbst“, das sich unabhängig von allen diesen Chancen und Herausforderungen definieren ließe, gerät zur blutleeren Abstraktion. Beispielsweise die Frage, wie ich mich verhalten hätte angesichts des Nationalsozialismus oder angesichts des Hexenwahns, ist nützlich als Vorbereitung auf moralische Grenzsituationen, die mir noch bevorstehen mögen, sie ist aber letztlich nicht beantwortbar. Denn es ist ein wesentliches Merkmal meines Ich, dass ich im Horizont meiner eigenen Geschichtsepoche lebe und lerne und denke.
==Vielgötterglaube (Polytheismus) und Mythos==
''Mythos'' bedeutet "Erzählung". Damit sind alte Geschichten gemeint, die sich die Völker erzählt haben, als sie noch nicht lesen und schreiben konnten. Wir kennen diese Geschichten heute in der Form, die ihnen bedeutende Schriftsteller wie die Griechen [[Homer]] und [[Hesiod]] gegeben haben.  


==Eine Möglichkeit über Gott zu sprechen==
In diesen Mythen sind die Götter ebenso selbstverständlicher '''Bestandteil''' der Geschichten wie die menschlichen Akteure, und sie benehmen sich wie Menschen: Mal launisch, mal gerecht, mal freundlich, mal feindselig.  
Es ist nun weder ganz richtig, dass jeder seines Glückes Schmied sei, noch ist es wahr, dass man alles hinnehmen müsse, wie es eben kommt.  


[[Datei:Odysseus and Athena at the meeting with Nausicaa, Attic red-figured amphora from Vulci, 440 BC, Staatliche Antikensammlungen, Munich (8957437815) cropped glare reduced white bg.png|mini|Odysseus, Athena und Nausikaa]]


{{Box|Aufgabe|
{{Box|Aufgabe|
Wenn Du in ein paar Jahrzehnten eine Bilanz deines Lebens ziehst:
Im Wikipediaartikel zur [[Odyssee]] von [[Homer]] findest du eine kurze Nacherzählung der Erlebnisse des Helden Odysseus auf seiner umwegigen Heimfahrt von der Schlacht um Troja.
* Lies dir diese Zusammenfassung durch.
* Notiere welche Götter in der Geschichte eine wichtige Rolle spielen
* und wie sie auf die Menschen Einfluss nehmen.
|Üben}}


Unter welchen Umständen würdest du sagen, dass dein Leben '''gelungen''' ist, und unter welchen Bedingungen würdest Du sagen, dass dein Leben '''misslungen''' ist?|Hervorhebung1}}


Die Herausforderungen und Chancen des Lebens, vor allem die Begegnungen mit Menschen, erscheinen zwar zunächst als zufällig, aber im Rückblick glaubt man manchmal einen geheimnisvollen Plan hinter den Wechselfällen des Schicksals zu erkennen, als sei es gerade mir wirklich von jemandem '''geschickt'''. Christen reden von der '''Vorsehung''' und der '''Fürsorge Gottes'''. Im Katechismus steht:
Man kann gegen den Willen der Götter verstoßen - '''''freveln''''' - und heftig dafür büßen, aber der Verstoß kann ganz ohne böse Absicht geschehen – wie zum Beispiel Ödipus den ihm unbekannten Vater tötet. Im Mythos ist es am besten, wenn die Götter mit sich selbst beschäftigt sind und sich um die Menschen möglichst wenig kümmern. Götter, die zugunsten des Menschen eingreifen, wie Prometheus, können dafür sehr schmerzhaft bestraft werden.


{{Zitat|In dem Maße, als sich ein Mensch auf Gottes Willen einlässt und sein Leben ändert, ändert sich auch sein „Schicksal“. Der Mensch, der mit Gott ins Einvernehmen kommt, kommt auch mit der Welt ins Einvernehmen.|}}
==Der theologische Begriff "Offenbarung"==
Der eine Gott wird als '''Gegenüber''' zur Welt dargestellt. Es ist eine Person, die zugunsten der Schwachen und Unterdrückten in den normalen Ablauf der Dinge eingreift.  


Aber wer ist das: Gott? Woher beziehen die Menschen ihr Wissen von Gott?
Zum Beispiel machen die Könige Israels das, was alle Könige ringsum auch machen:  


Die Antwort, die geschichtlich wohl am weitesten zurückreicht, lautet:
*Sie sammeln Macht und Reichtum
*Sie bauen ein intransparentes korruptes System auf, das ihre Macht stützt.
*Sie leben mit ihren Schützlingen im Luxus ihrer Paläste
*und sie errichten Tempel, um auch die Götter auf ihre Seite zu ziehen.


{{blau|'''Menschen erfahren Gott und erzählen davon.'''}}


Die Erzählungen von Gott führen dazu, dass man geeignete spirituelle Maßnahmen ergreift, die eine Gottesbegegnung wahrscheinlicher machen: Riten, Opfer, Gebete, Meditationen, Feiern, Tänze, Lieder. Die Vorstellung von guten und bösen Göttern bietet für den Menschen entscheidende Vorteile:
Gott, dem diese Politik '''''missfällt''''' schickt seine Propheten – Elijah, Elischa, Amos, Hosea -,


*Es ist ein Unterschied, ob man nicht einschlafen kann in namenloser Angst oder ob man die Nacht damit verbringt wachend und betend mit einem Gott zu ringen (vgl. Gen 32). Wer hinter Donner und Blitz, Fluss und Berg, Tier und Pflanze Götter am Werke glaubt, der hat wenigstens etwas zu erzählen, vor allem jemanden, der ansprechbar ist, und der Schrecken, der zur Sprache zurückgefunden hat, ist schon halb ausgestanden (Hans Blumenberg).
*die in seinem Namen das Unrecht aufdecken,
*Es ist nicht zuletzt ein Unterschied, ob man die toten Gefährten am Wegesrand zurücklässt und zu vergessen sucht, oder ob man einen Gedenkstein für sie aufstellen, ein ewiges Licht bei ihnen entzünden, sie einem Fährmann ins Jenseits anvertrauen kann. Denn wer die Ahnen vergisst, muss sich auch selbst für eine flüchtige Erscheinung halten.
*den Königen Strafe androhen,
*Gerechtigkeit anmahnen.


'''Stimmt''' es aber auch, was von den Göttern erzählt wird? '''Stimmen''' wenigstens die Geschichten der Bibel? - Offenbar doch nicht!
König Joschija spannt die Religion dieser Propheten für seinen eigenen Machtanspruch ein. Nach seinem Tod in der Schlacht gegen Ägypten führen seine Nachfolger eine Politik fort, die im Vertrauen auf die eigene Unverletzlichkeit Widerstand gegen überlegene Mächte riskiert. Dieser Politik widerspricht der Prophet Jeremiah.


{{Zitat|
Die Babylonier deportieren die jüdische Elite in andere Gebiete ihres Reiches, damit das Volk im Vielvölkergemisch aufgeht. Ezechiel, Jeremiah und ein Prophet aus der Schule des Jesaia halten die Anhänger JHWHs zusammen bis zur Befreiung durch den Perserkönig Kyros.
Lies Genesis 1,24-25:
''Gott sprach: Die Erde treibe hervor lebende Wesen nach ihrer Art, Herdentiere, Kriechtiere und die Wildtiere der Erde nach ihrer Art! Es geschah so. Gott formte die Wildtiere der Erde nach ihrer Art und die Herdentiere nach ihrer Art und alle Ackertiere nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war.''
|}}


{{Aufgabe|1=
Das meistbenutzte Buch der Bibel ist das Buch der Psalmen. Es zeugt davon, dass Menschen von Gott aus der Verzweiflung befreit werden, dass sie von bösen Handlungen abgehalten werden, dass der Gedanke an Gott ihnen Freude, Hoffnung und Trost gibt. Es ist also nicht immer nur die Wende der Religionsgeschichte, die durch einen Eingriff Gottes herbeigeführt wird, sondern Offenbarung kann sich in jedem menschlichen Leben ereignen.
Was berichtet die Bibel?
[[Datei:Bearded male worshipper, Tell Asmar, Single-Shrine Temple of Abu, Early Dynastic period, 2550-2450 BC, gypsum - Oriental Institute Museum, University of Chicago - DSC07443.JPG|mini|Mann im Gebet, Assyrien 2500 v.C.]]
* ''Die Erde bringt die Tiere hervor auf Gottes Befehl.''
* ''Gott formt die Tiere Art nach Art.''
Sind die beiden Varianten miteinander kombinierbar?
Welche Variante lässt sich leichter mit der Evolutionstheorie vereinbaren?
}}
Die Bibel mutet uns gleich in den ersten beiden Kapiteln drei verschiedene Versionen zu, wie und warum Gott die Tiere geschaffen hat: Nach Gen 1,24 bringt die Erde die Tiere auf Gottes Befehl hervor; nach Gen 1,25 formt Gott selbst die Tiere Art nach Art, und Gen 2,19 erzählt, dass Gott die Tiere erst nach dem Menschen geschaffen hat, damit dem nicht so langweilig wird.  


Auch die Motive Gottes für die Sintflut werden nicht widerspruchsfrei dargestellt: Nach Gen 6,5-8 will Gott die ganze Welt vernichten aus Wut auf die Menschen und aus Wut auf sich selbst, weil er die Menschen überhaupt geschaffen hat. In Gen 6,13 erzählt Gott dem Noah, dass die Boshaftigkeit der Menschen ihre Vernichtung heraufbeschworen habe, dass aber Gott in seinem Erbarmen wenigstens den Noah und die Tiere retten will, damit die Welt nicht ganz untergeht.


==Die Bibel ist kein Geschichtsbuch, sondern ein Religionsbuch.==
{{Box|Aufgabe|
An allen Ecken und Enden lassen sich in der Bibel Widersprüche aufzeigen, vor allem die Erfahrung der schrecklichen Macht und die Erfahrung der liebevollen Zuwendung Gottes stimmen offenbar nicht überein. Aber gerade die Widersprüche beweisen, dass der Text dem Menschen aus der Seele spricht: Wer sein Schicksal gerade jetzt so erlebt, dass er sich von Gott verworfen fühlt, dem kann man nicht mit dem billigen Trost kommen: ''Nein, nein, ich weiß es besser, Gott verwirft niemanden, es wird alles gut.'' Ein solcher Mensch muss durch die dunkle Nacht erst einmal hindurchgehen; man muss es ihm erlauben und sogar erleichtern, das Erlebnis ''Gott ist wütend auf mich'' auszusprechen. Dabei leistet die Bibel Hilfestellung, indem sie von Menschen erzählt und ihre Gebete überliefert, die ähnliches erlebt haben. Wer ein solches Erleben ausgehalten hat, darf darauf hoffen, dass er von seinen niederdrückenden Stimmungen einmal befreit wird; auch die Geschichte von der großen Flut endet mit dem im Regenbogen besiegelten Versprechen Gottes, dass die Erde niemals wieder vernichtet wird. (Gen 8,20-22)
Such dir einen Psalm aus:
 
* Lies ihn sorgfältig durch
<br />
* Arbeite heraus, welche Stimmung des Beters geschildert wird und mit welchen Mitteln (Verben, Metaphern, Ausrufe ..)
 
* Finde für Stimmungen Symbole und rekonstruiere die im Psalm geschilderte Stimmungsabfolge durch diese Symbole.
{{Box|
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Vergleich|
 
Die Griechen haben versucht, mit ihren Mythen reinen Tisch zu machen und einen klaren widerspruchsfreien Begriff Gottes zu formulieren. Die Idee des Guten (Platon), das sich selbst denkende Denken, der unbewegte Beweger (Aristoteles), das Ur-Eine (Plotin), so einige der Vorschläge, wie man sich einen Gott denken könne. Immer größer erschien der Abstand zwischen Gott und der Welt, sodass sich für die stoische Schule der Gedanke nahelegte, die Götter lebten zwischen den Welten und haben mit uns überhaupt nichts zu tun, und es sei für uns völlig uninteressant zu den Göttern zu beten oder sie sonst wie zu verehren. Der Atheismus der Neuzeit fand da sein Vorbild.
 
Israel hat in seiner Heiligen Schrift auch für Philosophie Raum – etwa in den Büchern Kohelelet, Weisheit, Jesus Sirach - aber man hat die Gebete und Geschichten der anderen, gerade der armen und schlecht ausgebildeten Menschen, darüber nicht vernachlässigt. Vielfältige Gotteserfahrung wird in der Bibel authentisch überliefert. Der Schriftgelehrte hat die Spannungen zwischen den verschiedenen Vorstellungen von Gott nicht durch seine Logik zu verkleistern, sondern ernst zu nehmen und fruchtbar zu machen.
|Hervorhebung2}}
 
==Von den Geschichten der Bibel zur Theologie der Dreifaltigkeit==
 
Die biblische Überlieferung des Alten Bundes lässt sich sehr grob in drei Epochen einteilen:


==Beglaubigung der Offenbarung==
Offenbarung kann das Leben eines einzelnen Menschen verändern, und sie kann der Religionsgeschichte eine neue Wendung geben. Beides bedingt sich gegenseitig, wie besonders am Fall des Paulus deutlich wird, der durch eine Christusbegegnung vom Feind zum Anhänger des Christentums wurde und anschließend durch seine Heidenmission und die in seinen Briefen entwickelte Theologie die Kirchengeschichte maßgeblich geprägt hat.


{| class="wikitable"
Eine heikle Frage ist dann aber die nach der '''Authentizität''' einer bestimmten Offenbarung: Hat sich in ihr wirklich Gott gemeldet oder handelt es sich um Einbildung, Einfluss von anderen Menschen oder gar Einflüsterung des Satans?
|-
|ZEIT||Thema||Bücher
|-
|900-700||Kritik am König im Namen Gottes||Amos, Jesaia
|-
|700-500||Politische Inanspruchnahme der JHWH-Religion führt zur Zerstörung Jerusalems||Deuteronomium, Jeremia
|-
|500-100||Konsolidierung des Frühjudentums||Tora, Psalmen
|}


[[Datei:Lehrender_christus.jpg|miniatur]]
In der Bibel kann man eine Reihe von Stellen finden, in der die Echtheit der Offenbarung durch '''Wunder''' beglaubigt wird: Zum Beispiel wird die Geltung des Gesetzes dadurch bekräftigt, dass es von dem Gott stammt, der Israel aus Ägypten herausgeführt hat.  


Mit der griechischen Übersetzung des Tanach, der jüdischen Heiligen Schriften, war schon ein wichtiger Schritt der Öffnung der JHWH-Religion getan; noch konsequenter missionierte das junge Christentum im griechisch-sprachigen Raum des römischen Reiches. Dabei sahen sich die Schülerinnen und Schüler der Apostel zwei Herausforderungen ausgesetzt:


*Es galt, bei den Griechen deren Kultur des Denkens zu erlernen und einen eigenen Beitrag dazu zu leisten.
Es lassen sich jedoch auch Stellen finden, die den Zusammenhang in Frage stellen, die zur Skepsis gegenüber Wundern mahnen und den Glauben loben, der ohne wunderbare Erlebnisse auskommt:
*Aber die Christen bestanden weiterhin auf der Authentizität der in der Bibel gesammelten Erfahrungen von Gott. Sie ergänzten die Geschichten der Juden durch die frohe Botschaft über ihren Lehrer Jesus Christus, dessen Leben, Tod und Auferstehung; vor allem aber betrachteten sie die lebendige Erfahrung der Gemeinde Gottes als Norm aller Bemühungen des denkenden Geistes.
==Die Auslegungsbedürftigkeit der Offenbarung==
Die Bibel ist nicht dazu geschrieben, von einzelnen Menschen auf der Couch oder am Strand gelesen zu werden wie ein Roman; sie ist auch nicht dazu geschrieben, mit Marker und Exzerptheft und Lexikon studiert zu werden wie ein Fachbuch. Viel mehr ist sie geschrieben, damit in der Gemeinde aus ihr vorgelesen wird und die Lesung von einer Auslegung begleitet ist. An vielen Stellen überliefert die Bibel bereits Interpretation der Überlieferung, und die Tusche der Tora-Urschrift war noch nicht durchgetrocknet, da begann sich bereits eine Kommentarliteratur zu bilden, die einige Jahrhunderte später in den Talmud aufgegangen ist.


Das Christentum hat – nach der Methode der Philosophie - den Begriff „Person“ zur Deutung der Gottesvorstellung herangezogen. Diese Entwicklung ging aus von einem ''Erlebnis'': Der Auferstehung Jesu von Nazaret. Ostern beginnt ein Prozess reflektierter Erfahrung in der christlichen Gemeinde, dessen Zwischenergebnis das Glaubensbekenntnis zum dreieinigen Gott, und dessen Fernwirkung die Geschichte der christlichen Theologie ist.
===Das fundamentalistische Fehlverständnis der Offenbarung===
Wer nach dem Vorbild Jesu und Petri einen See betritt im festen Glauben, dass das Wasser ihn trägt, wenn Gott nur will, der ist ein Idiot, und wer nach dem Vorbild Abrahams [Genesis 22] seinen Sohn schlachten will, überzeugt, dass ihm Gott schon in den Arm fallen wird, oder wer die Vernichtung der Heiden oder der Homosexuellen oder einer anderen Gruppe vorbereitet, weil das doch angeblich im Gesetz so vorgeschrieben sei, der ist ein Verbrecher. Für Idiotien und Verbrechen solcher Art kann man auch nicht Gott oder der Offenbarung oder der Bibel die Verantwortung geben, denn für meine Interpretation der Bibel in Wort und Tat trage ich die Verantwortung selbst.


Der Fundamentalismus leugnet die Notwendigkeit, Offenbarung auszulegen und die dadurch selbstredend entstehende Vielfalt der Auslegungen, die im Lauf der Zeit aber auch in ein und derselben Zeit durch unterschiedliche Perspektiven entstehen als Reaktion auf die jeweiligen gesellschaftlichen und religiösen Herausforderungen. Weil aber die eigene Auslegung nicht als eine unter anderen möglichen Auslegungen verstanden wird, wird sie mit der Aussage der Offenbarung selbst verwechselt. Es scheint, als habe man die Bibel schon verstanden, wenn man an die Erschaffung der Tiere Art für Art, an die Sintflut, an die Spaltung des Meeres, an die Vernichtung der Baalspriester, an die Brotvermehrung und an die Himmelfahrt Jesu „glaubt“, und als sei es schon Glaubensverweigerung, Gott nicht zuzutrauen, solche Ereignisse zu bewirken. Dem Fundamentalisten fällt gar nicht auf, dass er damit festgelegt hat, welche Allmachtsproben Gott abzulegen hat, um für ihn, einen Menschen, als Gott durchzugehen.
Auch diese Logik ist merkwürdig: Das Wunder beweist die Göttlichkeit Gottes und die Berechtigung des Glaubens. Aber von diesem Wunder berichtet nur die Bibel – keine andere historische Quelle. Der Bibel muss man also glauben, sodass der Glaube zum  Beweis für den Glauben werden soll.


{{Box|Merksatz|Das Urproblem, ohne das es nie eine christliche Theologie gegeben hätte, ist die Frage, wie man den Gottmenschen Jesus Christus angemessen beschreiben kann.|Merksatz}}
Richtig ist: Die Suche nach Fakten, die Nutzung der Texte als historische Quellen ist ein Interpretationsansatz biblischer Schriften, und man kann leicht aus der Bibel ableiten, dass dieser Interpretationsansatz an den meisten Texten scheitert. Die Bibel ist eine gute Quelle für das Denken des historischen Paulus, für die Ereignisse der Makkabäerzeit, der Zeit des babylonischen Exils: In diesen Epochen passen auch die Texte der Bibel gut zu außerbiblischen Quellen und archäologischen Funden. Über die Urgeschichte, die Abrahamszeit, die Moseszeit, die Davidszeit gibt es in der Bibel keine Dokumente, die man datieren und ohne begründete Zweifel in den Ablauf der Profangeschichte integrieren könnte; aus dem Leben Jesu ist einzig die Hinrichtung mit einiger Plausibilität datierbar: Auf den 7. April 30.


Denn wenn Gott, der ewige, alles beherrschende, die menschliche Natur annehmen kann, Person werden kann in einem historischen Drama, einer von uns, der sich mit uns freute und mit uns litt und unter uns starb, dann ist offenbar Personsein das Wesen Gottes selbst und daher die umfassendste Wirklichkeit, die es überhaupt gibt. Nicht nur uns zeigt sich Gott in den verschiedenen Situationen unseres Daseins, sondern in ihm selbst gibt es „Situationen“, gibt es Beziehung und Austausch. Selbstverständlich können wir uns die Gemeinschaft von drei Personen göttlichen Wesens nicht vorstellen. Um so wichtiger sind die Beispiele und Gleichnisse, durch die wir Gott zu vergegenwärtigen versuchen. In der Kinderkatechese ist der Klee beliebt mit seinen drei herzförmigen Blättchen oder ein Licht mit drei Flammen. Wer aber Gott begreifen will, darf nicht hängen bleiben bei der Veranschaulichung des Zahlenverhältnisses Eins zu Drei, sondern muss einsteigen in die Betrachtung des einzigen Ebenbildes Gottes auf dieser Erde (Gen 1,27):
==Ziel und Zweck der Offenbarung==
Sinn und Zweck seiner Botschaft hat Jesus in einen kurzen Ruf gekleidet:
{{Box|Zitat|Kehrt um! Das Himmelreich ist nah!|Zitat}}


==Die innere Pluralität der menschlichen Person.==
{{Box|Aufgabe| <big>Suche Dir auf einem Platz einen bestimmten Punkt aus, um dich dahinzustellen. Dreh Dich in eine bestimmte Richtung. Dann gehe geradeaus, bis es nicht mehr sinnvoll ist, weiterzugehen, weil du vor eine Wand gelaufen bist, vor einem Blumenbeet stehst und dir beim Weitergehen die Schuhe schmutzig machen würdest oder an eine andere Grenze geraten bist. Dann drehe dich um und gehe zu deinem Ausgangspunkt zurück! </big>


{{Box|Beispiel|
An welche Situationen erinnert dich diese "Umkehr"?|Üben}}


Wenn etwas Schönes passiert, kann man dazu sagen: ''Das freut mich,'' als wäre das Ereignis der Ursprung meiner Freude und ich selbst nur deren Objekt. Richtiger ist es zu sagen: ''Ich freue mich über das Ereignis.'' Dieser Satz stellt mich als '''Ursprung''' (Subjekt) und '''Ziel''' (Objekt) der Freude dar und das Erlebnis als bloßen '''Anlass'''. Das ist richtig, denn ich bin ja kein Hund, der zwar mit dem Schwanz wedelt, aber nicht weiß, dass er das aus Freude tut. '''Freude''' wird meine Reaktion auf ein Ereignis erst dadurch, dass ich sage oder wenigstens denke: Ich freue mich. Indem ich das sage, befinde ich mich aber in einer '''dreifachen Rolle''':
Wer seine Richtung stur, beibehält kommt irgendwann an eine Grenze, wo es nicht mehr geradeaus weitergeht, wo die Sackgasse zuende ist. Dann bleibt nichts anderes übrig als umzukehren. Angenehmer ist es, auf einen Rat zu hören, ein Hinweisschild zu beachte und die Sackgasse erst gar nicht zu betreten, rechtzeitig nach einem besseren Weg zu suchen.
* Ich bin der Beobachter meiner Freude,
* ich bin der, dessen Freude ich beobachte, und  
* ich bin die Einheit des Beobachtens und Erlebens, ein Subjekt unter anderen Subjekten, die erleben und erkennen und mit denen ich reden kann.
|Hervorhebung2}}


Daraus kann man lernen, wie Gott ist, wie er sich erleben und ansprechen lässt.  
Menschen arbeiten bis zum Umfallen, trinken bis der Arzt kommt, verstricken sich in die Machenschaften krimineller Banden, sie ignorieren wichtige Tatsachen des Lebens. Menschen halten sich für unbesiegbar, für ewig, sie glauben, ohne die anderen ginge alles besser, Arroganz und Feindseligkeit seien gute Methoden, Wünsche erfüllt zu bekommen.


*Gott spricht '''durch''' Menschen, durch die Propheten aller Zeiten und Völker, die den Menschen offenbarten, dass ihr letztes Ziel die Vollkommenheit in Gott ist. Gott wird angerufen als Heiliger Geist.
Offenbarung ist geeignet, den Marsch in die Sackgassen solcher Grundhaltungen zu stoppen, Umkehr anzustoßen, das Leben auf die Wahrheit zu gründen und dadurch frei zu werden.  
*Gott kam '''als''' Mensch in die Welt, in allem uns gleich außer der Sünde (Kanon der Heiligen Messe). Jesus, der Gottmensch, wird zu Recht unter vielen Namen angerufen: Als Gesalbter (''Christos'', ''Messias'') und ''Gesandter'' Gottes, als gehorsamer Sohn Gottes, als Retter und Erlöser, schließlich als ewiges Wort (''Logos'') ) Gottes; denn dasselbe Wort, welches uns im Ursprung ins Leben gerufen hat, hat auch verhindert, dass wir dem Tod durch unsere Schuld verfallen. Dieses Wort ist nach dem Tod und der Auferstehung Jesu für immer glaubwürdig: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,20,vgl. Ex 3,14)
*Gott spricht '''zu''' Menschen. Dies ist die älteste Form der Gotteserfahrung, von der Beter aller Zeiten berichten, aber nachdem Gott als Mensch unter uns wohnte und der Geist Gottes unter uns Propheten erweckt hat, muss der Mensch sein Gegenüber neu begreifen lernen als Einheit seines Ursprungs und seiner Bestimmung, und dafür steht die zärtliche Anrede Gottes als Abba, lieber Vater. (vgl. Röm 8,14-17)


So erleben Menschen ihren Gott, seit sie denken können; sie beschimpfen ihn und sie jubeln über ihn; sie verzweifeln an ihm und vertrauen sich ihm voller Zuversicht an: Die Bibel bestätigt diese Erfahrungen, und der Theologie, der Glaubenswissenschaft bleibt nichts anderes übrig, als mit ihrer Logik stotternd der Vielfalt der Zeugnisse hinterherzuhinken.
Offenbarung ist nicht dazu da, durch Verweis auf entsprechende Zitate Recht zu behalten, um nichts verändern zu müssen.


[[Kategorie: Religion]]
[[Kategorie: Religion]]
[[Kategorie: Sekundarstufe 1]]
[[Kategorie: Sekundarstufe II]]

Version vom 6. November 2019, 16:02 Uhr

Der profane Begriff "Offenbarung"

Der Begriff „Offenbarung“ hat neben der religiösen auch alltägliche Bedeutungen, auch wenn er vielleicht nicht Bestandteil der Jugendsprache ist

Beobachtung

Versuche, etwas über die Verwendung des Wortes "Offenbarung" außerhalb des religiösen Kontextes herauszufinden. Vorschläge dazu:

  • Suche das Wort mit Google News.
  • Suche das Wort in Buchtiteln, Titeln von Zeitungsartikeln usw.
  • Frag Bekannte, was sie unter einer Offenbarung verstehen.
  • Wenn ein Menu alle Vorstellung sprengt, ein Weinjahrgang alles je dagewesene übertrifft, ein Kunstwerk völlig neue Dimensionen erschließt, dann wird das gelegentlich auch so gesagt: Das ist eine Offenbarung!
  • Wenn jemand zahlungsunfähig ist, sagt man: Er muss den Offenbarungseid leisten.
  • Enger bei der religiösen Begriffsverwendung sind wir, wenn jemand einem anderen Menschen etwas Wichtiges miteilt, was er bislang verschwiegen hat, weil es ihm peinlich war, weil es den anderen nichts angeht, weil es dem anderen Macht verleiht oder weil die Mitteilung aus anderen Gründen ein Risiko birgt, dann kann man sagen: Er hat sich ihm offenbart.
  • Schließlich benutzen wir das Adverb offenbar, zum Beispiel in dem Satz: Offenbar hat der Präsident über seine Geschäftsbeziehungen im Parlament nicht die volle Wahrheit gesagt. Damit ist gemeint, dass die Wahrheit dieser Feststellung, dass der Präsident gelogen hat, nicht bestritten werden kann, weil es dafür unbezweifelbare Beweise gibt.

Vielgötterglaube (Polytheismus) und Mythos

Mythos bedeutet "Erzählung". Damit sind alte Geschichten gemeint, die sich die Völker erzählt haben, als sie noch nicht lesen und schreiben konnten. Wir kennen diese Geschichten heute in der Form, die ihnen bedeutende Schriftsteller wie die Griechen Homer und Hesiod gegeben haben.

In diesen Mythen sind die Götter ebenso selbstverständlicher Bestandteil der Geschichten wie die menschlichen Akteure, und sie benehmen sich wie Menschen: Mal launisch, mal gerecht, mal freundlich, mal feindselig.

Odysseus, Athena und Nausikaa


Aufgabe

Im Wikipediaartikel zur Odyssee von Homer findest du eine kurze Nacherzählung der Erlebnisse des Helden Odysseus auf seiner umwegigen Heimfahrt von der Schlacht um Troja.

  • Lies dir diese Zusammenfassung durch.
  • Notiere welche Götter in der Geschichte eine wichtige Rolle spielen
  • und wie sie auf die Menschen Einfluss nehmen.


Man kann gegen den Willen der Götter verstoßen - freveln - und heftig dafür büßen, aber der Verstoß kann ganz ohne böse Absicht geschehen – wie zum Beispiel Ödipus den ihm unbekannten Vater tötet. Im Mythos ist es am besten, wenn die Götter mit sich selbst beschäftigt sind und sich um die Menschen möglichst wenig kümmern. Götter, die zugunsten des Menschen eingreifen, wie Prometheus, können dafür sehr schmerzhaft bestraft werden.

Der theologische Begriff "Offenbarung"

Der eine Gott wird als Gegenüber zur Welt dargestellt. Es ist eine Person, die zugunsten der Schwachen und Unterdrückten in den normalen Ablauf der Dinge eingreift.

Zum Beispiel machen die Könige Israels das, was alle Könige ringsum auch machen:

  • Sie sammeln Macht und Reichtum
  • Sie bauen ein intransparentes korruptes System auf, das ihre Macht stützt.
  • Sie leben mit ihren Schützlingen im Luxus ihrer Paläste
  • und sie errichten Tempel, um auch die Götter auf ihre Seite zu ziehen.


Gott, dem diese Politik missfällt schickt seine Propheten – Elijah, Elischa, Amos, Hosea -,

  • die in seinem Namen das Unrecht aufdecken,
  • den Königen Strafe androhen,
  • Gerechtigkeit anmahnen.

König Joschija spannt die Religion dieser Propheten für seinen eigenen Machtanspruch ein. Nach seinem Tod in der Schlacht gegen Ägypten führen seine Nachfolger eine Politik fort, die im Vertrauen auf die eigene Unverletzlichkeit Widerstand gegen überlegene Mächte riskiert. Dieser Politik widerspricht der Prophet Jeremiah.

Die Babylonier deportieren die jüdische Elite in andere Gebiete ihres Reiches, damit das Volk im Vielvölkergemisch aufgeht. Ezechiel, Jeremiah und ein Prophet aus der Schule des Jesaia halten die Anhänger JHWHs zusammen bis zur Befreiung durch den Perserkönig Kyros.

Das meistbenutzte Buch der Bibel ist das Buch der Psalmen. Es zeugt davon, dass Menschen von Gott aus der Verzweiflung befreit werden, dass sie von bösen Handlungen abgehalten werden, dass der Gedanke an Gott ihnen Freude, Hoffnung und Trost gibt. Es ist also nicht immer nur die Wende der Religionsgeschichte, die durch einen Eingriff Gottes herbeigeführt wird, sondern Offenbarung kann sich in jedem menschlichen Leben ereignen.

Mann im Gebet, Assyrien 2500 v.C.


Aufgabe

Such dir einen Psalm aus:

  • Lies ihn sorgfältig durch
  • Arbeite heraus, welche Stimmung des Beters geschildert wird und mit welchen Mitteln (Verben, Metaphern, Ausrufe ..)
  • Finde für Stimmungen Symbole und rekonstruiere die im Psalm geschilderte Stimmungsabfolge durch diese Symbole.

Beglaubigung der Offenbarung

Offenbarung kann das Leben eines einzelnen Menschen verändern, und sie kann der Religionsgeschichte eine neue Wendung geben. Beides bedingt sich gegenseitig, wie besonders am Fall des Paulus deutlich wird, der durch eine Christusbegegnung vom Feind zum Anhänger des Christentums wurde und anschließend durch seine Heidenmission und die in seinen Briefen entwickelte Theologie die Kirchengeschichte maßgeblich geprägt hat.

Eine heikle Frage ist dann aber die nach der Authentizität einer bestimmten Offenbarung: Hat sich in ihr wirklich Gott gemeldet oder handelt es sich um Einbildung, Einfluss von anderen Menschen oder gar Einflüsterung des Satans?

In der Bibel kann man eine Reihe von Stellen finden, in der die Echtheit der Offenbarung durch Wunder beglaubigt wird: Zum Beispiel wird die Geltung des Gesetzes dadurch bekräftigt, dass es von dem Gott stammt, der Israel aus Ägypten herausgeführt hat.


Es lassen sich jedoch auch Stellen finden, die den Zusammenhang in Frage stellen, die zur Skepsis gegenüber Wundern mahnen und den Glauben loben, der ohne wunderbare Erlebnisse auskommt:

Die Auslegungsbedürftigkeit der Offenbarung

Die Bibel ist nicht dazu geschrieben, von einzelnen Menschen auf der Couch oder am Strand gelesen zu werden wie ein Roman; sie ist auch nicht dazu geschrieben, mit Marker und Exzerptheft und Lexikon studiert zu werden wie ein Fachbuch. Viel mehr ist sie geschrieben, damit in der Gemeinde aus ihr vorgelesen wird und die Lesung von einer Auslegung begleitet ist. An vielen Stellen überliefert die Bibel bereits Interpretation der Überlieferung, und die Tusche der Tora-Urschrift war noch nicht durchgetrocknet, da begann sich bereits eine Kommentarliteratur zu bilden, die einige Jahrhunderte später in den Talmud aufgegangen ist.

Das fundamentalistische Fehlverständnis der Offenbarung

Wer nach dem Vorbild Jesu und Petri einen See betritt im festen Glauben, dass das Wasser ihn trägt, wenn Gott nur will, der ist ein Idiot, und wer nach dem Vorbild Abrahams [Genesis 22] seinen Sohn schlachten will, überzeugt, dass ihm Gott schon in den Arm fallen wird, oder wer die Vernichtung der Heiden oder der Homosexuellen oder einer anderen Gruppe vorbereitet, weil das doch angeblich im Gesetz so vorgeschrieben sei, der ist ein Verbrecher. Für Idiotien und Verbrechen solcher Art kann man auch nicht Gott oder der Offenbarung oder der Bibel die Verantwortung geben, denn für meine Interpretation der Bibel in Wort und Tat trage ich die Verantwortung selbst.

Der Fundamentalismus leugnet die Notwendigkeit, Offenbarung auszulegen und die dadurch selbstredend entstehende Vielfalt der Auslegungen, die im Lauf der Zeit aber auch in ein und derselben Zeit durch unterschiedliche Perspektiven entstehen als Reaktion auf die jeweiligen gesellschaftlichen und religiösen Herausforderungen. Weil aber die eigene Auslegung nicht als eine unter anderen möglichen Auslegungen verstanden wird, wird sie mit der Aussage der Offenbarung selbst verwechselt. Es scheint, als habe man die Bibel schon verstanden, wenn man an die Erschaffung der Tiere Art für Art, an die Sintflut, an die Spaltung des Meeres, an die Vernichtung der Baalspriester, an die Brotvermehrung und an die Himmelfahrt Jesu „glaubt“, und als sei es schon Glaubensverweigerung, Gott nicht zuzutrauen, solche Ereignisse zu bewirken. Dem Fundamentalisten fällt gar nicht auf, dass er damit festgelegt hat, welche Allmachtsproben Gott abzulegen hat, um für ihn, einen Menschen, als Gott durchzugehen. Auch diese Logik ist merkwürdig: Das Wunder beweist die Göttlichkeit Gottes und die Berechtigung des Glaubens. Aber von diesem Wunder berichtet nur die Bibel – keine andere historische Quelle. Der Bibel muss man also glauben, sodass der Glaube zum Beweis für den Glauben werden soll.

Richtig ist: Die Suche nach Fakten, die Nutzung der Texte als historische Quellen ist ein Interpretationsansatz biblischer Schriften, und man kann leicht aus der Bibel ableiten, dass dieser Interpretationsansatz an den meisten Texten scheitert. Die Bibel ist eine gute Quelle für das Denken des historischen Paulus, für die Ereignisse der Makkabäerzeit, der Zeit des babylonischen Exils: In diesen Epochen passen auch die Texte der Bibel gut zu außerbiblischen Quellen und archäologischen Funden. Über die Urgeschichte, die Abrahamszeit, die Moseszeit, die Davidszeit gibt es in der Bibel keine Dokumente, die man datieren und ohne begründete Zweifel in den Ablauf der Profangeschichte integrieren könnte; aus dem Leben Jesu ist einzig die Hinrichtung mit einiger Plausibilität datierbar: Auf den 7. April 30.

Ziel und Zweck der Offenbarung

Sinn und Zweck seiner Botschaft hat Jesus in einen kurzen Ruf gekleidet:

Zitat
Kehrt um! Das Himmelreich ist nah!


Aufgabe
Suche Dir auf einem Platz einen bestimmten Punkt aus, um dich dahinzustellen. Dreh Dich in eine bestimmte Richtung. Dann gehe geradeaus, bis es nicht mehr sinnvoll ist, weiterzugehen, weil du vor eine Wand gelaufen bist, vor einem Blumenbeet stehst und dir beim Weitergehen die Schuhe schmutzig machen würdest oder an eine andere Grenze geraten bist. Dann drehe dich um und gehe zu deinem Ausgangspunkt zurück! 
An welche Situationen erinnert dich diese "Umkehr"?

Wer seine Richtung stur, beibehält kommt irgendwann an eine Grenze, wo es nicht mehr geradeaus weitergeht, wo die Sackgasse zuende ist. Dann bleibt nichts anderes übrig als umzukehren. Angenehmer ist es, auf einen Rat zu hören, ein Hinweisschild zu beachte und die Sackgasse erst gar nicht zu betreten, rechtzeitig nach einem besseren Weg zu suchen.

Menschen arbeiten bis zum Umfallen, trinken bis der Arzt kommt, verstricken sich in die Machenschaften krimineller Banden, sie ignorieren wichtige Tatsachen des Lebens. Menschen halten sich für unbesiegbar, für ewig, sie glauben, ohne die anderen ginge alles besser, Arroganz und Feindseligkeit seien gute Methoden, Wünsche erfüllt zu bekommen.

Offenbarung ist geeignet, den Marsch in die Sackgassen solcher Grundhaltungen zu stoppen, Umkehr anzustoßen, das Leben auf die Wahrheit zu gründen und dadurch frei zu werden.

Offenbarung ist nicht dazu da, durch Verweis auf entsprechende Zitate Recht zu behalten, um nichts verändern zu müssen.