Wandern in Gedichten und Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung/Einführung in die Wahrscheinlichkeitsrechnung/Wahrscheinlichkeit: Unterschied zwischen den Seiten

Aus ZUM-Unterrichten
(Unterschied zwischen Seiten)
 
Main>DinRoe
 
Zeile 1: Zeile 1:
=Das Wandern=
Kommen wir nun zum wohl wichtigsten Begriff der Wahrscheinlichkeitsrechnung: Die Wahrscheinlichkeit !
===Eine akademische Erfindung===
= Was sind Wahrscheinlichkeiten? =
{{Box|Zitat|
{| class="hintergrundfarbe3"
"Die deutsche Literatur beginnt mit der intellektuellen Revolte der akademischen Jugend. Sämtliche poetischen Innovationen werden im I8. Jahrhundert von studentischen Freundschaftsgruppen eingeleitet: von den Anakreontikern in Halle, dem Klopstock verpflichteten »Hain« in Göttingen, den Stürmern und Drängern in Straßburg, der romantischen Generation von Jena, danach der von Heidelberg und Berlin. [...]
|-
| [[Datei:Definition-Icon.png|50px]] || Unter '''Wahrscheinlichkeit''' versteht man die '''Chance''', dass bei einem Zufallsexperiment ein bestimmtes Ereignis auftritt.


Fast bis in die Gegenwart dauert eine Erfindung der Studenten vom Ende des I8. Jahrhunderts, die für die deutsche  Poesie und Lebensweise folgenreich war: das Wandern. ... Studien Heinrich Bosses (*) haben auf die merkwürdige Erscheinung aufmerksam gemacht, daß um I770 das traditionelle Wandern der Handwerksgesellen durch Polizeiverordnungen unterdrückt wurde, dafür aber bei den Intellektuellen in Mode kam. Der praktische Zweck der einen wandelt sich zum ästhetischen Vergnügen der anderen. Der Wanderer erschließt sich eine neue Landschaftserfahrung, die in der augenblicklichen Wahrnehmung - in Regen und Sturm auf dem »Schlammpfad« - wie im Ganzen  - der gottgleichen Natur - die literarischen Konventionen der idyllischen und der heroischen Topographie hinter sich läßt. Von den wandernden Handwerkern übernehmen ihre Imitatoren, die Studenten, den Brauch, Lieder zu singen oder Lieder zu dichten, als wären sie beim Wandern entstanden. Goethe erinnert sich seiner jugendlichen Gewaltmärsche: »Mehr als jemals war ich gegen offene Welt und freie Natur gerichtet. Unterwegs sang ich mir seltsame Hymnen und Dithyramben, wovon noch eine, unter dem Titel >Wanderers Sturmlied<, übrig ist.« Viele deutsche Gedichte, von denen einige populäre Lieder geworden sind, bekunden bereits in der Überschrift oder in der ersten Zeile das Wandern als Anlaß und Hintergrund. [...] Schon Werther dehnte konventionelle Spaziergänge von überschaubarem Ausmaß zu spontanen Wanderungen mit unvorhersehbaren Erlebnissen aus. [...]
Wahrscheinlichkeiten werden Werte zwischen 0 und 1 zugeordnet.
Dabei entspricht die 0, dass das Ereignis mit Sicherheit nicht eintreten kann (unmögliches Ereignis).
Bei der Wahrscheinlichkeit 1 trifft das Ereignis mit Sicherheit ein (sicheres Ereignis).


In der feudalen Gesellschaft waren Stile und Haltungen der höchsten, »tonangebenden« Schicht allmählich in vereinfachter Gestalt zu den unteren Schichten abgesunken. Im Fall des Wanderns zeigt sich - ganz im Sinne der romantischen Kulturrevolution - eine umgekehrte Stilentlehnung: Nun ahmten die Eliten Habitus und Kunstformen der Unterschicht nach. Die Verklärung des Schlichten erschien ihnen sublimer als der Genuß des Erlesenen. Was Herder in der Programmschrift „Von deutscher Art und Kunst“ am Ausdruck der Wilden lobte, »unvorbedachte Festigkeit, Sicherheit und Schönheit«, das fand er, mitten in der europäischen Zivilisation, in den Volksliedern wieder. Des Knaben Wunderhorn, von Arnim und Brentano gesammelte anonyme und daher dem Volk zugeschriebene Lieder, die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm waren nachgereichte Belege für Herders These."
<u>Schreibweise</u>:


aus: Heinz Schlaffer: Die kurze Geschichte der deutschen Literatur (Hanser 2002 S. 67ff)|Zitat}}
P(A) = 0,5 (sprich: Die Wahrscheinlichkeit von Ereignis A ist 0,5)
|}


(*) Heinrich Bosse und Harald Neumeyer: „Da blüht der Winter schön“. Musensohn
BILD MIT WK-SKALA
und Wanderlied um 1800. Freiburg im Breisgau 1995}}


===Der junge Goethe wandert===
Multipliziert man die ausgerechnete Wahrscheinlichkeit mit dem Faktor 100, so erhält man das Prozentmaß der Wahrscheinlichkeit:


Johann Wolfgang Goethe schildert in seiner Autobiografie "Dichtung und Wahrheit" rückblickend die Eindrücke seiner ersten Wanderung in den Schweizer Alpen. Diese unternahm er zusammen mit dem Gefährten Passavant, mit dem er dem Geist des "Sturm und Drang" entsprechend einen 'brüderlichen' Umgang pflegte.
Eine Wahrscheinlichkeit von 0,12 entspricht also eine Wahrscheinlichkeit von 0,12*100 = 12%.


{{Box|Zitat|
= Wie bestimmt man Wahrscheinlichkeiten? =
"Ein besonderes, zwar nicht unerwartetes, aber höchst erwünschtes Vergnügen empfing mich in Zürich, als ich meinen jungen Freund Passavant daselbst antraf. Sohn eines angesehenen reformierten Hauses meiner Vaterstadt, lebte er in der Schweiz, an der Quelle derjenigen Lehre, die er dereinst als Prediger verkündigen sollte. Nicht von großer, aber gewandter Gestalt, versprach sein Gesicht und sein ganzes Wesen eine anmutige rasche Entschlossenheit. Schwarzes Haar und Bart, lebhafte Augen. Im Ganzen eine teilnehmende mäßige Geschäftigkeit.
Um Wahrscheinlichkeiten bei einem Zufallsexperiment zu bestimmen, gibt es verschiedene Strategien. Zwei werdet ihr in diesem Lernpfad kennenlernen.


Kaum hatten wir, uns umarmend, die ersten Grüße gewechselt, als er mir gleich den Vorschlag tat, die kleinen Kantone zu besuchen, die er schon mit großem Entzücken durchwandert habe und mit deren Anblick er mich nun ergetzen und entzücken wolle. [...]
Die erste Strategie habt ihr im Einstiegsbeispiel schon mithilfe der Applets kennengerlernt:
Wenn die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Ereignisse nicht bekannt oder gegeben sind, wiederholt ihr das Zufallsexperiment häufig, um die Wahrscheinlichkeit schätzen zu können.  


Am 16. Juni 1775, denn hier find' ich zuerst das Datum verzeichnet, traten wir einen beschwerlichen Weg an; wilde steinige Höhen mußten überstiegen werden, und zwar in vollkommener Einsamkeit und Öde. Abends drei Viertel auf Achte standen wir den Schwyzer Hacken gegenüber, zweien Berggipfeln, die neben einander mächtig in die Luft ragen. Wir fanden auf unsern Wegen zum erstenmal Schnee, und an jenen zackigen Felsgipfeln hing er noch vom Winter her. Ernsthaft und fürchterlich füllte ein uralter Fichtenwald die unabsehlichen Schluchten, in die wir hinab sollten. Nach kurzer Rast, frisch und mit mutwilliger Behendigkeit, sprangen wir den von Klippe zu Klippe, von Platte zu Platte in die Tiefe sich stürzenden Fußpfad hinab und gelangten um zehn Uhr nach Schwyz. Wir waren zugleich müde und munter geworden, hinfällig und aufgeregt; wir löschten gähling unsern heftigen Durst und fühlten uns noch mehr begeistert. Man denke sich den jungen Mann, der etwa vor zwei Jahren den »Werther« schrieb, einen jüngern Freund, der sich schon an dem Manuskript jenes wunderbaren Werks entzündet hatte, beide ohne Wissen und Wollen gewissermaßen in einen Naturzustand versetzt, lebhaft gedenkend vorübergegangener Leidenschaften, nachhängend den gegenwärtigen, folgelose Plane bildend, im Gefühl behaglicher Kraft das Reich der Phantasie durchschwelgend – dann nähert man sich der Vorstellung jenes Zustandes, den ich nicht zu schildern wüßte, stünde nicht im Tagebuche: »Lachen und Jauchzen dauerte bis um Mitternacht.«
Bei genügend großer Anzahl von Wiederholungen des Zufallsexperiments nähern sich die relativen Häufigkeiten der Ergebnisse/Ereignisse den theoretischen Wahrscheinlichkeiten der Ereignisse an. Dieser Zusammenhang wird mit dem '''Gesetz der großen Zahlen''' bezeichnet.


aus J.W.Goethe: „Dichtung und Wahrheit“, Vierter Teil 18. Buch Hamburger Ausgabe Bd. 10 S. 139 und 143|Zitat}}


{{Box|Aufgabe|
Eine Frage bleibt euch dabei sicherlich:
:Lies diesen Reise-Bericht genau durch und arbeite die Stimmungen heraus, die darin ausgedrückt werden.
:Versuche sie in eigenen Worten wiederzugeben. |Unterrichtsidee}}


===Das Wanderlied: Aufbruch und Heimatlosigkeit===
''Wie oft muss man das Zufallsexperiment denn wiederholen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhalten?''
In der ständischen Gesellschaft wurden Wanderlieder traditionell bei den Versammlungen oder Verabschiedungen von Handwerksgesellen gesungen. "Der Geselle bricht in diesen Liedern nicht von zu Hause auf, sondern von einer Station seiner Wanderschaft, wo er überwintert hat, also an den Arbeitsplatz gebunden war." (H. Bosse / H. Neumeyer: „Da blüht der Winter schön“. Musensohn und Wanderlied um 1800. Freiburg im Breisgau 1995, S. 10) Der Aufbruch im Frühling bedeutete somit soziale Ungebundenheit und Aussicht auf neue Arbeit.


In der Romantik wird nicht nur das Wandern standesübergreifend, sondern auch das Wanderlied. Auch in den Liedern der "akademisch Gebildeten" bricht der Wanderer üblicherweise im Frühjahr mit positiven Erwartungen auf, z.B. bei
Dies kann man nicht eindeutig beantworten. Das Gesetz der großen Zahlen besagt nur, dass die realtiven Häufigkeiten bei ein größerer Anzahl von Wiederholungen näher an den theoretischen Wahrscheinlichkeiten liegen.
:J.v.Eichendorff: [[Die zwei Gesellen]]
<poem>
    Es zogen zwei rüstge Gesellen
    zum erstenmal von Haus,
    so jubelnd recht in die hellen,
    klingenden, singenden Wellen
    des vollen Frühlings hinaus.  


    Die strebten nach hohen Dingen,  
Oder anders gesagt: Je öfter wir das Zufallsexperiment wiederholen, desto mehr nähern sich die realtiven Häufigkeiten den theoretischen Wahrscheinlichkeiten an.
    die wollten, trotz Lust und Schmerz,  
{| class="wikitable"
    was Rechts in der Welt vollbringen,  
|-
    und wem sie vorübergingen,
|    '''ACHTUNG:'''  Das Gesetz der großen Zahlen sagt nichts darüber aus, wie die absoluten Verteilungen einer Zufallsversuchsreihe aussehen muss. Das heißt, dass wenn man relativ gesehen in einem Spiel sehr wenig 6en gewürfelt hat, nicht automatisch in den nächsten Runden viele 6en fallen müssen, um den Rückstand auszugleichen.  
    dem lachten Sinnen und Herz. -


[...]
Ein Rückstand eines Ergebnisses wird also in zukünftigen Durchführungen eines Zufallsexperiments nicht ausgeglichen, dies ist leider ein weitverbreiteter Irrtum!   
</poem>
|}


In Wilhelm Müllers (1794-1827) '''Winterreise''' ist diese Aufbruchsituation dagegen verkehrt: Schon im ersten Lied dieses Zaklus entlässt der Dichter seinen Wanderer in den Winter und damit in eine Zeit der Heimatlosigkeit und Kälte.
Die andere Strategie ist auf Laplace-Experimenten anwendbar. Was das sind erfahrt ihr auf der nächsten Seite!


<poem>
= Beispiel für das Abschätzen von Wahrscheinlichkeiten =
Gute Nacht
Ein Achter-Legostein wird wiefolgt mit Zahlen von 1 bis 6 beschriftet, damit er als Würfel dienen kann:


Fremd bin ich eingezogen,
Fremd zieh ich wieder aus.
Der Mai war mir gewogen
Mit manchem Blumenstrauß.


Das Mädchen sprach von Liebe,
Da die Form und die Flächen des Lego-Würfels sehr unregelmäßig sind, kann man die Wahrscheinlichkeit der Augenzahlen am besten durch die häufige Durchführung des Zufallsexperiments bestimmen.
Die Mutter gar von Eh' -
Nun ist die Welt so trübe,
Der Weg gehüllt in Schnee.


Ich kann zu meiner Reisen
Nun wurde 2000-mal der Legowürfel geworfen und es kam folgendes Ergebnis raus:
Nicht wählen mit der Zeit:
Muß selbst den Weg mir weisen
In dieser Dunkelheit.


Es zieht ein Mondenschatten
{| class="wikitable"
Als mein Gefährte mit,
|-
Und auf den weißen Matten
! Augenzahl !! Eins !! Zwei !! Drei !! Vier !! Fünf !! Sechs
Such ich des Wildes Tritt.
|-
| abs. Häufigkeit || 24 || 980 || 18 || 176 || 160 || 642
|-
| rel. Häufigkeit || 0,012 || 0,49 || 0,009 || 0,088 || 0,08 || 0,321
|}


Was soll ich länger weilen,
Durch das '''Gesetz der großen Zahlen''' können wir nun annehmen, dass die Wahrscheinlicheiten in etwa mit den relativen Häufigkeiten übereinstimmen. Das heißt:
Daß man mich trieb' hinaus?
Laß irre Hunde heulen
Vor ihres Herren Haus!


Die Liebe liebt das Wandern,
Die Augenzahl 1 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,012, also etwa 1,2%.
Gott hat sie so gemacht -
Von einem zu dem andern -
Fein Liebchen, gute Nacht!


Will dich im Traum nicht stören,
Die Augenzahl 2 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,49, also etwa 49%.
Wär' schad' um deine Ruh',
Sollst meinen Tritt nicht hören -
Sacht, sacht die Türe zu!


Ich schreibe nur im Gehen
Die Augenzahl 3 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,009, also etwa 0,9%.
An's Tor dir gute Nacht,
Damit du mögest sehen,
Ich hab' an dich gedacht.  
</poem>


===J.v.Eichendorff===
Die Augenzahl 4 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,088, also etwa 8,8%.
Der '''Taugenichts''' bricht auf in die Welt:


{{Box|Kapitel I|"Da trat der Vater aus dem Hause; er hatte schon seit Tagesanbruch in der Mühle rumort und die Schlafmütze schief auf dem Kopfe, der sagte zu mir: «Du Taugenichts! da sonnst du dich schon wieder und dehnst und reckst dir die Knochen müde und läßt mich alle Arbeit allein tun. Ich kann dich hier nicht länger füttern. Der Frühling ist vor der Tür, geh auch einmal hinaus in die Welt und erwirb dir selber dein Brot.» – «Nun», sagte ich, «wenn ich ein Taugenichts bin, so ists gut, so will ich in die Welt gehen und mein Glück machen.» Und eigentlich war mir das recht lieb, denn es war mir kurz vorher selber eingefallen, auf Reisen zu gehen, da ich die Goldammer, welche im Herbst und Winter immer betrübt an unserm Fenster sang: «Bauer, miet mich, Bauer, miet mich!» nun in der schönen Frühlingszeit wieder ganz stolz und lustig vom Baume rufen hörte: «Bauer, behalt deinen Dienst!»
Die Augenzahl 5 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,08, also etwa 8%.
:"Ich ging also in das Haus hinein und holte meine Geige, die ich recht artig spielte, von der Wand, mein Vater gab mir noch einige Groschen Geld mit auf den Weg, und so schlenderte ich durch das lange Dorf hinaus. Ich hatte recht meine heimliche Freude, als ich da alle meine alten Bekannten und Kameraden rechts und links, wie gestern und vorgestern und immerdar, zur Arbeit hinausziehen, graben und pflügen sah, während ich so in die freie Welt hinausstrich. Ich rief den armen Leuten nach allen Seiten stolz und zufrieden Adjes zu, aber es kümmerte sich eben keiner sehr darum. Mir war es wie ein ewiger Sonntag im Gemüte. Und als ich endlich ins freie Feld hinauskam, da nahm ich meine liebe Geige vor und spielte und sang, auf der Landstraße fortgehend:
<poem>
Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
Den schickt er in die weite Welt,
Dem will er seine Wunder weisen
In Berg und Wald und Strom und Feld.


Die Trägen, die zu Hause liegen,
Die Augenzahl 6 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,321, also etwa 32,1%.
Erquicket nicht das Morgenrot,
Sie wissen nur vom Kinderwiegen,
Von Sorgen, Last und Not um Brot.


Die Bächlein von den Bergen springen,
= Aufgaben =
Die Lerchen schwirren hoch vor Lust,
Was sollt ich nicht mit ihnen singen
Aus voller Kehl und frischer Brust?


Den lieben Gott laß ich nur walten;
== Aufgabe 1: Abschätzen von Wahrscheinlichkeiten ==
Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld
Und Erd und Himmel will erhalten,
Hat auch mein Sach aufs best bestellt!"
</poem>
:aus: [[Joseph von Eichendorff|Joseph Freiherr von Eichendorff]]: Aus dem Leben eines Taugenichts - Kapitel 1, in  Anthologien wird dieses Gedicht "Der frohe Wandersmann" betitelt (z.B. "Deutsche Naturlyrik", hrsg. von Dietrich Bode, Reclam 2012 S. 63)|Zitat}}


* Noch mehr von J.v. Eichendorff: Dreifache '''Sehnsucht'''!
Ihr führt folgende Zufallsexperimente 100-mal durch:


Ein einsames, alterndes Ich hört (oder stellt sich vor), wie zwei nächtlich wandernde Gesellen in ihrem Wanderlied eine andere Welt voll zauberhafter Landschaften entstehen lassen, in denen Mädchen sehnsuchtsvoll am Fenster stehen:
:a) Ihr werft einen normalen Würfel und betrachtet die Augenzahl als Ergebnis.
:: Wie oft schätzt ihr, dass die Augenzahl 4 fällt? Begründe deine Antwort und tausche dich mit deinem Übungspartner aus!


<poem>
:b) Ihr dreht folgendes Glücksrad und betrachtet die Farbe auf dem es stehen bleibt:
::BILD
::Wie oft kommt das Glücksrad auf die Farbe rot zum stehen? Begründe deine Antwort und tausche dich mit deinem Übunsgpartner aus!


'''Sehnsucht'''
<popup name="Lösung">
'''Lösung für a):'''


Es schienen so golden die Sterne,
Man kann schätzen, dass die 4 etwa 17-mal vorkommt. (Der genaue Wert schwankt natülrich um die 17 herum)
Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leibe entbrennte,
Da hab ich mir heimlich gedacht:
Ach, wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!


Zwei junge Gesellen gingen
'''Warum?''' : Ein Würfel hat 6 verschiedene Augenzahlen und alle sollten mit der gleichen Wahrscheinlichkeit fallen, da der Würfel regelmäßig ist und alle Flächen gleich groß sind. Bei 100 Versuchen sollte also jede Augenzahl ungefähr gleich viel fallen: <math>\frac{100}{6} = 16,667</math>, also ca. etwa 17-mal.
Vorüber am Bergeshang,
Ich hörte im Wandern sie singen
Die stille Gegend entlang:
Von schwindelnden Felsenschlüften,
Wo die Wälder rauschen so sacht,
Von Quellen, die von den Klüften
Sich stürzen in die Waldesnacht.


Sie sangen von Marmorbildern,
'''Lösung für b):'''
Von Gärten, die überm Gestein
In dämmernden Lauben verwildern,
Palästen im Mondenschein,
Wo die Mädchen am Fenster lauschen,
Wann der Lauten Klang erwacht,
Und die Brunnen verschlafen rauschen
In der prächtigen Sommernacht. -


1834
Man kann schätzen, dass die Frabe rot etwa ?? vorkommt.
</poem>


===Wandern und Naturerleben===
'''Warum?''' : Das Glücksrad hat ??? verschiedene Sektoren, davon sind ??? rot. Jeder Sektor wird mit gleicher Wahrscheinlichkeit vorkommen, da sie gleich groß sind:  <math>\frac{100}{??}= </math>, also sollte jeder Sektor etwa ??-mal vorkommen.
Der Wanderer kann die Natur in neuer Intensität erleben, da er sie nicht als Durchreisender betrachtet, sondern vielmehr ein Teil von ihr wird.
Da die Farbe Rot ??? Sektoren einnimmt, kann man schätzen, dass rot ?? * ?? -mal vorkommt.
<poem>
</popup>
J.W.Goethe
Wandrers Nachtlied


Über allen Gipfeln
== Aufgabe 2: Mensch ärgere dich nicht ==
Ist Ruh,
Vier Freunde spielen Mensch ärgere dich nicht und der Spielstand sieht so aus:
In allen Wipfeln
spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warten nur, balde
Ruhest du auch.
</poem>


=Spazierengehen: Hobby des Bürgertums=
BILD MIT SPIELSTAND


===Vom Lustwandeln===
:a) Rot und Grün wollen beide nächste Runde eine Spielfigur ins Haus ziehen. Bei wem ist die Wahrscheinlichkeit größer?
* [https://de.wikipedia.org/wiki/Spaziergang Spaziergang (Wikipedia)]
{{Box|Zitat|"Der Ursprung des Spaziergangs ist das aristokratische „Lustwandeln“ in Gärten und Barockparks, später kam eine soziale Komponente hinzu (Kontakte knüpfen, ungestört Gespräche führen). Die Entwicklung von Parks oder Promenaden hängt unmittelbar mit dem Spaziergang zusammen. Unter Bürgerlichen ist er im 18. Jahrhundert in Mode gekommen. Als Brauch war er zu bestimmten Zeiten in Deutschland sehr verbreitet – so der Osterspaziergang (vgl. dazu Goethes Faust I) oder Pfingstspaziergang. Beim sonntäglichen ‚Familienspaziergang‘ konnte dessen Gemächlichkeit für Kinder recht quälend sein."|Zitat}}


* '''Fausts''' Spaziergang am Ostersonntag ist mehr als ein Lustwandeln, es ist eine Auferstehungsfeier: Nach dem langen Winter verlassen die Stadtbürger die enge Mauern ihrer Behausungen, um auch von Arbeit befreit sich der Natur und der Geselligkeit hinzugeben. Faust, der gerade erst vor dem Selbstmord bewahrt wurde, nimmt die Symbolik dieses Ereignisses im Gespräch mit seinem Assistenten ('Famulus') Wagner besondern intensiv wahr:
:b) Blau und Gelb wollen eine Spielfigur eines Gegners schlagen. Für wen ist es wahrscheinlicher?
<poem>
Kehre Dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurückzusehen.
Aus dem hohlen, finstern Tor
dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern,
Sie feiern die Auferstehung des Herrn;
Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks-und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
:(V. 916 - 928)
</poem>


* [http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/111395.html Der Spaziergang in der Literatur - Exemplarische Untersuchung] Hausarbeit von Sebastian Polmans und Ana-Marija Pasic. Definition:
:c) Wie wahrscheinlich ist es für ?? eine Spielfigur ins Haus zu ziehen?
:"Spaziergänger gehen immer wieder die gleichen Wege in gewohntem Terrain und versuchen nicht in unbekannte Umgebung vorzudringen. Diese Eigenart lässt den Wiederholungscharakter eines Spaziergangs erkennen, der somit eine Art Ritual darstellt. Auch wenn der Weg auf ein Ziel, beispielsweise einen Lieblingsplatz oder ein Rasthaus, hinausläuft, so ist die Funktion eines Spaziergangs nicht das Ankommen an einem vorherbestimmten Ziel, sondern die Aktion des Gehens, der Bewegung selber, die das damit häufig verbundene Beobachten der Umgebung, der Natur oder das Gespräch während des Spaziergangs mit dem Freund oder dem Passanten am Wegesrand mit einschließt."






===Heinrich v. Kleist in Paris ===
== Aufgabe 3: Schwarzfahrer in der Bahn ==
Heinrich v. Kleist schildert in einem Brief an Luise von Zenge, die Schwester seiner Verlobten, Wilhelmine, die Vergnügungen vieler (?) Einwohner von Paris 1801:
Kontrolleure in der Bahn haben in der letzten Zeit 1235 Fahrgäste auf einen gültigen Fahrschein kontrolliert. Darunter waren 87 Schwarzfahrer.
:a) Wie wahrscheinlich ist, dass ein Kontrolleur einen Schwarzfahrer bei der nächsten Kontrolle erwischt?
:b) Mit wieviel Verlust muss der Verkehrsbetrieb jährlich rechnen, wenn er monatlich 45.000 Fahrgäste befördert und ein Fahrschein 2,70€ kostet?


{{Box|Zitat|
"Überdrüssig aller ... Feuerwerke und Illuminationen und Schauspiele und Possenreißereien hat ein Franzose den Einfall gehabt, den Einwohnern von Paris ein Vergnügen von einer ganzen neuen Art zu bereiten, nämlich das Vergnügen an der Natur. […]  Von Zeit zu Zeit verläßt man die matte, fade, stinkende Stadt, und geht in die - Vorstadt, die große, einfältige, rührende Natur zu genießen. Man bezahlt (im Hameau de Chantilly) am Eingange 20 sols für die Erlaubnis, einen Tag in patriarchalischer Simplizität zu durchleben. Arm in Arm wandert man, so natürlich wie möglich, über Wiesen, an dem Ufer der Seen, unter dem Schatten der Erlen, hundert Schritte lang, bis an die Mauer, wo die Unnatur anfängt - dann kehrt man wieder um. Gegen die Mittagszeit (das heißt um 5 Uhr) sucht jeder sich eine Hütte, der eine die Hütte eines Fischers, der andere die eines Jägers, Schiffers, Schäfers etc. etc., jede mit den Insignien der Arbeit und einem Namen bezeichnet, welchen der Bewohner führt, so lange er sich darin aufhält. Funfzig Lakaien, aber ganz natürlich gekleidet, springen umher, die Schäfer- oder die Fischerfamilie zu bedienen. Die raffiniertesten Speisen und die feinsten Weine werden aufgetragen, aber in hölzernen Näpfen und in irdenen Gefäßen; und damit nichts der Täuschung fehle, so ißt man mit Löffeln von Zinn. Gegen Abend schifft man sich zu zwei und zwei ein, und fährt, unter ländlicher Musik, eine Stunde lang spazieren auf einem See, welcher 20 Schritte im Durchmesser hat. Dann ist es Nacht, ein Ball unter freiem Himmel beschließt das romantische Fest, und jeder eilt nun aus der Natur wieder in die Unnatur hinein -


Große, stille, feierliche Natur, du, die Kathedrale der Gottheit, deren Gewölbe der Himmel, deren Säulen die Alpen, deren Kronleuchter die Sterne, deren Chorknaben die Jahrszeiten sind, welche Düfte schwingen in den Rauchfässern der Blumen, gegen die Altäre der Felder, an welchen Gott Messe lieset und Freuden austeilt zum Abendmahl unter der Kirchenmusik, welche die Ströme und die Gewitter rauschen, indessen die Seelen entzückt ihre Genüsse an dem Rosenkranze der Erinnerung zählen - so spielt man mit dir -?
<popup name="Lösung">
'''Lösung für a):'''


H.v.Kleist, Brief vom 16. August 1801, zit. nach Sämtliche Werke und Briefe Band II, Hrsg. Helmut Sembdner, Hanser 1985 S. 689f|Zitat}}
Hier wurde das Zufallsexperiment, ob ein Passagier ein Schwarzfahrer ist, insgesamt 1235-mal durchgeführt und 87-mal kam das Ergebnis Schwarzfahrer dabei heraus. Durch das Gesetz der großen Zahlen können wir die relative Häufigkeit als theoretische Wahrscheinlichkeit annehmen. Daher gilt:


===Heinrich Heines Philister-Spott===
P("Der Kontrolleur erwischt einen Schwarzfahrer") = <math>\frac{87}{1235} = 0,07</math>
Wie immer hat Heinrich Heine seine eigene Sicht auf dieses moderne bürgerliche Vergnügen:


<poem>
Ein Kontrolleur erwischt einen Schwarzfahrer mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 7%.
XXXVII


Philister in Sonntagsröcklein
'''Lösung für b):'''
Spazieren durch Wald und Flur;
Sie jauchzen, sie hüpfen wie Böcklein,
Begrüßen die schöne Natur.


Betrachten mit blinzelnden Augen,
Der Verkehrsbetrieb transportiert jährlich 45.000*12 = 540.000 Fahrgäste.
Wie alles romantisch blüht;
Mit langen Ohren saugen
Sie ein der Spatzen Lied.


Ich aber verhänge die Fenster
Da mit einer Wahrscheinlichkeit von 7% ein Passagier Schwarzfahrer ist, gibt es im Jahr 540.000*0,07 = 37.800 Schwarzfahrer.
Des Zimmers mit schwarzem Tuch;
Es machen mir meine Gespenster
Sogar einen Tagesbesuch.


Die alte Liebe erscheinet,
Das macht einen Verlust von 37.800*2,70€ = 102.060€.
Sie stieg aus dem Totenreich,
Sie setzt sich zu mir und weinet,
Und macht das Herz mir weich.
</poem>


aus: Buch der Lieder. Lyrisches Intermezzo (v. 1824)
Man kann mithilfe von statistischen Erhebungen und dem Gesetz der großen Zahlen Prognosen für zukünftige Gewinne/Verluste berechnen!
</popup>


*Zum Thema "Philister" und "Spießer" in der deutschen Literatur siehe [http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/spiesser/ Spießer oder Genie? Auch eine Literaturgeschichte] (von K.Dautel)
== Aufgabe 4: Würfelexperiment ==
Ihr seht hier Würfelnetze dreier verschiedener Würfel:
:1) [[Datei:Wuerfelnetz1.png|175px]]


== Siehe auch ==
:2) [[Datei:Wuerfelnetz2.png|175px]]
* [[Naturlyrik]]
* [[Deutsch/Reise-Lyrik|Gedichte und Reisen]]
* [[Geschichte des Reisens]]
* [[Reisen|Reisen als Thema im Unterricht]]


:3) [[Datei:Wuerfelnetz3.png|200px]]




[[Kategorie:Lyrik]]
Johann hat mit einem der Würfel 125 Würfe gemacht und die Augenzahl bei jedem Wurf notiert. Hier ist seine Tabelle mit den Häufigkeiten:
[[Kategorie:Deutsch]]
{| class="wikitable"
[[Kategorie:Motive in der Literatur]]
|-
! Augenzahl !! Eins !! Zwei !! Drei
|-
| Häufigkeit || 36 || 69 || 20
|}
 
Mit welchem Würfel hat Johann wohl geworfen? Begründe deine Antwort!
 
 
<popup name="Lösung">
Johann hat am wahrscheinlichsten mit dem Würfel 1) geworfen.
 
Anhand den Häufigkeiten, kann man die relativen Häufigkeiten und damit auch gleich die theoretischen Wahrscheinlichkeiten der Augenzahlen des Würfels bestimmen:
 
Für die Augenzahl eins gilt: 36/125 = 0,288 => Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von ca. 28,8%
 
Für die Augenzahl zwei gilt: 69/125 = 0,552 => Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von ca. 55,2%
 
Für die Augenzahl drei gilt: 20/125 = 0,16 => Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von ca. 16%
 
 
Betrachtet man nun die Würfelnetze, kann man feststellen, dass bei dem Würfelnetz 1) und 3) die Augenzahl zwei genau die Hälfte der Seiten des Würfels einnimmt => Die zwei sollte also etwa mit 50% Wahrscheinlichkeit beim Werfen fallen (das ist hier mit 55,2% der Fall)
 
Anhand den ausgerechneten Wahrscheinlichkeiten kann man auch feststellen, dass die Augenzahl eins öfter gefallen ist, als die Augenzahl drei => Die eins sollte also mehr Seiten des Würfels beanspruchen, als die drei.
 
 
Dies ist beim Würfelnetz 1) der Fall!
 
 
'''Gut zu wissen:''' An diesem Beispiel kann man gut erkennen, dass die die relativen Häufigkeiten bei geringer Anzahl an Versuchsdurchführungen von der theoretischen Wahrscheinlichkeit (mitunter auch stark) abweichen können. Daher können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass das Würfelnetz 2 benutzt wurde, sondern es nur mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen.
</popup>
 
== Aufgabe 5: Musik-Dienste ==
Im Jahr 2017 gibt es 136,3 Mio. zahlende Nutzer von Musik-Streamingdiensten
 
Folgende Nutzerzahlen wurden dabei ermittelt:
{| class="wikitable"
|-
! Spotify !! Apple Music !! Amazon Music !! Andere
|-
| 54,52 Mio || 25,897 Mio || 16,356 Mio || 39,527 Mio
|}
 
Auf der Straße wird zufällig ein zahlender Nutzer von einem Streamindienst getroffen.
Wie wahrscheinlich ist es...
:a) dass er Kunde von Amazon Music ist?
:b) dass er nicht Kunde von Apple Music ist?
:c) dass er Kunde von Spotify oder einem anderen (Andere) Dienst ist?
 
 
<popup name="Lösung">
Ihr könnt euch unter diesem Link, die Statistik ansehen, auf dem diese Aufgabe beruht: https://de.statista.com/infografik/10431/weltweite-marktanteile-musik-streaming-anbieter/
 
 
'''Lösung für a):'''
 
Wir können aufgrund der hohen Wiederholungsanzahl des Zufallsexperiments (136,6 Mio-mal), die relative Häufigkeit als theoretische Wahrscheinlichkeit annehmen.
 
Daher gilt:
 
P("Kunde von Amazon Music") = <math>\frac{16,356 Mio.}{136,6 Mio.} = 0,12</math>
 
Mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 12% ist der Nutzer ein Kunde von Amazon Music.
 
'''Lösung für b):'''
 
Hier wird gefragt, wie wahrscheinlich es ist, dass der Nutzer '''NICHT''' Kunde von Apple Music ist.
 
Hierfür berechnet man die Wahrscheinlichkeit, dass er Kunde von einem der anderen Dienste ist. Dazu zählt man alle Kundenzahlen von allen Streamindiensten zusammen, die nicht Apple Music sind:
 
54,52 Mio. (Spotify) + 16,356 Mio. (Amazon Music) + 39,527 Mio. (Andere) = 110,403 Mio.
 
Also ergibt sich für die Wahrscheinlichkeit, dass man bei einem der andere Dienste ist:
 
P("nicht bei Apple Music") = <math>\frac{110,403 Mio.}{136,6 Mio.} = 0,8082</math>
 
Mit einer Wahrscheinlichkeit von 80,82% ist der Nutzer NICHT bei Apple Music.
 
'''Lösung für c):'''
 
Hierfür zählt man die Kundenzahlen von Spotify und Andere zusammen:
 
54,52 Mio. (Spotify) + 39,527 Mio. (Andere) = 94,047 Mio.
 
Daher ergibt sich für die Wahrscheinlichkeit:
 
P("bei Spotify oder bei Andere") = <math>\frac{94,047 Mio.}{136,6 Mio.} = 0,6885</math>
 
Mit einer Wahrscheinlichkeit von 68,85% ist der Nutzer bei Spotify oder einem der anderen Dienste.
</popup>

Version vom 21. August 2017, 22:34 Uhr

Kommen wir nun zum wohl wichtigsten Begriff der Wahrscheinlichkeitsrechnung: Die Wahrscheinlichkeit !

Was sind Wahrscheinlichkeiten?

Datei:Definition-Icon.png Unter Wahrscheinlichkeit versteht man die Chance, dass bei einem Zufallsexperiment ein bestimmtes Ereignis auftritt.

Wahrscheinlichkeiten werden Werte zwischen 0 und 1 zugeordnet. Dabei entspricht die 0, dass das Ereignis mit Sicherheit nicht eintreten kann (unmögliches Ereignis). Bei der Wahrscheinlichkeit 1 trifft das Ereignis mit Sicherheit ein (sicheres Ereignis).

Schreibweise:

P(A) = 0,5 (sprich: Die Wahrscheinlichkeit von Ereignis A ist 0,5)

BILD MIT WK-SKALA

Multipliziert man die ausgerechnete Wahrscheinlichkeit mit dem Faktor 100, so erhält man das Prozentmaß der Wahrscheinlichkeit:

Eine Wahrscheinlichkeit von 0,12 entspricht also eine Wahrscheinlichkeit von 0,12*100 = 12%.

Wie bestimmt man Wahrscheinlichkeiten?

Um Wahrscheinlichkeiten bei einem Zufallsexperiment zu bestimmen, gibt es verschiedene Strategien. Zwei werdet ihr in diesem Lernpfad kennenlernen.

Die erste Strategie habt ihr im Einstiegsbeispiel schon mithilfe der Applets kennengerlernt: Wenn die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Ereignisse nicht bekannt oder gegeben sind, wiederholt ihr das Zufallsexperiment häufig, um die Wahrscheinlichkeit schätzen zu können.

Bei genügend großer Anzahl von Wiederholungen des Zufallsexperiments nähern sich die relativen Häufigkeiten der Ergebnisse/Ereignisse den theoretischen Wahrscheinlichkeiten der Ereignisse an. Dieser Zusammenhang wird mit dem Gesetz der großen Zahlen bezeichnet.


Eine Frage bleibt euch dabei sicherlich:

Wie oft muss man das Zufallsexperiment denn wiederholen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhalten?

Dies kann man nicht eindeutig beantworten. Das Gesetz der großen Zahlen besagt nur, dass die realtiven Häufigkeiten bei ein größerer Anzahl von Wiederholungen näher an den theoretischen Wahrscheinlichkeiten liegen.

Oder anders gesagt: Je öfter wir das Zufallsexperiment wiederholen, desto mehr nähern sich die realtiven Häufigkeiten den theoretischen Wahrscheinlichkeiten an.

ACHTUNG: Das Gesetz der großen Zahlen sagt nichts darüber aus, wie die absoluten Verteilungen einer Zufallsversuchsreihe aussehen muss. Das heißt, dass wenn man relativ gesehen in einem Spiel sehr wenig 6en gewürfelt hat, nicht automatisch in den nächsten Runden viele 6en fallen müssen, um den Rückstand auszugleichen.

Ein Rückstand eines Ergebnisses wird also in zukünftigen Durchführungen eines Zufallsexperiments nicht ausgeglichen, dies ist leider ein weitverbreiteter Irrtum!

Die andere Strategie ist auf Laplace-Experimenten anwendbar. Was das sind erfahrt ihr auf der nächsten Seite!

Beispiel für das Abschätzen von Wahrscheinlichkeiten

Ein Achter-Legostein wird wiefolgt mit Zahlen von 1 bis 6 beschriftet, damit er als Würfel dienen kann:


Da die Form und die Flächen des Lego-Würfels sehr unregelmäßig sind, kann man die Wahrscheinlichkeit der Augenzahlen am besten durch die häufige Durchführung des Zufallsexperiments bestimmen.

Nun wurde 2000-mal der Legowürfel geworfen und es kam folgendes Ergebnis raus:

Augenzahl Eins Zwei Drei Vier Fünf Sechs
abs. Häufigkeit 24 980 18 176 160 642
rel. Häufigkeit 0,012 0,49 0,009 0,088 0,08 0,321

Durch das Gesetz der großen Zahlen können wir nun annehmen, dass die Wahrscheinlicheiten in etwa mit den relativen Häufigkeiten übereinstimmen. Das heißt:

Die Augenzahl 1 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,012, also etwa 1,2%.

Die Augenzahl 2 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,49, also etwa 49%.

Die Augenzahl 3 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,009, also etwa 0,9%.

Die Augenzahl 4 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,088, also etwa 8,8%.

Die Augenzahl 5 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,08, also etwa 8%.

Die Augenzahl 6 fällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,321, also etwa 32,1%.

Aufgaben

Aufgabe 1: Abschätzen von Wahrscheinlichkeiten

Ihr führt folgende Zufallsexperimente 100-mal durch:

a) Ihr werft einen normalen Würfel und betrachtet die Augenzahl als Ergebnis.
Wie oft schätzt ihr, dass die Augenzahl 4 fällt? Begründe deine Antwort und tausche dich mit deinem Übungspartner aus!
b) Ihr dreht folgendes Glücksrad und betrachtet die Farbe auf dem es stehen bleibt:
BILD
Wie oft kommt das Glücksrad auf die Farbe rot zum stehen? Begründe deine Antwort und tausche dich mit deinem Übunsgpartner aus!

<popup name="Lösung"> Lösung für a):

Man kann schätzen, dass die 4 etwa 17-mal vorkommt. (Der genaue Wert schwankt natülrich um die 17 herum)

Warum? : Ein Würfel hat 6 verschiedene Augenzahlen und alle sollten mit der gleichen Wahrscheinlichkeit fallen, da der Würfel regelmäßig ist und alle Flächen gleich groß sind. Bei 100 Versuchen sollte also jede Augenzahl ungefähr gleich viel fallen: , also ca. etwa 17-mal.

Lösung für b):

Man kann schätzen, dass die Frabe rot etwa ?? vorkommt.

Warum? : Das Glücksrad hat ??? verschiedene Sektoren, davon sind ??? rot. Jeder Sektor wird mit gleicher Wahrscheinlichkeit vorkommen, da sie gleich groß sind: , also sollte jeder Sektor etwa ??-mal vorkommen. Da die Farbe Rot ??? Sektoren einnimmt, kann man schätzen, dass rot ?? * ?? -mal vorkommt. </popup>

Aufgabe 2: Mensch ärgere dich nicht

Vier Freunde spielen Mensch ärgere dich nicht und der Spielstand sieht so aus:

BILD MIT SPIELSTAND

a) Rot und Grün wollen beide nächste Runde eine Spielfigur ins Haus ziehen. Bei wem ist die Wahrscheinlichkeit größer?
b) Blau und Gelb wollen eine Spielfigur eines Gegners schlagen. Für wen ist es wahrscheinlicher?
c) Wie wahrscheinlich ist es für ?? eine Spielfigur ins Haus zu ziehen?


Aufgabe 3: Schwarzfahrer in der Bahn

Kontrolleure in der Bahn haben in der letzten Zeit 1235 Fahrgäste auf einen gültigen Fahrschein kontrolliert. Darunter waren 87 Schwarzfahrer.

a) Wie wahrscheinlich ist, dass ein Kontrolleur einen Schwarzfahrer bei der nächsten Kontrolle erwischt?
b) Mit wieviel Verlust muss der Verkehrsbetrieb jährlich rechnen, wenn er monatlich 45.000 Fahrgäste befördert und ein Fahrschein 2,70€ kostet?


<popup name="Lösung"> Lösung für a):

Hier wurde das Zufallsexperiment, ob ein Passagier ein Schwarzfahrer ist, insgesamt 1235-mal durchgeführt und 87-mal kam das Ergebnis Schwarzfahrer dabei heraus. Durch das Gesetz der großen Zahlen können wir die relative Häufigkeit als theoretische Wahrscheinlichkeit annehmen. Daher gilt:

P("Der Kontrolleur erwischt einen Schwarzfahrer") =

Ein Kontrolleur erwischt einen Schwarzfahrer mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 7%.

Lösung für b):

Der Verkehrsbetrieb transportiert jährlich 45.000*12 = 540.000 Fahrgäste.

Da mit einer Wahrscheinlichkeit von 7% ein Passagier Schwarzfahrer ist, gibt es im Jahr 540.000*0,07 = 37.800 Schwarzfahrer.

Das macht einen Verlust von 37.800*2,70€ = 102.060€.

Man kann mithilfe von statistischen Erhebungen und dem Gesetz der großen Zahlen Prognosen für zukünftige Gewinne/Verluste berechnen! </popup>

Aufgabe 4: Würfelexperiment

Ihr seht hier Würfelnetze dreier verschiedener Würfel:

1) Wuerfelnetz1.png
2) Wuerfelnetz2.png
3) Wuerfelnetz3.png


Johann hat mit einem der Würfel 125 Würfe gemacht und die Augenzahl bei jedem Wurf notiert. Hier ist seine Tabelle mit den Häufigkeiten:

Augenzahl Eins Zwei Drei
Häufigkeit 36 69 20

Mit welchem Würfel hat Johann wohl geworfen? Begründe deine Antwort!


<popup name="Lösung"> Johann hat am wahrscheinlichsten mit dem Würfel 1) geworfen.

Anhand den Häufigkeiten, kann man die relativen Häufigkeiten und damit auch gleich die theoretischen Wahrscheinlichkeiten der Augenzahlen des Würfels bestimmen:

Für die Augenzahl eins gilt: 36/125 = 0,288 => Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von ca. 28,8%

Für die Augenzahl zwei gilt: 69/125 = 0,552 => Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von ca. 55,2%

Für die Augenzahl drei gilt: 20/125 = 0,16 => Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von ca. 16%


Betrachtet man nun die Würfelnetze, kann man feststellen, dass bei dem Würfelnetz 1) und 3) die Augenzahl zwei genau die Hälfte der Seiten des Würfels einnimmt => Die zwei sollte also etwa mit 50% Wahrscheinlichkeit beim Werfen fallen (das ist hier mit 55,2% der Fall)

Anhand den ausgerechneten Wahrscheinlichkeiten kann man auch feststellen, dass die Augenzahl eins öfter gefallen ist, als die Augenzahl drei => Die eins sollte also mehr Seiten des Würfels beanspruchen, als die drei.


Dies ist beim Würfelnetz 1) der Fall!


Gut zu wissen: An diesem Beispiel kann man gut erkennen, dass die die relativen Häufigkeiten bei geringer Anzahl an Versuchsdurchführungen von der theoretischen Wahrscheinlichkeit (mitunter auch stark) abweichen können. Daher können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass das Würfelnetz 2 benutzt wurde, sondern es nur mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen. </popup>

Aufgabe 5: Musik-Dienste

Im Jahr 2017 gibt es 136,3 Mio. zahlende Nutzer von Musik-Streamingdiensten

Folgende Nutzerzahlen wurden dabei ermittelt:

Spotify Apple Music Amazon Music Andere
54,52 Mio 25,897 Mio 16,356 Mio 39,527 Mio

Auf der Straße wird zufällig ein zahlender Nutzer von einem Streamindienst getroffen. Wie wahrscheinlich ist es...

a) dass er Kunde von Amazon Music ist?
b) dass er nicht Kunde von Apple Music ist?
c) dass er Kunde von Spotify oder einem anderen (Andere) Dienst ist?


<popup name="Lösung"> Ihr könnt euch unter diesem Link, die Statistik ansehen, auf dem diese Aufgabe beruht: https://de.statista.com/infografik/10431/weltweite-marktanteile-musik-streaming-anbieter/


Lösung für a):

Wir können aufgrund der hohen Wiederholungsanzahl des Zufallsexperiments (136,6 Mio-mal), die relative Häufigkeit als theoretische Wahrscheinlichkeit annehmen.

Daher gilt:

P("Kunde von Amazon Music") =

Mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 12% ist der Nutzer ein Kunde von Amazon Music.

Lösung für b):

Hier wird gefragt, wie wahrscheinlich es ist, dass der Nutzer NICHT Kunde von Apple Music ist.

Hierfür berechnet man die Wahrscheinlichkeit, dass er Kunde von einem der anderen Dienste ist. Dazu zählt man alle Kundenzahlen von allen Streamindiensten zusammen, die nicht Apple Music sind:

54,52 Mio. (Spotify) + 16,356 Mio. (Amazon Music) + 39,527 Mio. (Andere) = 110,403 Mio.

Also ergibt sich für die Wahrscheinlichkeit, dass man bei einem der andere Dienste ist:

P("nicht bei Apple Music") =

Mit einer Wahrscheinlichkeit von 80,82% ist der Nutzer NICHT bei Apple Music.

Lösung für c):

Hierfür zählt man die Kundenzahlen von Spotify und Andere zusammen:

54,52 Mio. (Spotify) + 39,527 Mio. (Andere) = 94,047 Mio.

Daher ergibt sich für die Wahrscheinlichkeit:

P("bei Spotify oder bei Andere") =

Mit einer Wahrscheinlichkeit von 68,85% ist der Nutzer bei Spotify oder einem der anderen Dienste. </popup>