Lernpfad Energie/Das physikalische Konzept Energie und Bodenhistorie/Theorien zur Beschaffenheit des Bodens und seiner Bearbeitung in der Neuzeit: Unterschied zwischen den Seiten

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== Energie-Träger, Energie-Formen ==
{{Bodenhistorie}}
Was "Frau Mileva" als erst einmal als "universelle Wirksamkeit" bezeichnet hat, ist tatsächlich eine der wichtigsten Größen der gesamten Physik: die so genannte Energie.
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Das Armbrust-Beispiel zeigt auch: Energie als "Wirksamkeit" kann ganz unterschiedlich vorliegen: In einer gespannten Armbrust, in der Geschwindigkeit des Bolzens oder der Höhenlage des Bolzens über der Planetenoberfläche.
=Theorien zur Beschaffenheit des Bodens und seiner Bearbeitung in der Neuzeit=
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__TOC__
== Antike Überlieferungen ==


In unterschiedlichen Büchern wird dieser Gedanke sprachlich unterschiedlich dargestellt. Die Physiker haben sich noch nicht auf eine einheitliche Sprechweise geeinigt. Physiker sind eben auch nur Menschen:
Schon Hesiod besang den Pflugstier. Uralt ist die Tradition des Pflügens, die Erfahrung, dass Pflanzen in gelockertem Boden besser wachsen und gedeihen. Griechische und römische Ackerbauern stellten Überlegungen an, wie die physikalische Struktur des Bodens beschaffen sein müsste. Nach Vergil sollte ein Boden danach beurteilt werden, ob ein Grabloch wieder mit der gleichen Bodenmenge des Aushubs aufgefüllt werden konnte. Das erinnert an moderne Vorstellungen über Porenvolumen und Bodenverdichtung. Mit den Fingern, mit der Hand, mit dem Geschmacks- und Geruchssinn trafen die Bauern der Antike ihre Einschätzungen über den Bodenzustand. Sie teilten die Böden in "fruchtbar" und "nutzbar" und "unfruchtbar" und "nicht nutzbar" ein.


* '''Sprechweise: Energieformen und Energie-Umformung bzw. -Umwandlung'''
'''Was macht den Boden fruchtbar?''' Diese lebenswichtige Frage nach dem Geheimnis des Bodens bewegte den Verstand und die Phantasie der Bauern und Wissenschaftler über Jahrhunderte und reicht bis in die jüngste Gegenwart.
** "Die Energie liegt in verschiedenen Energie'''formen''' vor: Als '''Spannenergie''', als '''Bewegungsenergie''' (auch '''kinetische Energie''' genannt) oder als '''Lageenergie''' (auch '''potentielle Energie''' genannt).
** Während des Schusses wird die Spannenergie in Bewegungsenergie '''umgeformt''' oder '''umgewandelt'''. Während des Fluges nach oben wird immer mehr von der Bewegungsenergie in Lageenergie umgewandelt. Während des Rücksturzes wird dann wieder mehr und mehr Lageenergie wieder zurück in Bewegungsenergie umgewandelt.
* '''Sprechweise: Energieträger und Energie-Umladung''' 
** "Die gleiche Energie hat während des Schusses und des Fluges verschiedene Energie'''träger'''. Das ist die Spannung der Armbrust, die Geschwindigkeit des Bolzens oder die Lage des Bolzens über dem Boden.  
** Während des ganzen Ablaufes wechselt die Energie ihren Träger, die Energie wird '''umgeladen'''"


Beide Formulierungen haben Vor- und Nachteile. Wir werden hier die erste verwenden, nicht weil sie richtiger ist als die andere, sondern weil manche Dinge sich dann kürzer beschreiben lassen.
Für die Umwandlung einer Wiese in einen Acker gab der Hausvater Florin<ref>Florini, Oeconomus prudens et legalis. Allgemeiner kluger und rechtsverständiger Hausvatter 1.3. S. 564/ 1705</ref> einige Empfehlungen. Sie sollte seiner Meinung nach zuerst umgehackt werden, dann gepflügt werden und dann sofort mit Sand (dem Warmen) und Mist (dem Feuchten) bestreut werden. Alles sollte dann gemischt werden, "um die rechte Complexion des Temperaments zu erhalten, denn die Erde sey eigensinnig und launisch wie ein widerstrebend Kind." Sachlich ist gegen diese Vorgehensweise des Florini wenig einzuwenden. Sie beinhaltete jedoch einen interessanten Aspekt, weil der Ratschlag des Florini nicht aus eigener Idee stammte, sondern antiken Vorstellungen entlehnt war.


== Energie als physikalische Größe mit Einheit ==
[[Datei:Aristotle Altemps Inv8575.jpg|thumb|200 px|left|[[Aristoteles]]]]
Nach '''[[Aristoteles]]''' bestand die ganze erkennbare Welt aus den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde. Dabei sollten seiner Meinung nach Verbindungen entstehen, indem sich die Elemente in verschiedenen Proportionen und entsprechend ihrer Qualitäten vereinigten. Ausgeschlossen war nur die Vereinigung von ausgesprochenen Gegensätzen, weil sich dabei die Eigenschaften einfach aufgehoben hätten. Daher glaubte man, daß sich Wasser (nass und kalt) mit dem Feuer (trocken und warm) unmöglich verbinden konnten, was sich anschaulich demonstrieren ließ, wenn Wasser ins Feuer geschüttet wurde.


In physikalischen Formeln wird die Energie häufig mit <math>E</math> oder (vor allem in Schulbüchern) tatsächlich mit <math>W</math>. Das kommt allerdings eigentlich vom englischen "Work" als von der deutschen "Wirksamkeit". Allerdings stammen diese beiden Wörter letztlich wieder aus der gleichen [http://en.wiktionary.org/wiki/wirken sprachlichen Quelle].
Diese Grundvorstellung hatte Auswirkungen auf die Vorstellungen vom Boden und der Bodenbearbeitung im [[Altertum]], in der [[Renaissance]] und in der [[Neuzeit|neuesten Zeit]]. Es schien den Bauern ratsam, nicht bei Nordwind zu säen, "weil der Wind die Poren des Bodens zusammenziehen würde, so dass der Boden den Samen nicht aufnehmen konnte und die fruchtbaren Geister der Fermentation nicht wirken konnten." Oder die Vorstellung, dass "trockener Mist nur für feuchte Böden geeignet sei und heißer Mist für kalte Böden."
Wir verwenden hier die Schreibweise mit dem <math>E</math>; wir nennen die Lageenergie (potentielle Energie) <math>E_\text{pot}</math> und die Bewegungsenergie (kinetische Energie) <math>E_\text{kin}</math>, weil Physiker typischerweise faul sind und man die beiden Fachbegriffe schön mit nur drei Buchstaben abkürzen kann.


Kein Landwirt wird heute den Dung nach dessen Temperatur zuteilen. Aber die Begriffe warm und kalt haben sich durchaus gehalten. Der moderne Landwirt spricht von einem warmen und von einem kalten Boden, von leichten und schweren Böden, von trockenen und feuchten Böden. Dabei sind diese begrifflichen Zuordnungen z.T. falsch, denn ein sog. kalter Boden hat häufig die gleiche Temperatur wie ein sog. warmer Boden und ein schwerer Boden ist tatsächlich gewichtsmäßig der leichtere Boden. Es geht um etwas anderes. Den Bodenbegriffen werden seit altersher bestimmte Empfehlungen zugeordnet, z.B. sollen auf leichten (warmen) Böden Roggen, Hafer und Kartoffeln angesät bzw. angepflanzt werden. Auf schwere (kalte) Böden gehören Weizen, Raps, Bohnen oder Zuckerrüben. Diese Empfehlungen sind durchaus haltbar und beinhalten eine lange Erfahrung. Das heutige Wissen über den Boden hat, für die Mehrzahl der Landwirte sicherlich unbewusst, noch zu einem kleinen Teil antike Wurzeln.


Zu den Einheiten:
== Der Streit um die richtige Bodenbearbeitung ==


* Als Formel für die Energie, wenn sie in der Höhe <math>h</math> des Bolzens über der Planetenoberfläche gespeichert ist, hatten wir <br> <math>E_\text{pot}=m \cdot g \cdot h</math> <br> gefunden. Die zugehörige Einheit wäre dann:<br> <math> [E_\text{pot}]=1 \text{kg} \cdot 1\frac{\text{N}}{\text{kg}}\cdot 1\text{m}=1\text{N}\cdot\text{m}</math> sein.  
[[Datei:Dampfseilpflug-Lokomotive - Ottomeyer - Museumsdorf Cloppenburg.jpg|300 px|thumb|Dampfseilpflug-Lokomotive. Der Pflug wurde durch zwei gegenüberliegende Lokomobile am Feldrand mittels Seilzug bewegt.]]
* Als Formel für die Energie, in der Bewegung des Bolzens gespeichert ist, hatten wir <br> <math>E_\text{kin}=\frac{1}{2}m v^2</math><br> Hier hätten wir als Einheit also <br><math>[E_\text{kin}]=1\text{kg}\cdot\frac{\text{m}^2}{\text{s}^2}</math>
Der Streit ist uralt, ob ein Boden flach oder tief gepflügt werden sollte. In der heutigen Zeit wird der Streit um die Variante erweitert, ob Pflügen überhaupt sinnvoll ist. Probst Lüders<ref>Probst Lüders war Projektant einer Ackerbauakademie in Flensburg (1765)</ref> empfahl den Bauern, nur 1 1/2 bis 2 Zoll tief zu pflügen, damit der Dünger möglichst dicht an den Samen platziert werden konnte. Mit seiner Empfehlung für eine flache Furche lag der Probst jedoch nicht im Trend seiner Zeit. Der preußische Kammerrat Peter Kretschmer war wohl der erste, der 1748 eine neue Bodenbearbeitungsmethode ausprobierte, und zwar das sog. "rajolen"<ref>{{Zitat float|1=
'''Rajolen = Rigolen''' (v. franz. rigole, Rinne, Furche; Rajolen, Reolen), die tiefe Bearbeitung des Bodens, um eine größere Erdschicht warm, locker und fruchtbar zu erhalten. Das zu rigolende Land wird in Streifen von ca. 2 m Breite und diese wieder in kleinere Abteilungen so eingeteilt, daß die erste 0,4–0,6 m tief ausgegraben, mit der Erde der zweiten und diese mit der dritten u. s. f. gefüllt wird, wobei man sich so einrichtet, daß man genau da aufhört, wo man angefangen hat, so daß der zuerst aufgeworfene Boden in den letzten Graben geworfen wird. Dabei ist der gute Boden mit dem schlechten Untergrund zu mischen, bei jedesmaligem Rigolen aber einige Zentimeter tiefer zu gehen; in alten Baumschulen ist man dabei schon bis 5 und 6 m Tiefe gekommen. Im Gemüsegarten rigolt man, wenn die obere Bodenschicht durch vieles Düngen sehr humusreich geworden ist. Auf Ackerboden benutzt man den Rigolpflug.|2=[http://www.peter-hug.ch/lexikon/Rajolen '''Rajolen / Lexikon''']}}
</ref>. Weil der Unterboden angeblich fruchtbarer war als die Bodenkrume, sollte dieser nach oben hin zur Pflanze verlagert werden. Seine Vorstellungen setzten sich durch, weil der technische Fortschritt es möglich machte. Am tiefsten wurden in Deutschland die Ackerflächen im ausgehenden 19. Jahrhundert gepflügt.


Ist das nicht ein Widerspruch, dass die gleiche Größe "Energie" zwei verschiedene Einheiten haben soll?
== Anmerkungen ==
Das wäre es in der Tat. Allerdings ist ein Newton gerade definiert als diejenige Kraft, die man benötigt, um ein Kilogramm innerhalb von einer Sekunde auf die Geschwindigkeit von 1m/s zu bringen.


Ein Newton ist also letztlich nur eine Abkürzung:
<references/>
<math>1\text{N}=1 \text{kg}\cdot\frac{1\frac{\text{m}}{\text{s}}}{1\text{s}}=1 \text{kg}\cdot\frac{\text{m}}{\text{s}^2} </math>


Damit haben also die beiden Formeln doch die gleiche Einheit. Weil es sich bei der Energie um eine derart wichtige Größe handelt, hat man dieser Einheit eine eigene Abkürzung gegeben: '''1 [http://de.wikipedia.org/wiki/Joule Joule]'''.


{{Box
==Alchemie und Bodendüngung==
|Aufgabe 2.1: Größen und Einheiten
|Vervollständige den folgenden Lückentext:
|Arbeitsmethode
}}
<div class="lueckentext-quiz">
Ist Energie in der Bewegung eines Körpers mit der Masse '''<math>m</math>''' gespeichert, der eine Geschwindigkeit '''<math>v</math>''' hat, so spricht man von '''Bewegungsenergie''' oder '''kinetischer''' Energie. Wir verwenden das Formelsymbol '''<math>E_\text{kin}</math>'''. Die Berechnung erfolgt über die Formel '''<math>E_\text{kin}=</math>''' '''<math>\frac{1}{2}mv^2</math>'''.


Ist Energie in der Lage, genauer: der Höhe '''<math>h</math>''' eines Körpers der Masse <math>m</math> im Schwerefeld eines Himmelskörpers mit Ortsfaktor '''<math>g</math>''' gespeichert, spricht man von '''Lageenergie''' oder '''potentieller''' Energie. Wir verwenden das Formelsymbol '''<math>E_\text{pot}</math>'''. Die Berechnung erfolgt über die Formel '''<math>E_\text{pot}=</math>''' '''<math>m\cdot g \cdot h</math>'''.
Was düngt den Boden und was macht ihn fruchtbar? Diese Fragestellung durchzieht die ganze Geschichte der Bodenkultur bis in die heutige Zeit. Dass Fäkalien, Gips und Asche düngend wirken, war schon im Altertum bekannt. Es waren praktische Erfahrungen, die von Bauerngeneration zu Bauerngeneration weitergegeben wurden. Weil die Erfahrung mit dem Hunger schier endlos war, bewegten derartige Fragen die Phantasie der Menschen, Wie schön, wie herrlich müsste es sein, mit einem Stoff oder mit einem Trick Hunger und Elend zu besiegen. Was dabei herauskam war eine bunte Mischung aus Aberglauben, Erfahrungen und aus Vorstellungen.


</div>
[[Datei:Alchemical Laboratory - Project Gutenberg eText 14218.jpg|
'''Alchemistenküche um 1660'''|thumb|200 px]]




{{Box
Der Alchemist Joachim Becker wolle durch die Destillation eines bläulichen Letten (Letten=Stein), der an Grunde von Quellen und Brunnenwassern zu finden war, einen Universaldünger gewinnen. Ein Tröpflein sollte besser düngen als ein ganzes Fuder Mist. Etwas realistischere Chancen hatten da schon die Entdeckungen und Experimente des [http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Rudolph_Glauber '''Johann Rudolph Glauber (geboren 1604)''']. Der Trunk aus einer salpeterhaltigen Quelle soll ihn einmal von einer bösen Krankheit kuriert haben und ihn zu seiner Dünqerphilosophie inspiriert haben. Mit seinem Namen ist die [http://de.wikipedia.org/wiki/Natriumsulfat '''Glaubersalzgewinnung''']verbunden.
|Aufgabe 2.2: Kran auf der Baustelle
<ref>{{Zitat|Natriumsulfat wurde 1625 von dem Chemiker und Apotheker Johann Rudolph Glauber hergestellt und beschrieben und wird daher auch als Glaubersalz bezeichnet. Er selbst nannte das von ihm entdeckte Salz auch Sal mirabilis und Mirabili.|Wikipedia}}</ref>
|
Auf einer Baustelle hebt ein Kran eine Betonmischmaschine (100kg) von 5 Metern Höhe in 8 Meter Höhe. Berechne die Lageenergie der Betonmischmaschine vor und nach dem Heben und bestimme den Unterschied zwischen den beiden Energie-Werten. <br> Tipp: Unterschiede einer Größe werden häufig mit einem griechischen <math>\Delta</math> beschrieben. Der gesuchte Energieunterschied würde also als Formelsymbol <math>\Delta E_\text{pot}</math> heißen.
|Arbeitsmethode
}}


<ref>{{Zitat|Glaubersalz, wiss. Bezeichnung Natriumsulfat (Na2SO4),veraltete Bezeichnung Schwefelsaures Natron) ist ein Natriumsalz der Schwefelsäure und setzt sich aus zwei Natriumkationen (Na+) und dem Sulfatanion (SO42-) zusammen. Das Dekahydrat (Na2SO4 · 10 H2O) wird nach dem Chemiker Johann Rudolph Glauber auch Glaubersalz genannt. Auch Karlsbader Salz, das durch Eindampfen von Karlsbader Mineralwasser gewonnen wird, besteht hauptsächlich aus Natriumsulfat-Dekahydrat und wird wie Glaubersalz als '''Abführmittel''' eingesetzt.|Wikipedia}}</ref>&nbsp;&nbsp; Für ein Jahrhundert wurde der Salpeter der Universaldünger der Bauern und Gärtner und das wohl mit einigem Erfolg.


{{Box
|Aufgabe 2.3: Lastwagen auf der Autobahn
|
Ein Lastwagen (7,5 Tonnen) fährt auf der Autobahn mit 80km/h Geschwindigkeit. Er beschleunigt beim Überholen auf 100km/h. Berechne seine Bewegungsenergie vor und nach dem Beschleunigen und bestimme den Unterschied zwischen den beiden Energie-Werten.
|Arbeitsmethode
}}


{{Box
<references/>
|Aufgabe 2.4: Eine alte, aber bekannte Energie-Einheit
|
Frau Huber klagt, sie hätte am Wochenende bei Freunden wieder zuviel Kuchen gegessen und sie müsste die ganzen Kalorien auf einer Klettertour in den Alpen wieder abtrainieren. Recherchiere im Internet über die Einheit "Kalorie" und berechne, wie hoch Frau Huber (75kg) mit Energiemenge eines Kuchenstücks (300 kcal) in den Alpen klettern könnte, wenn sie sie vollständig in Lageenergie umwandeln könnte.
|Arbeitsmethode
}}


 
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[[Kategorie:R-Quiz]]
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Version vom 12. Mai 2009, 10:16 Uhr

Antike Überlieferungen

Schon Hesiod besang den Pflugstier. Uralt ist die Tradition des Pflügens, die Erfahrung, dass Pflanzen in gelockertem Boden besser wachsen und gedeihen. Griechische und römische Ackerbauern stellten Überlegungen an, wie die physikalische Struktur des Bodens beschaffen sein müsste. Nach Vergil sollte ein Boden danach beurteilt werden, ob ein Grabloch wieder mit der gleichen Bodenmenge des Aushubs aufgefüllt werden konnte. Das erinnert an moderne Vorstellungen über Porenvolumen und Bodenverdichtung. Mit den Fingern, mit der Hand, mit dem Geschmacks- und Geruchssinn trafen die Bauern der Antike ihre Einschätzungen über den Bodenzustand. Sie teilten die Böden in "fruchtbar" und "nutzbar" und "unfruchtbar" und "nicht nutzbar" ein.

Was macht den Boden fruchtbar? Diese lebenswichtige Frage nach dem Geheimnis des Bodens bewegte den Verstand und die Phantasie der Bauern und Wissenschaftler über Jahrhunderte und reicht bis in die jüngste Gegenwart.

Für die Umwandlung einer Wiese in einen Acker gab der Hausvater Florin[1] einige Empfehlungen. Sie sollte seiner Meinung nach zuerst umgehackt werden, dann gepflügt werden und dann sofort mit Sand (dem Warmen) und Mist (dem Feuchten) bestreut werden. Alles sollte dann gemischt werden, "um die rechte Complexion des Temperaments zu erhalten, denn die Erde sey eigensinnig und launisch wie ein widerstrebend Kind." Sachlich ist gegen diese Vorgehensweise des Florini wenig einzuwenden. Sie beinhaltete jedoch einen interessanten Aspekt, weil der Ratschlag des Florini nicht aus eigener Idee stammte, sondern antiken Vorstellungen entlehnt war.

Nach Aristoteles bestand die ganze erkennbare Welt aus den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde. Dabei sollten seiner Meinung nach Verbindungen entstehen, indem sich die Elemente in verschiedenen Proportionen und entsprechend ihrer Qualitäten vereinigten. Ausgeschlossen war nur die Vereinigung von ausgesprochenen Gegensätzen, weil sich dabei die Eigenschaften einfach aufgehoben hätten. Daher glaubte man, daß sich Wasser (nass und kalt) mit dem Feuer (trocken und warm) unmöglich verbinden konnten, was sich anschaulich demonstrieren ließ, wenn Wasser ins Feuer geschüttet wurde.

Diese Grundvorstellung hatte Auswirkungen auf die Vorstellungen vom Boden und der Bodenbearbeitung im Altertum, in der Renaissance und in der neuesten Zeit. Es schien den Bauern ratsam, nicht bei Nordwind zu säen, "weil der Wind die Poren des Bodens zusammenziehen würde, so dass der Boden den Samen nicht aufnehmen konnte und die fruchtbaren Geister der Fermentation nicht wirken konnten." Oder die Vorstellung, dass "trockener Mist nur für feuchte Böden geeignet sei und heißer Mist für kalte Böden."

Kein Landwirt wird heute den Dung nach dessen Temperatur zuteilen. Aber die Begriffe warm und kalt haben sich durchaus gehalten. Der moderne Landwirt spricht von einem warmen und von einem kalten Boden, von leichten und schweren Böden, von trockenen und feuchten Böden. Dabei sind diese begrifflichen Zuordnungen z.T. falsch, denn ein sog. kalter Boden hat häufig die gleiche Temperatur wie ein sog. warmer Boden und ein schwerer Boden ist tatsächlich gewichtsmäßig der leichtere Boden. Es geht um etwas anderes. Den Bodenbegriffen werden seit altersher bestimmte Empfehlungen zugeordnet, z.B. sollen auf leichten (warmen) Böden Roggen, Hafer und Kartoffeln angesät bzw. angepflanzt werden. Auf schwere (kalte) Böden gehören Weizen, Raps, Bohnen oder Zuckerrüben. Diese Empfehlungen sind durchaus haltbar und beinhalten eine lange Erfahrung. Das heutige Wissen über den Boden hat, für die Mehrzahl der Landwirte sicherlich unbewusst, noch zu einem kleinen Teil antike Wurzeln.

Der Streit um die richtige Bodenbearbeitung

Dampfseilpflug-Lokomotive. Der Pflug wurde durch zwei gegenüberliegende Lokomobile am Feldrand mittels Seilzug bewegt.

Der Streit ist uralt, ob ein Boden flach oder tief gepflügt werden sollte. In der heutigen Zeit wird der Streit um die Variante erweitert, ob Pflügen überhaupt sinnvoll ist. Probst Lüders[2] empfahl den Bauern, nur 1 1/2 bis 2 Zoll tief zu pflügen, damit der Dünger möglichst dicht an den Samen platziert werden konnte. Mit seiner Empfehlung für eine flache Furche lag der Probst jedoch nicht im Trend seiner Zeit. Der preußische Kammerrat Peter Kretschmer war wohl der erste, der 1748 eine neue Bodenbearbeitungsmethode ausprobierte, und zwar das sog. "rajolen"[3]. Weil der Unterboden angeblich fruchtbarer war als die Bodenkrume, sollte dieser nach oben hin zur Pflanze verlagert werden. Seine Vorstellungen setzten sich durch, weil der technische Fortschritt es möglich machte. Am tiefsten wurden in Deutschland die Ackerflächen im ausgehenden 19. Jahrhundert gepflügt.

Anmerkungen

  1. Florini, Oeconomus prudens et legalis. Allgemeiner kluger und rechtsverständiger Hausvatter 1.3. S. 564/ 1705
  2. Probst Lüders war Projektant einer Ackerbauakademie in Flensburg (1765)
  3. Vorlage:Zitat float


Alchemie und Bodendüngung

Was düngt den Boden und was macht ihn fruchtbar? Diese Fragestellung durchzieht die ganze Geschichte der Bodenkultur bis in die heutige Zeit. Dass Fäkalien, Gips und Asche düngend wirken, war schon im Altertum bekannt. Es waren praktische Erfahrungen, die von Bauerngeneration zu Bauerngeneration weitergegeben wurden. Weil die Erfahrung mit dem Hunger schier endlos war, bewegten derartige Fragen die Phantasie der Menschen, Wie schön, wie herrlich müsste es sein, mit einem Stoff oder mit einem Trick Hunger und Elend zu besiegen. Was dabei herauskam war eine bunte Mischung aus Aberglauben, Erfahrungen und aus Vorstellungen.

Alchemistenküche um 1660


Der Alchemist Joachim Becker wolle durch die Destillation eines bläulichen Letten (Letten=Stein), der an Grunde von Quellen und Brunnenwassern zu finden war, einen Universaldünger gewinnen. Ein Tröpflein sollte besser düngen als ein ganzes Fuder Mist. Etwas realistischere Chancen hatten da schon die Entdeckungen und Experimente des Johann Rudolph Glauber (geboren 1604). Der Trunk aus einer salpeterhaltigen Quelle soll ihn einmal von einer bösen Krankheit kuriert haben und ihn zu seiner Dünqerphilosophie inspiriert haben. Mit seinem Namen ist die Glaubersalzgewinnungverbunden. [1]

[2]   Für ein Jahrhundert wurde der Salpeter der Universaldünger der Bauern und Gärtner und das wohl mit einigem Erfolg.


  1. Zitat
    Natriumsulfat wurde 1625 von dem Chemiker und Apotheker Johann Rudolph Glauber hergestellt und beschrieben und wird daher auch als Glaubersalz bezeichnet. Er selbst nannte das von ihm entdeckte Salz auch Sal mirabilis und Mirabili.
    Wikipedia
  2. Zitat
    Glaubersalz, wiss. Bezeichnung Natriumsulfat (Na2SO4),veraltete Bezeichnung Schwefelsaures Natron) ist ein Natriumsalz der Schwefelsäure und setzt sich aus zwei Natriumkationen (Na+) und dem Sulfatanion (SO42-) zusammen. Das Dekahydrat (Na2SO4 · 10 H2O) wird nach dem Chemiker Johann Rudolph Glauber auch Glaubersalz genannt. Auch Karlsbader Salz, das durch Eindampfen von Karlsbader Mineralwasser gewonnen wird, besteht hauptsächlich aus Natriumsulfat-Dekahydrat und wird wie Glaubersalz als Abführmittel eingesetzt.
    Wikipedia