Zweier ohne und Nichts. Was im Leben wichtig ist: Unterschied zwischen den Seiten

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"Zweier ohne" ist eine Novelle von Dirk Kurbjuweit aus dem Jahre 2001, veröffentlicht als KiWi Paperback 1063. "Zweier ohne" ist als Ganzschrift Pflichtlektüre und Prüfungsstoff für das Schuljahr 2013/14 und für die Realschul-Prüfung in Baden-Württemberg 2014. Das Buch umfasst 130 Seiten und ist unkommentiert als Taschenbuch (ISBN 9783462040265) oder kommentiert in Buchners Schulbibliothek der Moderne (ISBN  9783766139849) erhältlich.
{{Kurzinfo-1|KJL}}
''Nichts. Was im Leben wichtig ist'' ist ein Jugendroman der dänischen Autorin Janne Teller (*1964). <br />Das Buch erscheint im Hanser Verlag 2010, ISBN 978-3-446-23596-0


==Der Verfasser==
==Aktuell==
* [http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/swr2-forum/-/id=660214/nid=660214/did=6689438/4fq0h4/index.html SWR2 Forum: Selbstmord, Missbrauch, Lynchjustiz] Was erzählen Jugendbücher heute?
:Sendung am Montag, 30.08.2010, 17.05 bis 17.50 Uhr (wird auch als  [http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/swr2-forum/forum-podcast/-/id=660214/nid=660214/did=3080052/jpxpy4/index.html Podcast] zum Download zur Verfügung gestellt).
:"Es diskutieren: Michael Borlik, Jugendbuchautor, Köln, Saskia Heintz, Lektorin beim Hanser Verlag, München, Christiane Lutz, Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche, Stuttgart, Moderation: Susanne Kaufmann
:Woran liegt es, dass in Jugendbüchern immer härtere Stoffe thematisiert werden? Und wie sollten sie aufbereitet werden – wie in dem Bestseller "Nichts" der dänischen Autorin Janne Teller?"


* [http://de.wikipedia.org/wiki/Dirk_Kurbjuweit Dirk Kurbjuweit] * 3. November 1962 in Wiesbaden, ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller (Wikipedia-Artikel).
==Worum geht‘s==
Die Geschichte spielt in einer dänischen Kleinstadt, die Ich-Erzählerin Agnes ist 13 wie ihre Klassenkameradinnen und Kameraden. Das 7. Schuljahr beginnt, alle gehen zur Schule, nur einer nicht, Pierre Anthon, er setzt sich stattdessen auf einen Pflaumenbaum und bewirft seine Klassenkameradinnen mit unreifen Pflaumen. Dabei schmäht er ihren Eifer und stellt die Behauptung auf, dass nichts irgendetwas bedeute und also es sich nicht lohne, irgendetwas zu tun. Schon gar nicht in die Schule zu gehen. Im weiteren Verlauf der Ereignisse entwickelt er diesen nihilistischen Gedanken konsequent weiter und konfrontiert seine Mitschüler vom Baum herunter damit.  


==Der Roman: Worum geht's==
Die dadurch verunsicherten Klassenkameraden versuchen ihn zuerst vom Baum herunter zu bekommen, vergeblich, dann beschließen sie ihm zu beweisen, dass es Dinge gibt, die etwas bedeuten, kurz: dass es „Bedeutung“ gibt.


Der Ich-Erzähler Johann schreibt aus der Erinnerung über seine Freundschaft mit dem gleichaltrigen Ludwig. Sie waren 11 Jahre alt, als sie sich kennenlernten, Johann kam neu aus dem städtischen Gymnasium in Ludwigs Klasse, was einem Abstieg glich, aber er war von Anfang an selbstbewusst und ohne Verlegenheit oder Anpassungsprobleme. Obwohl Johann sich wenig um Ludwig bemühte, sondern ihn eher beobachtete, meldet sich dieser nach zwei Wochen per Telefon und lädt ihn zu sich ein. Er wohnt mit Eltern und Schwester Vera an einem Fluss ziemlich direkt unter einer sehr hohen Autobahnbrücke, die sie beide als Mutprobe besteigen. Johann übernachtet bei Ludwig, in der Nacht fällt eine junge Frau von der Brücke, dies ist in diesem Jahr bereits der zweite Selbstmord. Ludwig scheint daran gewöhnt zu sein, für den Erzähler ist das eine verstörende Erfahrung.
Dazu errichten sie in einem verlassenen Sägewerk ihren ,Berg der Bedeutung‘: Jeder muss etwas hergeben, was ihm sehr viel bedeutet. Was es sein soll, bestimmt aber immer derjenige, der gerade etwas hergegeben und auf den Berg der Bedeutung gelegt hat. Es beginnt ganz harmlos mit Lieblingssandalen, dann muss ein Mädchen seine Zöpfe abschneiden, ein Kindersarg wird aus dem Friedhof ausgegraben und entwendet, das Kruzifix aus der Kirche gestohlen, ein Mädchen muss seine Unschuld hergeben und schließlich wird vom Anführer der Gruppe der rechte Zeigefinger verlangt, den er doch so dringend zu seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Gitarrespielen benötigt.


Sieben Jahre später, im April, haben sie ihre erste sexuelle Erfahrung mit einer Mitschülerin. Allerdings scheint diese Erfahrung für den Erzähler schöner gewesen zu sein als für Ludwig. Dieser umgeht das Thema, was jedoch nicht zu ihren Vorsätzen passt, denn seit mehreren Jahren trainieren sie nun zusammen im Ruderverein "Zweier ohne" und um darin erfolgreich zu sein, beschließen sie, wie Zwillinge zu werden. Dies verlangt aber, dass sie fortan alles gemeinsam tun und erleben, um den für das Rudern im "Zweier ohne" nötigen absoluten Gleichklang zu finden. Dies haben sie in den Jahren des harten Trainings auch so gut geschafft, dass der Verein eigens für sie ein teures Rennboot angeschafft hat, mit dem sie Erfolge feiern.
Die Lage eskaliert also rasant und geht in Racheakte über: Derjenige, der etwas hergeben musste, rächt sich dafür bei anderen, indem er (oder sie) immer schmerzlichere Opfer einfordert. Die Gruppendynamik lässt kein Aussteigen mehr zu, bis die Polizei einschreitet.


Der Sommer, in dem die beiden 18 werden, beginnt kühl, sie trainieren hart und halten sich abseits der Klassenkameraden in einer selbst gewählten Distanz. Johann findet eines Abends die weinende Vera in der Werkstatt ihres Vaters vor, tröstet sie und der Eindruck ihrer scheuen Berührungen wirkt noch länger bei ihm nach. Und eines Abends findet er Vera wieder allein in der Werkstatt und sie schlafen miteinander.
Zwar gibt es nun Verhöre und Hausarrest, aber die Gruppe beharrt darauf, dass sie etwas Bedeutsames geschaffen haben, insbesondere Sophie, die ihre Unschuld hergeben musste, hält diesen Gedanken am Leben.


In der väterlichen Werkstatt basteln sie an einem Motorrad, mit dem sie im Herbst gemeinsame Touren zu unternehmen vorhaben. Zu zweit Motorrad zu fahren sei wie "Zweier ohne", meinen sie. Beim Basteln "spinnen" sie weiter an großen Plänen, aber es scheint dem Ich-Erzähler, dass Ludwig immer auch etwas missmutig gelaunt ist. Sie haben ein Rennen gegen die Erzrivalen, ein echtes Zwillingspaar, verloren und trainieren jetzt noch härter. Aber Ludwig fällt es schwer, sein Wettkamp-Gewicht (62,5 kg) zu halten, er muss weniger essen und ist immer hungrig. Johann wohnt jetzt fast schon bei Ludwig, er schläft oft auch dort und trifft sich nachts mit Vera. Tagsüber aber lassen sich beide nichts anmerken. ...  
Kurz nach Weihnachten wird die Lokalpresse und dann die Weltpresse aufmerksam, eine Diskussion für und wider den Berg der Bedeutung beginnt, bis ein berühmtes New Yorker Museum für moderne Kunst dafür dreieinhalb Millionen Euro bietet. Das Geschäft wird gemacht, doch damit ist der Wendepunkt erreicht: Die Journalisten, Touristen und Kunstkenner ziehen ab, es wird ruhig im Ort und es dämmert den Kindern, dass sie nun das, was ihnen am meisten bedeutet hat, verkauft haben und damit wertlos geworden ist. Dann hätte also der Junge auf dem Baum gesiegt.
 
Es kommt zu einer Massenprügelei unter den Kindern, Agnes ruft Pierre Anthon zu Hilfe, dieser steigt tatsächlich von seinem Pflaumenbaum herunter und kommt - was er bisher verschmäht hatte - ins Sägewerk. Doch anstatt der Gewalt damit ein Ende zu bereiten, eskaliert diese ...  


{{Meinung|
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So weit so gut.
Auf dem Rückumschlag der Hanser-Ausgabe wird eine dänische Zeitung zitiert: „Dieses Buch kann und sollte von jedem gelesen werden …“ Aber warum?
 
Man kann sich denken, dass dieses Zwillings-Projekt nicht gut ausgeht, es geht sogar sehr traurig aus,  aber dennoch stimmt die Lektüre dieses Romans nicht traurig. Die Erzählweise ist gleichsam von einer sanften Melancholie getragen, der Ich-Erzähler hält die Ereignisse auf Distanz und reflektiert sie aus der Sicht eines Erwachsenen, der weiß, wie es weiterging und dennoch nicht den Kopf schüttelt oder sich zu aufklärerischen Kommentaren genötigt sieht. So wie es war, ist es in Ordnung.
 
Der aufmerksame Leser bemerkt schon früh, was der Ich-Erzähler Johann nur ahnt: Dass dieser nämlich von seinem Freund gefangen und in Beschlag genommen wird. Und mit der Liebesbeziehung zu Vera  hat er sich in eine doppelte Abhängigkeit gebracht bzw. bringen lassen, denn auch Vera hat ihn für sich in Beschlag genommen oder besser: zu sich geholt. So wie der Freund ihn zu immer neuen Mutproben, Abenteuern und Aufopferung zwingt, so zieht sie in in ihren erotischen Bann, denn sie ist die aktive.
 
So gerät er zwischen die beiden Pole, wobei er doch nur will, was sich jeder männliche Jugendliche in diesem Alter besonders wünscht: Einen besten Freund und eine aufregend-schöne Liebesbeziehung. Johann bekommt beides und das eine schließt das andere aus. Aber der Ich-Erzähler erlebt dies auch nachträglich nicht als Überwältigung, er schildert die Ereignisse so, wie er sich erinnert, wie er sie damals wahrnahm. Die Bewertung bleibt dem Leser überlassen.


Diese Geschichte hat alles, was eine Novelle ausmacht: die Kürze, die Konzentration auf wenige Personen, die dramatische Struktur und Motive oder Gegenstände von deutlicher Symbolik. Da ist der Fluss und die Harmonie der Ruderer, da ist die Autobahnbrücke mit ihren tödlichen Gefahren, da ist das Motorrad als Verheißung von Freiheit, da ist das Turmbau-Projekt als noch kindliches Luftschloss, das überwunden werden muss.
Ich selbst war hin- und hergerissen zwischen weglegen und weiterlesen. Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen und war doch die ganze Zeit ratlos, was von diesem Buch, von diesen Ereignissen zu halten ist. Ist es eine ins Realistische gehende Geschichte? Ist es eine Parabel auf die Suche nach dem Sinn des Lebens, eine philosophische Nachhilfestunde in Existenzialismus und Nihilismus? Oder ist eine von der Autorin bis zum Ende durchgespielte Versuchsanordnung über die Frage, wie viel uns etwas wert sein kann?


Die Geschichte hat auch alles, was einen Adoleszenzroman ausmacht: Die Verheißungen und die Gefahren des Erwachsen-Werden-Wollens bei gleichzeitiger Distanz zu den Erwachsenen in der eigenen Umgebung: Die Eltern, die Lehrer, die Polizei.
Das Wörtchen „Bedeutung“ wird gebraucht wie ein Mantra, eine Beschwörungsformel, dabei bleibt die dahinter steckende Problematik - verständlicherweise - vieldeutig. Hier einige Dimensionen des Bedeutsamen, um die es im Roman geht:
* Zunächst ist es das, was uns ,heilig‘, also unantastbar ist. Also auch ein banaler Lieblingsgegenstand, wie eine Puppe. Damit fängt es auch an.
* Dann ist das Bedeutende auch so etwas wie der Sinn im Leben, die Antriebskraft, die einen in die Schule gehen oder für die Zukunft planen lässt. So klingt es bei Pierre Anthon an, wenn er gerade dies verneint.
* Und schließlich ist mit Bedeutung das Nicht-Vergängliche gemeint, etwas das bleibt und dem Wechsel widersteht.
* Nicht zu vergessen: Das Stück Persönlichkeit, das Identität verleiht und das Ich sich selbst beschreibbar macht; der Glaube, die persönliche Überzeugung.
Die Kinder können es so nicht formulieren, aber sie ahnen es. Sie leben wohl in einer Welt und in Familien, die keine rechten Anhaltspunkte für das bereithält, was einem etwas bedeuten könnte.


Und schließlich: In diesem Roman fehlt es nicht an erotischen Fantasien und sexuellen Erfahrungen, es ist viel von Brüsten die Rede, die Liebesbeziehung wird vor allem als Liebesakt dargestellt. Das mag wohl der Grund sein, dass  das Kultusministerium in Baden-Württemberg jüngst darüber informierte, dass die Realschulen für das kommende Schuljahr 2013/14 zwischen zwei Lektüren, zwischen Dirk Kurbjuweit, "Zweier ohne" und Max Frisch, "Andorra", auswählen können.
Das Buch jedenfalls lässt alles im Irgendwie und Irgendetwas schweben. Das kann anregend, aufregend und frustrierend sein.  


:[[Benutzer:Klaus Dautel|Klaus Dautel]] 13:04, 5. Mai 2013 (CEST)
Selbst die These oder deren Formulierung durch Pierre ist uneindeutig: „Nichts bedeutet irgendetwas.“ ruft er vom Pflaumenbaum herunter. Man könnte dem entgegensetzen: Alles bedeutet etwas! und Pierre würde dann sagen: … also auch sein Gegenteil, nämlich nichts. Das ist Pierres nihilistische Logik, die sich am Ende sogar als die richtige erweist.  
}}


==Hilfen==
Vielleicht ist das der Skandal gewesen, der die dänischen Schulbehörden dazu veranlasst haben könnte, das Buch in der Schule nicht zuzulassen.


* [http://www.krapp-gutknecht.de/Neuerscheinungen/Zweier-ohne-von-Dirk-Kurbjuweit Lehrer- und Schülerheft für Klasse 9-10] beim Verlag Krapp & Gutknecht (Frühjahr 2013)
Und was hat die Geschichte Positives dagegenzusetzen? Nichts Genaues, nur den Willen und die Sehnsucht der Kinder, dass es Bedeutsames gibt und zwar für jeden von ihnen und in vielfältigsten Formen. Und dass dies seine Bedeutsamkeit nicht verliert, auch wenn es in Schutt und Asche aufgeht. Eben als Erinnerung.
Trotzdem weiß ich immer noch nicht, warum dieses Buch „von jedem gelesen werden“ sollte.  


:Das '''Lehrerheft''' enthält neben dem ausführlichen Unterrichtsteil unter Einbezug des Schülerheftes Schreibaufgaben mit Lösungsvorschlägen sowie Institutionen und Kontaktadressen. Aus dem Inhalt:
Und ich weiß auch nicht, ob ich es im Unterricht lesen wollte. In der [http://unity.zum.de/networks/groups/Deutsch/index Gruppe Deutsch] der '''ZUM-Unity''' habe ich diese Frage in der Hoffnung auf Meinungsäußerungen zur Diskussion gestellt. -- [[Benutzer:Klaus Dautel|Klaus Dautel]]|}}
: Analyse der Novelle „Zweier ohne“, Erzählstruktur und novellistische Gestaltung. - Aufbau, Figuren und Motive. - Die Entstehungsgeschichte der Novelle - Dirk Kurbjuweit über „Zweier ohne“. - Die Verfilmung der Novelle von Jobst Christian Oetzmann im Unterricht. - Unterrichtsanregungen, Einsatz des Schülerheftes mit dazu gehörigen Lösungen. - Schreibaufgaben: Analyse und Vorbereitung, Musterlösungen
:Das '''Schülerheft''' bietet Schreibaufgaben mit Hilfestellungen, Werkstattgespräch mit dem Autor Dirk Kurbjuweit sowie weitere hilfreiche Einheiten zur Inhalts- und Verständnissicherung


==Verfilmung==
==Stimmen==
* [http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,709274,00.html ''Verführung zum Nihilismus''] Von Claudia Voigt, Spiegel 26.07.2010
:"Nichts" heißt der Roman, sein Stoff ist finster: Ein Junge klettert auf einen Baum und bleibt dort sitzen, weil er im Leben keinen Sinn mehr sieht. Das Jugendbuch der Dänin Janne Teller ist ein Bestseller - und sorgt für heftige Kontroversen: Darf man junge Leser zu radikaler Skepsis verführen?
:„Janne Teller hat bei unzähligen Besuchen in dänischen Schulen nicht nur mit jugendlichen Lesern gesprochen, sondern auch mit vielen Lehrern. In Dänemark ist das Buch mittlerweile in der 14. Auflage erschienen. Doch bis heute, zehn Jahre nach der ersten Veröffentlichung von "Nichts", begegnen ihr noch immer Lehrer, die ihren Klassen die Lektüre verweigern.
:"Dass ein Buch, das sexuell nicht besonders freizügig ist, keinen extremen Slang benutzt und weniger Brutalität enthält als jede Detektivgeschichte, in Westeuropa noch so vehement abgelehnt werden kann, ist schon interessant", sagt Teller. Das ist ein bisschen tiefgestapelt, denn Janne Teller weiß natürlich, dass die Provokation ihres Romans in dessen existentieller Fragestellung besteht: Worin liegt der Sinn des Lebens?
:Und Teller geht in "Nichts" sogar noch über diese Frage hinaus, weil sie auch davon erzählt, worin der Sinn nicht liegen kann: in Geld und Ruhm. Das ist in Zeiten von Castingshows und Modelwettbewerben wirklich provokant.“ […]
:„Janne Tellers Roman "Nichts", der in diesen Tagen im Hanser Verlag erscheint, wird auch in Deutschland für kontroverse Diskussionen sorgen. Ist der nihilistische Pierre Anthon jugendlichen Lesern zumutbar? Die Antwort lautet: unbedingt. Die Düsternis dieses Romans gehört zur Welt von Heranwachsenden, auch wenn das vielen Eltern nicht gefällt. Die großen Fragen existieren bereits in Kinderköpfen. "Nichts" nimmt Jungen und Mädchen mit auf eine außergewöhnliche Gedankenreise. Was kann Literatur mehr leisten?“


* [http://www.filmstarts.de/kritiken/99925-Zweier-ohne.html Verfilmung 2008] - eine Kritik aus www.filmstarts.de
* [http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/lesezeit/146836/index.html ''Suche nach dem Sinn''] Janne Teller über das, was im Leben wichtig ist. www.3sat.de, 24. 8. 2010
:Die dänische Autorin Janne Teller hat mit "Nichts. Was im Leben wichtig ist" weit mehr als ein Jugendbuch verfasst. Unmittelbar und literarisch herausragend schreibt sie darüber, wie weit Menschen aus Angst vor der großen unaussprechlichen Leere zu gehen bereit sind.
:„...Die Fragen nach Sinn und Bedeutung gehörten gerade in die Schule, sagt Janne Teller. "Die Schüler werden allein gelassen. Nicht aus böser Absicht der Lehrer, aber vielleicht, weil wir selbst nicht wissen, wie wir diesen Fragen begegnen sollen", so die Autorin. "So glauben wir, Kindern Sinn zu vermitteln, indem wir sagen: 'Das und das bedeutet etwas.' Anstatt Fragen zuzulassen, auf die wir nunmal keine Antwort haben - was das Leben für mich gerade interessant macht."…“


==Sonstiges==
* [http://www.zeit.de/2010/32/KI-Rezension-teller ''Ist alles nichts?''] Birgit Dankert, DIE ZEIT, 05.08.2010
* Über die [[http://wiki.zum.de/Novelle|'''Novelle''']] als literarische Form
:„...Erzählt wird dieses Gleichnis von moralischer Verwirrung und Heuchelei aus der selbstgerechten Sicht einer beteiligten Schülerin, acht Jahre nach dem Geschehen. Ihre Erinnerung ist kalt, wo sie objektiv sein will, in alten Vorurteilen befangen, wo sie das Geschehene beurteilt, fast unbelehrbar, wo sie wertet. Was sie berichtet, ist selbst in den um Distanz bemühten Formulierungen der Chronistin eine Folge greller, einprägsamer Bilder vor düsterem Hintergrund. Denn den Jugendlichen ist offenbar von ihren Eltern weder die Fähigkeit zur toleranten Auseinandersetzung mit den extremen Sichtweisen eines Außenseiters noch eine belastbare Vorstellung von Gut und Böse mitgegeben worden.
* Über das '''Rudern''' im [http://de.wikipedia.org/wiki/Zweier_ohne_Steuermann Zweier ohne Steuermann] (Wikipedia-Artikel)
:Als das Buch vor zehn Jahren in Dänemark erschien, bedeutete es eine gezielte Provokation des Selbstwertgefühls der Gesellschaft – und wurde doch vom dänischen Staat prämiert. Es war Janne Tellers erstes Jugendbuch, das inzwischen in 13 Ländern veröffentlicht wurde. In Deutschland trifft es jetzt auf ein gesellschaftliches Klima der Suche nach verbindlichen Werten in einer vernetzten und unübersichtlichen Welt mit kulturellen Unterschieden, die vor der Haustür beginnen – ein literarischer Glücksfall zur rechten Zeit![…]
:"Der Zweier ohne ist die technisch anspruchsvollste Bootsklasse. Das liegt zum einen an der Schwierigkeit, das Gleichgewicht zu halten: Ruderboote werden vor allem durch die Ruder im Gleichgewicht gehalten. Im Zweier ohne ist jeder Ruderer allein für eine Seite verantwortlich und muss sich daher voll auf seinen Partner verlassen."
:Tellers Geschichte bringt auch die Kinder- und Jugendliteratur einen Schritt weiter. Was lässt sich nicht alles in ihrem Text aufspüren: philosophische Diskussion, biblische Beispielgeschichte, Volksmärchen, psychologisches Lehrstück und nicht zuletzt ein Krimi, mit Tätern und ihren Motiven. Dieses mit erzählerischen Traditionen spielende Cross-over entwickelt einen Freiraum der Bilder, Handlungen und Gedanken, der realistische Schilderungen von Gewalt und Grausamkeit gleichzeitig zulässt und richtet – ein Tabubruch mit Tiefgang und Zukunft.
* Dirk Kurbjuweit über den Tod des [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-20521514.html Ruderers und Olympiasiegers Bahne Rabe] durch Magersucht im Jahre 2001 (www.spiegel.de)


==Die Autorin==
* [http://www.hanser-literaturverlage.de/autoren/autor.html?id=27668 Janne Teller]
:„wurde am 8.4.1964 in Kopenhagen geboren. Ihre Mutter stammt aus Österreich und ihr Großvater väterlicherseits aus Norddeutschland. 
Ihre erste Erzählung veröffentlichte sie im Alter von 14 Jahren in der dänischen Zeitung Berlingske Tidende. Mit 30 kündigte sie dann ihren Beruf, mietete eine Ein-Zimmer-Wohnung in Kopenhagen und widmete sich ausschließlich dem Schreiben. Nach vier Jahren erschien 1999 ihr hoch gelobtes Debüt "Odins Insel".
Ein Jahr später erschien "Nichts", das der Verlag zunächst gar nicht publizieren wollte, weil es zu außergewöhnlich war. In den ersten zwei Jahren wurde auch kaum ein Exemplar verkauft. Dann bekam der Roman den Dänischen Kinderbuchpreis 2001 und fand immer mehr Leser, aber es gab auch viel Widerstand, nicht nur in der Presse. Auch Lehrer, Bibliothekare und Priester wollten verhindern, dass Kinder dieses Buch lesen dürfen. Anfangs war es sogar vom dänischen Schulamt in Voborg verboten - an den Schulen in Westnorwegen ist es bis heute nicht erlaubt.
Mittlerweile ist in Dänemark die 13. Auflage erschienen, und "Nichts" ist eines der am häufigsten verwendeten Bücher in den dänischen Abiturprüfungen. In Dänemark, Schweden, Finnland und Frankreich wird es als Theaterstück aufgeführt, in Dänemark und Schweden auch als Musical. Der Roman ist in 13 Sprachen verkauft, im Februar in den USA erschienen und hat vor kurzem auch den Prix Libbylit 2008 für den besten Kinder/Jugendroman der französischsprachigen Welt bekommen.“ (www.hanser-literaturverlage.de)
==Siehe auch==
*[[Kinder- und Jugendliteratur]]


[[Kategorie: Literatur]]
[[Kategorie: Kinder- und Jugendliteratur]]

Version vom 30. August 2010, 15:44 Uhr

Vorlage:Kurzinfo-1 Nichts. Was im Leben wichtig ist ist ein Jugendroman der dänischen Autorin Janne Teller (*1964).
Das Buch erscheint im Hanser Verlag 2010, ISBN 978-3-446-23596-0

Aktuell

Sendung am Montag, 30.08.2010, 17.05 bis 17.50 Uhr (wird auch als Podcast zum Download zur Verfügung gestellt).
"Es diskutieren: Michael Borlik, Jugendbuchautor, Köln, Saskia Heintz, Lektorin beim Hanser Verlag, München, Christiane Lutz, Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche, Stuttgart, Moderation: Susanne Kaufmann
Woran liegt es, dass in Jugendbüchern immer härtere Stoffe thematisiert werden? Und wie sollten sie aufbereitet werden – wie in dem Bestseller "Nichts" der dänischen Autorin Janne Teller?"

Worum geht‘s

Die Geschichte spielt in einer dänischen Kleinstadt, die Ich-Erzählerin Agnes ist 13 wie ihre Klassenkameradinnen und Kameraden. Das 7. Schuljahr beginnt, alle gehen zur Schule, nur einer nicht, Pierre Anthon, er setzt sich stattdessen auf einen Pflaumenbaum und bewirft seine Klassenkameradinnen mit unreifen Pflaumen. Dabei schmäht er ihren Eifer und stellt die Behauptung auf, dass nichts irgendetwas bedeute und also es sich nicht lohne, irgendetwas zu tun. Schon gar nicht in die Schule zu gehen. Im weiteren Verlauf der Ereignisse entwickelt er diesen nihilistischen Gedanken konsequent weiter und konfrontiert seine Mitschüler vom Baum herunter damit.

Die dadurch verunsicherten Klassenkameraden versuchen ihn zuerst vom Baum herunter zu bekommen, vergeblich, dann beschließen sie ihm zu beweisen, dass es Dinge gibt, die etwas bedeuten, kurz: dass es „Bedeutung“ gibt.

Dazu errichten sie in einem verlassenen Sägewerk ihren ,Berg der Bedeutung‘: Jeder muss etwas hergeben, was ihm sehr viel bedeutet. Was es sein soll, bestimmt aber immer derjenige, der gerade etwas hergegeben und auf den Berg der Bedeutung gelegt hat. Es beginnt ganz harmlos mit Lieblingssandalen, dann muss ein Mädchen seine Zöpfe abschneiden, ein Kindersarg wird aus dem Friedhof ausgegraben und entwendet, das Kruzifix aus der Kirche gestohlen, ein Mädchen muss seine Unschuld hergeben und schließlich wird vom Anführer der Gruppe der rechte Zeigefinger verlangt, den er doch so dringend zu seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Gitarrespielen benötigt.

Die Lage eskaliert also rasant und geht in Racheakte über: Derjenige, der etwas hergeben musste, rächt sich dafür bei anderen, indem er (oder sie) immer schmerzlichere Opfer einfordert. Die Gruppendynamik lässt kein Aussteigen mehr zu, bis die Polizei einschreitet.

Zwar gibt es nun Verhöre und Hausarrest, aber die Gruppe beharrt darauf, dass sie etwas Bedeutsames geschaffen haben, insbesondere Sophie, die ihre Unschuld hergeben musste, hält diesen Gedanken am Leben.

Kurz nach Weihnachten wird die Lokalpresse und dann die Weltpresse aufmerksam, eine Diskussion für und wider den Berg der Bedeutung beginnt, bis ein berühmtes New Yorker Museum für moderne Kunst dafür dreieinhalb Millionen Euro bietet. Das Geschäft wird gemacht, doch damit ist der Wendepunkt erreicht: Die Journalisten, Touristen und Kunstkenner ziehen ab, es wird ruhig im Ort und es dämmert den Kindern, dass sie nun das, was ihnen am meisten bedeutet hat, verkauft haben und damit wertlos geworden ist. Dann hätte also der Junge auf dem Baum gesiegt.

Es kommt zu einer Massenprügelei unter den Kindern, Agnes ruft Pierre Anthon zu Hilfe, dieser steigt tatsächlich von seinem Pflaumenbaum herunter und kommt - was er bisher verschmäht hatte - ins Sägewerk. Doch anstatt der Gewalt damit ein Ende zu bereiten, eskaliert diese ...

Vorlage:Meinung

Stimmen

"Nichts" heißt der Roman, sein Stoff ist finster: Ein Junge klettert auf einen Baum und bleibt dort sitzen, weil er im Leben keinen Sinn mehr sieht. Das Jugendbuch der Dänin Janne Teller ist ein Bestseller - und sorgt für heftige Kontroversen: Darf man junge Leser zu radikaler Skepsis verführen?
„Janne Teller hat bei unzähligen Besuchen in dänischen Schulen nicht nur mit jugendlichen Lesern gesprochen, sondern auch mit vielen Lehrern. In Dänemark ist das Buch mittlerweile in der 14. Auflage erschienen. Doch bis heute, zehn Jahre nach der ersten Veröffentlichung von "Nichts", begegnen ihr noch immer Lehrer, die ihren Klassen die Lektüre verweigern.
"Dass ein Buch, das sexuell nicht besonders freizügig ist, keinen extremen Slang benutzt und weniger Brutalität enthält als jede Detektivgeschichte, in Westeuropa noch so vehement abgelehnt werden kann, ist schon interessant", sagt Teller. Das ist ein bisschen tiefgestapelt, denn Janne Teller weiß natürlich, dass die Provokation ihres Romans in dessen existentieller Fragestellung besteht: Worin liegt der Sinn des Lebens?
Und Teller geht in "Nichts" sogar noch über diese Frage hinaus, weil sie auch davon erzählt, worin der Sinn nicht liegen kann: in Geld und Ruhm. Das ist in Zeiten von Castingshows und Modelwettbewerben wirklich provokant.“ […]
„Janne Tellers Roman "Nichts", der in diesen Tagen im Hanser Verlag erscheint, wird auch in Deutschland für kontroverse Diskussionen sorgen. Ist der nihilistische Pierre Anthon jugendlichen Lesern zumutbar? Die Antwort lautet: unbedingt. Die Düsternis dieses Romans gehört zur Welt von Heranwachsenden, auch wenn das vielen Eltern nicht gefällt. Die großen Fragen existieren bereits in Kinderköpfen. "Nichts" nimmt Jungen und Mädchen mit auf eine außergewöhnliche Gedankenreise. Was kann Literatur mehr leisten?“
Die dänische Autorin Janne Teller hat mit "Nichts. Was im Leben wichtig ist" weit mehr als ein Jugendbuch verfasst. Unmittelbar und literarisch herausragend schreibt sie darüber, wie weit Menschen aus Angst vor der großen unaussprechlichen Leere zu gehen bereit sind.
„...Die Fragen nach Sinn und Bedeutung gehörten gerade in die Schule, sagt Janne Teller. "Die Schüler werden allein gelassen. Nicht aus böser Absicht der Lehrer, aber vielleicht, weil wir selbst nicht wissen, wie wir diesen Fragen begegnen sollen", so die Autorin. "So glauben wir, Kindern Sinn zu vermitteln, indem wir sagen: 'Das und das bedeutet etwas.' Anstatt Fragen zuzulassen, auf die wir nunmal keine Antwort haben - was das Leben für mich gerade interessant macht."…“
„...Erzählt wird dieses Gleichnis von moralischer Verwirrung und Heuchelei aus der selbstgerechten Sicht einer beteiligten Schülerin, acht Jahre nach dem Geschehen. Ihre Erinnerung ist kalt, wo sie objektiv sein will, in alten Vorurteilen befangen, wo sie das Geschehene beurteilt, fast unbelehrbar, wo sie wertet. Was sie berichtet, ist selbst in den um Distanz bemühten Formulierungen der Chronistin eine Folge greller, einprägsamer Bilder vor düsterem Hintergrund. Denn den Jugendlichen ist offenbar von ihren Eltern weder die Fähigkeit zur toleranten Auseinandersetzung mit den extremen Sichtweisen eines Außenseiters noch eine belastbare Vorstellung von Gut und Böse mitgegeben worden.
Als das Buch vor zehn Jahren in Dänemark erschien, bedeutete es eine gezielte Provokation des Selbstwertgefühls der Gesellschaft – und wurde doch vom dänischen Staat prämiert. Es war Janne Tellers erstes Jugendbuch, das inzwischen in 13 Ländern veröffentlicht wurde. In Deutschland trifft es jetzt auf ein gesellschaftliches Klima der Suche nach verbindlichen Werten in einer vernetzten und unübersichtlichen Welt mit kulturellen Unterschieden, die vor der Haustür beginnen – ein literarischer Glücksfall zur rechten Zeit![…]
Tellers Geschichte bringt auch die Kinder- und Jugendliteratur einen Schritt weiter. Was lässt sich nicht alles in ihrem Text aufspüren: philosophische Diskussion, biblische Beispielgeschichte, Volksmärchen, psychologisches Lehrstück und nicht zuletzt ein Krimi, mit Tätern und ihren Motiven. Dieses mit erzählerischen Traditionen spielende Cross-over entwickelt einen Freiraum der Bilder, Handlungen und Gedanken, der realistische Schilderungen von Gewalt und Grausamkeit gleichzeitig zulässt und richtet – ein Tabubruch mit Tiefgang und Zukunft.“

Die Autorin

„wurde am 8.4.1964 in Kopenhagen geboren. Ihre Mutter stammt aus Österreich und ihr Großvater väterlicherseits aus Norddeutschland. 
Ihre erste Erzählung veröffentlichte sie im Alter von 14 Jahren in der dänischen Zeitung Berlingske Tidende. Mit 30 kündigte sie dann ihren Beruf, mietete eine Ein-Zimmer-Wohnung in Kopenhagen und widmete sich ausschließlich dem Schreiben. Nach vier Jahren erschien 1999 ihr hoch gelobtes Debüt "Odins Insel".
Ein Jahr später erschien "Nichts", das der Verlag zunächst gar nicht publizieren wollte, weil es zu außergewöhnlich war. In den ersten zwei Jahren wurde auch kaum ein Exemplar verkauft. Dann bekam der Roman den Dänischen Kinderbuchpreis 2001 und fand immer mehr Leser, aber es gab auch viel Widerstand, nicht nur in der Presse. Auch Lehrer, Bibliothekare und Priester wollten verhindern, dass Kinder dieses Buch lesen dürfen. Anfangs war es sogar vom dänischen Schulamt in Voborg verboten - an den Schulen in Westnorwegen ist es bis heute nicht erlaubt.
Mittlerweile ist in Dänemark die 13. Auflage erschienen, und "Nichts" ist eines der am häufigsten verwendeten Bücher in den dänischen Abiturprüfungen. In Dänemark, Schweden, Finnland und Frankreich wird es als Theaterstück aufgeführt, in Dänemark und Schweden auch als Musical. Der Roman ist in 13 Sprachen verkauft, im Februar in den USA erschienen und hat vor kurzem auch den Prix Libbylit 2008 für den besten Kinder/Jugendroman der französischsprachigen Welt bekommen.“ (www.hanser-literaturverlage.de)

Siehe auch