Ich knall euch ab und Katholische Religionslehre/Geist: Unterschied zwischen den Seiten

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{{ZBK}}
„'''Ich knall euch ab'''“ (Originaltitel: "Give a boy a gun" (2000)) ist ein [[Roman]] von [[Morton Rhue]].
== Intelligenz kann nicht künstlich hergestellt werden ==


== Morton Rhue: Ich knall euch ab ==
Ravensburger 2002, 150 Seiten mit Vor- und Nachwörtern


{{Meinung|
=== Was Maschinen können und was nicht ===
Die deutsche Ausgabe des Romanes ist mit einem Vorwort von Morton Rhue versehen und mit einem Nachwort des deutschen Jugendforschers Prof. Dr. Klaus Hurrelmann zum Thema Gewalt an deutschen Schulen.<br />
Darüber hinaus leitet die fiktive Autorin Denise in ihre Textsammlung ein und kommentiert die Vorgänge zum Abschluss noch einmal. Die Geschehnisse - die sich auf die Schüler-Amokläufe in Littleton 1999 beziehen - sind also ausreichend in pädagogisierend-moralisierende Kommentare eingehüllt, so dass es an Warnungen und Lese-Leitlinien nicht fehlt. <br />
Die Story selbst enthält weniger Wertungsvorgaben und führt auf eine eher nüchterne Weise in das Innenleben und die Handlungsmotivation der beiden Täter ein. Die Täter werden auch als Opfer erkennbar. (K.Dautel)}}


===Personen===
Vor 20 Jahren schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, wann die künstliche In¬telligenz in der Lage sein würde, den Menschen so weit nachzuahmen, dass er sich von seinen eigenen Produkten nicht mehr würde unterscheiden können. Inzwischen ist es um diesen Forschungszweig ruhiger geworden. Die Erkennung von Schreibmaschinenschrift hat gute Fortschritte gemacht, korrekte Handschrift wird vom Computer zu 95 % erkannt, besser ist es, man lernt eine Schrift wie Grafity, die auf Erkennbarkeit ausgelegt ist. Die Spracherkennung hat die Marke 80-prozentiger und 90-prozentiger Erkennungsgenauigkeit übertroffen, aber bei der 95-prozentigen Genauigkeit gibt es anscheinend eine schwer überwindliche Grenze. Wollte man weiterkommen, müsste die Maschine den Menschen verstehen, und das kann sie nicht.
* Die Protagonisten: Gary, Sohn einer alleinerziehenden Mutter, und Brendan, Sohn aus intakter Mittelschichtsfamilie.
* Schauplatz: eine Highschool in Middletown/USA
* Erzähler: Denise Shipley, Journalistik-Studentin, die versucht, die Ereignisse in Middletown Highschool zu rekonstruieren und zu diesem Zweck Interviews mit vielen Beteiligten durchführt: Eltern, Schüler, Lehrer, Freunde und Feinde.
* Daraus ergibt sich die Struktur des Romans: Eine Montage aus Interview-Teilen, Stellungnahmen, Erinnerungen, Rechtfertigungen, Abschiedsbriefen, E-Mails und Chat-Dialogen - eine Art Mosaik, aus dessen vielen Einzelteilen sich ein Gesamtbild der Ereignisse ergeben könnte, sofern der Leser mit dieser nicht-linearen Erzählweise zurechtkommt bzw. sich darauf einlässt.  


===Story===
Wo ist das Problem? – Wenn man das so exakt sagen könnte, dann könnte man das Problem beheben. Vielleicht kann man es so ausdrücken:
Brendan, Sohn aus einer Mittelschichtsfamilie und ziemlich verschlossen, muss im 7. Schuljahr (S.25) umziehen und tritt mitten im Schuljahr in die neue Klasse in Middletown ein. Er ist stark verunsichert, heimat- und bindungslos. Er trifft Gary in dieser Klasse.
Eine Maschine verfügt immer nur über die Informationen, die man ihr einpro¬grammiert hat, oder auf deren Beschaffung man sie programmiert hat.


Im 8. Schuljahr (S. 28) bilden sich Cliquen, in denen Gary und Brendan keinen Ort finden (wollen), sie schließen sich eng aneinander an.
{{Kasten_gelb|Ein Beispiel: Das Rechtschreibprogramm sucht nicht nach „Fehlern“ in einem Text, sondern es sucht exakt danach, ob die durch Freizeichen abgegrenzten Buchstabenfolgen im Text mit einer der Buchstabenfolgen im Wörterverzeichnis übereinstimmen oder nicht.


Im 9. Schuljahr, jetzt Highschool (S. 34), spitzt sich die Situation zu: Die Footballer sind die Stars, umringt von den Cheerleadern, und tyrannisieren die 'loser', zu denen Gary und Brendan gehören. Brendan wehrt und prügelt sich, das macht ihn endgültig zum Außenseiter. Brendan und Gary sitzen viel vor dem Computer, spielen "Doom" etc. und drücken in Chats und E-Mails ihre geheimen Rachgedanken aus. - Auch die Lehrer helfen nicht, sie spielen das offensichtliche Mobbing herunter, sprechen von 'Albernheiten' und bevorzugen die Footballer, da deren Ansehen und Erfolg für die Schule und die Gemeinde sehr wichtig ist. - Brendan beginnt sich für Waffen zu interessieren und besorgt sich Pistolen.
Es ist schon glaubhaft, dass es demnächst Programme gibt, die raffinierter sind, weil sie das Nutzerverhalten schärfer beobachten, verschiedene Informationen zusammenführen und dergleichen; das ändert aber nichts daran, dass es nicht mehr als zwei Informationsquellen gibt: Die Programmroutinen und die Nutzereingaben.}}


Im 10. Schuljahr (S.72) kommt Alkohol mit ins Spiel, auch LSD. Brendan macht Schießübungen auf nächtlichen Ausfahrten.<br />
Im Gegensatz dazu weiß ein Mensch stets, wenn auch manchmal grob und unscharf,  
Zur Loser-Truppe gehören außer Brendan und Gary noch Allison, Garys Freundin, und Ryan Clancy. Die Vier testen im Wald die Wirkung von Sprengsätzen, die der stillere Gary bastelt. Die Bauanleitungen hierfür stammen aus dem Internet und der Bibliothek.<br />
# was Wissen ist und wozu es gut ist,
Auf einer Sportler-Party, bei der Brendan uneingeladen erscheint, wird er vom Anführer der Football-Clique, Sam, brutal zusammengeschlagen.
# ob er eine bestimmte Sache wissen will,
# viele Dinge, die ihm niemand gesagt oder zu suchen befohlen hat.


Beim Abschlussball (S.95) des 10. Schuljahres geschieht es dann: Ausgestattet mit Handfeuerwaffen und Sprengsätzen und mit Schüssen an die Hallendecke zwingen Gary und Brendan die versammelten Mitschüler und Lehrer, sich auf den Boden zu legen. Alle werden gefesselt, die Türen sind mit Sprengstoff vermint. Sie schießen Sam in die Kniekehlen, dieser droht zu verbluten. Durch Zufall befindet sich auch Allison in der Halle, dadurch gerät der Plan von Gary und Brendan durcheinander.
Das Problem des „Alltagswissens“ beschäftigt die Erforscher der Künstlichen Intelligenz (KI) mindestens seit Gründung der Firma Cycorp 1994. Das {{wpde|Cyc|Cyc}} - Projekt versucht alles, was Menschen wissen, den Common sense, in Form von 100 Millionen Basisaussagen zur Verfügung zu stellen. Darin ist zum Beispiel enthalten, dass es derselbe elektrische Strom ist, der in der Glühbirne das Licht, im Backofen die Hitze und bei Berührung Strom führender Leiter erhebliche Verletzungen verursacht. Wie auch andere Ansätze der KI-Forschung wird auch das Cyc-Projekt nützliche Anwendungen unterstützen (zum Beispiel bei der Zusammenführung von Datenbanken); aber es zeigt sich – wie so oft – gerade am „Erfolg“ eines Projektes, worin sich der Mensch von der Maschine unterscheidet: Es gelang nicht ein „Format“ von Wissen im Allgemeinen zu definieren, man weiß nicht, in welches „Formular“ man alles und jedes eintragen kann, was sich wissen lässt, und zwar so, dass die Maschine es dann, wenn sie danach sucht, auch sicher findet.
Im weiteren Verlauf schaltet sich die Polizei ein, Allison rettet Sam vor dem Verbluten, Gary erschießt sich, einige Sportler könen sich befreien und zusammen prügeln sie Brendan fast zu Tode. Er wird aus dem Koma nicht mehr aufwachen.


=== Unterrichtsvorschläge und -materialien ===
Eine kleine tabellarische Aufstellung benennt, worin heute Maschinen den (meisten) Menschen überlegen sind und umgekehrt:


* Unter {{pdf-extern|http://www.ravensburger.de/imperia/md/content/de/buecherarbeitshilfen/5.pdf|RAVENSBURGER ARBEITSHILFEN}} stellt der Ravensburger Verlag Unterrichts-Materialien zu "Ich knall euch ab" zum kostenlosen Download zur Verfügung.
{|border="2" cellspacing="5" cellpadding="4" style="background:#DDDDDD;"
! Was Maschinen besser können
! Was der Mensch besser kann
|-
| Schach spielen
| Fußball spielen
|-
| Integrale berechnen
| Sich mit Gesten verständigen
|-
| Daten wiederfinden
| Gesichter erkennen
|-
| Unbestechliche Kontrolle
| Sprache verstehen
|-
| Komplizierte Entscheidungen
| Gehörtes Verstehen
|-
| Arbeiten in lebensfeindlicher Umgebung
| Auto fahren
|}


* [http://www.ravensburger.de/web/Morton-Rhue-Ich-knall-euch-ab-__3245369-75659018-75669922-75669925.html Morton Rhue: Ich knall euch ab! - Materialien zur Unterrichtspraxis], Verlag Ravensburger, ISBN  978-3-473-98114-4, 4,95 €(D)
Zwei gemeinsame Prinzipien dieser Gegenüberstellung seien benannt:
:"Thematik: Gewalt unter Jugendlichen und in den Medien, Intoleranz, gesellschaftlicher Konformitätsdruck, Waffenbesitz. Mit Lerntheke, Aufgaben zur Differenzierung und Texten zum Amoklauf in Erfurt."
# Der Mensch ist eine Einheit aus Körper und – ich sage das als Zugeständnis: – „Informationsverarbeitung“, die Maschine nicht. Für das Programm eines Computers ist es vollkommen egal, in welcher Form es physikalisch gespeichert ist, letztlich ist es für ein CAD Programm sogar gleichgültig, ob damit beispielsweise ein Roboter gesteuert wird, der wirklich Autos zusammenschweißt, oder ob das Programm nur am Bildschirm gestestet wird.
# Auch diejenigen Leistungen, die die Überlegenheit der Maschine zu zeigen scheinen, werden in unserem Gehirn „locker“ erbracht: Wir können ganz gut abschätzen, wie weit eine Bocciakugel fliegen wird, die wir werfen, ob wir mit unserer Sprungkraft über einen Graben kommen; ich weiß zwar manchmal nicht, wo ich meinen Hut habe, aber ich weiß mit unfehlbarer Gewissheit, dass ich einen gehabt habe, was „Haben“ bedeutet, wozu der Hut gut war, bei welchen Gelegenheiten ich ihn trug …


* {{pdf-extern|http://www.bildung-staerkt-menschen.de/leu_datenbank/example.2005-07-28.9793512787/material.2005-07-28.0265457134/download|Ich knall euch ab! - Arbeitshilfen für Sekundarstufe I. Klasse 9 / 10 - Erarbeitet von M. Fetzer, M. Röttinger, M. Schreiber, N. Schuster, P. Stadel, R. Weber}} (305kb)
Es ist eben nur so, dass die Hauptmasse der Berechnungs- und Datenverarbeitungsleistungen des Gehirns dem Ich nicht bewusst werden. Wie viele nützliche Maschinen uns die KI-Forschung auch immer schenken wird, das Ich, die Seele, der Geist des Menschen spielt schlicht in einer anderen Liga, und zwar beginnend  mit den ersten Äußerungen des Foetus und des Babys. Davon im nächsten Kapitel mehr!
:[http://www.bildung-staerkt-menschen.de/service/downloads/Umsetzungsbeispiele/Rs/D/@@example.2005-07-28.9793512787 Ich knall euch ab] (Landesbildungsserver Baden-Württemberg)
:"Thematik
:Umgang miteinander – v.a. unter Jugendlichen, Konformitätsdruck - Intoleranz, Verantwortung, Konfliktlösungsstrategien"


* [http://www.perlentaucher.de/buch/9862.html Drei Kurzrezensionen zu "Ich knall euch ab!"] bei [http://www.perlentaucher.de perlentaucher.de]
=== Zur Vorgeschichte der KI ===
:Eine längere Rezension von manuela haselberger mit Leseproben


* [http://www.kriegsgefangenschaft.at/details/nhdnabedir Leserstimmen] - auf www.kriegsgefangenschaft.at
„Künstliche Intelligenz“ lässt sich historisch gesehen in eine Reihe stellen von Menschenerklärungsversuchen, die stets etwas mehr versprachen, als sie dann halten konnten: Als im 17. und 18. Jahrhundert die mechanischen Systeme (wie Uhrwerke) perfekter wurden, schrieb {{wpde|Lammetrie|Lammetrie}} (1709-1751) ein Buch über die Menschenmaschine. Der genaiale Mechaniker {{wpde|Jacques de Vaucanson|Jacques de Vaucanson}} schien die Visionen des Maschinenmenschen der Realität nahezubringen.


* Bei [http://www.schule-inside.de/html/rightschoolpage23.html www.schule-inside.de] gibt es Arbeitsblätter (im pdf-Format) zu Morton Rhues "Ich knall euch ab - Das Drama an der Gordon High School"
Als {{wpde|Friedrich Wöhler|Friedrich Wöhler}} 1828 erstmals einen organischen Stoff aus anorganischen Vorstufen synthetisierte, fügte [[Goethe]] in seinen Faust II die Figur des {{wpde|Homunculus|Homunculus}}, des künstlich geschaffenen Menschen, ein, nachdem er bereits in seinem Roman die {{wpde|Wahlverwandschaften|Wahlverwandschaften}} (1809) mit der Chemie als Metapher für menschliches Verhalten gespielt hatte. Zeitlich parallel entstammt {{wpde|Mary Shelley|Mary Shelley}}s Figur {{wpde|Frankenstein (Roman)|Frankenstein}} (1819) einem ähnlichen Denken, bezieht aber neben der Anatomie vor allem die Elektrizität in die Menschen nachahmende Phantasiebildung ein. In unserer Zeit sind es vor allem die Biochemie und die Computersimulation, die das Versprechen auf ein vollständiges Verstehen des „System Mensch“, doch die {{wpde|Künstliche Intelligenz|KI-Forschung}} ist bereits in ein Stadium eingetreten, in welchem wir des grundsätzlichen Unterschiedes ansichtig werden zwischen Informationsverarbeitung und dem, was ein Geist tut.
:(Das Angebot ist nicht ganz kostenlos.)


* [http://www.schoeningh-schulbuch.de/suche/artikelansicht.xtp?id=978-3-14-022404-8 EinFach Deutsch Unterrichtsmodelle - Morton Rhue: Ich knall euch ab!] - Klassen 8 - 10, Autorin: Simone große Holthaus, Verlag Schöningh, ISBN 978-3-14-022404-8, 17,95 €
== Neurologie und Anthropologie ==


=== Hintergründe ===
=== Lokalisierung von Gehirnaktivitäten durch bildgebende Verfahren ===
* [http://de.wikipedia.org/wiki/Bowling_for_Columbine  ''Bowling for Columbine''] - Wikipedia-Artikel über Michael Moores Film:
:"Ausgehend vom Schulmassaker von Littleton, bei dem zwei Schüler an der Columbine High School zwölf Mitschüler und einen Lehrer erschossen, ist der Film eine persönliche und künstlerische Erforschung der Natur der Gewalt in den USA, bestehend aus Ausschnitten von Waffen-Werbung, satirischen Animationen über Nordamerikas Geschichte und Moores Diskussionen mit verschiedenen Personen, wie Überlebenden des Massakers, Bürgern der USA und Kanadas und bekannten Personen wie Charlton Heston und Marilyn Manson. Moore versucht die Frage nach den Gründen des Massakers und der hohen Rate von Gewaltverbrechen (insbesondere mit Schusswaffen) zu beantworten ..."


* [http://www.bowlingforcolumbine.com/library/teachers/index.php Welcome to the Bowling For Columbine TEACHER'S GUIDE]
Biologie und Medizin versuchen seit langem den '''materiellen Strukturen des menschlichen Gehirns''' die '''Leistungen des menschlichen Geistes''' zuzuordnen. Naheliegend ist es zu beobachten, welche geistigen Leistungen ausfallen, wenn bestimmte Areale des Gehirns durch einen Gehirnschlag oder einen Tumor geschädigt sind. So weiß man, welche Gebiete des Gehirns damit beschäftigt sind zu sprechen und Sprache zu verstehen. Eine feinere Auflösung wird durch moderne bildgebende Verfahren<ref>
:"The lessons and activities in this GUIDE are designed to help students develop critical thinking skills, historical analysis, and open their minds on many universal issues." (www.bowlingforcolumbine.com)
Die Universität des Saarlandes hat auf ihrer homepage eine gute [http://www.htw-saarland.de/Members/michael.moeller/BMTImgSys/bildgebendeverfahren_tdoh_2008_ohne_video.pdf Übersicht über die bildgebenden Verfahren in der Medizin], aus der man sich vor allem über die technische Seite unterrichten kann.</ref> erreicht, die Gehirnaktivitäten beim lebendigen Menschen in guter räumlicher Zuordnung sichtbar machen können.<ref>Eine [http://neurologie.onlinehome.de/neukurs8.htm Übersicht] von G. Figge unterrichtet über die gängigen neurologischen Untersuchungsmethoden</ref>


==Siehe auch==
Diese Forschungen haben aber niemals Ergebnisse der Art gebracht: „Da ist das Gehirngebiet, in dem alle Gesichter und die zugehörigen Namen abgespeichert sind.“ oder: „In dieser Gehirnregion sind alle Bilder von Möbeln.“ Die Ergebnisse lauten vielmehr: „Wenn der Mensch an Personen, Tiere oder Werkzeuge denkt, sind bestimmte Bereiche des Temporallappens der Großhirnrinde besonders aktiv."
* [[Morton Rhue]]
Wenn man daraus ohne weiteres schließt, dass die Gedanken an Personen, Tiere oder Werkzeuge an dieser Stelle „gedacht werden“, könnte man aber ziemlich falsch liegen. Mit einem Gedankenexperiment möchte ich das verdeutlichen:
* [[Kinder- und Jugendliteratur]]


==Linksammlung==
{{Kasten_blau|Gedankenexperiment: Ein Geheimdienst möchte gerne bestimmte Daten eines Computers stehlen, kann aber das ganze Gerät nicht mitnehmen, und man möchte herausfinden, in welchem Speicherbereich sich die Daten befinden. Man stellt fest, dass in einem USB-Stick Aktivität festzustellen ist, wenn die gesuchten Daten abgerufen werden; zur Sicherheit wird noch getestet, was passiert, wenn man den Stick entfernt, und siehe da: Die Daten sind weg. Schön, dass man nur das kleine Teil mitzunehmen braucht. Bei der Analyse zu Hause stellt man allerdings fest, dass auf dem Stick nur der Passwortmanager gespeichert ist, der bei Aufruf der geschützten Daten das Passwort liefern muss. Die Daten selbst befinden sich auf einem anderen Träger.
* {{wpd|Ich knall euch ab!}}


[[Kategorie:Kinder- und Jugendliteratur]]
Aus der bloßen Feststellung von „Aktivität“ (Stromverbrauch im Falle eines Computers, Sauerstoffverbrauch im Falle der Gehirn-Untersuchung) kann durchaus nicht geschlossen werden, '''welcher Beitrag zur Informationsverarbeitung''' am Ort der Aktivität geleistet wird, solange man das System insgesamt nicht versteht.
}}
 
Was wir nach langen Jahren der Forschung von der Arbeitsweise des Gehirns wissen, hat tendenziell immer weiter weggeführt von unserer Selbstwahrnehmung.
 
{{Kasten_gelb|Beispiel: Es gibt die Krankheit der Aphasie; unter der Menschen leiden, die zwar der Melodie gesprochener Sprache entnehmen können, welche Emotionen der Sprecher ausdrückt, aber sie können Sprache nicht hinsichtlich ihrer Wortbedeutungen und Grammatik analysieren. Im normalen Gespräch fallen solche Leute kaum auf, weil sie auf unsere emotional getönte Sprache meist sinnvoll reagieren. Gegenüber einer gleichförmig vorgetragenen Computerstimme sind sie machtlos. Die gegenteilige Entsprechung, Agnosie genannt - der Verlust der Fähigkeitdie Tonmelodie wahrzunehmen bei Erhalt der Fähigkeit, den grammatischen und lexikalischen Sinn des Gesprochenen zu verstehen -, ist viel seltener. Für beide Fähigkeiten sind weit voneinander entfernte Areale des Gehirns zuständig, denn sonst könnte ja nicht eine der Fähigkeiten durch Gehirnschädigung ausfallen und die andere erhalten bleiben.
 
Das ist nun der entscheidende Punkt: In unserer normalen Redepraxis war uns nie aufgefallen, dass das Erkennen von Grammatik und Wörtern eine ganz andere Leistung ist als das Erkennen der Sprachmelodie und ihrer Gefühlstönung. Wir sprechen einfach und verstehen, was gesagt wird, und zu Bewusstsein kommen uns nur diese Inhalte.
}}
 
{{Kasten_gelb|Beispiel: Jeder und jede hat wohl schon die '''Erfahrung des Trainings''' gemacht, etwa beim Erlernen des Autofahrens. Während man anfangs sehr bewusst den Fuß auf Gas und Kupplung führen muss und häufiger durch falsche Abstimmung den Motor abwürgt, geht einem der richtige Bewegungsablauf im Laufe des Trainings ''in Fleich und Blut über'', wie der Volksmund sehr treffend sagt. Autofahrer, die schon ein paar tausend Kilometer gefahren sind, brauchen nicht mehr darüber nachzudenken, wie sie die Füße bewegen müssen, um anzufahren.}}
 
=== Wie ist das Bewusstsein in der Materie des Gehirns abgebildet? ===
 
Diese Frage kann man nicht exakt beantworten, aber meines Erachtens nicht deshalb, weil wir noch nicht genug wissen, sondern weil die richtige Antwort allzu exakte Angaben ausschließt.
 
{{Kasten_blau|Vergleich: Mit dem Gehirn ist es wie mit dem Wetter: Alle {{wpde|Navier-Stokes-Gleichungen|physikalischen Prinzipien}}, die das Verhalten flüssiger und gasförmiger Körper bestimmen,  sind wohlbekannt, aber gerade daher wissen wir, dass die Vorhersage des Wetters, abhängig von der Daten- und Wetterlage, mal für drei bis sechs Tage, mal für zehn bis 14 Tage zuverlässig ist und nicht länger.
 
So resultiert aus der Hirnforschung, dass "Gedanken" und "Gefühle", "Aufmerksamkeit" und "Schlafen" im Gehirn repräsentiert sind durch koordinierte Aktivität zahlreicher einzelner Nervenzellen, analog der Bewegung zahlreicher Luftmoleküle, die sich gegenseitig beeinflussen. Gerade darum ist das Verhalten des Gehirns nicht langfristig vorhersagbar.}}
 
Im EEG, das die Aktivität des gesamten Gehirns misst, finden sich charakteristische Wellenmuster. Diese Muster korrespondieren Aussagen wie: „Ich bin hellwach“, „Ich fühle mich schläfrig“,  „Ich bin aufgeregt“. „Ich bin gestresst“.
 
[[Datei:Befindlichkeiten_sind_im_EEG_zu_sehen.jpg]]
 
Auch Gerüche und Entscheidungen konnten mit charakteristischen Wellenmustern identifiziert werden, allerdings nur individuell: Die Forschungsergebnisse an einer Person sind also nicht auf eine andere übertragbar; die Methode eignet sich nicht zum Lesen unbekannter Gedanken unbekannter Menschen.
 
{{Kasten_gelb|Beispiel: Sehr viel Wirbel erregte das {{wpde|Libet-Experiment|Libet-Experiment}}, vor allem, weil es entgegen den Intentionen von Benjamin Libet als Test der Willensfreiheit gedeutet wurde.
 
Libet bat seine Probanden eine Hand zu bewegen. In einer Versuchsreihe sollten sie das sofort tun, wenn sie den "Drang" dazu verspürten, in einer anderen Reihe sollten sie eine Sekunde mit der Ausführung ihrer Absicht warten. Zugleich sollten sie sich in dem Augenblick, in dem sie den Entschluss fassten, genau die Zeigerstellung einer Uhr merken, die sie ständig sahen.
 
Dabei zeigte sich, dass im EEG der Entschluss um 0,2 Sekunden früher nachweisbar war als die Probanden selbst ihren Entschluss bemerkten. Anders gesagt: Die Zeigerkonstellation, die für die Probanden den Zeitpunkt des Entschlusses markierte, lag 0,2 Sekunden später als der Zeitpunkt, an dem im EEG anhand individuell ermittelter charakteristischer Veränderungen bereits erkennbar war, dass sich der Proband zur Armbewegung entschließen würde.}}
 
Wenn man eine physikalische Analogie der Gedanken sucht, dann ist der Begriff des {{wpde|Attraktor|Attraktors}} hilfreich. Attraktoren bilden sich in physikalischen Systemen, die aus sehr vielen Teilen bestehen, die sich gegenseitig beeinflussen. Außerdem handelt es sich um Systeme, die sich dauerhaft im Ungleichgewicht befinden. In einer solchen Ungleichgewichtslage erzeugen die beteiligten Kräfte oft dennoch eine für eine Zeit stabile Erscheinung. Beispiele für Attraktoren sind Wolken, Tiefdruckgebiete, Strudel im Fluss, Kerzenflammen, Protonen, Atome, Galaxien.
 
Lebewesen befinden sich ebenfalls in einem chemisch-physikalischen Ungleichgewicht, man spricht von einem {{wpde|Fließgleichgewicht|Fließgleichgewicht}} (steady-state). Die Stabilität lebendiger Materie und ihrer Formen besteht ja nicht in ihren materiellen Bestandteilen, sondern in der Kontinuität charakteristischer biochemischer Prozesse. Man kann also auch von Attraktoren sprechen, wenn das Wachstum von Organismen immer wieder charakteristische Formen, nie aber exakte Kopien hervorbringt.
 
In diesem Sinne sind auch "Gedanken", "Gefühle" und "Entscheidungen" physikalisch gesehen Attraktoren in der koordinierten Aktivität von Milliarden Nervenzellen - und eben darum individuell und nicht längerfristig (was im Gehirn schon mit 2 Sekunden anfängt) vorhersagbar.
 
=== Anthropologische Folgerungen ===
 
Die vorangegangenen Überlegungen können selbstverständlich nur einen allerersten Einblick geben in Forschungsgebiete, die sich schon deshalb einer zusammenfassenden Darstellung sperren, weil die Forschung ständig weitergeht – und zwar mit Bahn brechenden Entdeckungen und Paradigmenwechseln. Gleichwohl können die folgenden – für eine theologische Anthropologie relevanten – Aussagen mit guten Gründen formuliert werden.
 
{{Kasten_blass|
# Die Prozesse in unserem Gehirn, die uns als Gedanken bewusst werden, sind nicht im physikalischen Sinne determiniert. Wir erleben uns auch so, dass es keine zwingenden Übergänge von einem Gedanken zum nächsten, von einem Entschluss zum nächsten gibt.
# Attraktoren sind aber voneinander eindeutig unterscheidbare Zustände; das entspricht unserem Erleben: Wir können den Gedanken an einen Stuhl von dem Gedanken an einen Tisch und auch noch sehr viel feinere Abstufungen absolut unterscheiden.
# Auf die Frage nach der Ursache unserer Gedanken könnten wir einfach nur antworten: Es gibt keine Ursache. Es ist wie mit dem Wetter: Es gibt physikalische Prinzipien und Umgebungsbedingungen, aber welche Attraktoren jeweils die Oberhand gewinnen, bleibt dem Zufall überlassen.
# Aber wir erleben es anders. Ich kenne das schon, dass ich meine Gedanken frei schweifen lasse und darauf warte, was mir einfällt. Aber ich kenne auch das: Ich nehme mich zusammen und richte meine Aufmerksamkeit auf einen Punkt, ich suche gezielt nach der Lösung einer bestimmten Frage. Das ist ja die eigentliche Tätigkeit des Bewusstseins, des „Ich“.
# An dieser Stelle muss die Physik passen. Eine Ursache, die die Zufallsbewegung von Milliarden Einzelteilen lenkt, die Attraktoren eine bestimmte Richtung vorgibt, ist in der Physik nicht vorgesehen.
# Das begrenzt auch die Möglichkeit künstlicher Herstellung von Intelligenz. Auch dazu ein Gedankenexperiment: Forscher konstruieren eine Art neuronales Netz  und überlassen dessen Aktivität dem Zufall. Wenn dieses neuronale Netzwerk auf einmal „intelligente“ Aktivitäten zeigen würde, beispielsweise sich bei seinen Programmierern für seine Existenz bedanken, wüssten wir nicht, wie es dahin gelangt ist. Die Theorie, eine „Seele“ habe von dem neuronalen Netz Besitz ergriffen, wäre plausibler als die Erklärung zielstrebigen Verhaltens durch Zufall (der nun mal der Inbegriff der Negation von Zielstrebigkeit ist).
}}
{{Zitat|Die Kirche lehrt:<ref>Auszüge aus dem [http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_INDEX.HTM Katechismus der katholischen Kirche] (ab jetzt: KKK)</ref>
382 Der Mensch ist in Leib und Seele einer [GS 14,1]. Die Glaubenslehre sagt, dass die geistige, unsterbliche Seele unmittelbar von Gott erschaffen ist.
 
357 Weil er nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, hat der Mensch die Würde, Person zu sein; er ist nicht bloß etwas, sondern jemand. Er ist imstande, sich zu erkennen, über sich Herr zu sein, sich in Freiheit hinzugeben und in Gemeinschaft mit anderen Personen zu treten, und er ist aus Gnade zu einem Bund mit seinem Schöpfer berufen, um diesem eine Antwort des Glaubens und der Liebe zu geben, die niemand anderer an seiner Stelle geben kann.
 
1730 Gott hat den Menschen als vernunftbegabtes Wesen erschaffen und ihm die Würde einer Person verliehen, die aus eigenem Antrieb handelt und über ihre Handlungen Herr ist. Gott wollte nämlich den Menschen ‚der Macht der eigenen Entscheidung überlassen‘ [Sir 15,14], so dass er von sich aus seinen Schöpfer suche und frei zur vollen und seligen Vollendung gelange, indem er ihm anhängt [GS 17].
Der Mensch ist vernünftig und dadurch das Ebenbild Gottes, geschaffen in Freiheit und Herr seines Tuns. [Irenäus, hær. 4,4,3]
|}}
 
== Geist ist das Arbeiten mit Sinn. ==
Wie alle alltagssprachlichen Begriffe, mit denen der Geist sich auf seine eigene Funktionsweise bezieht, hat auch der Begriff "Sinn" eine metaphorische Vorgeschichte. Die ursprüngliche Bedeutung des altdeutschen Wortes "Sinn" kommt noch in Zusammensetzungen zum Ausdruck wie "Uhrzeigersinn". Gemeint ist die '''Richtung''', in die sich etwas bewegt. "Bedeutung" kommt vom Deuten mit dem Finger, zu dem das Baby eines seiner ersten Wörter sagt: "Da".
 
Sinn, Bedeutung: Die Begriffe bezeichnen die paradoxe Eigenschaft von Dingen, mehr zu sein, als sie (im physikalischen Sinne) sind: Ein Drucker mag sich über die chemische Zusammensetzung des Schwarz der gedruckten Buchstaben Gedanken machen: Den Leser interessiert, für was sie stehen. Er setzt sie zu Wörtern und Sätzen zusammen, lässt sich zu Emotionen bewegen, findet eine Romanstelle spannend oder eine Nachricht entsetzlich.
 
Auch die Dinge in unserer Umgebung nehmen wir nicht einfach deshalb wahr, weil sie eben da sind, sondern weil sie uns etwas bedeuten, weil wir sie erkennen wollen um unsere Ziele erreichen, unsere Aufgaben erledigen zu können.
 
 
=== An ihren Fehlern sollt ihr sie erkennen! ===
 
[[Datei:Rote_Kugeln.jpg]]
 
Man weiß ja, worauf es hinausläuft, und wenn man nachmisst, wird es bestätigt: Die beiden roten Kugeln sind exakt gleich groß. Und doch '''sieht''' man es nicht so: Denn unser Verstand unterstellt eine dreidimensionale Realität; er unterscheidet relative und absolute Größen und ermittelt seine Abschätzungen durch Vergleich mit der Umgebung. Also nehmen wir auf der linken Seite eine Situation an, die uns näher liegt als die auf der rechten, und darum halten wir die linke rote Kugel für kleiner und die rechte für größer, weil sie trotz angenommener weiterer Entfernung gleich groß aussieht.
 
[[Datei:Farbenspiel.jpg]]
 
Auch können wir uns wider besseres Wissen nicht enthalten, das Türkis im hellen Feld dunkler wahrzunehmen als das Türkis im dunklen Feld, obgleich es sich um dieselbe Farbe handelt. Die Leistung, die hier getäuscht wird, setzt uns zum Beispiel in Stand, zu unterscheiden, ob unser Nachbar im Urlaub seine Hautfarbe verändert hat, oder ob sich die Lichtverhältnisse verändert haben.
 
{{Kasten_blass|
Die Eigenschaften der Wahrnehmung (die sie auch täuschbar machen):
#Die Wahrnehmung unterstellt eine dreidimensionale Wirklichkeit
#Sie erstrebt Dingkonstanz, das heißt näherhin
##Raumkonstanz: Der Raum wird bei eigener Bewegung als stehend erlebt.
##Farbkonstanz: Die Farbe des Objektes wird mit der Farbe des Lichtes verrechnet. Z.B: Ich sehe etwas anderes, wenn das Licht gedimmt wird, oder wenn jemand gebräunt aus dem Urlaub kommt, obwohl die objektiv auf der Netzhaut auftreffenden Lichtwellen vielleicht in beiden Fällen dieselbe Frequenz haben.
##Größenkonstanz: Trotz unterschiedlicher Entfernung bleibt die Größe der Dinge gleich.
##Vollständigkeitskonstanz: Auch verdeckte Objekte werden als vollständig angesehen.
##Personenkonstanz: Dieselbe Person wird in unterschiedlichsten Kontexten wiedererkannt.
#Die Wahrnehmung ist holografisch: Einem Objekt - zum Beispiel einem Gesicht - entspricht eine unendliche Menge möglicher Sinneseindrücke aus verschiedenen Perspektiven, in unterschiedlicher Beleuchtung usw..
#Die Wahrnehmung ist dialogisch. (Zwischen unserer Aufmerksamkeit und den wahrgenommenen Objekten entwickelt sich eine Art Dialog, z.B. Im Augenwinkel nehme ich etwas wahr; es könnte ein Vogel sein, der mich interessiert; ich beachte es näher und will genauer wissen was es ist; es stellt sich als ein vom Wind bewegtes Blatt heraus, meine Aufmerksamkeit wendet sich Interessanterem zu.
|}}
 
[[Datei:Baerhinterbaum.jpg]]
 
Mit dieser Zeichnung kommen wir dem evolutionären Vorteil der Dingkonstanz näher: Obwohl ein Blatt Papier ebenso flach ist wie ein PC-Bildschirm, konstruiert unsere Wahrnehmung ohne Umschweife eine dreidimensionale Szene: Ein Bär, der sich am Baum festhält, von dem aber nur vier Tatzen und die Ohren zu sehen sind. Es ist klar, dass einem Lebewesen die wenigen Andeutungen genügen müssen, um eine Situation einschätzen zu können. Denn wenn hinter dem Baum ein Bär ist, könnte es für eine Flucht reichlich spät sein, wenn man wartet, bis er sich vollständig zeigt und zum Angriff übergeht.
 
=== Freiheit ===
Freiheit ist nicht die Fähigkeit zwischen roten und grünen Drops, also beliebigen Alternativen, wählen zu können (wie einige Experimente suggerieren). Freiheit ist vielmehr die Fähigkeit, sinnvoll zu handeln. Die alternative Erklärung des menschlichen Handelns lautet „Zufall“.  Wir erleben unser Handeln aber als beabsichtigt und nicht als zufällig. Freiheit ist auch nicht der Normalfall, sondern eine Spitzenleistung des menschlichen Geistes.
 
Der Mensch ist fähig zur Beobachtung und Beurteilung des eigenen Verhaltens (reditio completa in seipsum). Diese Fähigkeit heißt "Gewissen" (conscientia, Syneidesis). Diese Fähigkeit muss gepflegt werden und reifen. Man wird nicht Fünfjährigen ein Küchenmesser geben, Zehnjährige nicht auf der Straße Auto fahren lassen, und man wird Zwanzigjährige nicht ins Bundeskanzleramt wählen. Aber mancher Fünfzigjährige benimmt sich auf der Straße wie ein Halbwüchsiger, weil er eben sein Gewissen als Verkehrteilnehmer nicht weiter entwickelt hat anhand seiner Erfahrungen im Verkehr und seiner Lebenserfahrung insgesamt.
 
{{Zitat|Die Kirche lehrt:<ref>KKK siehe oben!</ref>
1733 Je mehr man das Gute tut, desto freier wird man. Wahre Freiheit gibt es nur im Dienst des Guten und der Gerechtigkeit. Die Entscheidung zum Ungehorsam und zum Bösen ist ein Missbrauch der Freiheit und macht zum Sklaven der Sünde.|}}
 
Das sieht man insbesondere dann, wenn Menschen sich einer an sich guten Sache (Arbeit, Konsum, Spaß, Sexualität, Alkohol oder andere Drogen) in einem solchen Maß hingeben, dass sie die Kontrolle verlieren. Suchtkranke Menschen sind wirklich zum Sklaven ihres Suchtmittels geworden und deshalb ein deutliches Bild dessen, was das Christentum unter "Sünde" versteht.
 
=== Auf ein Ziel hin geschaffen ===
 
Im Sinne des Christentums ist der Mensch auf ein Ziel hin geschaffen. Das Konstruieren von Bedeutungen, von Sinn, die Formulierung und Verwirklichung von Absichten, ist für Christen auch ein Erkennen des Sinnes, für den die Dinge von ihrem Schöpfer gemacht wurden, und eine Nachfolge, ein Gehorsam den Absichten gegenüber, die der Schöpfer mit der Welt von Anfang an verband: Dabe geht es um das "Reich Gottes", und das heißt zweierlei: Glück für jeden einzelnen und Frieden für alle zusammen.
 
{{Zitat|Die Kirche lehrt:<ref>KKK, siehe oben!</ref>
163 Der Glaube lässt uns schon im voraus die Freude und das Licht der beseligenden Gottesschau genießen, die das Ziel unseres irdischen Weges ist. Wir werden dann Gott von Angesicht zu Angesicht  [1 Kor 13,12], wie er ist [1 Joh 3,2], sehen. Der Glaube ist somit schon der Beginn des ewigen Lebens.
Wir erwarten den Genuss der uns aus Gnade verheißenen Güter. Wenn wir sie im Glauben wie in einem Spiegel betrachten, sind sie uns schon gegenwärtig. [Basilius, Spir. 15,36 Vgl. Thomas v. A., s. th. 2-2,4,1.]
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== Lernen ==
 
''Lernen'' definierte Konrad Lorenz als ''erfahrungsbedingte Verhaltensändernung''. Nach dieser Definition wäre die Entwicklung einer Drogensucht ebenso "Lernen" wie das Einüben der Mondscheinsonate von Ludwig van Beethoven.
 
Das Wort "Lernen" hängt mit einem gotischen Wort zusammen, das "nachspüren" bedeutet; das stammverwandte Wort "Leisten" bezeichnet den aus Holz nachgebildeten Fuß, mithilfe dessen der Schuster einen Schuh anpasst. Es ist also keine richtungslose Verhaltensänderung, sondern eine angestebte, die wir "Lernen" nennen. Dabei gibt es zunächst noch zwei Möglichkeiten: In Elternhaus und Schule sind Lernziele vorgegeben. Das reicht vom Beispiel der Eltern und Lehrer bis zu ausformulierten Curricula und Lehrplänen. Doch von früher Kindheit an ist es schwierig bis unmöglich, dem Kind etwas gegen seinen Willen "beizubringen". Von Erwachsenen erwarten wir, dass sie sich selbst Ziele setzen und ihre Lernfortschritte gestalten.
 
 
Grundlegende Lernziele enthält die nachfolgende Tabelle. Dabei ist in dem "muss" nicht so sehr eine normative Idee ausgedrückt, sondern die Tatsache, dass der Mensch Laufen, Lesen, sich schämen usw. nicht von Geburt an kann.
 
 
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=== Objektive Fähigkeiten ===
 
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{{Kasten_gelb|Beispiel: Skinner hielt Tauben in weitgehend leeren und sterilen Käfigen. In regelmäßigen Abständen wurden sie mit Futter belohnt. Nach ein paar dutzend Zyklen beobachtete Skinner, dass die Tauben in konstanter Wiederholung eigenartige Bewegungen vollführten - Kopfnicken, Fußscharren, Flügelschlagen - und zwar jede eine andere. Skinner deutete diese Beobachtung so, dass die Tiere gerade im Moment der Futtergabe eine bestimmte Bewegung machten, die sie dann mit dem Futter assoziierten und von da an gezielt ausführten, um wieder Futter zu bekommen. Skinner erklärte mit diesem Mechanismus die Existenz von religiösen Riten, zum Beispiel Regentänzen: Bis es wieder Regen gibt, dauert es eine Weile, ob getanz wird oder nicht. Da die Menschen aber einmal getanzt haben, als Regen kam, werden sie jetzt immer tanzen, wenn sie auf Regen warten, und sie denken, dass sie tanzen müssen, damit Regen kommt.
 
Ein einfaches Experment, das jüngst Peter Brugger dürchführte,
<ref>[http://www.welt.de/wissenschaft/article5570537/Wie-die-Gehirne-von-Glaeubigen-funktionieren.html Bruggers Experiment]</ref> scheint die Erklärzung zu bestätigen: In einem PC-Spiel mussten die Probanden eine Maus in einen Kasten führen: Brauchten sie dafür weniger als 5 Sekunden, schnappte eine Falle zu, brauchten sie länger, gab's Käse zur Belohnung. Nur zwei von 40 Spielern durchschauten den Mechanismus innerhalb von hundert Durchläufen des Experimentes, die anderen glaubten, dass man die Maus auf einem mehr oder weniger komplizierten Weg über den Bildschirm führen müsse, um an den Käse zu kommen.
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=== Emotionale Intelligenz ===
=== Religion ===
 
== Anmerkungen ==
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Version vom 6. Oktober 2010, 10:59 Uhr

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Intelligenz kann nicht künstlich hergestellt werden

Was Maschinen können und was nicht

Vor 20 Jahren schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, wann die künstliche In¬telligenz in der Lage sein würde, den Menschen so weit nachzuahmen, dass er sich von seinen eigenen Produkten nicht mehr würde unterscheiden können. Inzwischen ist es um diesen Forschungszweig ruhiger geworden. Die Erkennung von Schreibmaschinenschrift hat gute Fortschritte gemacht, korrekte Handschrift wird vom Computer zu 95 % erkannt, besser ist es, man lernt eine Schrift wie Grafity, die auf Erkennbarkeit ausgelegt ist. Die Spracherkennung hat die Marke 80-prozentiger und 90-prozentiger Erkennungsgenauigkeit übertroffen, aber bei der 95-prozentigen Genauigkeit gibt es anscheinend eine schwer überwindliche Grenze. Wollte man weiterkommen, müsste die Maschine den Menschen verstehen, und das kann sie nicht.

Wo ist das Problem? – Wenn man das so exakt sagen könnte, dann könnte man das Problem beheben. Vielleicht kann man es so ausdrücken: Eine Maschine verfügt immer nur über die Informationen, die man ihr einpro¬grammiert hat, oder auf deren Beschaffung man sie programmiert hat.


Ein Beispiel: Das Rechtschreibprogramm sucht nicht nach „Fehlern“ in einem Text, sondern es sucht exakt danach, ob die durch Freizeichen abgegrenzten Buchstabenfolgen im Text mit einer der Buchstabenfolgen im Wörterverzeichnis übereinstimmen oder nicht.

Es ist schon glaubhaft, dass es demnächst Programme gibt, die raffinierter sind, weil sie das Nutzerverhalten schärfer beobachten, verschiedene Informationen zusammenführen und dergleichen; das ändert aber nichts daran, dass es nicht mehr als zwei Informationsquellen gibt: Die Programmroutinen und die Nutzereingaben.

Im Gegensatz dazu weiß ein Mensch stets, wenn auch manchmal grob und unscharf,

  1. was Wissen ist und wozu es gut ist,
  2. ob er eine bestimmte Sache wissen will,
  3. viele Dinge, die ihm niemand gesagt oder zu suchen befohlen hat.

Das Problem des „Alltagswissens“ beschäftigt die Erforscher der Künstlichen Intelligenz (KI) mindestens seit Gründung der Firma Cycorp 1994. Das CycWikipedia-logo.png - Projekt versucht alles, was Menschen wissen, den Common sense, in Form von 100 Millionen Basisaussagen zur Verfügung zu stellen. Darin ist zum Beispiel enthalten, dass es derselbe elektrische Strom ist, der in der Glühbirne das Licht, im Backofen die Hitze und bei Berührung Strom führender Leiter erhebliche Verletzungen verursacht. Wie auch andere Ansätze der KI-Forschung wird auch das Cyc-Projekt nützliche Anwendungen unterstützen (zum Beispiel bei der Zusammenführung von Datenbanken); aber es zeigt sich – wie so oft – gerade am „Erfolg“ eines Projektes, worin sich der Mensch von der Maschine unterscheidet: Es gelang nicht ein „Format“ von Wissen im Allgemeinen zu definieren, man weiß nicht, in welches „Formular“ man alles und jedes eintragen kann, was sich wissen lässt, und zwar so, dass die Maschine es dann, wenn sie danach sucht, auch sicher findet.

Eine kleine tabellarische Aufstellung benennt, worin heute Maschinen den (meisten) Menschen überlegen sind und umgekehrt:

Was Maschinen besser können Was der Mensch besser kann
Schach spielen Fußball spielen
Integrale berechnen Sich mit Gesten verständigen
Daten wiederfinden Gesichter erkennen
Unbestechliche Kontrolle Sprache verstehen
Komplizierte Entscheidungen Gehörtes Verstehen
Arbeiten in lebensfeindlicher Umgebung Auto fahren

Zwei gemeinsame Prinzipien dieser Gegenüberstellung seien benannt:

  1. Der Mensch ist eine Einheit aus Körper und – ich sage das als Zugeständnis: – „Informationsverarbeitung“, die Maschine nicht. Für das Programm eines Computers ist es vollkommen egal, in welcher Form es physikalisch gespeichert ist, letztlich ist es für ein CAD Programm sogar gleichgültig, ob damit beispielsweise ein Roboter gesteuert wird, der wirklich Autos zusammenschweißt, oder ob das Programm nur am Bildschirm gestestet wird.
  2. Auch diejenigen Leistungen, die die Überlegenheit der Maschine zu zeigen scheinen, werden in unserem Gehirn „locker“ erbracht: Wir können ganz gut abschätzen, wie weit eine Bocciakugel fliegen wird, die wir werfen, ob wir mit unserer Sprungkraft über einen Graben kommen; ich weiß zwar manchmal nicht, wo ich meinen Hut habe, aber ich weiß mit unfehlbarer Gewissheit, dass ich einen gehabt habe, was „Haben“ bedeutet, wozu der Hut gut war, bei welchen Gelegenheiten ich ihn trug …

Es ist eben nur so, dass die Hauptmasse der Berechnungs- und Datenverarbeitungsleistungen des Gehirns dem Ich nicht bewusst werden. Wie viele nützliche Maschinen uns die KI-Forschung auch immer schenken wird, das Ich, die Seele, der Geist des Menschen spielt schlicht in einer anderen Liga, und zwar beginnend mit den ersten Äußerungen des Foetus und des Babys. Davon im nächsten Kapitel mehr!

Zur Vorgeschichte der KI

„Künstliche Intelligenz“ lässt sich historisch gesehen in eine Reihe stellen von Menschenerklärungsversuchen, die stets etwas mehr versprachen, als sie dann halten konnten: Als im 17. und 18. Jahrhundert die mechanischen Systeme (wie Uhrwerke) perfekter wurden, schrieb LammetrieWikipedia-logo.png (1709-1751) ein Buch über die Menschenmaschine. Der genaiale Mechaniker Jacques de VaucansonWikipedia-logo.png schien die Visionen des Maschinenmenschen der Realität nahezubringen.

Als Friedrich WöhlerWikipedia-logo.png 1828 erstmals einen organischen Stoff aus anorganischen Vorstufen synthetisierte, fügte Goethe in seinen Faust II die Figur des HomunculusWikipedia-logo.png, des künstlich geschaffenen Menschen, ein, nachdem er bereits in seinem Roman die WahlverwandschaftenWikipedia-logo.png (1809) mit der Chemie als Metapher für menschliches Verhalten gespielt hatte. Zeitlich parallel entstammt Mary ShelleyWikipedia-logo.pngs Figur FrankensteinWikipedia-logo.png (1819) einem ähnlichen Denken, bezieht aber neben der Anatomie vor allem die Elektrizität in die Menschen nachahmende Phantasiebildung ein. In unserer Zeit sind es vor allem die Biochemie und die Computersimulation, die das Versprechen auf ein vollständiges Verstehen des „System Mensch“, doch die KI-ForschungWikipedia-logo.png ist bereits in ein Stadium eingetreten, in welchem wir des grundsätzlichen Unterschiedes ansichtig werden zwischen Informationsverarbeitung und dem, was ein Geist tut.

Neurologie und Anthropologie

Lokalisierung von Gehirnaktivitäten durch bildgebende Verfahren

Biologie und Medizin versuchen seit langem den materiellen Strukturen des menschlichen Gehirns die Leistungen des menschlichen Geistes zuzuordnen. Naheliegend ist es zu beobachten, welche geistigen Leistungen ausfallen, wenn bestimmte Areale des Gehirns durch einen Gehirnschlag oder einen Tumor geschädigt sind. So weiß man, welche Gebiete des Gehirns damit beschäftigt sind zu sprechen und Sprache zu verstehen. Eine feinere Auflösung wird durch moderne bildgebende Verfahren[1] erreicht, die Gehirnaktivitäten beim lebendigen Menschen in guter räumlicher Zuordnung sichtbar machen können.[2]

Diese Forschungen haben aber niemals Ergebnisse der Art gebracht: „Da ist das Gehirngebiet, in dem alle Gesichter und die zugehörigen Namen abgespeichert sind.“ oder: „In dieser Gehirnregion sind alle Bilder von Möbeln.“ Die Ergebnisse lauten vielmehr: „Wenn der Mensch an Personen, Tiere oder Werkzeuge denkt, sind bestimmte Bereiche des Temporallappens der Großhirnrinde besonders aktiv." Wenn man daraus ohne weiteres schließt, dass die Gedanken an Personen, Tiere oder Werkzeuge an dieser Stelle „gedacht werden“, könnte man aber ziemlich falsch liegen. Mit einem Gedankenexperiment möchte ich das verdeutlichen:

Vorlage:Kasten blau

Was wir nach langen Jahren der Forschung von der Arbeitsweise des Gehirns wissen, hat tendenziell immer weiter weggeführt von unserer Selbstwahrnehmung.


Beispiel: Es gibt die Krankheit der Aphasie; unter der Menschen leiden, die zwar der Melodie gesprochener Sprache entnehmen können, welche Emotionen der Sprecher ausdrückt, aber sie können Sprache nicht hinsichtlich ihrer Wortbedeutungen und Grammatik analysieren. Im normalen Gespräch fallen solche Leute kaum auf, weil sie auf unsere emotional getönte Sprache meist sinnvoll reagieren. Gegenüber einer gleichförmig vorgetragenen Computerstimme sind sie machtlos. Die gegenteilige Entsprechung, Agnosie genannt - der Verlust der Fähigkeitdie Tonmelodie wahrzunehmen bei Erhalt der Fähigkeit, den grammatischen und lexikalischen Sinn des Gesprochenen zu verstehen -, ist viel seltener. Für beide Fähigkeiten sind weit voneinander entfernte Areale des Gehirns zuständig, denn sonst könnte ja nicht eine der Fähigkeiten durch Gehirnschädigung ausfallen und die andere erhalten bleiben.

Das ist nun der entscheidende Punkt: In unserer normalen Redepraxis war uns nie aufgefallen, dass das Erkennen von Grammatik und Wörtern eine ganz andere Leistung ist als das Erkennen der Sprachmelodie und ihrer Gefühlstönung. Wir sprechen einfach und verstehen, was gesagt wird, und zu Bewusstsein kommen uns nur diese Inhalte.


Beispiel: Jeder und jede hat wohl schon die Erfahrung des Trainings gemacht, etwa beim Erlernen des Autofahrens. Während man anfangs sehr bewusst den Fuß auf Gas und Kupplung führen muss und häufiger durch falsche Abstimmung den Motor abwürgt, geht einem der richtige Bewegungsablauf im Laufe des Trainings in Fleich und Blut über, wie der Volksmund sehr treffend sagt. Autofahrer, die schon ein paar tausend Kilometer gefahren sind, brauchen nicht mehr darüber nachzudenken, wie sie die Füße bewegen müssen, um anzufahren.

Wie ist das Bewusstsein in der Materie des Gehirns abgebildet?

Diese Frage kann man nicht exakt beantworten, aber meines Erachtens nicht deshalb, weil wir noch nicht genug wissen, sondern weil die richtige Antwort allzu exakte Angaben ausschließt.

Vorlage:Kasten blau

Im EEG, das die Aktivität des gesamten Gehirns misst, finden sich charakteristische Wellenmuster. Diese Muster korrespondieren Aussagen wie: „Ich bin hellwach“, „Ich fühle mich schläfrig“, „Ich bin aufgeregt“. „Ich bin gestresst“.

Befindlichkeiten sind im EEG zu sehen.jpg

Auch Gerüche und Entscheidungen konnten mit charakteristischen Wellenmustern identifiziert werden, allerdings nur individuell: Die Forschungsergebnisse an einer Person sind also nicht auf eine andere übertragbar; die Methode eignet sich nicht zum Lesen unbekannter Gedanken unbekannter Menschen.


Beispiel: Sehr viel Wirbel erregte das Libet-ExperimentWikipedia-logo.png, vor allem, weil es entgegen den Intentionen von Benjamin Libet als Test der Willensfreiheit gedeutet wurde.

Libet bat seine Probanden eine Hand zu bewegen. In einer Versuchsreihe sollten sie das sofort tun, wenn sie den "Drang" dazu verspürten, in einer anderen Reihe sollten sie eine Sekunde mit der Ausführung ihrer Absicht warten. Zugleich sollten sie sich in dem Augenblick, in dem sie den Entschluss fassten, genau die Zeigerstellung einer Uhr merken, die sie ständig sahen.

Dabei zeigte sich, dass im EEG der Entschluss um 0,2 Sekunden früher nachweisbar war als die Probanden selbst ihren Entschluss bemerkten. Anders gesagt: Die Zeigerkonstellation, die für die Probanden den Zeitpunkt des Entschlusses markierte, lag 0,2 Sekunden später als der Zeitpunkt, an dem im EEG anhand individuell ermittelter charakteristischer Veränderungen bereits erkennbar war, dass sich der Proband zur Armbewegung entschließen würde.

Wenn man eine physikalische Analogie der Gedanken sucht, dann ist der Begriff des AttraktorsWikipedia-logo.png hilfreich. Attraktoren bilden sich in physikalischen Systemen, die aus sehr vielen Teilen bestehen, die sich gegenseitig beeinflussen. Außerdem handelt es sich um Systeme, die sich dauerhaft im Ungleichgewicht befinden. In einer solchen Ungleichgewichtslage erzeugen die beteiligten Kräfte oft dennoch eine für eine Zeit stabile Erscheinung. Beispiele für Attraktoren sind Wolken, Tiefdruckgebiete, Strudel im Fluss, Kerzenflammen, Protonen, Atome, Galaxien.

Lebewesen befinden sich ebenfalls in einem chemisch-physikalischen Ungleichgewicht, man spricht von einem FließgleichgewichtWikipedia-logo.png (steady-state). Die Stabilität lebendiger Materie und ihrer Formen besteht ja nicht in ihren materiellen Bestandteilen, sondern in der Kontinuität charakteristischer biochemischer Prozesse. Man kann also auch von Attraktoren sprechen, wenn das Wachstum von Organismen immer wieder charakteristische Formen, nie aber exakte Kopien hervorbringt.

In diesem Sinne sind auch "Gedanken", "Gefühle" und "Entscheidungen" physikalisch gesehen Attraktoren in der koordinierten Aktivität von Milliarden Nervenzellen - und eben darum individuell und nicht längerfristig (was im Gehirn schon mit 2 Sekunden anfängt) vorhersagbar.

Anthropologische Folgerungen

Die vorangegangenen Überlegungen können selbstverständlich nur einen allerersten Einblick geben in Forschungsgebiete, die sich schon deshalb einer zusammenfassenden Darstellung sperren, weil die Forschung ständig weitergeht – und zwar mit Bahn brechenden Entdeckungen und Paradigmenwechseln. Gleichwohl können die folgenden – für eine theologische Anthropologie relevanten – Aussagen mit guten Gründen formuliert werden.

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Zitat
Die Kirche lehrt:[3]

382 Der Mensch ist in Leib und Seele einer [GS 14,1]. Die Glaubenslehre sagt, dass die geistige, unsterbliche Seele unmittelbar von Gott erschaffen ist.

357 Weil er nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, hat der Mensch die Würde, Person zu sein; er ist nicht bloß etwas, sondern jemand. Er ist imstande, sich zu erkennen, über sich Herr zu sein, sich in Freiheit hinzugeben und in Gemeinschaft mit anderen Personen zu treten, und er ist aus Gnade zu einem Bund mit seinem Schöpfer berufen, um diesem eine Antwort des Glaubens und der Liebe zu geben, die niemand anderer an seiner Stelle geben kann.

1730 Gott hat den Menschen als vernunftbegabtes Wesen erschaffen und ihm die Würde einer Person verliehen, die aus eigenem Antrieb handelt und über ihre Handlungen Herr ist. Gott wollte nämlich den Menschen ‚der Macht der eigenen Entscheidung überlassen‘ [Sir 15,14], so dass er von sich aus seinen Schöpfer suche und frei zur vollen und seligen Vollendung gelange, indem er ihm anhängt [GS 17]. Der Mensch ist vernünftig und dadurch das Ebenbild Gottes, geschaffen in Freiheit und Herr seines Tuns. [Irenäus, hær. 4,4,3]


Geist ist das Arbeiten mit Sinn.

Wie alle alltagssprachlichen Begriffe, mit denen der Geist sich auf seine eigene Funktionsweise bezieht, hat auch der Begriff "Sinn" eine metaphorische Vorgeschichte. Die ursprüngliche Bedeutung des altdeutschen Wortes "Sinn" kommt noch in Zusammensetzungen zum Ausdruck wie "Uhrzeigersinn". Gemeint ist die Richtung, in die sich etwas bewegt. "Bedeutung" kommt vom Deuten mit dem Finger, zu dem das Baby eines seiner ersten Wörter sagt: "Da".

Sinn, Bedeutung: Die Begriffe bezeichnen die paradoxe Eigenschaft von Dingen, mehr zu sein, als sie (im physikalischen Sinne) sind: Ein Drucker mag sich über die chemische Zusammensetzung des Schwarz der gedruckten Buchstaben Gedanken machen: Den Leser interessiert, für was sie stehen. Er setzt sie zu Wörtern und Sätzen zusammen, lässt sich zu Emotionen bewegen, findet eine Romanstelle spannend oder eine Nachricht entsetzlich.

Auch die Dinge in unserer Umgebung nehmen wir nicht einfach deshalb wahr, weil sie eben da sind, sondern weil sie uns etwas bedeuten, weil wir sie erkennen wollen um unsere Ziele erreichen, unsere Aufgaben erledigen zu können.


An ihren Fehlern sollt ihr sie erkennen!

Rote Kugeln.jpg

Man weiß ja, worauf es hinausläuft, und wenn man nachmisst, wird es bestätigt: Die beiden roten Kugeln sind exakt gleich groß. Und doch sieht man es nicht so: Denn unser Verstand unterstellt eine dreidimensionale Realität; er unterscheidet relative und absolute Größen und ermittelt seine Abschätzungen durch Vergleich mit der Umgebung. Also nehmen wir auf der linken Seite eine Situation an, die uns näher liegt als die auf der rechten, und darum halten wir die linke rote Kugel für kleiner und die rechte für größer, weil sie trotz angenommener weiterer Entfernung gleich groß aussieht.

Farbenspiel.jpg

Auch können wir uns wider besseres Wissen nicht enthalten, das Türkis im hellen Feld dunkler wahrzunehmen als das Türkis im dunklen Feld, obgleich es sich um dieselbe Farbe handelt. Die Leistung, die hier getäuscht wird, setzt uns zum Beispiel in Stand, zu unterscheiden, ob unser Nachbar im Urlaub seine Hautfarbe verändert hat, oder ob sich die Lichtverhältnisse verändert haben.

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Baerhinterbaum.jpg

Mit dieser Zeichnung kommen wir dem evolutionären Vorteil der Dingkonstanz näher: Obwohl ein Blatt Papier ebenso flach ist wie ein PC-Bildschirm, konstruiert unsere Wahrnehmung ohne Umschweife eine dreidimensionale Szene: Ein Bär, der sich am Baum festhält, von dem aber nur vier Tatzen und die Ohren zu sehen sind. Es ist klar, dass einem Lebewesen die wenigen Andeutungen genügen müssen, um eine Situation einschätzen zu können. Denn wenn hinter dem Baum ein Bär ist, könnte es für eine Flucht reichlich spät sein, wenn man wartet, bis er sich vollständig zeigt und zum Angriff übergeht.

Freiheit

Freiheit ist nicht die Fähigkeit zwischen roten und grünen Drops, also beliebigen Alternativen, wählen zu können (wie einige Experimente suggerieren). Freiheit ist vielmehr die Fähigkeit, sinnvoll zu handeln. Die alternative Erklärung des menschlichen Handelns lautet „Zufall“. Wir erleben unser Handeln aber als beabsichtigt und nicht als zufällig. Freiheit ist auch nicht der Normalfall, sondern eine Spitzenleistung des menschlichen Geistes.

Der Mensch ist fähig zur Beobachtung und Beurteilung des eigenen Verhaltens (reditio completa in seipsum). Diese Fähigkeit heißt "Gewissen" (conscientia, Syneidesis). Diese Fähigkeit muss gepflegt werden und reifen. Man wird nicht Fünfjährigen ein Küchenmesser geben, Zehnjährige nicht auf der Straße Auto fahren lassen, und man wird Zwanzigjährige nicht ins Bundeskanzleramt wählen. Aber mancher Fünfzigjährige benimmt sich auf der Straße wie ein Halbwüchsiger, weil er eben sein Gewissen als Verkehrteilnehmer nicht weiter entwickelt hat anhand seiner Erfahrungen im Verkehr und seiner Lebenserfahrung insgesamt.

Zitat
Die Kirche lehrt:[4] 1733 Je mehr man das Gute tut, desto freier wird man. Wahre Freiheit gibt es nur im Dienst des Guten und der Gerechtigkeit. Die Entscheidung zum Ungehorsam und zum Bösen ist ein Missbrauch der Freiheit und macht zum Sklaven der Sünde.

Das sieht man insbesondere dann, wenn Menschen sich einer an sich guten Sache (Arbeit, Konsum, Spaß, Sexualität, Alkohol oder andere Drogen) in einem solchen Maß hingeben, dass sie die Kontrolle verlieren. Suchtkranke Menschen sind wirklich zum Sklaven ihres Suchtmittels geworden und deshalb ein deutliches Bild dessen, was das Christentum unter "Sünde" versteht.

Auf ein Ziel hin geschaffen

Im Sinne des Christentums ist der Mensch auf ein Ziel hin geschaffen. Das Konstruieren von Bedeutungen, von Sinn, die Formulierung und Verwirklichung von Absichten, ist für Christen auch ein Erkennen des Sinnes, für den die Dinge von ihrem Schöpfer gemacht wurden, und eine Nachfolge, ein Gehorsam den Absichten gegenüber, die der Schöpfer mit der Welt von Anfang an verband: Dabe geht es um das "Reich Gottes", und das heißt zweierlei: Glück für jeden einzelnen und Frieden für alle zusammen.

Zitat
Die Kirche lehrt:[5]

163 Der Glaube lässt uns schon im voraus die Freude und das Licht der beseligenden Gottesschau genießen, die das Ziel unseres irdischen Weges ist. Wir werden dann Gott von Angesicht zu Angesicht [1 Kor 13,12], wie er ist [1 Joh 3,2], sehen. Der Glaube ist somit schon der Beginn des ewigen Lebens. Wir erwarten den Genuss der uns aus Gnade verheißenen Güter. Wenn wir sie im Glauben wie in einem Spiegel betrachten, sind sie uns schon gegenwärtig. [Basilius, Spir. 15,36 Vgl. Thomas v. A., s. th. 2-2,4,1.]


Lernen

Lernen definierte Konrad Lorenz als erfahrungsbedingte Verhaltensändernung. Nach dieser Definition wäre die Entwicklung einer Drogensucht ebenso "Lernen" wie das Einüben der Mondscheinsonate von Ludwig van Beethoven.

Das Wort "Lernen" hängt mit einem gotischen Wort zusammen, das "nachspüren" bedeutet; das stammverwandte Wort "Leisten" bezeichnet den aus Holz nachgebildeten Fuß, mithilfe dessen der Schuster einen Schuh anpasst. Es ist also keine richtungslose Verhaltensänderung, sondern eine angestebte, die wir "Lernen" nennen. Dabei gibt es zunächst noch zwei Möglichkeiten: In Elternhaus und Schule sind Lernziele vorgegeben. Das reicht vom Beispiel der Eltern und Lehrer bis zu ausformulierten Curricula und Lehrplänen. Doch von früher Kindheit an ist es schwierig bis unmöglich, dem Kind etwas gegen seinen Willen "beizubringen". Von Erwachsenen erwarten wir, dass sie sich selbst Ziele setzen und ihre Lernfortschritte gestalten.


Grundlegende Lernziele enthält die nachfolgende Tabelle. Dabei ist in dem "muss" nicht so sehr eine normative Idee ausgedrückt, sondern die Tatsache, dass der Mensch Laufen, Lesen, sich schämen usw. nicht von Geburt an kann.


Lernenmuessen.jpg


Objektive Fähigkeiten

SkinnerWikipedia-logo.png verstand Lernen als Wirkung von KonditionierungWikipedia-logo.png. Belohnung und Bestrafung sollten Tiere und Menschen dazu bewegen, bestimmte Verhaltenweisen zu zeigen oder sie zu meiden.


Beispiel: Skinner hielt Tauben in weitgehend leeren und sterilen Käfigen. In regelmäßigen Abständen wurden sie mit Futter belohnt. Nach ein paar dutzend Zyklen beobachtete Skinner, dass die Tauben in konstanter Wiederholung eigenartige Bewegungen vollführten - Kopfnicken, Fußscharren, Flügelschlagen - und zwar jede eine andere. Skinner deutete diese Beobachtung so, dass die Tiere gerade im Moment der Futtergabe eine bestimmte Bewegung machten, die sie dann mit dem Futter assoziierten und von da an gezielt ausführten, um wieder Futter zu bekommen. Skinner erklärte mit diesem Mechanismus die Existenz von religiösen Riten, zum Beispiel Regentänzen: Bis es wieder Regen gibt, dauert es eine Weile, ob getanz wird oder nicht. Da die Menschen aber einmal getanzt haben, als Regen kam, werden sie jetzt immer tanzen, wenn sie auf Regen warten, und sie denken, dass sie tanzen müssen, damit Regen kommt.

Ein einfaches Experment, das jüngst Peter Brugger dürchführte, [6] scheint die Erklärzung zu bestätigen: In einem PC-Spiel mussten die Probanden eine Maus in einen Kasten führen: Brauchten sie dafür weniger als 5 Sekunden, schnappte eine Falle zu, brauchten sie länger, gab's Käse zur Belohnung. Nur zwei von 40 Spielern durchschauten den Mechanismus innerhalb von hundert Durchläufen des Experimentes, die anderen glaubten, dass man die Maus auf einem mehr oder weniger komplizierten Weg über den Bildschirm führen müsse, um an den Käse zu kommen.

Emotionale Intelligenz

Religion

Anmerkungen

  1. Die Universität des Saarlandes hat auf ihrer homepage eine gute Übersicht über die bildgebenden Verfahren in der Medizin, aus der man sich vor allem über die technische Seite unterrichten kann.
  2. Eine Übersicht von G. Figge unterrichtet über die gängigen neurologischen Untersuchungsmethoden
  3. Auszüge aus dem Katechismus der katholischen Kirche (ab jetzt: KKK)
  4. KKK siehe oben!
  5. KKK, siehe oben!
  6. Bruggers Experiment