Katholische Religionslehre/Geist und Katholische Religionslehre/Gottesbeweis: Unterschied zwischen den Seiten

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{{ZBK}}
{{ZBK}}
== Intelligenz kann nicht künstlich hergestellt werden ==


== Was ist ein Beweis? ==


=== Was Maschinen können und was nicht ===
=== Mathematische Beweise ===
Am besten nehmen wir ein Beispiel, den Beweis des {{wpd|Euklid}} für die Unendlichkeit der Reihe der Primzahlen.


Vor 20 Jahren schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, wann die künstliche Intelligenz in der Lage sein würde, den Menschen so weit nachzuahmen, dass er sich von seinen eigenen Produkten nicht mehr würde unterscheiden können. Inzwischen ist es um diesen Forschungszweig ruhiger geworden. Die Erkennung von Schreibmaschinenschrift hat gute Fortschritte gemacht, korrekte Handschrift wird vom Computer zu 95 % erkannt, besser ist es, man lernt eine Schrift wie Grafity, die auf Erkennbarkeit ausgelegt ist. Die Spracherkennung hat die Marke 80-prozentiger und 90-prozentiger Erkennungsgenauigkeit übertroffen, aber bei der 95-prozentigen Genauigkeit gibt es anscheinend eine schwer überwindliche Grenze. Wollte man weiterkommen, müsste die Maschine den Menschen verstehen, und das kann sie nicht.
Definition: Eine Primzahl ist eine natürliche Zahl, die nur durch sich oder durch 1 glatt geteilt werden kann. Wenn ich einen Kuchen in 7 Stücke aufschneide, dann können 7 Personen oder eine gerecht bedacht werden, wenn ich ihn in 6 Stücke teile, kann ich auch 2 oder 3 Personen einen gerechten Anteil geben. Deshalb ist 7 eine Primzahl und 6 nicht.


Wo ist das Problem? – Wenn man das so exakt sagen könnte, dann könnte man das Problem beheben. Vielleicht kann man es so ausdrücken:
Wenn wir annehmen, es gebe eine höchste Primzahl, dann gibt es auch eine Liste aller Primzahlen, und ich kann ein Produkt aller Primzahlen bilden. Ich nenne es PP.
Eine Maschine verfügt immer nur über die Informationen, die man ihr einpro¬grammiert hat, oder auf deren Beschaffung man sie programmiert hat.


{{Kasten_gelb|Ein Beispiel: Das Rechtschreibprogramm sucht nicht nach „Fehlern“ in einem Text, sondern es sucht exakt danach, ob die durch Freizeichen abgegrenzten Buchstabenfolgen im Text mit einer der Buchstabenfolgen im Wörterverzeichnis übereinstimmen oder nicht.
Dann gilt: PP-1 und PP+1 können nicht Produkte der Primzahlen sein, die wir schon kennen; sie müssen entweder selber Primzahlen sein oder das Produkt zweier Primzahlen, die in unserer Liste noch nicht vorkommen.


Es ist schon glaubhaft, dass es demnächst Programme gibt, die raffinierter sind, weil sie das Nutzerverhalten schärfer beobachten, verschiedene Informationen zusammenführen und dergleichen; das ändert aber nichts daran, dass es nicht mehr als zwei Informationsquellen gibt: Die Programmroutinen und die Nutzereingaben.}}
Beispiel: Nehmen wir einmal wider besseres Wissen an, die Zahl 13 sei die größte Primzahl. Das Produkt 2*3*5*7*11*13 = 30030 wäre dann das Produkt aller Primzahlen (PP). Doch die beiden Zahlen PP-1 und PP+1 können durch keinen der Primfaktoren von PP geteilt werden, und , in der Tat: 30029 ist eine Primzahl, und 30031 = 59 * 509 ist das Produkt zweier Primzahlen, die größer als 13 sind.


Im Gegensatz dazu weiß ein Mensch stets, wenn auch manchmal grob und unscharf,
Folgerung: Die Vorstellung einer Liste aller Primzahlen ist widersprüchlich; es gibt keine höchste Primzahl.
# was Wissen ist und wozu es gut ist,
# ob er eine bestimmte Sache wissen will,
# viele Dinge, die ihm niemand gesagt oder zu suchen befohlen hat.


Das Problem des „Alltagswissens“ beschäftigt die Erforscher der Künstlichen Intelligenz (KI) mindestens seit Gründung der Firma Cycorp 1994. Das {{wpde|Cyc|Cyc}} - Projekt versucht alles, was Menschen wissen, den Common sense, in Form von 100 Millionen Basisaussagen zur Verfügung zu stellen. Darin ist zum Beispiel enthalten, dass es derselbe elektrische Strom ist, der in der Glühbirne das Licht, im Backofen die Hitze und bei Berührung Strom führender Leiter erhebliche Verletzungen verursacht. Wie auch andere Ansätze der KI-Forschung wird auch das Cyc-Projekt nützliche Anwendungen unterstützen (zum Beispiel bei der Zusammenführung von Datenbanken); aber es zeigt sich – wie so oft – gerade am „Erfolg“ eines Projektes, worin sich der Mensch von der Maschine unterscheidet: Es gelang nicht ein „Format“ von Wissen im Allgemeinen zu definieren, man weiß nicht, in welches „Formular“ man alles und jedes eintragen kann, was sich wissen lässt, und zwar so, dass die Maschine es dann, wenn sie danach sucht, auch sicher findet.
Kommentar: Gedankengänge wie diese beweisen die Leistungsfähigkeit der Mathematik. Die größte bislang gefundene Primzahl ist 2<sup>43112609</sup>  - 1.<ref>Im Internet gibt es eine [http://www.primzahlen.de Seite], die sich der Primzahlforschung widmet.</ref> Und doch wissen wir sicher, dass es noch größere Primzahlen gibt, und diese Gewissheit geht ins Grenzenlose, erreicht also Bereiche der mathematischen "Wirklichkeit", in denen wir nicht "nachsehen" können, ob unsere Aussagen richtig sind.


Eine kleine tabellarische Aufstellung benennt, worin heute Maschinen den (meisten) Menschen überlegen sind und umgekehrt:
Die großartigste Leistung der Mathematik liegt aber darin, dass sie ihre eigene Unvollständigkeit beweisen kann, und der Entdecker dieser Tatsache, Kurt Gödel (siehe unten), argumentiert in einer nachgelassenen Schrift, die Überzeugung, dass es Gott gibt, sei ähnlich zuverlässig ist wie ein mathematischer Beweis.


{|border="2" cellspacing="5" cellpadding="4" style="background:#DDDDDD;"
=== Wissenschaft als Dialog mit der Natur ===
! Was Maschinen besser können
! Was der Mensch besser kann
|-
| Schach spielen
| Fußball spielen
|-
| Integrale berechnen
| Sich mit Gesten verständigen
|-
| Daten wiederfinden
| Gesichter erkennen
|-
| Unbestechliche Kontrolle
| Sprache verstehen
|-
| Komplizierte Entscheidungen
| Gehörtes Verstehen
|-
| Arbeiten in lebensfeindlicher Umgebung
| Auto fahren
|}


Zwei gemeinsame Prinzipien dieser Gegenüberstellung seien benannt:
Infolge der Veröffentlichung des {{wpd|Tractatus_logico_philosophicus}} des jungen {{wpd|Ludwig_Wittgenstein}} (1889-1951) versuchte insbesondere der {{wpd|Wiener Kreis}}, endgültig wissenschaftliche Aussagen von "{{wpd|Metaphysik}}" abzugrenzen, der man jeden Sinn absprach. So lautet der berühmte Schlusssatz des ''Tractatus'':
# Der Mensch ist eine Einheit aus Körper und – ich sage das als Zugeständnis: – „Informationsverarbeitung“, die Maschine nicht. Für das Programm eines Computers ist es vollkommen egal, in welcher Form es physikalisch gespeichert ist, letztlich ist es für ein CAD Programm sogar gleichgültig, ob damit beispielsweise ein Roboter gesteuert wird, der wirklich Autos zusammenschweißt, oder ob das Programm nur am Bildschirm gestestet wird.
{{Zitat|Wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.|}}
# Auch diejenigen Leistungen, die die Überlegenheit der Maschine zu zeigen scheinen, werden in unserem Gehirn „locker“ erbracht: Wir können ganz gut abschätzen, wie weit eine Bocciakugel fliegen wird, die wir werfen, ob wir mit unserer Sprungkraft über einen Graben kommen; ich weiß zwar manchmal nicht, wo ich meinen Hut habe, aber ich weiß mit unfehlbarer Gewissheit, dass ich einen gehabt habe, was „Haben“ bedeutet, wozu der Hut gut war, bei welchen Gelegenheiten ich ihn trug …


Es ist eben nur so, dass die Hauptmasse der Berechnungs- und Datenverarbeitungsleistungen des Gehirns dem Ich nicht bewusst werden. Wie viele nützliche Maschinen uns die KI-Forschung auch immer schenken wird, das Ich, die Seele, der Geist des Menschen spielt schlicht in einer anderen Liga, und zwar beginnend  mit den ersten Äußerungen des Foetus und des Babys. Davon im nächsten Kapitel mehr!
Die Sätze des Tractatus fallen unter das Sinnlosigkeitsverdikt, das sie aussprechen; wer den Tractatus gelesen und den Unterschied zwischen sinnlosen und empirisch gehaltvollen Sätzen kennen gelernt hat, ist gleichsam auf einer Leiter aufgestiegen, die hernach keinen Nutzen mehr hat, weil der Aufgestiegene sich nur noch mit gehaltvollen Sätzen befassen wird, zu denen die des Tractatus nicht gehören.  


=== Zur Vorgeschichte der KI ===
Die Naturwissenschaften sind in der Erforschung ihrer Gegenstände ohne Zweifel sehr erfolgreich, und ihre Ergebnisse lassen sich in vielen Fällen technisch nutzen, so dass der Erfolg der Naturwissenschaften auch denjenigen einleuchtet, die zwar von Chemie, Physik, Biologie oder Informatik wenig verstehen, aber als Nutzer der durch die Wissenschaften ermöglichten Produkte davon profitieren. Der Gedanke liegt nahe, die Naturwissenschaften von allen anderen Forschungen menschlicher Vernunft abzugrenzen und als einzigen sicheren Zugang zur Wirklichkeit auszuzeichnen. Dazu müssen allerdings drei Voraussetzungen erfüllt sein:


„Künstliche Intelligenz“ lässt sich historisch gesehen in eine Reihe stellen von Menschenerklärungsversuchen, die stets etwas mehr versprachen, als sie dann halten konnten: Als im 17. und 18. Jahrhundert die mechanischen Systeme (wie Uhrwerke) perfekter wurden, schrieb {{wpde|Lammetrie|Lammetrie}} (1709-1751) ein Buch über die Menschenmaschine. Der genaiale Mechaniker {{wpde|Jacques de Vaucanson|Jacques de Vaucanson}} schien die Visionen des Maschinenmenschen der Realität nahezubringen.
{{Kasten_blass|<ol>
<li>Zwischen  wissenschaftlichen und anderen Aussagen lässt sich ein Unterschied definieren.
<li>Methoden der Überprüfung wissenschaftlicher Aussagen an der sinnlich wahrnehmbaren Wirklichkeit lassen sich unzweideutig abgrenzen.
<li>Es gibt bei der Unterscheidung zwischen Wissenschaft und unwissenschaftlichem Denken keine Willkür, sondern alle Kriterien stehen logisch miteinander im Zusammenhang und sind plausibel.
</ol>|}}


Als {{wpde|Friedrich Wöhler|Friedrich Wöhler}} 1828 erstmals einen organischen Stoff aus anorganischen Vorstufen synthetisierte, fügte [[Goethe]] in seinen Faust II die Figur des {{wpde|Homunculus|Homunculus}}, des künstlich geschaffenen Menschen, ein, nachdem er bereits in seinem Roman die {{wpde|Wahlverwandschaften|Wahlverwandschaften}} (1809) mit der Chemie als Metapher für menschliches Verhalten gespielt hatte. Zeitlich parallel entstammt {{wpde|Mary Shelley|Mary Shelley}}s Figur {{wpde|Frankenstein (Roman)|Frankenstein}} (1819) einem ähnlichen Denken, bezieht aber neben der Anatomie vor allem die Elektrizität in die Menschen nachahmende Phantasiebildung ein. In unserer Zeit sind es vor allem die Biochemie und die Computersimulation, die das Versprechen auf ein vollständiges Verstehen des „System Mensch“, doch die {{wpde|Künstliche Intelligenz|KI-Forschung}} ist bereits in ein Stadium eingetreten, in welchem wir des grundsätzlichen Unterschiedes ansichtig werden zwischen Informationsverarbeitung und dem, was ein Geist tut.
Diese Kriterien sind notwendige Voraussetzungen des Szientismus, der nur "Wissenschaft" gelten lassen will; sie sind ohne weiteres erfüllbar, solange es um '''eine''' durch ihre Methoden und ihren Gegenstandsbereich abgegrenzte Wissenschaft geht:


== Neurologie und Anthropologie ==
{{Kasten_blau|Beispiel: Die Chemie benutzt Summenformeln, Strukturformeln und dreidimensionale Modelle der aus "Elementen" zusammengesetzten "Verbindungen" und ihrer "Reaktionen". Eindeutige Vorschriften ermöglichen die "Analyse" der in einer Probe enthaltenen chemischen Substanzen, bekannte Verfahren setzen wohldefinierte Reaktionen in Gang. Chemische Forschung verfeinert die Methoden, findet etwa neue Reaktionswege heraus oder Möglichkeiten, noch genauer zu sagen, welche und wieviele Stoffe in einem Gemisch vorhanden sind.|}}


=== Lokalisierung von Gehirnaktivitäten durch bildgebende Verfahren ===
Die Probleme des Szientismus, beginnen dann, wenn '''alle''' Wissenschaften durch eindeutige Abgrenzung von '''allem''' unterschieden werden sollen, was nicht Wissenschaft ist. Es sind vor allem zwei:
<ul>
<li>Thomas Kuhn <ref>r</ref>, Paul Feyerabend <ref>r</ref> und Kurt Hübner <ref>r</ref> haben gezeigt, dass alle vorgeschlagenen szientistischen Kriterien scheitern, wenn sie große Umwälzungen der Wissenschaftsgeschichte rechtfertigen sollen, etwa den Übergang von der aristotelischen Kosmologie und Physik zur kopernikanischen und newtonschen oder den Übergang von der Mechanik, wie Laplace und Hamilton sie beschrieben haben, zu Quantenphysik und Relativitätstheorie.
<li>Rupert Sheldrake hat in seinen Büchern <ref>r</ref> darauf hingewiesen, dass die Wissenschaft ihren Gegenstandsbereich allzu sehr eingegrenzt hat und paranormale Phänomene wie Vorauswissen ebenso voreilig ausschließt wie die Möglichkeit, dass Größen, die man als Naturkonstanten definiert hat - zum Beispiel die Vakuumlichtgeschwindigkeit - vielleicht veränderlich sein könnten.</ul>
Ilya Prigogine hat das Vorgehen der Wissenschaften als ''Dialog mit der Natur'' bezeichnet.<ref>r</ref> Wir stellen aus unseren theoretischen Überlegungen heraus Fragen an die Natur und versuchen anhand der Resultate unserer Untersuchungen nicht nur Antworten auf die gestellten Fragen zu finden, sondern auch bessere Fragen zu stellen. Methodologische oder theoretische Vorfestlegungen können einem richtigen Instinkt folgen und zu hartnäckiger Forschung inspirieren, die sich letztlich als erfolgreich erweist, wie Einsteins allgemeine Relativitätstheorie, die entwickelt wurde, bevor es empirische Hinweise für sie gab. Vorfestlegungen können sich aber auch als hinhaltender Widerstand gegen die richtige Idee erweisen; auch dafür ist Einstein ein Beispiel, der
20 Jahre lang die empirische und theoretische Evidenz nicht wahrhaben wollte, die für die Quantenmechanik sprach.


Biologie und Medizin versuchen seit langem den '''materiellen Strukturen des menschlichen Gehirns''' die '''Leistungen des menschlichen Geistes''' zuzuordnen. Naheliegend ist es zu beobachten, welche geistigen Leistungen ausfallen, wenn bestimmte Areale des Gehirns durch einen Gehirnschlag oder einen Tumor geschädigt sind. So weiß man, welche Gebiete des Gehirns damit beschäftigt sind zu sprechen und Sprache zu verstehen. Eine feinere Auflösung wird durch moderne bildgebende Verfahren<ref>
Die heutige Kosmologie beschreibt eine gigantische, aber endliche Welt, die in einem Ausnahmezustand begann und auf einem Ausnahmeplaneten Leben in unglaublicher Vielfalt hervorgebacht hat, darunter einen Beobachter, der aufgrund einer Ausnahmesituation alle Organisationsstufen des Daseins von den Bestandteilen der Atome bis zu den Galaxienhaufen und den gewaltigen intergalaktischen Räumen mit seinen Sinnen und Theorien erforschen kann.  
Die Universität des Saarlandes hat auf ihrer homepage eine gute [http://www.htw-saarland.de/Members/michael.moeller/BMTImgSys/bildgebendeverfahren_tdoh_2008_ohne_video.pdf Übersicht über die bildgebenden Verfahren in der Medizin], aus der man sich vor allem über die technische Seite unterrichten kann.</ref> erreicht, die Gehirnaktivitäten beim lebendigen Menschen in guter räumlicher Zuordnung sichtbar machen können.<ref>Eine [http://neurologie.onlinehome.de/neukurs8.htm Übersicht] von G. Figge unterrichtet über die gängigen neurologischen Untersuchungsmethoden</ref>


Diese Forschungen haben aber niemals Ergebnisse der Art gebracht: „Da ist das Gehirngebiet, in dem alle Gesichter und die zugehörigen Namen abgespeichert sind.“ oder: „In dieser Gehirnregion sind alle Bilder von Möbeln.“ Die Ergebnisse lauten vielmehr: „Wenn der Mensch an Personen, Tiere oder Werkzeuge denkt, sind bestimmte Bereiche des Temporallappens der Großhirnrinde besonders aktiv."
Nach einem Grund der Welt insgesamt und ihres nach dem Grund fragenden Bewohners zu fragen, richtet sich nicht gegen die Wissenschaften, sondern ist eine Folge, dass der Mensch nicht nur weiß, sondern sein Wissen auch bestaunt; dass ihn nicht nur die Einzelheiten interessieren, sondern auch das Ganze, das den Wissenschaften in Tausende Detailkenntnisse zu zerfallen droht. Das ist der Preis ihrer Erfolge, aber nicht die Grenze menschlicher Wahrheitssuche.
Wenn man daraus ohne weiteres schließt, dass die Gedanken an Personen, Tiere oder Werkzeuge an dieser Stelle „gedacht werden“, könnte man aber ziemlich falsch liegen. Mit einem Gedankenexperiment möchte ich das verdeutlichen:


{{Kasten_blau|Gedankenexperiment: Ein Geheimdienst möchte gerne bestimmte Daten eines Computers stehlen, kann aber das ganze Gerät nicht mitnehmen, und man möchte herausfinden, in welchem Speicherbereich sich die Daten befinden. Man stellt fest, dass in einem USB-Stick Aktivität festzustellen ist, wenn die gesuchten Daten abgerufen werden; zur Sicherheit wird noch getestet, was passiert, wenn man den Stick entfernt, und siehe da: Die Daten sind weg. Schön, dass man nur das kleine Teil mitzunehmen braucht. Bei der Analyse zu Hause stellt man allerdings fest, dass auf dem Stick nur der Passwortmanager gespeichert ist, der bei Aufruf der geschützten Daten das Passwort liefern muss. Die Daten selbst befinden sich auf einem anderen Träger.  
=== Beweise nach juristischem Vorbild ===
Vor Gericht gelten Zeugenaussagen und Indizien.  


Aus der bloßen Feststellung von „Aktivität“ (Stromverbrauch im Falle eines Computers, Sauerstoffverbrauch im Falle der Gehirn-Untersuchung) kann durchaus nicht geschlossen werden, '''welcher Beitrag zur Informationsverarbeitung''' am Ort der Aktivität geleistet wird, solange man das System insgesamt nicht versteht.
Da Indizien mehr oder weniger wissenschaftlich fundierte Beobachtungsaussagen sind, haben wir damit in der Gottesfrage ähnliche Schwierigkeiten wie mit wissenschaftlichen Erkenntnissen überhaupt.  
}}


Was wir nach langen Jahren der Forschung von der Arbeitsweise des Gehirns wissen, hat tendenziell immer weiter weggeführt von unserer Selbstwahrnehmung.
Zeugenaussagen für die Existenz Gottes gibt es genug: Amos, Jesaia, Jeremia, Paulus und viele andere Propheten haben in historisch belastbaren Quellenschriften zu Protokoll gegeben, dass sie Gott begegnet sind.


{{Kasten_gelb|Beispiel: Es gibt die Krankheit der Aphasie; unter der Menschen leiden, die zwar der Melodie gesprochener Sprache entnehmen können, welche Emotionen der Sprecher ausdrückt, aber sie können Sprache nicht hinsichtlich ihrer Wortbedeutungen und Grammatik analysieren. Im normalen Gespräch fallen solche Leute kaum auf, weil sie auf unsere emotional getönte Sprache meist sinnvoll reagieren. Gegenüber einer gleichförmig vorgetragenen Computerstimme sind sie machtlos. Die gegenteilige Entsprechung, Agnosie genannt - der Verlust der Fähigkeitdie Tonmelodie wahrzunehmen bei Erhalt der Fähigkeit, den grammatischen und lexikalischen Sinn des Gesprochenen zu verstehen -, ist viel seltener. Für beide Fähigkeiten sind weit voneinander entfernte Areale des Gehirns zuständig, denn sonst könnte ja nicht eine der Fähigkeiten durch Gehirnschädigung ausfallen und die andere erhalten bleiben.
Aber vor Gericht muss auch geprüft werden, ob eine Zeugenaussage glaubwürdig ist. Wer aber die Glaubwürdigkeit der Propheten anzuerkennen bereit ist, der ist in der Gottesfrage schon positiv entschieden und benötigt keinen Beweis mehr.  


Das ist nun der entscheidende Punkt: In unserer normalen Redepraxis war uns nie aufgefallen, dass das Erkennen von Grammatik und Wörtern eine ganz andere Leistung ist als das Erkennen der Sprachmelodie und ihrer Gefühlstönung. Wir sprechen einfach und verstehen, was gesagt wird, und zu Bewusstsein kommen uns nur diese Inhalte.
Aber vor Gericht ist auch noch ein anderer Punkt entscheidend: Die Frage der '''Beweislast'''. Das Recht arbeitet mit Vermutungen, zum Beispiel mit der Unschuldsvermutung, die denjenigen, der jemandem eine Straftat vorwirft, zum Beweis verpflichtet, während der Verteidiger des Verdächtigen die Unschuld nicht beweisen muss.
}}


{{Kasten_gelb|Beispiel: Jeder und jede hat wohl schon die '''Erfahrung des Trainings''' gemacht, etwa beim Erlernen des Autofahrens. Während man anfangs sehr bewusst den Fuß auf Gas und Kupplung führen muss und häufiger durch falsche Abstimmung den Motor abwürgt, geht einem der richtige Bewegungsablauf im Laufe des Trainings ''in Fleich und Blut über'', wie der Volksmund sehr treffend sagt. Autofahrer, die schon ein paar tausend Kilometer gefahren sind, brauchen nicht mehr darüber nachzudenken, wie sie die Füße bewegen müssen, um anzufahren.}}
Wer stellt in der Gottesfrage die weitergehende - die beweispflichtige - Behauptung auf? – Zunächst scheint es der zu sein, der behauptet: „Es gibt Gott.“ Wenn man aber untersucht, was die gegenteilige Behauptung bedeutet, „es gibt keinen Gott,“ dann erkennt man, dass sie viel weiter reicht: Denn da wird ja behauptet, dass es keine übernatürlichen Ursachen geben kann, dass demnach alles nach Naturgesetzen geschieht und deshalb auch naturwissenschaftlicher Erkenntnis zugänglich ist.  


=== Wie ist das Bewusstsein in der Materie des Gehirns abgebildet? ===
Wenn wir hingegen zugeben, dass es eine übernatürliche Ursache gibt, dann wissen wir zwar, dass das Verursachte einen Sinn hat, aber wir wissen auch, dass wir ihn nur auf eine einzige Weise herausfinden können, indem wir den Verursacher nach dem Sinn fragen.


Diese Frage kann man nicht exakt beantworten, aber meines Erachtens nicht deshalb, weil wir noch nicht genug wissen, sondern weil die richtige Antwort allzu exakte Angaben ausschließt.
Die Folgen sind bis in alltägliche Konflikte hinein gravierend: Wer an die Allzuständigkeit der Wissenschaft glaubt, hat eine Vorstellung, dass man alles mit Gewissheit wissen könnte. Dazu allerdings benötigt der Einzelne Fachleute. Wie beispielsweise ein Kranker, der von seinen Ärzten Diagnosen, Pillen, Operationen oder Transplantationen bekommt, deren Wirkung er nicht begreift, von denen also nur der Fachmann weiß, ob es wirklich gut ist oder nicht.
Für einen Gottgläubigen gibt es nur eine Art der Gewissheit: „Sich auf die Zusage einer anderen Person (sei es Gott oder sei es ein Mitmensch) verlassen.“ Er wird dem Arzt nicht vor allem deshalb zuhören und seinen Ratschlägen folgen, weil er Fachmann ist. Er wird in dieser Hinsicht keine Illusionen haben, dass es in medizinischen Fragen Gewissheit gebe. Vielmehr enthält alle menschliche Bemühung ein Irrtumsrisiko, und im Arzt sieht ein Gläubiger nicht zuerst den Fachmann, sondern den Mitmenschen, dem er vertraut, dass er nach bestem Wissen und Gewissen informiert und behandelt.


{{Kasten_blau|Vergleich: Mit dem Gehirn ist es wie mit dem Wetter: Alle {{wpde|Navier-Stokes-Gleichungen|physikalischen Prinzipien}}, die das Verhalten flüssiger und gasförmiger Körper bestimmen, sind wohlbekannt, aber gerade daher wissen wir, dass die Vorhersage des Wetters, abhängig von der Daten- und Wetterlage, mal für drei bis sechs Tage, mal für zehn bis 14 Tage zuverlässig ist und nicht länger.
Gläubige anerkennen also eine Welt der Gewissheit, die mit Forschung und Technik hergestellt wird und die niemals absolut ist, sondern immer nur „statistisch“, und sie Anerkennen eine Welt der Verlässlichkeit, die durch Zusagen und Vertrauen hergestellt wird und die genau in dem Maß gilt, in dem die beteiligten Personen zu ihren Zusagen stehen.


So resultiert aus der Hirnforschung, dass "Gedanken" und "Gefühle", "Aufmerksamkeit" und "Schlafen" im Gehirn repräsentiert sind durch koordinierte Aktivität zahlreicher einzelner Nervenzellen, analog der Bewegung zahlreicher Luftmoleküle, die sich gegenseitig beeinflussen. Gerade darum ist das Verhalten des Gehirns nicht langfristig vorhersagbar.}}
== Etappen der Gottesbeweisfrage ==
=== Xenophon (426-345 v. Chr.) ===
In seinen ''Erinnerungen an Sokrates'' <ref>Xenophon, Erinnerungen an Sokrates, übersetzt von Rudolf Preiswerk, Stuttgart 1980</ref> berichtet Xenophon, dass Sokrates seine Zuhörer davon überzeugt habe, dass die Götter existieren und dem Menschen wohl gesonnen sind. <ref>a.a.O. 4. Buch, 3. Kapitel: Seite 124-129</ref>


Im EEG, das die Aktivität des gesamten Gehirns misst, finden sich charakteristische Wellenmuster. Diese Muster korrespondieren Aussagen wie: „Ich bin hellwach“, „Ich fühle mich schläfrig“,  „Ich bin aufgeregt“. „Ich bin gestresst“.
{{Kasten_blass|Es ist gut für uns, dass am Tag die Sonne scheint, sonst wären wir auch mit Augen wie Blinde. Es ist aber auch gut, dass die Sonne in der Nacht nicht scheint und wir Ruhe und Erholung finden können. Zugleich sorgt die Notbeleuchtung der Sterne und des Mondes dafür, dass wir nicht gänzlich orientierungslos sind. Und der Mond teilt zusätzlich die Zeit in Monate ein.


[[Datei:Befindlichkeiten_sind_im_EEG_zu_sehen.jpg]]
Das Wasser ist notwendig für Wachstum und Gedeihen, und weil es so viele Funktionen hat, ist es so reichlich vorhanden. Und ohne das Feuer wäre unser Leben nicht nur kälter und dunkler, sondern uns fehlten auch die Gerätschaften, die wir uns mit Hilfe des Feuers herstellen.


Auch Gerüche und Entscheidungen konnten mit charakteristischen Wellenmustern identifiziert werden, allerdings nur individuell: Die Forschungsergebnisse an einer Person sind also nicht auf eine andere übertragbar; die Methode eignet sich nicht zum Lesen unbekannter Gedanken unbekannter Menschen.
Die Pflanzen ernähren uns. Sie ernähren auch die Tiere, aber dadurch geht uns nichts ab, denn wir sind in der Lage, die Tiere zu zähmen und ihre Kraft für unsere Zwecke einzusetzen und uns von Milch und Fleisch zu ernähren.


{{Kasten_gelb|Beispiel: Sehr viel Wirbel erregte das {{wpde|Libet-Experiment|Libet-Experiment}}, vor allem, weil es entgegen den Intentionen von Benjamin Libet als Test der Willensfreiheit gedeutet wurde.
Auch wir selbst sind uns geschenkt, beschenkt mit Sinnen, die die Natur wahrnehmen, und mit Empfindungen, durch die wir uns freuen können; wir sind begabt mit Verstand, der das Gute suchen und das Böse vermeiden kann.


Libet bat seine Probanden eine Hand zu bewegen. In einer Versuchsreihe sollten sie das sofort tun, wenn sie den "Drang" dazu verspürten, in einer anderen Reihe sollten sie eine Sekunde mit der Ausführung ihrer Absicht warten. Zugleich sollten sie sich in dem Augenblick, in dem sie den Entschluss fassten, genau die Zeigerstellung einer Uhr merken, die sie ständig sahen.  
Auch dass es für die Vorleistungen der Götter keine angemessenen Gegenleistungen geben kann, sollte uns nicht mutlos machen: Die Götter selbst haben uns geboten, durch welche Handlungen wir ihnen Verehrung ausdrücken sollen, und besseres können wir nicht tun, als den Geboten der Götter zu gehorchen.|}}


Dabei zeigte sich, dass im EEG der Entschluss um 0,2 Sekunden früher nachweisbar war als die Probanden selbst ihren Entschluss bemerkten. Anders gesagt: Die Zeigerkonstellation, die für die Probanden den Zeitpunkt des Entschlusses markierte, lag 0,2 Sekunden später als der Zeitpunkt, an dem im EEG anhand individuell ermittelter charakteristischer Veränderungen bereits erkennbar war, dass sich der Proband zur Armbewegung entschließen würde.}}
{{Kasten_gelb|Der vollständige Gedankengang ist im ZUM Wiki in einer {{pdf|Xenophons_Argument.pdf|sprachlich vereinfachten Version}} verfügbar, die im Unterricht mit verteilten Rollen vorgetragen werden kann.|}}


Wenn man eine physikalische Analogie der Gedanken sucht, dann ist der Begriff des {{wpde|Attraktor|Attraktors}} hilfreich. Attraktoren bilden sich in physikalischen Systemen, die aus sehr vielen Teilen bestehen, die sich gegenseitig beeinflussen. Außerdem handelt es sich um Systeme, die sich dauerhaft im Ungleichgewicht befinden. In einer solchen Ungleichgewichtslage erzeugen die beteiligten Kräfte oft dennoch eine für eine Zeit stabile Erscheinung. Beispiele für Attraktoren sind Wolken, Tiefdruckgebiete, Strudel im Fluss, Kerzenflammen, Protonen, Atome, Galaxien.  
{{wpd|Thomas_von_Aquin}} (1224-1275) hat das Argument in überarbeiteter Form in seine {{wpd|Summa_theologica}} einbezogen, indem er es philosophisch zuspitzt und mit dem theologischen Motiv der ''Spuren der Dreieinigkeit'' (Vestigia Trinitatis) verbindet. Denn dass das Verhalten der Dinge Regeln zu folgen scheint, wird als Spur des Logos Gottes gedeutet; dass die Dinge für etwas gut sind, gilt als die Spur des Heiligen Geistes und die Existenz der Natur als Spur des Vaters.


Lebewesen befinden sich ebenfalls in einem chemisch-physikalischen Ungleichgewicht, man spricht von einem {{wpde|Fließgleichgewicht|Fließgleichgewicht}} (steady-state). Die Stabilität lebendiger Materie und ihrer Formen besteht ja nicht in ihren materiellen Bestandteilen, sondern in der Kontinuität charakteristischer biochemischer Prozesse. Man kann also auch von Attraktoren sprechen, wenn das Wachstum von Organismen immer wieder charakteristische Formen, nie aber exakte Kopien hervorbringt.  
{{Zitat|Ein Weg, sich über die Existenz Gottes Klarheit zu verschaffen, geht aus von der Steuerung der Dinge.


In diesem Sinne sind auch "Gedanken", "Gefühle" und "Entscheidungen" physikalisch gesehen Attraktoren in der koordinierten Aktivität von Milliarden Nervenzellen - und eben darum individuell und nicht längerfristig (was im Gehirn schon mit 2 Sekunden anfängt) vorhersagbar.
Wir sehen nämlich, dass einige Dinge, die kein Denkvermögen haben, gemeint sind Naturkörper, sich auf ein Ziel hin bewegen.  


=== Anthropologische Folgerungen ===
Das ist offenbar, wenn sie sich immer oder wenigstens überwiegend auf dieselbe Weise verhalten, so als folgten sie einer Regel mit dem jeweils bestmöglichen Ergebnis.


Die vorangegangenen Überlegungen können selbstverständlich nur einen allerersten Einblick geben in Forschungsgebiete, die sich schon deshalb einer zusammenfassenden Darstellung sperren, weil die Forschung ständig weitergeht – und zwar mit Bahn brechenden Entdeckungen und Paradigmenwechseln. Gleichwohl können die folgenden – für eine theologische Anthropologie relevanten – Aussagen mit guten Gründen formuliert werden.
Wegen der Verlässlichkeit dieses Zusammenhangs ist klar, dass sie nicht von Fall zu Fall, sondern aus klarer Absicht zum Ziel kommen.  


{{Kasten_blass|
Darum aber, weil sie selbst kein Denkvermögen haben, streben die Dinge nur deshalb auf ein Ziel zu, weil sie gelenkt werden von einem Wesen, das zum Denken und zur Einsicht befähigt ist. Ähnlich wird ja auch ein Pfeil von einem Bogenschützen ins Ziel gelenkt.
# Die Prozesse in unserem Gehirn, die uns als Gedanken bewusst werden, sind nicht im physikalischen Sinne determiniert. Wir erleben uns auch so, dass es keine zwingenden Übergänge von einem Gedanken zum nächsten, von einem Entschluss zum nächsten gibt.
# Attraktoren sind aber voneinander eindeutig unterscheidbare Zustände; das entspricht unserem Erleben: Wir können den Gedanken an einen Stuhl von dem Gedanken an einen Tisch und auch noch sehr viel feinere Abstufungen absolut unterscheiden.
# Auf die Frage nach der Ursache unserer Gedanken könnten wir einfach nur antworten: Es gibt keine Ursache. Es ist wie mit dem Wetter: Es gibt physikalische Prinzipien und Umgebungsbedingungen, aber welche Attraktoren jeweils die Oberhand gewinnen, bleibt dem Zufall überlassen.
# Aber wir erleben es anders. Ich kenne das schon, dass ich meine Gedanken frei schweifen lasse und darauf warte, was mir einfällt. Aber ich kenne auch das: Ich nehme mich zusammen und richte meine Aufmerksamkeit auf einen Punkt, ich suche gezielt nach der Lösung einer bestimmten Frage. Das ist ja die eigentliche Tätigkeit des Bewusstseins, des „Ich“.
# An dieser Stelle muss die Physik passen. Eine Ursache, die die Zufallsbewegung von Milliarden Einzelteilen lenkt, die Attraktoren eine bestimmte Richtung vorgibt, ist in der Physik nicht vorgesehen.
# Das begrenzt auch die Möglichkeit künstlicher Herstellung von Intelligenz. Auch dazu ein Gedankenexperiment: Forscher konstruieren eine Art neuronales Netz  und überlassen dessen Aktivität dem Zufall. Wenn dieses neuronale Netzwerk auf einmal „intelligente“ Aktivitäten zeigen würde, beispielsweise sich bei seinen Programmierern für seine Existenz bedanken, wüssten wir nicht, wie es dahin gelangt ist. Die Theorie, eine „Seele“ habe von dem neuronalen Netz Besitz ergriffen, wäre plausibler als die Erklärung zielstrebigen Verhaltens durch Zufall (der nun mal der Inbegriff der Negation von Zielstrebigkeit ist).
}}
{{Zitat|Die Kirche lehrt:<ref>Auszüge aus dem [http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_INDEX.HTM Katechismus der katholischen Kirche] (ab jetzt: KKK)</ref>
382 Der Mensch ist in Leib und Seele einer [GS 14,1]. Die Glaubenslehre sagt, dass die geistige, unsterbliche Seele unmittelbar von Gott erschaffen ist.


357 Weil er nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, hat der Mensch die Würde, Person zu sein; er ist nicht bloß etwas, sondern jemand. Er ist imstande, sich zu erkennen, über sich Herr zu sein, sich in Freiheit hinzugeben und in Gemeinschaft mit anderen Personen zu treten, und er ist aus Gnade zu einem Bund mit seinem Schöpfer berufen, um diesem eine Antwort des Glaubens und der Liebe zu geben, die niemand anderer an seiner Stelle geben kann.
Demnach gibt es etwas Einsichtsfähiges, von dem alle Dinge der Natur hingeordnet werden auf ein Ziel.


1730 Gott hat den Menschen als vernunftbegabtes Wesen erschaffen und ihm die Würde einer Person verliehen, die aus eigenem Antrieb handelt und über ihre Handlungen Herr ist. Gott wollte nämlich den Menschen ‚der Macht der eigenen Entscheidung überlassen‘ [Sir 15,14], so dass er von sich aus seinen Schöpfer suche und frei zur vollen und seligen Vollendung gelange, indem er ihm anhängt [GS 17].
Und dieses einsichtige Wesen nennen wir Gott.<ref>Summa theologica q.2, art.3, 5. Weg [http://www.corpusthomisticum.org|Alle Werke des Thomas von Aquin] sind im Internet veröffentlicht.</ref>
Der Mensch ist vernünftig und dadurch das Ebenbild Gottes, geschaffen in Freiheit und Herr seines Tuns. [Irenäus, hær. 4,4,3]
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== Geist ist das Arbeiten mit Sinn. ==
=== Aristoteles (384-322 v. Chr.) ===
Wie alle alltagssprachlichen Begriffe, mit denen der Geist sich auf seine eigene Funktionsweise bezieht, hat auch der Begriff "Sinn" eine metaphorische Vorgeschichte. Die ursprüngliche Bedeutung des altdeutschen Wortes "Sinn" kommt noch in Zusammensetzungen zum Ausdruck wie "Uhrzeigersinn". Gemeint ist die '''Richtung''', in die sich etwas bewegt. "Bedeutung" kommt vom Deuten mit dem Finger, zu dem das Baby eines seiner ersten Wörter sagt: "Da".  
[[Aristoteles]] war der Forscher unter den griechischen Philosophen. Als Beispiel kann man einen Vergleich heranziehen: Während Plato in seiner Schrift ''Der Staat'' aus der Idee der Gerechtigkeit einen idealen Staat entwickelte und in Sizilien mit der Verwirklichung seiner Ideen prompt Schiffbruch erlitt, ließ Aristoteles von seinen Mitarbeiten alle verfügbaren Staatsverfassungen sammeln und verglich sie  miteinander.


Sinn, Bedeutung: Die Begriffe bezeichnen die paradoxe Eigenschaft von Dingen, mehr zu sein, als sie (im physikalischen Sinne) sind: Ein Drucker mag sich über die chemische Zusammensetzung des Schwarz der gedruckten Buchstaben Gedanken machen: Den Leser interessiert, für was sie stehen. Er setzt sie zu Wörtern und Sätzen zusammen, lässt sich zu Emotionen bewegen, findet eine Romanstelle spannend oder eine Nachricht entsetzlich.  
Die Theologie des Aristoteles ist ein Element seiner Physik. Das ist der Versuch, die bekannten Beobachtungen und die schon vorhandenen Theorieerfahrungen zu einem Gesamtbild des Kosmos zusammenzustellen. Dazu gehört die Auffassung, dass es vier Elemente gebe, denen ihr natürlicher Ort zugeordnet werden könne - Erde und Wasser gehören nach "unten" (Richtung Erdmittelpunkt); Feuer und Luft gehören nach "oben" (Richtung Himmel) -. Die Sterne hingegen bestehen aus einer fünften Materie (der Quintessenz), von der wir nichts wissen.


Auch die Dinge in unserer Umgebung nehmen wir nicht einfach deshalb wahr, weil sie eben da sind, sondern weil sie uns etwas bedeuten, weil wir sie erkennen wollen um unsere Ziele erreichen, unsere Aufgaben erledigen zu können.
Der eigentliche Gottesbeweis<ref name="Aristoteles_Gottesbeweis">Der Gedankengang ist in der [http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Aristoteles&oldid=69514987#Theologie Wikipedia] gut zusammengefasst.</ref> im achten Buch der Physik und im zwölften Buch der Metaphysik geht aus von einer Analyse der "Bewegung" ("Kinesis" - Hans Wagner übersetzt "Prozess"). Aristoteles versteht darunter die Verwirklichung eines Zustandes, der zuvor nur möglich war. Wenn er dann zeigt, dass es unmöglich nur Bewegliches geben kann, sondern auch etwas, das bewegt, ohne sich selbst zu bewegen, einen unbewegten Beweger, dann hat Aristoteles die Fixsternsphäre im Blick, deren vollkommene Kreisbewegung ihn auf eine Ursache schließen lässt, die dadurch bewegt, dass sie geliebt wird.


Thomas von Aquino hat sich mit diesem Beweis in seinem Kommentar zur Physik des Aristoteles sehr gründlich beschäftigt;<ref>Das ''Corpus Thomisticum'' ist in lateinischer Sprache im Internet veröffentlicht, hier der [http://www.corpusthomisticum.org/cpy07.html Kommentar zur Physik des Aristoteles, Bücher 7 und 8]</ref> leider wird meist nur die knappe Zusammenfassung in der ''Summa Theologiae'' berücksichtigt. Damit spart man sich aber nur scheinbar Lesezeit, denn um die vorausliegenden Definitionen und Folgerungen des Argumentes kennen zu lernen, sind ausgedehnte Studien der gesamten Summa nötig.


=== An ihren Fehlern sollt ihr sie erkennen! ===
Die aristotelische Kosmologie war für 1800 Jahre maßgeblich. Das christliche Mittelalter arbeitete an dem Problem, die Beweise des Aristoteles mit den Dogmen der Kirche in Einklang zu bringen. Zum Beispiel ließ sich die Annahme, der Kosmos sei im großen und ganzen unveränderlich und ewig, nicht mit dem Dogma der Schöpfung der Welt durch Gott vereinbaren. Deshalb überwand die mttelalterliche Theologie und Philosophie schrittweise die aristotelische Kosmologie, etwa, als [http://www.bbkl.de/j/Johannes_bur.shtml Johannes Buridanus] (1300-1358) den aristotelischen Bewegungsbegriff durch das Trägheitsprinzip in Frage stellte oder als {{wpde|Nikolaus Kopernikus|Nikolaus Kopernikus}} (1473-1543) anstelle der Erde die Sonne im Mittelpunkt des Universums sah und {{wpde|Johannes Kepler|Johannes Kepler}} (1571-1630) entdeckte, dass sich die Sterne nicht auf Kreisbahnen, sondern auf Ellipsen bewegen. Schließlich löste {{wpde|Isaac Newton|Isaac Newton}} (1642-1727) die aristotelische Physik durch die klassische Mechanik ab.


[[Datei:Rote_Kugeln.jpg]]
Mit der Ablösung der aristotelischen Kosmologie und Physik durch die newtonsche ist dem Bewegungsbeweis mindestens das anschauliche Demonstrationsobjekt abhanden gekommen. Die Frage nach einem weltbildunabhängigen Element der aristotelischen Theologie wird, wie nicht anders zu erwarten, heftig und kontrovers diskutiert. Der folgende Gedankengang ist ein Vorschlag. Aber selbstverständlich könnte man es auch ganz anders machen:


Man weiß ja, worauf es hinausläuft, und wenn man nachmisst, wird es bestätigt: Die beiden roten Kugeln sind exakt gleich groß. Und doch '''sieht''' man es nicht so: Denn unser Verstand unterstellt eine dreidimensionale Realität; er unterscheidet relative und absolute Größen und ermittelt seine Abschätzungen durch Vergleich mit der Umgebung. Also nehmen wir auf der linken Seite eine Situation an, die uns näher liegt als die auf der rechten, und darum halten wir die linke rote Kugel für kleiner und die rechte für größer, weil sie trotz angenommener weiterer Entfernung gleich groß aussieht.
{{Kasten_blass|Gegeben ist ein Prozess, eine Bewegung, ein Sachverhalt. Dieser trägt seine Ursache entweder in sich selbst, sodass dieser Sachverhalt in jeder denkbaren Welt unvermeidlich ist, oder er braucht eine äußere Ursache, sodass wir ihn nicht in jeder denkbaren Welt immer, sondern nur unter bestimmten Bedingungen (hervorgerufen durch die geeigneten Ursachen) antreffen, oder es lassen sich für ihn in keiner denkbaren Welt die notwendigen Ursachen auftreiben, sodass wir ihn in keiner möglichen Welt überhaupt je antreffen.


[[Datei:Farbenspiel.jpg]]
Wir wollen Sachverhalte, die man gelegentlich antreffen kann, "kontingent" nennen und ihnen eine Wahrscheinlichkeit größer als „0“ und kleiner als „1“ zuordnen, die in jeder denkbaren Welt unvermeidlich anzutreffenden Sachverhalte nennen wir "notwendig" und ordnen eine „1“ zu, und den "unmöglichen" Sachverhalten, die in keiner denkbaren Welt vorkommen, eine „0“.
Wer nach Gott fragt, sollte ihn als etwas Notwendiges begreifen, dessen Wahrscheinlichkeit 1 ist, der also zu jeder denkbaren Welt als notwendiger Ursprung dazugehört.
Wenn es so etwas nicht gäbe, dann würde jeder Sachverhalt durch eine unendliche Kette von Ursachen hervorgebracht, da jede Ursache, deren Wahrscheinlichkeit von 1 verschieden ist, ihre Existenz nicht sich selbst, sondern außerhalb von ihr liegenden Bedingungen verdankt, also eine Ursache braucht, die wieder eine Ursache braucht, und so weiter ohne Anfang der Kette.


Auch können wir uns wider besseres Wissen nicht enthalten, das Türkis im hellen Feld dunkler wahrzunehmen als das Türkis im dunklen Feld, obgleich es sich um dieselbe Farbe handelt. Die Leistung, die hier getäuscht wird, setzt uns zum Beispiel in Stand, zu unterscheiden, ob unser Nachbar im Urlaub seine Hautfarbe verändert hat, oder ob sich die Lichtverhältnisse verändert haben.
Eine solche unendliche Kette kontingenter Ursachen ist aber nicht denkbar. Denn die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens mehrerer kontingenter Sachverhalte ist das Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten. Ein Produkt aus vielen Zahlen kleiner als 1 unterschreitet aber früher oder später jeden noch so kleinen Unterschied von „0“; also ist das Zusammentreffen unendlich vieler Ursachen in einem beliebigen Sachverhalt unmöglich – im Widerspruch zur Erfahrung, denn wir sind von Sachverhalten umgeben.
Es kann also für jeden Sachverhalt nur eine endliche Kette kontingenter Ursachen geben, insgesamt verursacht durch eine notwendige, über alle Bedingtheit erhabene, nicht wegzudenkende Ursache, die wir „Gott“ nennen dürfen.|}}


{{Kasten_blass|
=== Anselm von Canterbury (1033-1109) ===
Die Eigenschaften der Wahrnehmung (die sie auch täuschbar machen):
Der Prior und Abt {{wpd|Anselm von Canterbury}} hat als Lehrer seiner Brüder ein Programm formuliert: ''Fides Quaerens Intellectum'': Glaube, der Verstehen erstrebt. Was das bedeutet, erkennt man, wenn es mit dem Verstehen nicht klappt, wie Anselm dem Roscelin vorwirft:
#Die Wahrnehmung unterstellt eine dreidimensionale Wirklichkeit
#Sie erstrebt Dingkonstanz, das heißt näherhin
##Raumkonstanz: Der Raum wird bei eigener Bewegung als stehend erlebt.
##Farbkonstanz: Die Farbe des Objektes wird mit der Farbe des Lichtes verrechnet. Z.B: Ich sehe etwas anderes, wenn das Licht gedimmt wird, oder wenn jemand gebräunt aus dem Urlaub kommt, obwohl die objektiv auf der Netzhaut auftreffenden Lichtwellen vielleicht in beiden Fällen dieselbe Frequenz haben.
##Größenkonstanz: Trotz unterschiedlicher Entfernung bleibt die Größe der Dinge gleich.
##Vollständigkeitskonstanz: Auch verdeckte Objekte werden als vollständig angesehen.
##Personenkonstanz: Dieselbe Person wird in unterschiedlichsten Kontexten wiedererkannt.
#Die Wahrnehmung ist holografisch: Einem Objekt - zum Beispiel einem Gesicht - entspricht eine unendliche Menge möglicher Sinneseindrücke aus verschiedenen Perspektiven, in unterschiedlicher Beleuchtung usw..
#Die Wahrnehmung ist dialogisch. (Zwischen unserer Aufmerksamkeit und den wahrgenommenen Objekten entwickelt sich eine Art Dialog, z.B. Im Augenwinkel nehme ich etwas wahr; es könnte ein Vogel sein, der mich interessiert; ich beachte es näher und will genauer wissen was es ist; es stellt sich als ein vom Wind bewegtes Blatt heraus, meine Aufmerksamkeit wendet sich Interessanterem zu.
|}}


[[Datei:Baerhinterbaum.jpg]]
{{Zitat|Wer - etwas aus der Glaubenslehre - versteht, der danke Gott. Wer es aber nicht versteht, der neige sein Haupt zum Verehren, und setze sich nicht Hörner auf, um zu verstoßen <ref>Brief an Roscelin über die Dreifaltigkeit</ref>|}}


Mit dieser Zeichnung kommen wir dem evolutionären Vorteil der Dingkonstanz näher: Obwohl ein Blatt Papier ebenso flach ist wie ein PC-Bildschirm, konstruiert unsere Wahrnehmung ohne Umschweife eine dreidimensionale Szene: Ein Bär, der sich am Baum festhält, von dem aber nur vier Tatzen und die Ohren zu sehen sind. Es ist klar, dass einem Lebewesen die wenigen Andeutungen genügen müssen, um eine Situation einschätzen zu können. Denn wenn hinter dem Baum ein Bär ist, könnte es für eine Flucht reichlich spät sein, wenn man wartet, bis er sich vollständig zeigt und zum Angriff übergeht.
Das [http://www.hs-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost11/Anselmus/ans_prot.html Proslogion] ist ein Gebet, wie der Name es sagt, eine Ansprache an Gott. Das Büchlein ist konzentriertester Ausdruck des Anselmschen Programms. Das erste Kapitel ist ein Gebetstext, der an die herrliche Bestimmung des Menschen erinnert und seinen furchtbaren Sündenfall beklagt, als 2. Kapitel folgt der Gedankengang, der als ''ontologisches Argument'' Geschichte gemacht hat:


=== Freiheit ===
{{Zitat|Von dir (Gott) glauben wir, dass du das bist, über das hinaus etwas Größeres nicht gedacht werden kann (aliquid quo maius cogitari non postest). Existiert nun das nicht, über das Größeres nicht gedacht werden kann, nur weil der Tor sagt: Es ist kein Gott (Psalm 10,4)?
Freiheit ist nicht die Fähigkeit zwischen roten und grünen Drops, also beliebigen Alternativen, wählen zu können (wie einige Experimente suggerieren). Freiheit ist vielmehr die Fähigkeit, sinnvoll zu handeln. Die alternative Erklärung des menschlichen Handelns lautet „Zufall“.  Wir erleben unser Handeln aber als beabsichtigt und nicht als zufällig. Freiheit ist auch nicht der Normalfall, sondern eine Spitzenleistung des menschlichen Geistes.


Der Mensch ist fähig zur Beobachtung und Beurteilung des eigenen Verhaltens (reditio completa in seipsum). Diese Fähigkeit heißt "Gewissen" (conscientia, Syneidesis). Diese Fähigkeit muss gepflegt werden und reifen. Man wird nicht Fünfjährigen ein Küchenmesser geben, Zehnjährige nicht auf der Straße Auto fahren lassen, und man wird Zwanzigjährige nicht ins Bundeskanzleramt wählen. Aber mancher Fünfzigjährige benimmt sich auf der Straße wie ein Halbwüchsiger, weil er eben sein Gewissen als Verkehrteilnehmer nicht weiter entwickelt hat anhand seiner Erfahrungen im Verkehr und seiner Lebenserfahrung insgesamt.
Aber wenn ich doch sage „Etwas, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann,“ so versteht er doch, was ich sage, und was er versteht, ist in seinem Verstand.


{{Zitat|Die Kirche lehrt:<ref>KKK siehe oben!</ref>
Ist es aber nur in seinem Verstand oder auch in der Wirklichkeit?
1733 Je mehr man das Gute tut, desto freier wird man. Wahre Freiheit gibt es nur im Dienst des Guten und der Gerechtigkeit. Die Entscheidung zum Ungehorsam und zum Bösen ist ein Missbrauch der Freiheit und macht zum Sklaven der Sünde.|}}


Das sieht man insbesondere dann, wenn Menschen sich einer an sich guten Sache (Arbeit, Konsum, Spaß, Sexualität, Alkohol oder andere Drogen) in einem solchen Maß hingeben, dass sie die Kontrolle verlieren. Suchtkranke Menschen sind wirklich zum Sklaven ihres Suchtmittels geworden und deshalb ein deutliches Bild dessen, was das Christentum unter "Sünde" versteht.
Wenn es nur in seinem Verstand ist, so könnte man sich doch wenigstens denken, dass es auch wirklich existiert, und das ist größer.


=== Auf ein Ziel hin geschaffen ===
Etwas, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, wenn es nur im Verstand ist, wäre also etwas, über das hinaus Größeres gedacht werden kann, (nämlich dass es auch wirklich existiert), und das kann nicht sein.


Im Sinne des Christentums ist der Mensch auf ein Ziel hin geschaffen. Das Konstruieren von Bedeutungen, von Sinn, die Formulierung und Verwirklichung von Absichten, ist für Christen auch ein Erkennen des Sinnes, für den die Dinge von ihrem Schöpfer gemacht wurden, und eine Nachfolge, ein Gehorsam den Absichten gegenüber, die der Schöpfer mit der Welt von Anfang an verband: Dabe geht es um das "Reich Gottes", und das heißt zweierlei: Glück für jeden einzelnen und Frieden für alle zusammen.
Es muss also etwas existieren, über das hinaus größeres nicht gedacht werden kann, sowohl im Verstand als auch in der Wirklichkeit.|Anselm Proslogion c.2}}


{{Zitat|Die Kirche lehrt:<ref>KKK, siehe oben!</ref>
Kommentar:  
163 Der Glaube lässt uns schon im voraus die Freude und das Licht der beseligenden Gottesschau genießen, die das Ziel unseres irdischen Weges ist. Wir werden dann Gott von Angesicht zu Angesicht  [1 Kor 13,12], wie er ist [1 Joh 3,2], sehen. Der Glaube ist somit schon der Beginn des ewigen Lebens.
# Dieser kurze und einfache Gedankengang ist der meist diskutierte „Gottesbeweis“ überhaupt. Auf welch schmalem Grad sich der Gedankengang bewegt, zeigt sich im Grunde erst im 15. Kapitel des Proslogion, in welchem Anselm beweist, dass „etwas, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann“ größer ist als alles, was gedacht werden kann. Der fiktive Gesprächspartner  könnte jetzt sein allererstes Zugeständnis noch einmal zur Diskussion stellen: Das war doch etwas naiv, dass ich dir zugegeben habe, ich hätte verstanden, was du sagtest: „Etwas über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann.“ Jetzt beweist du mir aber, dass ich dieses etwas gar nicht denken kann, weil es größer ist als alles, was ich denken kann. Wie kann ich etwas „verstehen“, was ich nicht „denken“ kann? – Ich nehme also mein Zugeständnis, ich hätte verstanden, was du sagtest, zurück.
Wir erwarten den Genuss der uns aus Gnade verheißenen Güter. Wenn wir sie im Glauben wie in einem Spiegel betrachten, sind sie uns schon gegenwärtig. [Basilius, Spir. 15,36 Vgl. Thomas v. A., s. th. 2-2,4,1.]
# In diesem Zusammenhang ist der Anfang des Gedankenganges sehr wichtig: Von dir, Gott, glauben wir, dass du etwas bist, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann. Gott ist also nicht etwas, was wir uns ausgedacht haben oder ausdenken könnten, sondern wir sind auf diesen Gedanken nur gekommen, weil er sich uns durch Schöpfung und Offenbarung mitgeteilt hat und wir darauf mit unserem Glauben geantwortet haben. Dann heißt der Beweis in einem Satz zusammengefasst: '''Das gläubige Verstehen Gottes sprengt jedes denkbare System des Denkens.'''
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# Religiös sein, das bedeutet unter Umständen lebenslang auf Sexualität zu verzichten und für seine Überzeugungen mit seinem Leben einzustehen. Es ist deshalb eine ziemlich merkwürdige Erwartung, dass sich ein Mensch auf eine Religion einlässt, weil er einen intelligenten Gedankengang hört oder liest. Auf der anderen Seite wäre es merkwürdig, wenn im Glauben erfasst wird, was wirklich ist, dieser Glaube aber zugleich allem, was wir logisch finden, komplett widerspräche. Diese „Lücke“ schließt das Unum Argumentum, indem es jeden verunsichert, der sich in abgeschlossenen Systemen unter einem leeren Himmel gemütlich einrichten möchte. Dadurch gibt es dem Kraft, der sich auf den Glauben einlässt; aber Glauben bleibt in jeder Hinsicht „gewagt“– als Herausforderung an das Denken und an das Handeln gleichermaßen.


== Lernen ==
=== Johannes Duns Scotus (1275-1309) ===
Der wichtigste Beitrag des christlichen Mittelalters zur Gottesbeweisfrage ist die Abhandlung über das erste Prinzip<ref>Johannes Duns Scotus, Abhandlung über das erste Prinzip, Hrsg, übersetzt und kommentiert von Wolfgang Kluxen, Darmstadt 1974</ref> des [http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Duns_Scotus Johannes Duns Scotus]. Das Werk aus der letzten Lebensphase des Franziskaners, das einen geschlossenen Gedankengang umfasst, besteht aus vier Kapiteln; das erste benennt den Ausgangspunkt des Gedankengangs, die sachlich begründete Ordnung (ordo essentialis) und unterwirft diesen Grundbegriff vier Aufteilungen: Die erste unterscheidet die Ordnung des Vorrangs von der Ordnung der Abhängigkeit; die zweite und dritte Einteilung unterscheiden zwischen dem näher und entfernter Verursachen; die vierte Einteilung unterscheidet in traditioneller Weise Wirk-, Ziel-, Form- und Stoffursache und das entsprechend Verursachte. In den verbleibenden drei Kapiteln werden 46 Sätze (Conclusiones) in zum Teil sehr umfangreichen und komplexen Argumentationen nachgewiesen.


''Lernen'' definierte Konrad Lorenz als ''erfahrungsbedingte Verhaltensändernung''. Nach dieser Definition wäre die Entwicklung einer Drogensucht ebenso "Lernen" wie das Einüben der Mondscheinsonate von Ludwig van Beethoven.  
Entscheidende Wendepunkte der Argumentation sind: Satz 9 aus Kapitel 2: ''Die vier Gattungen von Ursachen sind beim Verursachen desselben wesentlich geordnet.'' Dabei werden Wirk- und Zielursächlchkeit höher eingeordnet als Stoff- und Formursache, sodass bei der Suche nach dem ersten Prinzip nur noch die Wirk- und Zielursächlichkeit berücksichtigt werden muss. Die Zuordnung des Vorranges leistet Satz 16: ''Jedes Zielbestimmte ist ein Übertroffenes.'' Wenn aber alle Gattungen der Ordnung in einer Ordnung zusammenhängen, dann lässt sich nachweisen, was in Satz 15 des dritten Kapitels ausgesprochen wird:
{{Zitat|Einer einzigen und selben, aktuell existierenden Natur wohnt die dreifache Erstheit in der genannten dreifachen wesentlichen Ordnung inne, nämlich der Ordnung der Wirkursächlichkeit, des Zieles und des Vorranges.|}}
Auf dem Höhepunkt des Gedankengangs geht Scotus in das Gebet über:
{{Zitat|Könntest Du meinem kleinen Verstand den Schluss ermöglichen, dass Du unendlich bist und unbegreifbar von einem Endlichen?|}}
In die sehr umfangreiche Argumentation für diesen Satz bezieht Scotus nun auch das Argument des Anselm (fünfter Weg) und den Bewegungsbeweis des Aristoteles (siebter Weg) in überarbeiteter Form ein, sodass seine Abhandlung eine Gesamtdarstellung der zu diesem Thema vorgebrachten Argumentationsstrategien ist.


Das Wort "Lernen" hängt mit einem gotischen Wort zusammen, das "nachspüren" bedeutet; das stammverwandte Wort "Leisten" bezeichnet den aus Holz nachgebildeten Fuß, mithilfe dessen der Schuster einen Schuh anpasst. Es ist also keine richtungslose Verhaltensänderung, sondern eine angestebte, die wir "Lernen" nennen. Dabei gibt es zunächst noch zwei Möglichkeiten: In Elternhaus und Schule sind Lernziele vorgegeben. Das reicht vom Beispiel der Eltern und Lehrer bis zu ausformulierten Curricula und Lehrplänen. Doch von früher Kindheit an ist es schwierig bis unmöglich, dem Kind etwas gegen seinen Willen "beizubringen". Von Erwachsenen erwarten wir, dass sie sich selbst Ziele setzen und ihre Lernfortschritte gestalten.
=== Immanuel Kant (1724-1804) ===
Um gleich eingangs mit zwei Vorurteilen aufzuräumen:<ol>
<li> Immanuel Kant<ref>Ein Teil der Schriften Kants ist im [http://gutenberg.spiegel.de/?id=19&autorid=310 Projekt Gutenberg] veröffentlicht.</ref> war zeitlebens fest davon überzeugt, dass Gott existiert. Vom Anfang bis zum Ende seines Schaffens gibt er dieser Überzeugung Ausdruck.
<li> Es ist keineswegs so, dass Kant die Gotteslehre ausschließlich in der Ethik beheimatet sieht. In der ''Kritik der reinen Vernunft'' werden zwar im Abschnitt über das ''transzendentale Ideal'' der Vernunft traditionelle Gottesbeweise kritisiert, aber im Rahmen der Dialektik, in welchem insgesamt die Unvollständigkeit und Unzulänglichkeit des theoretischen Erkennens Thema ist. </ol>
Die Bedeutung der kantischen Vernunftkritik für die Gottesfrage wird am klarsten in der ''Kritik der Urteilskraft'' dargestellt. Der Gedankengang sei knapp referiert:<ref>Das Referat stützt sich auf die §§75-85 der Kritik der Urteilskraft. Das Buch ist im Projekt Gutenberg erschienen und somit im Internet [http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1370&kapitel=1#gb_found verfügbar].</ref>


{{Kasten_blass|Kant geht aus von der Unterscheidung zwischen bestimmenden und reflektierenden Urteilen. Wir können bestimmen – also auch vor- und zurückberechnen -, wie die Dinge sich verhalten, wenn wir ihren '''Mechanismus''' verstanden haben. Ein Mechanismus lässt sich in mathematischen Gleichungen ausdrücken, man kann ihn zeichnen und wenn man die passenden Materialien zur Hand hat, auch nachbauen. Die mathematische Beschreibung der Himmelsmechanik war der viel bewunderte Erfolg der Epoche Kants, doch bei allem Scharfsinn war es Isaac Newton (1643-1727) nicht gelungen, die Stabilität eines Systems aus mehr als zwei Himmelskörpern nachzuweisen. Deshalb glaubte er, dass Gott persönlich für die Feinjustierung der Umlaufbahnen der Sterne sorgen müsse. Kants Zeitgenosse Pierre Simon de Laplace (1749-1827) erfand neue Näherungsverfahren in den mechanischen Berechnungen und konnte vermeintlich das Mehrkörperproblem beherrschen: ''Wo bleibt denn Gott in ihrer Theorie'', fragte ihn Kaiser Napoleon. ''Diese Hypothese habe ich nicht nötig'', antwortete der Physiker dem erstaunten Herrscher. Erst zweihundert Jahre später stellt sich nun heraus, dass Laplace sich die Sache etwas zu einfach gemacht hatte und in seinen Berechnungen Terme unberücksichtigt ließ, die sich im Laufe langer Zeiträume aufsummieren und für Instabilität im Sonnensystem sorgen. Die Sterne bewegen sich nicht von Ewigkeit zu Ewigkeit auf denselben Bahnen, sondern verändern diese nur sehr, sehr langsam.


Grundlegende Lernziele enthält die nachfolgende Tabelle. Dabei ist in dem "muss" nicht so sehr eine normative Idee ausgedrückt, sondern die Tatsache, dass der Mensch Laufen, Lesen, sich schämen usw. nicht von Geburt an kann.
Die bestimmende Urteilskraft gibt keine vollständige Erkenntnis über alles und jedes. Zum Beispiel ist die bewegende Kraft – im Sonnensystem die Schwerkraft – etwas, das nicht mechanisch gedeutet werden kann. Newton hatte sie für eine direkte göttliche Wirkung gehalten. Auch was die Materie ist und wie die Unterschiede zu Stande kommen zwischen den verschiedenen Chemikalien, zwischen anorganischen und organischen Stoffen, lässt sich durch bestimmende Urteilskraft nicht klären. Wer denkt, das habe sich durch die Fortschritte der physikalischen Chemie seit Kant geändert, übersieht, dass man die Objekte der Quantenmechanik nicht konstruieren kann, diese also nicht im kantischen, sondern nur in einem übertragenen Sinn „mechanisch“ sind. Die Interpretation der Quantenphysik spielt aber für die Interpretation Kants keine Rolle.  


Im Ergebnis müssen wir entweder darauf verzichten, über Dinge zu reden, deren Mechanismus wir nicht verstanden haben, die vielleicht gar keine Mechanismen sind, oder wir müssen ein anderes Urteilsvermögen nutzen: Während die bestimmende Urteilskraft Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge darstellt, untersucht die '''reflektierende Urteilskraft''' Kausalität nach Begriffen. Dass es so etwas gibt, wissen wir aus unserer eigenen Erfahrung: Gleich werde ich frühstücken, und mir ist es dabei wurschtegal, wie es mein Gehirn anstellt einen solchen Vorsatz zu fassen, welche Mechanismen ich in Bewegung setze, um in die Küche zu kommen und alles zu richten; mir geht es nur darum, dass ich mir ein gut belegtes Brötchen einverleiben und eine heiße Tasse Tee dazu trinken kann. Den Begriff „Frühstücken“ verstehe ich durch meine reflektierende Urteilskraft, ohne irgendwelche Mechanismen konstruieren zu können, und wenn ich den Amseln in meinem Garten zusehe, die Raupen aus der Wiese picken, dann glaube ich durch meine reflektierende Urteilskraft in etwa verstehen zu können, was die Vögel da machen, und dass man es mit meinem Frühstück gut vergleichen kann.


[[Datei:Lernenmuessen.jpg|600px]]
Eine Untersuchung meiner Umwelt durch die reflektierende Urteilskraft wird also darauf hinauslaufen, Erscheinungen in der Natur als '''Analogie''' meiner zweckbestimmten Handlungsweise zu erkennen. Darauf beruht die kantische Definition eines Lebewesens, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass in ihm alles Mittel und wechselseitig auch Zweck ist. Kant nimmt durchaus den Gedanken Darwins vorweg, dass alle Lebewesen miteinander natürlicherweise verwandt seien, und er diskutiert sogar, ob nicht die Erde in einem der Kristallisation ähnlichen Vorgang urtümliches Leben spontan hervorgebracht haben könnte. Das ändert aber nichts am Grundsatz: Wir können die Verstehensleistung, die wir durch die reflektierende Urteilskraft erreichen, nicht auf Mechanismen reduzieren, also bleibt die Zweckmäßigkeitsbetrachtung zulässig und notwendig, um das Leben und die Natur insgesamt, in der Leben vorkommt, zu verstehen.


Nachdem er dieses Ergebnis erreicht hat, denkt Kant darüber nach, ob es zulässig ist, aus der Betrachtung der reflektierenden Urteilskraft ein System zu machen, so etwas wie eine Hierarchie der Zwecke zu ermitteln mit einem Endzweck von allem als Ordnung stiftendem Zentrum. Ja, sagt Kant, das ist nicht nur zulässig, sondern es ist sogar unvermeidlich, denn der Ausgangspunkt aller analogen Anwendungen unserer Begriffe im Tier- und Pflanzenreich, ja in der Natur insgesamt, ist unsere Erfahrung Dinge zu begreifen und etwas zu wollen. In uns ist die Kausalität nach Begriffen eine Kausalität durch Freiheit, und wenn irgendetwas, dann kann nur das Endzweck der ganzen Welt sein. Ist aber Kausalität durch Freiheit in der Welt möglich, dann muss man auch die Möglichkeit zugestehen, dass die Welt insgesamt durch Kausalität aus Freiheit hervorgebracht worden ist, und das ist eine Möglichkeit, die ihre Wirklichkeit einschließt. Wenn es sich aber um Frei¬heit handelt, der wir die Existenz der Welt und unsere eigene Existenz verdanken, dann ver¬bietet es sich der Weltursache vorschreiben zu wollen, wie sie zu sein und sich zu benehmen habe. Deshalb kommt Kant zu dem Schluss:|}}


=== Objektive Fähigkeiten ===
{{Zitat|Die teleologische Naturbetrachtung treibt uns zwar an, eine Theologie zu suchen, kann aber selbst keine hervorbringen.|}}


{{wpde|Burrhus_Frederic_Skinner|Skinner}} verstand Lernen als Wirkung von {{wpde|Konditionierung|Konditionierung}}. Belohnung und Bestrafung sollten Tiere und Menschen dazu bewegen, bestimmte Verhaltenweisen zu zeigen oder sie zu meiden.
Damit ist eigentlich auch die Falsifikationsbedingung der Gottesüberzeugung ausgesprochen:


{{Kasten_gelb|Beispiel: Skinner hielt Tauben in weitgehend leeren und sterilen Käfigen. In regelmäßigen Abständen wurden sie mit Futter belohnt. Nach ein paar dutzend Zyklen beobachtete Skinner, dass die Tauben in konstanter Wiederholung eigenartige Bewegungen vollführten - Kopfnicken, Fußscharren, Flügelschlagen - und zwar jede eine andere. Skinner deutete diese Beobachtung so, dass die Tiere gerade im Moment der Futtergabe eine bestimmte Bewegung machten, die sie dann mit dem Futter assoziierten und von da an gezielt ausführten, um wieder Futter zu bekommen. Skinner erklärte mit diesem Mechanismus die Existenz von religiösen Riten, zum Beispiel Regentänzen: Bis es wieder Regen gibt, dauert es eine Weile, ob getanzt wird oder nicht. Da die Menschen aber einmal getanzt haben, als Regen kam, werden sie jetzt immer tanzen, wenn sie auf Regen warten, und sie denken, dass sie tanzen müssen, damit Regen kommt.
{{Kasten_blass|Löst die menschliche Freiheit in einen Mechanismus auf, dann werden wir euch zugeben, dass Freiheit unmöglich und Gott nicht existent ist!|}}


Ein einfaches Experment, das jüngst Peter Brugger durchführte,
=== Kurt Gödel (1906-1978) ===
<ref>[http://www.welt.de/wissenschaft/article5570537/Wie-die-Gehirne-von-Glaeubigen-funktionieren.html Bruggers Experiment]</ref> scheint die Erklärung zu bestätigen: In einem PC-Spiel mussten die Probanden eine Maus in einen Kasten führen: Brauchten sie dafür weniger als 5 Sekunden, schnappte eine Falle zu, brauchten sie länger, gab's Käse zur Belohnung. Nur zwei von 40 Spielern durchschauten den Mechanismus innerhalb von hundert Durchläufen des Experimentes, die anderen glaubten, dass man die Maus auf einem mehr oder weniger komplizierten Weg über den Bildschirm führen müsse, um an den Käse zu kommen.
[http://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_G%C3%B6del Kurt Gödel] formulierte 1931 den Beweis, auf den nun wirklich niemand gewartet hatte:
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{{Kasten_blass|Es gibt unentscheidbare Sätze in allen Axiomensystemen, die reichhaltig genug sind, die natürlichen Zahlen einzuschließen, und deshalb kann auch die Widerspruchsfreiheit solcher Axionmensysteme nicht aus dem System heraus bewiesen werden. Auf den Punkt gebracht: Die Wahrheit reicht - selbst in formalisierten Systemen - weiter als die Beweisbarkeit.|}}
Kurt Gödel hielt die [http://de.wikipedia.org/wiki/Goldbachsche_Vermutung Goldbachsche Vermutung] für das Beispiel eines zwar wahren, aber nicht beweisbaren Satzes der Zahlentheorie. Diese Vermutung besagt, dass jede gerade Zahl als Summe zweier Primzahlen ausgedrückt werden kann: 4=2+2; 6=3+3; 8=3+5; 10=5+5=3+7; usw. In der Tat ist die Goldbachsche Vermutung bis heute nicht bewiesen worden, aber bis 10<sup>18</sup> ist auch noch keine Ausnahme gefunden worden, ja, es zeigt sich, dass größere Zahlen sich wahrscheinlich durch mehr Summen aus verschiedenen Primzahlpaaren darstellen lassen als kleinere. Es gibt also vernünftige Gründe, an die Wahrheit der Goldbachschen Vermutung zu "glauben", auch wenn ein strenger Beweis nicht vorliegt.  


In der Tat erklärt der Ansatz der Konditionierung nicht einmal, dass ein kind laufen lernt. Über das Laufenlernen und den Spracherwerb sollen daher zwei kurze Unterabschnitte unterrichten.
Im Nachlass Gödels fand sich, in der Formalsprache der Mathematik geschrieben, ein Gottesbeweis in verschiedenen Varianten, dessen Ausgangspunkt der Begriff "positive Eigenschaft" ist,<ref>Meine Darstellung stützt sich auf die [http://www.example.com Link-Text Analyse] des Beweises von Andreas Kirchner.</ref> und den ich hier in natürlicher Sprache referiere:
{{Kasten_blass|Jede Eigenschaft ist entweder positiv oder negativ. "Wahrheit" ist zum Beispiel eine positive Eigenschaft, "Lügenhaftigkeit" aber eine negative. Denn man kann sich eine Gruppe vorstellen, in der alle allen ausschließlich die Wahrheit sagen; aber wenn sich alle immer belügen, brauchen sie gar nicht miteinander zu reden, weil ja die Lüge nur effektiv ist, wenn der Empfänger einer Botschaft Wahrhaftigkeit unterstellt.  


====Laufen lernen====
Was eine positive Eigenschaft notwendig enthält, ist selbst eine positive Eigenschaft.
''Wenn ein Kind einmal auf die heiße Herdplatte gefasst hat, macht es das nie wieder.'' Diese Maxime einer etwas herzlosen Erziehung wird zwar häufig herumgereicht; sie ist aber ebenso dümmlich wie die andere: ''Ein Klaps hat noch niemandem geschadet.'' Denn das Belohnungs- und Bestrafungsprinzip kann nicht mal erklären, warum ein Kind laufen lernt, denn die Belohnung dafür ist vorerst gewiss nicht, sich schneller bewegen zu können, und es gibt zahllose Strafreize: Hinfallen, Sich wehtun.


{{Kasten_gelb|Beispiel: Viele Kinder können ja vor dem Laufen schon krabbeln, und sie kommen damit zunächst schneller voran als mit dem noch unsicheren Gehen. Ich habe einmal ein Kind beobachtet, das schnell in der gegenüberliegenden Seite des Zimmers sein wollte (Die Oma gab etwas Leckeres aus, und der ältere Bruder rannte schon hin.), und sich, des Gehens seit wenigen Tagen mächtig, mit unsicheren Schritten auf den Weg. Als es bemerkte, dass das dauerte, ließ es sich auf die Knie fallen und krabbelte mit der doppelten Geschwindigkeit auf sein Ziel los. Trotzdem erhob sich das Kind bei nächster Gelegenheit wieder auf zwei Beine und setzte sein Lauftraining fort.|}}
Göttlichkeit wird nun einem Wesen zugesprochen, das alle positiven Eigenschaften enthält. Daraus folgt, dass Göttlichkeit eine positive Eigenschaft ist.


Das Kind hat offenbar den Willen laufen zu lernen, und der entstammt der Nachahmung. Es sieht seine Eltern und andere Bezugspersonen auf zwei Beinen, es fühlt zu gegebener Zeit in sich die Fähigkeit, es den anderen gleich zu tun, und dann trainiert es, bis das Laufen klappt. Bei Laufen wird das Kind normalerweise nicht durch Entmutigung um den Erfolg seiner Bemühung gebracht. Auch das Sprechen lernen die meisten Kinder - trotz entgegenstehender Erfahrungen. Bei den späteren Lernthemen - Forschen, fremde kulturen verstehen - ist das nicht mehr so selbstverständlich, denn je älter das Kind wird, je anspruchsvoller die Lernthemen werden, desto stärker wird das Lernenwollen durch einer Auseinandersetzung des Ich mit der sozialen Umwelt in eine bestimmte Richtung tendieren, die nicht mehr für alle Kinder dieselbe ist. So ist der Schulerfolg der Zahl der Bücher in der elterlichen Bibliothek proportional: Wenn es keine Anregung gibt, warum soll das Kind dann sein Lesen weiterentwickeln?
Notwendig ist etwas, dessen Gegenteil widersprüchlich ist. So sind positive Eigenschaften mit Notwendigkeit positiv, also ist Notwendigkeit in der Positivität einer Eigenschaft enthalten und somit selbst eine positive Eigenschaft. Da Göttlichkeit alle positiven Eigenschaften umfasst, so auch die der Notwendigkeit.


====Sprechen lernen====
Daraus folgt: Wenn die Existenz eines göttlichen Wesens widerspruchsfrei möglich ist, dann ist sie auch notwendig, dann ist also die Nichtexistenz eines göttlichen Wesens widersprüchlich. Sollten mehrere göttliche Wesen existieren, dann sind sie, da ununterscheidbar, notwendig miteinander identisch.|}}


Spracherwerb umfasst vier Lernvorgänge:<ref>Siehe zum Beispiel die Webseite [http://www.mutterspracherwerb.de/kurzdar1.htm ''Mutterspracherwerb.de''] </ref>
== Gottesbeweis und Theologie ==
#Lautbildung: Das Kind muss aus den vielen Geräuschen seiner Umgebung die Laute der Muttersprache heraushören und üben, diese Laute nachzubilden. Dies ist nicht lebenslang möglich, daher kann man nur im Alter bis zu etwas 5-7 Jahren eine Fremdsprache akzentfrei sprechen lernen.
Die katholische Kirche bekennt sich seit dem {{wpde|Erstes_Vatikanisches_Konzil|Ersten Vatikanischen Konzil}} zu der Aussage:
#Grammatik: Alle gesunden Kinder lernen, alle Funkionen der Grammatik zu gebrauchen. Dabei wird den Kindern zwar "meinem Vater sein Hut" als "Grammatikfehler" in in der Schule angestrichen, aber die Funktion der Besitzanzeige verrichtet "meinem Vater sein Hut" genau so gut wie "meines Vaters Hut". Es sind diese Funktionen der Grammatik - Ich, Du, Objekt, Besitz, vorher, nachher, usw. -, über die alle verfügen, wenn auch manche nicht in hochsprachlicher, sondern zum Beispiel in mundartlicher Form.
{{Zitat|Der Mensch kann Gott, den Ursprung und das Endziel aller Dinge, durch das natürliche Licht seiner Vernunft aus den geschaffenen Dingen mit Gewissheit erkennen. „Denn das Unsichtbare an ihm erschaut der denkende Verstand seit Erschaffung der Welt in seinen Werken." (Röm 1,20) <ref>Der Konzilsbeschluss [http://www.kathpedia.com/index.php/Dei_filius_(Wortlaut)|Dei Filius] - Zitat aus Nr. 11 - ist in deutscher Übersetzung im Internet veröffentlicht.</ref>|}}
#Lexikon: Die Kinder lernen, welche Worte welche Sachen bezeichnen. Dabei gibt es ein soziales Schicksal. Ein Kind, das auf die Frage, "Was ist das?" die Antwort bekommt: "Das ist ein Rotkehlchen, hör mal hin, wie schön es singt!" wird zu einer differenzierteren Sprache angeregt als ein Kind, das gesagt bekommt "Das ist ein Vogel." oder - schlimmer noch -: "Was soll da schon sein, lass mich in Ruh!"
Das ist eine Folgerung aus dem Glauben, dass Gott sowohl den Menschen und seine Vernunft als auch die übrigen Schöpfungswerke ins Sein ruft und im Sein erhält. Würde der Mensch bei unvoreingenommenem Nachdenken zu der Überzeugung gelangen müssen, es hätte nie eine Schöpfung gegeben und die Welt erkläre sich aus sich selbst, dann müsste man annehmen, dass Gott nicht ist oder den Menschen täuscht.
#Pragmatik: Schließlich lernen Kinder, mit ihrer Sprache etwas zu erreichen. Wir können andere mitreißen, sie überreden, sie zum Mitleiden bewegen und vielen andere mit der Sprache tun.


=== Emotionale Intelligenz ===
Das Konzil hat keinen Gottesbeweis präsentiert, aus der zitierten Glaubensüberzeugung folgt streng genommen nicht einmal, dass eines der je vorgeschlagenen Argumente überzeugend ist. Es kann ja sein, dass der Mensch nicht glauben will, und deshalb Gottes Spuren zwanghaft übersieht oder durch seine Rabulistik wegdiskutiert. Das ist einer der Gründe, warum das Konzil es für notwendig erklärt, dass sich Gott dem Menschen auch in der Offenbarung mitteilt:
Der Begriff stammt von Daniel Goleman. <ref>Daniel Goleman: Emotionale Intelligenz, dt. München 1996</ref> Er befasst sich mit folgenden miteinander zusammenhängenden Themen:


{{Zitat|Der göttlichen Offenbarung ist es zu danken, dass im gegenwärtigen Zustand des Menschengeschlechtes auch das, was von göttlichen Dingen der menschlichen Vernunft an sich zugänglich ist, von allen mit Leichtigkeit, mit unerschütterlicher Gewissheit und vollständig irrtumsfrei erkannt werden kann.


[[Datei:Golemans_Themen.jpg]]
Jedoch ist nicht das der Grund, weshalb die 0ffenbarung als unbedingt notwendig bezeichnet werden muss; der Grund liegt vielmehr darin, weil Gott in seiner unendlichen Güte den Menschen zu einem übernatürlichen Ziel bestimmt hat, zur Teilnahme an göttlichen Gütern, die alle Einsicht des menschlichen Geistes völlig übersteigen.<ref>Dei Filius Nr. 12</ref>|}}


====Grundfertigkeiten====
Letztlich geht es um die Wahrheit: Der Glaube identifiziert sie mit Gott und gewinnt einen Anhaltspunkt. Die materielle Wirklichkeit, die wir mit unseren wissenschaftlichen Theorien und Experimenten schrittweise verstehen, steht dann unserer Selbsterkenntnis, in der wir uns mit Kunstwerken und Philosophien, Legenden und Riten gegenseitig zu helfen versuchen, nicht mehr feindselig gegenüber.
{|
| Begriff
| Erklärung
|-
| Achtsamkeit
| Die Fähigkeit, seine eigenen Gefühle zu deuten, zu verstehen und auch auszudrücken
|-
| Empathie
| Die Fähigkeit, die Gefühle anderer zu verstehen und richtig darauf zu reagieren
|-
| Beherrschung
| Die Fähigkeit, sofortige Befriedigung eines Bedürfnisses aufzuschieben um übergeordneter Ziele willen
|-
| Gelassenheit
| Die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen und seine Ängste und Sorgen zu überwinden
|}


====Defizite====
Das wäre aber der Fall, wenn der Mensch mechanistische Konstruktionen, geschlossene Erkenntnissysteme als das einzig Wirkliche hinnehmen müsste. Dann würde sein Selbstbild als freies und nach Sinn suchendes Geschöpf zur Illusion. Gut und Böse, Zurechnung und Verantwortlichkeit, Wahrheit und Lüge würden als Elemente dieser Illusion bedeutungslos, ja die Bedeutung selbst würde sich in Verfahren der Codierung und Umcodierung von Information auflösen. Die Frage nach der "Wahrheit" würde sich dann so stellen: Sind Aussagen in unterschiedlichen Zeichensystemen ineinander überführbar? Kann man gesprochene Sprache in digitalisierten Text auslesen? Kann man DNA-Code der Taxonomie der Lebewesen eindeutig zuordnen? Kann man unsere Gedanken und Wünsche als hirnanatomische Muster wiedererkennen? Und erfassen Umcodierungen dieser Art alles, was es zu erfassen gibt in der Welt und im Menschen?
{|
| Begriff
| Erklärung
|-
| Angst
| Besorgnisse beherrschen mein ganzes Denken, ich bin nicht in der Lage, mich von ihnen zu befreien
|-
| Pessimismus
| Mich quält die Vorstellung, daß alles schlecht ausgeht, ich selbst nichts kann und an allem schuld bin
|-
| Langeweile
| Nichts macht mir Spaß, nichts erfüllt mich, nie habe ich das Gefühl ganz bei mir zu sein.
|-
| Wut
| Bei der kleinsten Erregung brause ich auf und bin unabweislich aufgeregt und feindselig
|}


====Symptome====
Gottesbeweise verneinen die Konsistenz abgeschlossener Symbolsysteme. Ein kontingenter Wechselwirkungszusammenhang kann jede Wirkung erklären, die zum Zusammenhang gehört, aber nicht die Existenz des ganzen. Die Betrachtung der Natur als sinnvoll und zielstrebig macht wahre Aussagen, die sich nicht durch mechanistische Aussagen substituieren lassen. Auch Mathematik und Logik lassen sich nicht in vollendbare Systeme einschließen; es gibt Formeln - "Etwas, über das hinaus Größeres nicht geacht werden kann" - "alle denkbaren positiven Eigenschaften umfassend" -, die das Glasperlenspiel unverbindlichen Symbolisierens sprengen und notwendige Existenz als Möglichkeit, folglich auch als Wahrheit erscheinen lassen.
Aggressivität: Soziale Konflikte können nicht anders gemeistert werden als mit Dreinschlagen ohne Rücksicht auf die Schäden bei anderen, aber auch beim Aggressor selbst.
Depression: Negative Stimmungen verdichten sich zur Unfähigkeit, sich zu konzentrieren, effektiv zu arbeiten und zu lieben.
Sucht: Negative Stimmungen können nur mit bestimmten Drogen überwunden werden, nur im Rausch fühlt man sich „normal“.


=== Religion ===
Für den Glaubenden ist das buchstäblich ein Randthema, denn der Gottesbeweis erschließt ihm mit vieler Mühe einen Zipfel der Wahrheit, die sich ihm längst freigebig offenbart hat als vollkommene Liebe. Das Hauptthema des Glaubens ist, die Liebe erfahrbar zu machen, indem die Hungernden zu Essen und Trinken bekommen, die an den Rand Gedrängten aufgesucht werden, indem Angst und Verzweiflung überwunden und die Niedergedrückten befreit werden.<ref name="Matth25_31>Matthäus [http://www.bibleserver.com/go.php?lang=de&bible=EU&ref=Matth%C3%A4us25,31 25,31-46]</ref> In dem Maß, in dem es dem Christentum gelingt, Befreiungserfahrungen mit dem Namen Gottes zu assoziieren, werden auch Menschen zum Glauben finden: Das ist der Wirksamste aller "Beweise".


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
<references/>
<references/>
[[Kategorie:Religion]]
[[Kategorie:Christentum]]
[[Kategorie:Katholische Religion]]
[[Kategorie:ZUM-Wiki-Buch Katholische Religionslehre]]

Version vom 24. Januar 2010, 15:27 Uhr

Vorlage:ZBK

Was ist ein Beweis?

Mathematische Beweise

Am besten nehmen wir ein Beispiel, den Beweis des Vorlage:Wpd für die Unendlichkeit der Reihe der Primzahlen.

Definition: Eine Primzahl ist eine natürliche Zahl, die nur durch sich oder durch 1 glatt geteilt werden kann. Wenn ich einen Kuchen in 7 Stücke aufschneide, dann können 7 Personen oder eine gerecht bedacht werden, wenn ich ihn in 6 Stücke teile, kann ich auch 2 oder 3 Personen einen gerechten Anteil geben. Deshalb ist 7 eine Primzahl und 6 nicht.

Wenn wir annehmen, es gebe eine höchste Primzahl, dann gibt es auch eine Liste aller Primzahlen, und ich kann ein Produkt aller Primzahlen bilden. Ich nenne es PP.

Dann gilt: PP-1 und PP+1 können nicht Produkte der Primzahlen sein, die wir schon kennen; sie müssen entweder selber Primzahlen sein oder das Produkt zweier Primzahlen, die in unserer Liste noch nicht vorkommen.

Beispiel: Nehmen wir einmal wider besseres Wissen an, die Zahl 13 sei die größte Primzahl. Das Produkt 2*3*5*7*11*13 = 30030 wäre dann das Produkt aller Primzahlen (PP). Doch die beiden Zahlen PP-1 und PP+1 können durch keinen der Primfaktoren von PP geteilt werden, und , in der Tat: 30029 ist eine Primzahl, und 30031 = 59 * 509 ist das Produkt zweier Primzahlen, die größer als 13 sind.

Folgerung: Die Vorstellung einer Liste aller Primzahlen ist widersprüchlich; es gibt keine höchste Primzahl.

Kommentar: Gedankengänge wie diese beweisen die Leistungsfähigkeit der Mathematik. Die größte bislang gefundene Primzahl ist 243112609 - 1.[1] Und doch wissen wir sicher, dass es noch größere Primzahlen gibt, und diese Gewissheit geht ins Grenzenlose, erreicht also Bereiche der mathematischen "Wirklichkeit", in denen wir nicht "nachsehen" können, ob unsere Aussagen richtig sind.

Die großartigste Leistung der Mathematik liegt aber darin, dass sie ihre eigene Unvollständigkeit beweisen kann, und der Entdecker dieser Tatsache, Kurt Gödel (siehe unten), argumentiert in einer nachgelassenen Schrift, die Überzeugung, dass es Gott gibt, sei ähnlich zuverlässig ist wie ein mathematischer Beweis.

Wissenschaft als Dialog mit der Natur

Infolge der Veröffentlichung des Vorlage:Wpd des jungen Vorlage:Wpd (1889-1951) versuchte insbesondere der Vorlage:Wpd, endgültig wissenschaftliche Aussagen von "Vorlage:Wpd" abzugrenzen, der man jeden Sinn absprach. So lautet der berühmte Schlusssatz des Tractatus:

Zitat
Wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.

Die Sätze des Tractatus fallen unter das Sinnlosigkeitsverdikt, das sie aussprechen; wer den Tractatus gelesen und den Unterschied zwischen sinnlosen und empirisch gehaltvollen Sätzen kennen gelernt hat, ist gleichsam auf einer Leiter aufgestiegen, die hernach keinen Nutzen mehr hat, weil der Aufgestiegene sich nur noch mit gehaltvollen Sätzen befassen wird, zu denen die des Tractatus nicht gehören.

Die Naturwissenschaften sind in der Erforschung ihrer Gegenstände ohne Zweifel sehr erfolgreich, und ihre Ergebnisse lassen sich in vielen Fällen technisch nutzen, so dass der Erfolg der Naturwissenschaften auch denjenigen einleuchtet, die zwar von Chemie, Physik, Biologie oder Informatik wenig verstehen, aber als Nutzer der durch die Wissenschaften ermöglichten Produkte davon profitieren. Der Gedanke liegt nahe, die Naturwissenschaften von allen anderen Forschungen menschlicher Vernunft abzugrenzen und als einzigen sicheren Zugang zur Wirklichkeit auszuzeichnen. Dazu müssen allerdings drei Voraussetzungen erfüllt sein:

Vorlage:Kasten blass

Diese Kriterien sind notwendige Voraussetzungen des Szientismus, der nur "Wissenschaft" gelten lassen will; sie sind ohne weiteres erfüllbar, solange es um eine durch ihre Methoden und ihren Gegenstandsbereich abgegrenzte Wissenschaft geht:

Vorlage:Kasten blau

Die Probleme des Szientismus, beginnen dann, wenn alle Wissenschaften durch eindeutige Abgrenzung von allem unterschieden werden sollen, was nicht Wissenschaft ist. Es sind vor allem zwei:

  • Thomas Kuhn [2], Paul Feyerabend [3] und Kurt Hübner [4] haben gezeigt, dass alle vorgeschlagenen szientistischen Kriterien scheitern, wenn sie große Umwälzungen der Wissenschaftsgeschichte rechtfertigen sollen, etwa den Übergang von der aristotelischen Kosmologie und Physik zur kopernikanischen und newtonschen oder den Übergang von der Mechanik, wie Laplace und Hamilton sie beschrieben haben, zu Quantenphysik und Relativitätstheorie.
  • Rupert Sheldrake hat in seinen Büchern [5] darauf hingewiesen, dass die Wissenschaft ihren Gegenstandsbereich allzu sehr eingegrenzt hat und paranormale Phänomene wie Vorauswissen ebenso voreilig ausschließt wie die Möglichkeit, dass Größen, die man als Naturkonstanten definiert hat - zum Beispiel die Vakuumlichtgeschwindigkeit - vielleicht veränderlich sein könnten.

Ilya Prigogine hat das Vorgehen der Wissenschaften als Dialog mit der Natur bezeichnet.[6] Wir stellen aus unseren theoretischen Überlegungen heraus Fragen an die Natur und versuchen anhand der Resultate unserer Untersuchungen nicht nur Antworten auf die gestellten Fragen zu finden, sondern auch bessere Fragen zu stellen. Methodologische oder theoretische Vorfestlegungen können einem richtigen Instinkt folgen und zu hartnäckiger Forschung inspirieren, die sich letztlich als erfolgreich erweist, wie Einsteins allgemeine Relativitätstheorie, die entwickelt wurde, bevor es empirische Hinweise für sie gab. Vorfestlegungen können sich aber auch als hinhaltender Widerstand gegen die richtige Idee erweisen; auch dafür ist Einstein ein Beispiel, der 20 Jahre lang die empirische und theoretische Evidenz nicht wahrhaben wollte, die für die Quantenmechanik sprach.

Die heutige Kosmologie beschreibt eine gigantische, aber endliche Welt, die in einem Ausnahmezustand begann und auf einem Ausnahmeplaneten Leben in unglaublicher Vielfalt hervorgebacht hat, darunter einen Beobachter, der aufgrund einer Ausnahmesituation alle Organisationsstufen des Daseins von den Bestandteilen der Atome bis zu den Galaxienhaufen und den gewaltigen intergalaktischen Räumen mit seinen Sinnen und Theorien erforschen kann.

Nach einem Grund der Welt insgesamt und ihres nach dem Grund fragenden Bewohners zu fragen, richtet sich nicht gegen die Wissenschaften, sondern ist eine Folge, dass der Mensch nicht nur weiß, sondern sein Wissen auch bestaunt; dass ihn nicht nur die Einzelheiten interessieren, sondern auch das Ganze, das den Wissenschaften in Tausende Detailkenntnisse zu zerfallen droht. Das ist der Preis ihrer Erfolge, aber nicht die Grenze menschlicher Wahrheitssuche.

Beweise nach juristischem Vorbild

Vor Gericht gelten Zeugenaussagen und Indizien.

Da Indizien mehr oder weniger wissenschaftlich fundierte Beobachtungsaussagen sind, haben wir damit in der Gottesfrage ähnliche Schwierigkeiten wie mit wissenschaftlichen Erkenntnissen überhaupt.

Zeugenaussagen für die Existenz Gottes gibt es genug: Amos, Jesaia, Jeremia, Paulus und viele andere Propheten haben in historisch belastbaren Quellenschriften zu Protokoll gegeben, dass sie Gott begegnet sind.

Aber vor Gericht muss auch geprüft werden, ob eine Zeugenaussage glaubwürdig ist. Wer aber die Glaubwürdigkeit der Propheten anzuerkennen bereit ist, der ist in der Gottesfrage schon positiv entschieden und benötigt keinen Beweis mehr.

Aber vor Gericht ist auch noch ein anderer Punkt entscheidend: Die Frage der Beweislast. Das Recht arbeitet mit Vermutungen, zum Beispiel mit der Unschuldsvermutung, die denjenigen, der jemandem eine Straftat vorwirft, zum Beweis verpflichtet, während der Verteidiger des Verdächtigen die Unschuld nicht beweisen muss.

Wer stellt in der Gottesfrage die weitergehende - die beweispflichtige - Behauptung auf? – Zunächst scheint es der zu sein, der behauptet: „Es gibt Gott.“ Wenn man aber untersucht, was die gegenteilige Behauptung bedeutet, „es gibt keinen Gott,“ dann erkennt man, dass sie viel weiter reicht: Denn da wird ja behauptet, dass es keine übernatürlichen Ursachen geben kann, dass demnach alles nach Naturgesetzen geschieht und deshalb auch naturwissenschaftlicher Erkenntnis zugänglich ist.

Wenn wir hingegen zugeben, dass es eine übernatürliche Ursache gibt, dann wissen wir zwar, dass das Verursachte einen Sinn hat, aber wir wissen auch, dass wir ihn nur auf eine einzige Weise herausfinden können, indem wir den Verursacher nach dem Sinn fragen.

Die Folgen sind bis in alltägliche Konflikte hinein gravierend: Wer an die Allzuständigkeit der Wissenschaft glaubt, hat eine Vorstellung, dass man alles mit Gewissheit wissen könnte. Dazu allerdings benötigt der Einzelne Fachleute. Wie beispielsweise ein Kranker, der von seinen Ärzten Diagnosen, Pillen, Operationen oder Transplantationen bekommt, deren Wirkung er nicht begreift, von denen also nur der Fachmann weiß, ob es wirklich gut ist oder nicht. Für einen Gottgläubigen gibt es nur eine Art der Gewissheit: „Sich auf die Zusage einer anderen Person (sei es Gott oder sei es ein Mitmensch) verlassen.“ Er wird dem Arzt nicht vor allem deshalb zuhören und seinen Ratschlägen folgen, weil er Fachmann ist. Er wird in dieser Hinsicht keine Illusionen haben, dass es in medizinischen Fragen Gewissheit gebe. Vielmehr enthält alle menschliche Bemühung ein Irrtumsrisiko, und im Arzt sieht ein Gläubiger nicht zuerst den Fachmann, sondern den Mitmenschen, dem er vertraut, dass er nach bestem Wissen und Gewissen informiert und behandelt.

Gläubige anerkennen also eine Welt der Gewissheit, die mit Forschung und Technik hergestellt wird und die niemals absolut ist, sondern immer nur „statistisch“, und sie Anerkennen eine Welt der Verlässlichkeit, die durch Zusagen und Vertrauen hergestellt wird und die genau in dem Maß gilt, in dem die beteiligten Personen zu ihren Zusagen stehen.

Etappen der Gottesbeweisfrage

Xenophon (426-345 v. Chr.)

In seinen Erinnerungen an Sokrates [7] berichtet Xenophon, dass Sokrates seine Zuhörer davon überzeugt habe, dass die Götter existieren und dem Menschen wohl gesonnen sind. [8]

Vorlage:Kasten blass


Der vollständige Gedankengang ist im ZUM Wiki in einer Pdf20.gif sprachlich vereinfachten Version verfügbar, die im Unterricht mit verteilten Rollen vorgetragen werden kann.

Vorlage:Wpd (1224-1275) hat das Argument in überarbeiteter Form in seine Vorlage:Wpd einbezogen, indem er es philosophisch zuspitzt und mit dem theologischen Motiv der Spuren der Dreieinigkeit (Vestigia Trinitatis) verbindet. Denn dass das Verhalten der Dinge Regeln zu folgen scheint, wird als Spur des Logos Gottes gedeutet; dass die Dinge für etwas gut sind, gilt als die Spur des Heiligen Geistes und die Existenz der Natur als Spur des Vaters.

Zitat
Ein Weg, sich über die Existenz Gottes Klarheit zu verschaffen, geht aus von der Steuerung der Dinge.

Wir sehen nämlich, dass einige Dinge, die kein Denkvermögen haben, gemeint sind Naturkörper, sich auf ein Ziel hin bewegen.

Das ist offenbar, wenn sie sich immer oder wenigstens überwiegend auf dieselbe Weise verhalten, so als folgten sie einer Regel mit dem jeweils bestmöglichen Ergebnis.

Wegen der Verlässlichkeit dieses Zusammenhangs ist klar, dass sie nicht von Fall zu Fall, sondern aus klarer Absicht zum Ziel kommen.

Darum aber, weil sie selbst kein Denkvermögen haben, streben die Dinge nur deshalb auf ein Ziel zu, weil sie gelenkt werden von einem Wesen, das zum Denken und zur Einsicht befähigt ist. Ähnlich wird ja auch ein Pfeil von einem Bogenschützen ins Ziel gelenkt.

Demnach gibt es etwas Einsichtsfähiges, von dem alle Dinge der Natur hingeordnet werden auf ein Ziel.

Und dieses einsichtige Wesen nennen wir Gott.[9]


Aristoteles (384-322 v. Chr.)

Aristoteles war der Forscher unter den griechischen Philosophen. Als Beispiel kann man einen Vergleich heranziehen: Während Plato in seiner Schrift Der Staat aus der Idee der Gerechtigkeit einen idealen Staat entwickelte und in Sizilien mit der Verwirklichung seiner Ideen prompt Schiffbruch erlitt, ließ Aristoteles von seinen Mitarbeiten alle verfügbaren Staatsverfassungen sammeln und verglich sie miteinander.

Die Theologie des Aristoteles ist ein Element seiner Physik. Das ist der Versuch, die bekannten Beobachtungen und die schon vorhandenen Theorieerfahrungen zu einem Gesamtbild des Kosmos zusammenzustellen. Dazu gehört die Auffassung, dass es vier Elemente gebe, denen ihr natürlicher Ort zugeordnet werden könne - Erde und Wasser gehören nach "unten" (Richtung Erdmittelpunkt); Feuer und Luft gehören nach "oben" (Richtung Himmel) -. Die Sterne hingegen bestehen aus einer fünften Materie (der Quintessenz), von der wir nichts wissen.

Der eigentliche Gottesbeweis[10] im achten Buch der Physik und im zwölften Buch der Metaphysik geht aus von einer Analyse der "Bewegung" ("Kinesis" - Hans Wagner übersetzt "Prozess"). Aristoteles versteht darunter die Verwirklichung eines Zustandes, der zuvor nur möglich war. Wenn er dann zeigt, dass es unmöglich nur Bewegliches geben kann, sondern auch etwas, das bewegt, ohne sich selbst zu bewegen, einen unbewegten Beweger, dann hat Aristoteles die Fixsternsphäre im Blick, deren vollkommene Kreisbewegung ihn auf eine Ursache schließen lässt, die dadurch bewegt, dass sie geliebt wird.

Thomas von Aquino hat sich mit diesem Beweis in seinem Kommentar zur Physik des Aristoteles sehr gründlich beschäftigt;[11] leider wird meist nur die knappe Zusammenfassung in der Summa Theologiae berücksichtigt. Damit spart man sich aber nur scheinbar Lesezeit, denn um die vorausliegenden Definitionen und Folgerungen des Argumentes kennen zu lernen, sind ausgedehnte Studien der gesamten Summa nötig.

Die aristotelische Kosmologie war für 1800 Jahre maßgeblich. Das christliche Mittelalter arbeitete an dem Problem, die Beweise des Aristoteles mit den Dogmen der Kirche in Einklang zu bringen. Zum Beispiel ließ sich die Annahme, der Kosmos sei im großen und ganzen unveränderlich und ewig, nicht mit dem Dogma der Schöpfung der Welt durch Gott vereinbaren. Deshalb überwand die mttelalterliche Theologie und Philosophie schrittweise die aristotelische Kosmologie, etwa, als Johannes Buridanus (1300-1358) den aristotelischen Bewegungsbegriff durch das Trägheitsprinzip in Frage stellte oder als Nikolaus KopernikusWikipedia-logo.png (1473-1543) anstelle der Erde die Sonne im Mittelpunkt des Universums sah und Johannes KeplerWikipedia-logo.png (1571-1630) entdeckte, dass sich die Sterne nicht auf Kreisbahnen, sondern auf Ellipsen bewegen. Schließlich löste Isaac NewtonWikipedia-logo.png (1642-1727) die aristotelische Physik durch die klassische Mechanik ab.

Mit der Ablösung der aristotelischen Kosmologie und Physik durch die newtonsche ist dem Bewegungsbeweis mindestens das anschauliche Demonstrationsobjekt abhanden gekommen. Die Frage nach einem weltbildunabhängigen Element der aristotelischen Theologie wird, wie nicht anders zu erwarten, heftig und kontrovers diskutiert. Der folgende Gedankengang ist ein Vorschlag. Aber selbstverständlich könnte man es auch ganz anders machen:

Vorlage:Kasten blass

Anselm von Canterbury (1033-1109)

Der Prior und Abt Vorlage:Wpd hat als Lehrer seiner Brüder ein Programm formuliert: Fides Quaerens Intellectum: Glaube, der Verstehen erstrebt. Was das bedeutet, erkennt man, wenn es mit dem Verstehen nicht klappt, wie Anselm dem Roscelin vorwirft:

Zitat
Wer - etwas aus der Glaubenslehre - versteht, der danke Gott. Wer es aber nicht versteht, der neige sein Haupt zum Verehren, und setze sich nicht Hörner auf, um zu verstoßen [12]

Das Proslogion ist ein Gebet, wie der Name es sagt, eine Ansprache an Gott. Das Büchlein ist konzentriertester Ausdruck des Anselmschen Programms. Das erste Kapitel ist ein Gebetstext, der an die herrliche Bestimmung des Menschen erinnert und seinen furchtbaren Sündenfall beklagt, als 2. Kapitel folgt der Gedankengang, der als ontologisches Argument Geschichte gemacht hat:

Zitat
Von dir (Gott) glauben wir, dass du das bist, über das hinaus etwas Größeres nicht gedacht werden kann (aliquid quo maius cogitari non postest). Existiert nun das nicht, über das Größeres nicht gedacht werden kann, nur weil der Tor sagt: Es ist kein Gott (Psalm 10,4)?

Aber wenn ich doch sage „Etwas, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann,“ so versteht er doch, was ich sage, und was er versteht, ist in seinem Verstand.

Ist es aber nur in seinem Verstand oder auch in der Wirklichkeit?

Wenn es nur in seinem Verstand ist, so könnte man sich doch wenigstens denken, dass es auch wirklich existiert, und das ist größer.

Etwas, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, wenn es nur im Verstand ist, wäre also etwas, über das hinaus Größeres gedacht werden kann, (nämlich dass es auch wirklich existiert), und das kann nicht sein.

Es muss also etwas existieren, über das hinaus größeres nicht gedacht werden kann, sowohl im Verstand als auch in der Wirklichkeit.
Anselm Proslogion c.2

Kommentar:

  1. Dieser kurze und einfache Gedankengang ist der meist diskutierte „Gottesbeweis“ überhaupt. Auf welch schmalem Grad sich der Gedankengang bewegt, zeigt sich im Grunde erst im 15. Kapitel des Proslogion, in welchem Anselm beweist, dass „etwas, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann“ größer ist als alles, was gedacht werden kann. Der fiktive Gesprächspartner könnte jetzt sein allererstes Zugeständnis noch einmal zur Diskussion stellen: Das war doch etwas naiv, dass ich dir zugegeben habe, ich hätte verstanden, was du sagtest: „Etwas über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann.“ Jetzt beweist du mir aber, dass ich dieses etwas gar nicht denken kann, weil es größer ist als alles, was ich denken kann. Wie kann ich etwas „verstehen“, was ich nicht „denken“ kann? – Ich nehme also mein Zugeständnis, ich hätte verstanden, was du sagtest, zurück.
  2. In diesem Zusammenhang ist der Anfang des Gedankenganges sehr wichtig: Von dir, Gott, glauben wir, dass du etwas bist, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann. Gott ist also nicht etwas, was wir uns ausgedacht haben oder ausdenken könnten, sondern wir sind auf diesen Gedanken nur gekommen, weil er sich uns durch Schöpfung und Offenbarung mitgeteilt hat und wir darauf mit unserem Glauben geantwortet haben. Dann heißt der Beweis in einem Satz zusammengefasst: Das gläubige Verstehen Gottes sprengt jedes denkbare System des Denkens.
  3. Religiös sein, das bedeutet unter Umständen lebenslang auf Sexualität zu verzichten und für seine Überzeugungen mit seinem Leben einzustehen. Es ist deshalb eine ziemlich merkwürdige Erwartung, dass sich ein Mensch auf eine Religion einlässt, weil er einen intelligenten Gedankengang hört oder liest. Auf der anderen Seite wäre es merkwürdig, wenn im Glauben erfasst wird, was wirklich ist, dieser Glaube aber zugleich allem, was wir logisch finden, komplett widerspräche. Diese „Lücke“ schließt das Unum Argumentum, indem es jeden verunsichert, der sich in abgeschlossenen Systemen unter einem leeren Himmel gemütlich einrichten möchte. Dadurch gibt es dem Kraft, der sich auf den Glauben einlässt; aber Glauben bleibt in jeder Hinsicht „gewagt“– als Herausforderung an das Denken und an das Handeln gleichermaßen.

Johannes Duns Scotus (1275-1309)

Der wichtigste Beitrag des christlichen Mittelalters zur Gottesbeweisfrage ist die Abhandlung über das erste Prinzip[13] des Johannes Duns Scotus. Das Werk aus der letzten Lebensphase des Franziskaners, das einen geschlossenen Gedankengang umfasst, besteht aus vier Kapiteln; das erste benennt den Ausgangspunkt des Gedankengangs, die sachlich begründete Ordnung (ordo essentialis) und unterwirft diesen Grundbegriff vier Aufteilungen: Die erste unterscheidet die Ordnung des Vorrangs von der Ordnung der Abhängigkeit; die zweite und dritte Einteilung unterscheiden zwischen dem näher und entfernter Verursachen; die vierte Einteilung unterscheidet in traditioneller Weise Wirk-, Ziel-, Form- und Stoffursache und das entsprechend Verursachte. In den verbleibenden drei Kapiteln werden 46 Sätze (Conclusiones) in zum Teil sehr umfangreichen und komplexen Argumentationen nachgewiesen.

Entscheidende Wendepunkte der Argumentation sind: Satz 9 aus Kapitel 2: Die vier Gattungen von Ursachen sind beim Verursachen desselben wesentlich geordnet. Dabei werden Wirk- und Zielursächlchkeit höher eingeordnet als Stoff- und Formursache, sodass bei der Suche nach dem ersten Prinzip nur noch die Wirk- und Zielursächlichkeit berücksichtigt werden muss. Die Zuordnung des Vorranges leistet Satz 16: Jedes Zielbestimmte ist ein Übertroffenes. Wenn aber alle Gattungen der Ordnung in einer Ordnung zusammenhängen, dann lässt sich nachweisen, was in Satz 15 des dritten Kapitels ausgesprochen wird:

Zitat
Einer einzigen und selben, aktuell existierenden Natur wohnt die dreifache Erstheit in der genannten dreifachen wesentlichen Ordnung inne, nämlich der Ordnung der Wirkursächlichkeit, des Zieles und des Vorranges.

Auf dem Höhepunkt des Gedankengangs geht Scotus in das Gebet über:

Zitat
Könntest Du meinem kleinen Verstand den Schluss ermöglichen, dass Du unendlich bist und unbegreifbar von einem Endlichen?

In die sehr umfangreiche Argumentation für diesen Satz bezieht Scotus nun auch das Argument des Anselm (fünfter Weg) und den Bewegungsbeweis des Aristoteles (siebter Weg) in überarbeiteter Form ein, sodass seine Abhandlung eine Gesamtdarstellung der zu diesem Thema vorgebrachten Argumentationsstrategien ist.

Immanuel Kant (1724-1804)

Um gleich eingangs mit zwei Vorurteilen aufzuräumen:

  1. Immanuel Kant[14] war zeitlebens fest davon überzeugt, dass Gott existiert. Vom Anfang bis zum Ende seines Schaffens gibt er dieser Überzeugung Ausdruck.
  2. Es ist keineswegs so, dass Kant die Gotteslehre ausschließlich in der Ethik beheimatet sieht. In der Kritik der reinen Vernunft werden zwar im Abschnitt über das transzendentale Ideal der Vernunft traditionelle Gottesbeweise kritisiert, aber im Rahmen der Dialektik, in welchem insgesamt die Unvollständigkeit und Unzulänglichkeit des theoretischen Erkennens Thema ist.

Die Bedeutung der kantischen Vernunftkritik für die Gottesfrage wird am klarsten in der Kritik der Urteilskraft dargestellt. Der Gedankengang sei knapp referiert:[15]

Vorlage:Kasten blass

Zitat
Die teleologische Naturbetrachtung treibt uns zwar an, eine Theologie zu suchen, kann aber selbst keine hervorbringen.

Damit ist eigentlich auch die Falsifikationsbedingung der Gottesüberzeugung ausgesprochen:

Vorlage:Kasten blass

Kurt Gödel (1906-1978)

Kurt Gödel formulierte 1931 den Beweis, auf den nun wirklich niemand gewartet hatte: Vorlage:Kasten blass Kurt Gödel hielt die Goldbachsche Vermutung für das Beispiel eines zwar wahren, aber nicht beweisbaren Satzes der Zahlentheorie. Diese Vermutung besagt, dass jede gerade Zahl als Summe zweier Primzahlen ausgedrückt werden kann: 4=2+2; 6=3+3; 8=3+5; 10=5+5=3+7; usw. In der Tat ist die Goldbachsche Vermutung bis heute nicht bewiesen worden, aber bis 1018 ist auch noch keine Ausnahme gefunden worden, ja, es zeigt sich, dass größere Zahlen sich wahrscheinlich durch mehr Summen aus verschiedenen Primzahlpaaren darstellen lassen als kleinere. Es gibt also vernünftige Gründe, an die Wahrheit der Goldbachschen Vermutung zu "glauben", auch wenn ein strenger Beweis nicht vorliegt.

Im Nachlass Gödels fand sich, in der Formalsprache der Mathematik geschrieben, ein Gottesbeweis in verschiedenen Varianten, dessen Ausgangspunkt der Begriff "positive Eigenschaft" ist,[16] und den ich hier in natürlicher Sprache referiere: Vorlage:Kasten blass

Gottesbeweis und Theologie

Die katholische Kirche bekennt sich seit dem Ersten Vatikanischen KonzilWikipedia-logo.png zu der Aussage:

Zitat
Der Mensch kann Gott, den Ursprung und das Endziel aller Dinge, durch das natürliche Licht seiner Vernunft aus den geschaffenen Dingen mit Gewissheit erkennen. „Denn das Unsichtbare an ihm erschaut der denkende Verstand seit Erschaffung der Welt in seinen Werken." (Röm 1,20) [17]

Das ist eine Folgerung aus dem Glauben, dass Gott sowohl den Menschen und seine Vernunft als auch die übrigen Schöpfungswerke ins Sein ruft und im Sein erhält. Würde der Mensch bei unvoreingenommenem Nachdenken zu der Überzeugung gelangen müssen, es hätte nie eine Schöpfung gegeben und die Welt erkläre sich aus sich selbst, dann müsste man annehmen, dass Gott nicht ist oder den Menschen täuscht.

Das Konzil hat keinen Gottesbeweis präsentiert, aus der zitierten Glaubensüberzeugung folgt streng genommen nicht einmal, dass eines der je vorgeschlagenen Argumente überzeugend ist. Es kann ja sein, dass der Mensch nicht glauben will, und deshalb Gottes Spuren zwanghaft übersieht oder durch seine Rabulistik wegdiskutiert. Das ist einer der Gründe, warum das Konzil es für notwendig erklärt, dass sich Gott dem Menschen auch in der Offenbarung mitteilt:

Zitat
Der göttlichen Offenbarung ist es zu danken, dass im gegenwärtigen Zustand des Menschengeschlechtes auch das, was von göttlichen Dingen der menschlichen Vernunft an sich zugänglich ist, von allen mit Leichtigkeit, mit unerschütterlicher Gewissheit und vollständig irrtumsfrei erkannt werden kann. Jedoch ist nicht das der Grund, weshalb die 0ffenbarung als unbedingt notwendig bezeichnet werden muss; der Grund liegt vielmehr darin, weil Gott in seiner unendlichen Güte den Menschen zu einem übernatürlichen Ziel bestimmt hat, zur Teilnahme an göttlichen Gütern, die alle Einsicht des menschlichen Geistes völlig übersteigen.[18]

Letztlich geht es um die Wahrheit: Der Glaube identifiziert sie mit Gott und gewinnt einen Anhaltspunkt. Die materielle Wirklichkeit, die wir mit unseren wissenschaftlichen Theorien und Experimenten schrittweise verstehen, steht dann unserer Selbsterkenntnis, in der wir uns mit Kunstwerken und Philosophien, Legenden und Riten gegenseitig zu helfen versuchen, nicht mehr feindselig gegenüber.

Das wäre aber der Fall, wenn der Mensch mechanistische Konstruktionen, geschlossene Erkenntnissysteme als das einzig Wirkliche hinnehmen müsste. Dann würde sein Selbstbild als freies und nach Sinn suchendes Geschöpf zur Illusion. Gut und Böse, Zurechnung und Verantwortlichkeit, Wahrheit und Lüge würden als Elemente dieser Illusion bedeutungslos, ja die Bedeutung selbst würde sich in Verfahren der Codierung und Umcodierung von Information auflösen. Die Frage nach der "Wahrheit" würde sich dann so stellen: Sind Aussagen in unterschiedlichen Zeichensystemen ineinander überführbar? Kann man gesprochene Sprache in digitalisierten Text auslesen? Kann man DNA-Code der Taxonomie der Lebewesen eindeutig zuordnen? Kann man unsere Gedanken und Wünsche als hirnanatomische Muster wiedererkennen? Und erfassen Umcodierungen dieser Art alles, was es zu erfassen gibt in der Welt und im Menschen?

Gottesbeweise verneinen die Konsistenz abgeschlossener Symbolsysteme. Ein kontingenter Wechselwirkungszusammenhang kann jede Wirkung erklären, die zum Zusammenhang gehört, aber nicht die Existenz des ganzen. Die Betrachtung der Natur als sinnvoll und zielstrebig macht wahre Aussagen, die sich nicht durch mechanistische Aussagen substituieren lassen. Auch Mathematik und Logik lassen sich nicht in vollendbare Systeme einschließen; es gibt Formeln - "Etwas, über das hinaus Größeres nicht geacht werden kann" - "alle denkbaren positiven Eigenschaften umfassend" -, die das Glasperlenspiel unverbindlichen Symbolisierens sprengen und notwendige Existenz als Möglichkeit, folglich auch als Wahrheit erscheinen lassen.

Für den Glaubenden ist das buchstäblich ein Randthema, denn der Gottesbeweis erschließt ihm mit vieler Mühe einen Zipfel der Wahrheit, die sich ihm längst freigebig offenbart hat als vollkommene Liebe. Das Hauptthema des Glaubens ist, die Liebe erfahrbar zu machen, indem die Hungernden zu Essen und Trinken bekommen, die an den Rand Gedrängten aufgesucht werden, indem Angst und Verzweiflung überwunden und die Niedergedrückten befreit werden.[19] In dem Maß, in dem es dem Christentum gelingt, Befreiungserfahrungen mit dem Namen Gottes zu assoziieren, werden auch Menschen zum Glauben finden: Das ist der Wirksamste aller "Beweise".

Anmerkungen

  1. Im Internet gibt es eine Seite, die sich der Primzahlforschung widmet.
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  7. Xenophon, Erinnerungen an Sokrates, übersetzt von Rudolf Preiswerk, Stuttgart 1980
  8. a.a.O. 4. Buch, 3. Kapitel: Seite 124-129
  9. Summa theologica q.2, art.3, 5. Weg Werke des Thomas von Aquin sind im Internet veröffentlicht.
  10. Der Gedankengang ist in der Wikipedia gut zusammengefasst.
  11. Das Corpus Thomisticum ist in lateinischer Sprache im Internet veröffentlicht, hier der Kommentar zur Physik des Aristoteles, Bücher 7 und 8
  12. Brief an Roscelin über die Dreifaltigkeit
  13. Johannes Duns Scotus, Abhandlung über das erste Prinzip, Hrsg, übersetzt und kommentiert von Wolfgang Kluxen, Darmstadt 1974
  14. Ein Teil der Schriften Kants ist im Projekt Gutenberg veröffentlicht.
  15. Das Referat stützt sich auf die §§75-85 der Kritik der Urteilskraft. Das Buch ist im Projekt Gutenberg erschienen und somit im Internet verfügbar.
  16. Meine Darstellung stützt sich auf die Link-Text Analyse des Beweises von Andreas Kirchner.
  17. Der Konzilsbeschluss Filius - Zitat aus Nr. 11 - ist in deutscher Übersetzung im Internet veröffentlicht.
  18. Dei Filius Nr. 12
  19. Matthäus 25,31-46