Kegelschnitte
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Geometrische Konstruktion von Kegelschnitten
Die Decken mancher Höhlen ähneln einer Ellipsenhälfte. Befindet man sich in einem Brennpunkt dieser Ellipse, hört man jedes Geräusch, dessen Ursprung im zweiten Brennpunkt liegt, verstärkt ("Flüstergewölbe"). Diese Art der Schallübertragung funktioniert in einigen Stationen der Pariser Métro sogar von Bahnsteig zu Bahnsteig. Das gleiche Prinzip der Schallfokussierung wird heute zur Zertrümmerung von Nierensteinen mit Stoßwellen in der Medizin verwendet. Hierbei ist der Sachverhalt etwas komplizierter. Genauso wie in der Medizin, wird auch im lampengepumpten Nd: YAG-Laser in der Physik und Technik ein sogenannter Reflektor in Form einer Ellipse verwendet. Die Pumpquelle - entweder eine Blitzlampe oder eine Bogenlampe - wird in dem einen Brennpunkt positioniert und der dotierte Kristall in den anderen Brennpunkt gelegt.
Sogar im alltäglichen Leben, z.B. wenn man ein Sektglas mit Flüssigkeit kippt, entstehen Ellipsen, die man mit bloßem Auge sehen kann und die bei der Volumenberechnung als Hilfestellung genutzt werden. Darüber hinaus sind Ellipsen sicherlich nicht nur die einzigen geometrischen Objekte, die in der Natur oder in der Mathematik in dieser Form vorkommen. Es ist die allgemeine Gruppe dieser Objekte, die sogenannten Kegelschnitte.
Ein Kegelschnitt (englisch: conic section, cone-plane intersection) ist eine Kurve, die entsteht, wenn man die Oberfläche eines unendlichen Kegels bzw. Doppelkegels mit einer Ebene schneidet. Ein Kegelschnitt ist der zweidimensionale Sonderfall einer Quadrik. Mit anderen Worten gibt man eine einfachere kurze Definition an:
Fachlicher Hintergrund
Definition
Ein ebener Schnitt eines geraden Doppelkegels ist ein Kegelschnitt. |
Zu den Kegelschnitten gehören die Ellipse, Hyperbel, Parabel und der Kreis, wobei der Kreis als Spezialfall der Ellipse auftritt. Ebenfalls zur Klassifikation der Kegelschnitte gehören die ausgearteten Kegelschnitte, wie die Gerade und der Punkt, die jeweils entstehen, wenn die Schnittebene durch die Kegelspitze geht. Diese Spezialfälle müssen erwähnt werden, werden aber im Folgenden nicht weiter behandelt.
Aufgabenstellung für die Schülerinnen und Schüler
(a) (i) Welches geometrische Objekt entsteht, wenn man eine Gerade im
(ii) Sei E eine Ebene im
Solche Fokussierungen, wie im Einleitungstext, also die Verwendung der Kegelschnitte, werden auch von der Autoindustrie bei der Herstellung von Scheinwerfern benutzt. Damit der Gegenverkehr in der Dunkelheit nicht geblendet und die Sicht des Fahrers auf den Weg optimiert wird, achtet man besonders bei der Konstruktion von Scheinwerfern auf richtige Reflexionen. "Bekanntlich werden parallel zur Achse eines Parabolspiegels (Parabel) einfallende Strahlen so reflektiert, dass sie durch ihren Brennpunkt verlaufen".
Eine Konstruktion nach Ortsdefinition funktioniert, wenn man einen oder beliebig viele feste Orte wählt und dann geometrisch das Zielobjekt konstruiert. Wählen Sie im folgenden eine Strecke |
Notwendige Voraussetzungen
Schülerinnen und Schüler...
- ...sind mit geometrischen 3D-Vorstellungen vertraut
- ...verfügen über elementare geometrische Kenntnisse, besonders über die Parabel und Hyperbel
- ...haben umfangreiche Erfahrungen mit der Funktion "Graphs & Geometry" und können mit dem TI-Nspire umgehen
Bezug zum Lehrplan / Kompetenzen, die gefördert werden können
Aus Sicht der an 'SINUS-Transfer NRW Projekt 2' beteiligten Schulen werden zwei Kompetenzbereiche erwähnt, die die "Ergebnisse der aktuellen didaktischen Diskussion mit praktischen Erfahrungen der Lehrerinnen und Lehrer" verknüpfen (siehe Näheres hier). Es handelt sich hierbei um die prozessbezogenen und inhaltsbezogenen Kompetenzbereiche. Diese werden hier mit dem Thema "Kegelschnitte" verglichen, analysiert und als Vorschlag aufgeführt. Als Ergebnis kann man dann folgende Kompetenzen beschreiben:
Prozessbezogene Kompetenzbereiche:
Begriffsbilden | Argumentieren/Bewerten | Modellbildung | Problemlösen | Werkzeuge |
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Inhaltsbezogene Kompetenzbereiche kann man wie folgt darstellen:
Die Schülerinnen und Schüler...
- ...lernen komplexere Gebiete der Mathematik mit geometrischen Mitteln zu beschreiben (Darstellung, Beschreibung)
- ...arbeiten mit bekannten Objekten bzw. mathematischen Begriffen und übertragen sie auf neue Problemstellungen
- ...setzen sich kritisch mit ihren Resultaten und Lösungen der Aufgaben auseinander (Bewerten, Interpretieren)
Rolle der Technologie
- Konstruieren von geometrischen Objekten von 2D ins 3D
- Nutzung der Dynamisierung durch die Geometriesoftware, um viele ähnliche Konfigurationen gleichzeitig zu betrachten
- Visualisieren eines praktischen Problems als geometrische Problemstellung auf dem TI-Nspire
Didaktischer Kommentar
Die Einführung in das behandelnde Thema ist nicht ganz so einfach, da das Thema 'Kegelschnitte' nicht im Lehrplan für Mathematik in NRW aufgeführt ist. Genauer gesagt behandelt man schon die Kegelschnitte, aber nicht unter dieser Fachbezeichnung. Unter den Kegelschnitten fallen, wie schon in der Bearbeitung oben mehrfach genannt, die Parabel, Hyperbel und die Ellipse, wobei der Kreis ein Sonderfall der Ellipse ist. Diese Fachbezeichnungen treten wiederum im Lehrplan als zu behandelnde Themen auf. Folglich kann man hieraus die Kegelschnitte herleiten.
Die Ausarbeitung ist besonders auf dieser Idee basierend aufgestellt worden. Zunächst führt man durch einen Einleitungstext das "fremde" Gebiet ein. So fremd ist das Themengebiet aber dann doch nicht, da die SuS die Ellipse und Parabel schon aus den früheren Jahrgangsstufen kennen. Dies könnte also ein gewisses Interesse wecken. Durch Einbeziehen des Computers ermöglicht die Koordinatengeometrie den SuS heuristisches und experimentelles Arbeiten. Aufgrund dieser Überlegung ist die Aufgabe (a)(i) eine Experimentieraufgabe, wobei die Schüler eine dreidimensionale Lösung finden müssen. Der Aspekt des 3D könnte im ersten Augenblick nicht vertraut sein. Diese Eigendynamik mathematischer Begriffsbildung ist eine typische Eigenschaft der Wissenschaft Mathematik und sollte von den SuS entsprechend erfahren werden.
Genauso funktioniert der Teil (ii) von Aufgabe (a). Diese geometrische Konstruktion entlastet den Mathematikunterricht vom Drill von Verfahren und langwierigen Rechnungen und ermöglicht, die Modellbildung, das Herstellen von Bezügen und Finden von Zusammenhängen stärker zu betonen. Die Praxis zeigt den SuS die Breite des Faches und leitet zum kritischen Denken und zum Arbeiten in übergreifenden Zusammenhängen an.
In der danach folgenden Aufgabe wird ein physikalisches Beispiel benutzt. Dies regt die Eigenaktivität der SuS bei der Problemstellung an, da Physik meistens die Praxis beschreibt. Die Verknüpfung des Problems mit der Naturwissenschaft hilft den SuS zu erkennen, wie Mathematik und Realität miteinander verbunden sind. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt, denn viele SuS haben Vorurteile und betrachten die Mathematik nicht im Alltag, sondern sehen sie als trockenes Rechnen und Auswendiglernen für den ausschließlichen Gebrauch in der Schule. Folglich zeigt die gestellte Aufgabe mögliche Zugänge zur Praxis und soll eine Motivationsschiene für das Lernen bieten, denn Autofahren tut fast jeder irgendwann mal! Die Lösungsmethode hat z.B. auch Anwendung in der Perspektive der Kunst und Architektur. Gerade die praktische Benutzung der Parabeln und Ellipsen (Scheinwerfer, Parabolantennen) als Brennpunktbestimmung hilft Optimierungsprobleme zu lösen. Dies fällt dann aber nicht mehr unter das Gebiet der Koordinatengeometrie. Man kann sie aber damit kombinieren.
Oft tritt die Notwendigkeit auf, räumliche Objekte in der Zeichenebene darzustellen. Dafür sprechen nicht nur die elegante Behandlung von diesen Unterrichtsgegenständen, sondern auch die physikalische Bedeutung und insbesondere strukturmathematische Aspekte. Eine Konstruktion "zu Fuß" eines der Kegelschnitte in Aufgabe (c) hilft schon den SuS die Eigendynamik der Computersoftware zu erkennen, da sie sehen wie aufwendig das Entwickeln der Kegelschnitte eigentlich ist. Man sollte deswegen im Unterricht erwähnen, dass die Natur und die Realität um einen herum selbstverständlich aus dreidimensionalen Objekten besteht und wegen der Universalität der Mathematik die Zusammenarbeit mit der Praxis, also den Naturwissenschaften, gelingt. Hierbei wird der gegebene Gegenstandsbereich quantitativ erfasst. Der Sachverhalt wird durch mathematische Modellierung beschrieben.
Es mag sein, dass das Wort 'Kegelschnitte' im Lehrplan nicht aufgeführt ist, aber man sieht deutlich, dass man sie die ganze Zeit benutzt und mit ihnen arbeitet. Da diese geometrischen Objekte viel miteinander zu tun haben, besonders das Kombinieren dieser gut möglich ist, sollte man beim Einführen des Themas ein praktisches Beispiel benutzen, wie es z.B. in den Aufgaben dargestellt ist. Denn die Problemstellung hier bietet einen Anwendungsbezug in die Wissenschaft der Physik, zugleich kommt eine inner- und außermathematische Bedeutung zum Vorschein. Dies hat den Effekt, dass die SuS für einen Augenblick die theoretische Seite der Mathematik vergessen und die spielerisch praktische Seite kennenlernen. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien als Hilfsmittel zur Erarbeitung und Darstellung von mathematischen Methoden und Lösungswegen wird bei diesem Ziel gewiss helfen.
Quellen
- Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundarstufe II im Fach Mathematik - Gymnasium/Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen, 1. Auflage 1999, Heft 4720, Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen
- Impulse für den Mathematikunterricht in der Oberstufe, 1. Auflage 2007, Klett Verlag
- Hilfsmittel: Archimedes Geo3D 1.3 und TI-Nspire