Glauben und Person: Unterschied zwischen den Seiten

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==Person und Individuum==
== Das Besondere am Religionsunterricht ==
{{Aufgabe|1=
Auskunft über mich
# Gesetzt, du wärest vermisst, und man würde ein Steckbrief verfassen, um dich zu suchen. Was könnte in einem solchen Steckbrief stehen?
# Was steht in deinem Kinderausweis oder Schülerpass?
# Schreibe eine Kurzbiografie über eine prominente Persönlichkeit!
# Was schätzen deine Freunde und Freundinnen an dir?
* Schau dir die Antworten auf die drei Fragen an und markiere die wichtigsten Unterschiede.
}}


Während im Rechnen eine Aufgabe nur eine richtige Lösung hat (zum Beispiel 3 + 5 = 8), ist das in Religion anders: Das wichtigste Lernziel ist, dass jeder und jede eine eigenständige Einstellung zu den großen Fragen des Lebens gewinnt.  
{{Box|Zur Auswertung|
Einige deiner Eigenschaften sind objektiv feststellbar, das heißt: Jeder wird bei Anwendung der richtigen Methode dasselbe herausfinden zum Beispiel über deine Größe, Augenfarbe, deine Fingerabdrücke, den genetischen Code.


Das gilt auch von diesen Merksätzen, die man wohl auswendig lernen kann: Aber die eigentliche Aufgabe ist es, eine eigene Einstellung dazu zu finden. Dabei helfen die Nachdenkaufgaben, die immer zu den Themen gestellt wurden.
Andere Eigenschaften kann man nur herausfinden, wenn man eine Weile gemeinsame Erlebnisse teilt: Ob du dich leicht aufregst oder entspannt bleibst, ob du freundlich bist oder abweisend, hilfsbereit oder faul, mutig oder feige.


== Wer wir sind ==
Die meisten Menschen werden zustimmen, dass diese sozialen Eigenschaften mehr und Wichtigeres über dich aussagen als jene äußerlichen, objektiven Eigenschaften. Diese sozialen Eigenschaften sind aber beziehungsabhängig: Deine Freunde beurteilen dich vielleicht anders als die Lehrer.
In der Geografie geht es um die Erde (griechisch Gaia), in der Biologie um das Leben (griechisch Bios); in der Religion geht es um den Menschen und sein Verhältnis zu Gott, zu den Mitmenschen, zur Welt und zu sich selbst. Das wird uns bis zum Abitur beschäftigen. Trotzdem kann man auch in der fünften Klasse schon einige Grundsätze gut verstehen:
| Hervorhebung1}}


Das lateinische Wort ''persona'' bedeutet ebenso wie das griechische Wort ''prosopon'' in der Grundbedeutung die Larve, die Maske des Schauspielers im Theater. Schon vor dem Christentum wurde der Begriff auch in übertragener Bedeutung gebraucht für den Stand eines Menschen in der Gesellschaft. Erst das Christentum jedoch hat den Begriff „Person“ zur zentralen Kategorie seines Menschen- und vor allem Gottesbildes werden lassen. Wie ist das gemeint?


{{Merke|1=Wir alle sind Menschen – aber jeder und jede auf seine und ihre eigene Weise.
Man kann nicht Personen aus einem Theaterstück in ein anderes versetzen: Der Versuch, William Shakespeares Figur der Julia in Star Wars mitspielen zu lassen, würde unsere Erkenntnisse über Julia nicht erweitern können; es entstünde ein neues Stück.  


Jeder Mensch hat ein Gesicht – aber nicht zwei Menschen dasselbe.
Übertragen wir diese Einsicht aus der Theaterwelt auf unser alltägliches Leben, kommen wir zu folgender Aussage:
 
{{Merke|1=
Jeder und jede hat eine Lebensgeschichte und macht Erfahrungen – aber jeder und jede andere.}}
Der Mensch wird zu dem, was er ist, durch Kontakte mit anderen, durch die sozialen Kontexte, in denen er jeweils seine Rolle spielt – Familie, Schulklasse, Clique, Betrieb, soziale Einrichtung.
 
}}
 
{{Aufgabe|1=Schau Dir Bilder von Menschen an - aus verschiedenen Ländern, von verschiedenen Religionen, Arme und Reiche, Geachtete und Verachtete, Schülerinnen und Schüler Deiner Klasse:


Was haben alle Menschen gemeinsam? - Worin unterscheiden sie sich.
Die Suche nach einem „Selbst“, das sich unabhängig von allen diesen Chancen und Herausforderungen definieren ließe, gerät zur blutleeren Abstraktion. Beispielsweise die Frage, wie ich mich verhalten hätte angesichts des Nationalsozialismus oder angesichts des Hexenwahns, ist nützlich als Vorbereitung auf moralische Grenzsituationen, die mir noch bevorstehen mögen, sie ist aber letztlich nicht beantwortbar. Denn es ist ein wesentliches Merkmal meines Ich, dass ich im Horizont meiner eigenen Geschichtsepoche lebe und lerne und denke.


Wie versuchen Menschen, ihre eigene Individualität zum Ausdruck zu bringen?
==Eine Möglichkeit über Gott zu sprechen==
Denk an
Es ist nun weder ganz richtig, dass jeder seines Glückes Schmied sei, noch ist es wahr, dass man alles hinnehmen müsse, wie es eben kommt.


* Wappen
* Heiratsanzeigen
* Bewerbungen
* Vorstellung in der neuen Klasse


Was fällt Dir auf?
{{Box|Aufgabe|
Wenn Du in ein paar Jahrzehnten eine Bilanz deines Lebens ziehst:


Kennst Du Lebensgeschichten von Verwandten oder von berühmten Menschen?
Unter welchen Umständen würdest du sagen, dass dein Leben '''gelungen''' ist, und unter welchen Bedingungen würdest Du sagen, dass dein Leben '''misslungen''' ist?|Hervorhebung1}}


Lies Dir die Merksätze noch einmal durch!
Die Herausforderungen und Chancen des Lebens, vor allem die Begegnungen mit Menschen, erscheinen zwar zunächst als zufällig, aber im Rückblick glaubt man manchmal einen geheimnisvollen Plan hinter den Wechselfällen des Schicksals zu erkennen, als sei es gerade mir wirklich von jemandem '''geschickt'''. Christen reden von der '''Vorsehung''' und der '''Fürsorge Gottes'''. Im Katechismus steht:


Hast Du sie bestätigen können?
{{Zitat|In dem Maße, als sich ein Mensch auf Gottes Willen einlässt und sein Leben ändert, ändert sich auch sein „Schicksal“. Der Mensch, der mit Gott ins Einvernehmen kommt, kommt auch mit der Welt ins Einvernehmen.|}}


Würdest Du etwas anders sagen?  
Aber wer ist das: Gott? Woher beziehen die Menschen ihr Wissen von Gott?


Bringe Dich in die Diskussion im Unterricht ein!
Die Antwort, die geschichtlich wohl am weitesten zurückreicht, lautet:
}}


{{blau|'''Menschen erfahren Gott und erzählen davon.'''}}


== Glauben ==
Die Erzählungen von Gott führen dazu, dass man geeignete spirituelle Maßnahmen ergreift, die eine Gottesbegegnung wahrscheinlicher machen: Riten, Opfer, Gebete, Meditationen, Feiern, Tänze, Lieder. Die Vorstellung von guten und bösen Göttern bietet für den Menschen entscheidende Vorteile:


{{blau|Material:
*Es ist ein Unterschied, ob man nicht einschlafen kann in namenloser Angst oder ob man die Nacht damit verbringt wachend und betend mit einem Gott zu ringen (vgl. Gen 32). Wer hinter Donner und Blitz, Fluss und Berg, Tier und Pflanze Götter am Werke glaubt, der hat wenigstens etwas zu erzählen, vor allem jemanden, der ansprechbar ist, und der Schrecken, der zur Sprache zurückgefunden hat, ist schon halb ausgestanden (Hans Blumenberg).
*Es ist nicht zuletzt ein Unterschied, ob man die toten Gefährten am Wegesrand zurücklässt und zu vergessen sucht, oder ob man einen Gedenkstein für sie aufstellen, ein ewiges Licht bei ihnen entzünden, sie einem Fährmann ins Jenseits anvertrauen kann. Denn wer die Ahnen vergisst, muss sich auch selbst für eine flüchtige Erscheinung halten.


* Bömmels Traum von Hans May [Vorlesebuch Religion, HRSG D. Steinwede, Lahr 1982, 28-36
'''Stimmt''' es aber auch, was von den Göttern erzählt wird? '''Stimmen''' wenigstens die Geschichten der Bibel? - Offenbar doch nicht!
* Der Clown, das Hochseil und die Schubkarre nacherzählt von Karl Vörckel. <ref>https://www.rpp-katholisch.de/DesktopModules/rpp.Mediadatabase/Downloader.aspx?FileId=2591&ModId=826</ref> }}


{{Definition|1=
{{Zitat|
Lies Genesis 1,24-25:
''Gott sprach: Die Erde treibe hervor lebende Wesen nach ihrer Art, Herdentiere, Kriechtiere und die Wildtiere der Erde nach ihrer Art! Es geschah so. Gott formte die Wildtiere der Erde nach ihrer Art und die Herdentiere nach ihrer Art und alle Ackertiere nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war.''
|}}


'''Glauben ist ein unbedingtes Vertrauen in die Dinge,'''  
{{Aufgabe|1=
 
Was berichtet die Bibel?
'''die man nicht sieht'''. <ref>Hebräerbrief 11,1, KKK 146</ref>
* ''Die Erde bringt die Tiere hervor auf Gottes Befehl.''
* ''Gott formt die Tiere Art nach Art.''
Sind die beiden Varianten miteinander kombinierbar?
Welche Variante lässt sich leichter mit der Evolutionstheorie vereinbaren?
}}
}}
Die Bibel mutet uns gleich in den ersten beiden Kapiteln drei verschiedene Versionen zu, wie und warum Gott die Tiere geschaffen hat: Nach Gen 1,24 bringt die Erde die Tiere auf Gottes Befehl hervor; nach Gen 1,25 formt Gott selbst die Tiere Art nach Art, und Gen 2,19 erzählt, dass Gott die Tiere erst nach dem Menschen geschaffen hat, damit dem nicht so langweilig wird.


Dies ist eine sehr wichtige Definition der christlichen Religion.
Auch die Motive Gottes für die Sintflut werden nicht widerspruchsfrei dargestellt: Nach Gen 6,5-8 will Gott die ganze Welt vernichten aus Wut auf die Menschen und aus Wut auf sich selbst, weil er die Menschen überhaupt geschaffen hat. In Gen 6,13 erzählt Gott dem Noah, dass die Boshaftigkeit der Menschen ihre Vernichtung heraufbeschworen habe, dass aber Gott in seinem Erbarmen wenigstens den Noah und die Tiere retten will, damit die Welt nicht ganz untergeht.


{{Aufgabe|1=Überlege:
==Die Bibel ist kein Geschichtsbuch, sondern ein Religionsbuch.==
* Wenn Du vor einer schweren Prüfung stehst, welchen Einfluss hat es dann, fest an Dich zu '''glauben''', dass Du das schaffst.
An allen Ecken und Enden lassen sich in der Bibel Widersprüche aufzeigen, vor allem die Erfahrung der schrecklichen Macht und die Erfahrung der liebevollen Zuwendung Gottes stimmen offenbar nicht überein. Aber gerade die Widersprüche beweisen, dass der Text dem Menschen aus der Seele spricht: Wer sein Schicksal gerade jetzt so erlebt, dass er sich von Gott verworfen fühlt, dem kann man nicht mit dem billigen Trost kommen: ''Nein, nein, ich weiß es besser, Gott verwirft niemanden, es wird alles gut.'' Ein solcher Mensch muss durch die dunkle Nacht erst einmal hindurchgehen; man muss es ihm erlauben und sogar erleichtern, das Erlebnis ''Gott ist wütend auf mich'' auszusprechen. Dabei leistet die Bibel Hilfestellung, indem sie von Menschen erzählt und ihre Gebete überliefert, die ähnliches erlebt haben. Wer ein solches Erleben ausgehalten hat, darf darauf hoffen, dass er von seinen niederdrückenden Stimmungen einmal befreit wird; auch die Geschichte von der großen Flut endet mit dem im Regenbogen besiegelten Versprechen Gottes, dass die Erde niemals wieder vernichtet wird. (Gen 8,20-22)
* Kann der Glauben an Dich selbst das Lernen ersetzen?
* Kann der Glauben an den guten Ausgang zum Lernen ermutigen?
* Die Leute '''glauben''' dem Seiltänzer, dass er die Schubkarre sicher über das Seil schieben kann. Aber die Mutter '''glaubt nicht''', dass es eine gute Sache ist, wenn sich ihre Tochter in die Schubkarre setzt. Glauben hat also mindestens zwei Gesichter. Kannst Du den Unterschied formulieren?}}


{{blau|Vorausschau:
<br />


Glauben bezieht sich auf ''Dinge, die man nicht sehen kann''.
{{Box|
Vergleich|


Gemeint sind
Die Griechen haben versucht, mit ihren Mythen reinen Tisch zu machen und einen klaren widerspruchsfreien Begriff Gottes zu formulieren. Die Idee des Guten (Platon), das sich selbst denkende Denken, der unbewegte Beweger (Aristoteles), das Ur-Eine (Plotin), so einige der Vorschläge, wie man sich einen Gott denken könne. Immer größer erschien der Abstand zwischen Gott und der Welt, sodass sich für die stoische Schule der Gedanke nahelegte, die Götter lebten zwischen den Welten und haben mit uns überhaupt nichts zu tun, und es sei für uns völlig uninteressant zu den Göttern zu beten oder sie sonst wie zu verehren. Der Atheismus der Neuzeit fand da sein Vorbild.
* die eigene Seele, der eigene Mut, das eigene Selbstvertrauen und andere innere Eigenschaften, die man nicht sehen kann, die sich aber im Verhalten auswirken.
* Mut, Liebe, Vertrauen und andere innere Eigenschaften der anderen, die man auch nicht gut prüfen, sondern nur glauben kann.
* übernatürliche gute und böse Kräfte, die in der Bibel ''Engel'' und ''Dämonen'' heißen: Manche Menschen beziehen übernatürliche Kräfte in die Deutung ihrer Erlebnisse mit ein; sie '''glauben, dass''' es solche Kräfte gibt.
* Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist: Christen glauben nicht nur, dass es Gott gibt, sondern '''Christen glauben ganz fest an Gott'''. Das '''unbedingte Vertrauen''', von dem die Definition spricht, richtet sich also zuerst auf Gott, dann auf mich selbst, zu dem Gott JA gesagt hat, und auf die Mitmenschen, die Gott mir gegeben hat.


Damit ist schon das ganze Programm des Religionsunterrichtes von der 5. bis zur 12. oder 13. Klasse umschrieben.
Israel hat in seiner Heiligen Schrift auch für Philosophie Raum – etwa in den Büchern Kohelelet, Weisheit, Jesus Sirach - aber man hat die Gebete und Geschichten der anderen, gerade der armen und schlecht ausgebildeten Menschen, darüber nicht vernachlässigt. Vielfältige Gotteserfahrung wird in der Bibel authentisch überliefert. Der Schriftgelehrte hat die Spannungen zwischen den verschiedenen Vorstellungen von Gott nicht durch seine Logik zu verkleistern, sondern ernst zu nehmen und fruchtbar zu machen.
}}
|Hervorhebung2}}


== Wie ein Senfkorn ==
==Von den Geschichten der Bibel zur Theologie der Dreifaltigkeit==


Die biblische Überlieferung des Alten Bundes lässt sich sehr grob in drei Epochen einteilen:


{{Zitat|'''Die Bibel:'''


Im Evangelium erzählt Jesus zwei verschiedene Geschichten, in denen ein Senfkorn vorkommt:
{| class="wikitable"
 
|-  
Er sagte: Wem ist das Reich Gottes ähnlich, womit soll ich es vergleichen? Es ist wie ein Senfkorn, das ein Mann in seinem Garten in die Erde steckte; es wuchs und wurde zu einem Baum, und die Vögel des Himmels nisteten in seinen Zweigen. [Lukas 13,18-19]
|ZEIT||Thema||Bücher
 
|-
Der Herr erwiderte: Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen. [Lukas 17,6]|}}
|900-700||Kritik am König im Namen Gottes||Amos, Jesaia
 
|-
== Das Kreuzzeichen ==
|700-500||Politische Inanspruchnahme der JHWH-Religion führt zur Zerstörung Jerusalems||Deuteronomium, Jeremia
{{blau|Material
|-
 
|500-100||Konsolidierung des Frühjudentums||Tora, Psalmen
Das Kindermutmachlied von Andreas Ebert <ref>[http://www.wings-of-hope.de/spenden/konfirmandenspende/kindermutmachlied.pdf Das Kindermutmachlied mit Noten]</ref>}}
|}
 
{{Aufgabe|1=Erzähle,
* woran Du merkst, dass Dich jemand mag.
* wann Dich jemand dringend gebraucht hat, wie Du die Aufgabe gelöst hast und was das für ein Gefühl war.}}
 
Katholische Christen beginnen ihr Beten mit einem Kreuzzeichen:
 
 
[[Datei:kreuzzeichen.jpg|250px|zentriert]]
 
{{Merke|1=
Christen glauben,
* dass Gott wie ein Vater ist,
* dass er uns liebt und bei uns sein will und Mensch geworden ist,
* dass er in uns wirkt, dass er etwas von uns verlangt, aber uns bei der Erfüllung unserer Aufgaben auch hilft.


Das ist mit dem Kreuzzeichen gemeint.}}
[[Datei:Lehrender_christus.jpg|miniatur]]


== Vorbilder im Glauben ==
Mit der griechischen Übersetzung des Tanach, der jüdischen Heiligen Schriften, war schon ein wichtiger Schritt der Öffnung der JHWH-Religion getan; noch konsequenter missionierte das junge Christentum im griechisch-sprachigen Raum des römischen Reiches. Dabei sahen sich die Schülerinnen und Schüler der Apostel zwei Herausforderungen ausgesetzt:


{{Aufgabe|1=Suche im Ökumenischen Heiligenlexikon <ref>[http://www.heiligenlexikon.de/ Ökumenisches Heiligenlexikon]</ref> Deinen Vornamen.  
*Es galt, bei den Griechen deren Kultur des Denkens zu erlernen und einen eigenen Beitrag dazu zu leisten.
*Aber die Christen bestanden weiterhin auf der Authentizität der in der Bibel gesammelten Erfahrungen von Gott. Sie ergänzten die Geschichten der Juden durch die frohe Botschaft über ihren Lehrer Jesus Christus, dessen Leben, Tod und Auferstehung; vor allem aber betrachteten sie die lebendige Erfahrung der Gemeinde Gottes als Norm aller Bemühungen des denkenden Geistes.


Bei manchen Vornamen sind mehrere Heilige angeführt. Wenn Du zum Beispiel "Michael" oder "Mike" heißt, hast Du die Auswahl aus zehn verschiedenen Heiligen.
Das Christentum hat – nach der Methode der Philosophie - den Begriff „Person“ zur Deutung der Gottesvorstellung herangezogen. Diese Entwicklung ging aus von einem ''Erlebnis'': Der Auferstehung Jesu von Nazaret. Ostern beginnt ein Prozess reflektierter Erfahrung in der christlichen Gemeinde, dessen Zwischenergebnis das Glaubensbekenntnis zum dreieinigen Gott, und dessen Fernwirkung die Geschichte der christlichen Theologie ist.


Du solltest dann Deine Eltern fragen, an welchen Heiligen sie bei der Namensgebung gedacht haben. Oder Du suchst Dir einfach Deinen Heiligen aus. Der oder die Heilige, nach dem oder der Du benannt bist, ist Dein '''Namenspatron'''.


Lege in Powerpoint (oder einem vergleichbaren Programm) eine Folie an, die (wenn möglich) drei Informationen enthält:
{{Box|Merksatz|Das Urproblem, ohne das es nie eine christliche Theologie gegeben hätte, ist die Frage, wie man den Gottmenschen Jesus Christus angemessen beschreiben kann.|Merksatz}}  
* Eine kurze Biografie, aus der hervorgeht, in welcher Zeit Dein Patron gelebt hat und was er besonderes geleistet hat.
* Ein Bild Deiner Heiligen mit den Symbolen, an denen man ihn oder sie erkennt
* Der Festtag Deines Heiligen (Beispiel: Beim Erzengel Michael ist das der 29. September)}}


Denn wenn Gott, der ewige, alles beherrschende, die menschliche Natur annehmen kann, Person werden kann in einem historischen Drama, einer von uns, der sich mit uns freute und mit uns litt und unter uns starb, dann ist offenbar Personsein das Wesen Gottes selbst und daher die umfassendste Wirklichkeit, die es überhaupt gibt. Nicht nur uns zeigt sich Gott in den verschiedenen Situationen unseres Daseins, sondern in ihm selbst gibt es „Situationen“, gibt es Beziehung und Austausch. Selbstverständlich können wir uns die Gemeinschaft von drei Personen göttlichen Wesens nicht vorstellen. Um so wichtiger sind die Beispiele und Gleichnisse, durch die wir Gott zu vergegenwärtigen versuchen. In der Kinderkatechese ist der Klee beliebt mit seinen drei herzförmigen Blättchen oder ein Licht mit drei Flammen. Wer aber Gott begreifen will, darf nicht hängen bleiben bei der Veranschaulichung des Zahlenverhältnisses Eins zu Drei, sondern muss einsteigen in die Betrachtung des einzigen Ebenbildes Gottes auf dieser Erde (Gen 1,27):


{{Merke|1=Heilige sind Vorbilder des Glaubens
==Die innere Pluralität der menschlichen Person.==


Es können Sklaven sein wie Julia, Könige und sogar Kaiser wie Heinrich II., es können asketische Mönche sein wie Bruno, der Karthäuser oder gestandene Familienväter und Beamte wie Thomas Moore, Frauen und Männer, Reiche und Arme.
{{Box|Beispiel|


Keine andere Religionsgemeinschaft verehrt so viele und so verschiedene Menschen als vorbildlich.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/zeitung/heiliger-michael/791156.html Der Kolumnist Harald Martenstein hat darüber recherchiert.]</ref>}}
Wenn etwas Schönes passiert, kann man dazu sagen: ''Das freut mich,'' als wäre das Ereignis der Ursprung meiner Freude und ich selbst nur deren Objekt. Richtiger ist es zu sagen: ''Ich freue mich über das Ereignis.'' Dieser Satz stellt mich als '''Ursprung''' (Subjekt) und '''Ziel''' (Objekt) der Freude dar und das Erlebnis als bloßen '''Anlass'''. Das ist richtig, denn ich bin ja kein Hund, der zwar mit dem Schwanz wedelt, aber nicht weiß, dass er das aus Freude tut. '''Freude''' wird meine Reaktion auf ein Ereignis erst dadurch, dass ich sage oder wenigstens denke: Ich freue mich. Indem ich das sage, befinde ich mich aber in einer '''dreifachen Rolle''':
* Ich bin der Beobachter meiner Freude,
* ich bin der, dessen Freude ich beobachte, und
* ich bin die Einheit des Beobachtens und Erlebens, ein Subjekt unter anderen Subjekten, die erleben und erkennen und mit denen ich reden kann.
|Hervorhebung2}}


== Quellenangaben ==
Daraus kann man lernen, wie Gott ist, wie er sich erleben und ansprechen lässt.
<references/>


== Weblinks ==
*Gott spricht '''durch''' Menschen, durch die Propheten aller Zeiten und Völker, die den Menschen offenbarten, dass ihr letztes Ziel die Vollkommenheit in Gott ist. Gott wird angerufen als Heiliger Geist.
* [http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_INDEX.HTM Katechismus der katholischen Kirche ]
*Gott kam '''als''' Mensch in die Welt, in allem uns gleich außer der Sünde (Kanon der Heiligen Messe). Jesus, der Gottmensch, wird zu Recht unter vielen Namen angerufen: Als Gesalbter (''Christos'',  ''Messias'') und ''Gesandter'' Gottes, als gehorsamer Sohn Gottes, als Retter und Erlöser, schließlich als ewiges Wort (''Logos'') ) Gottes; denn dasselbe Wort, welches uns im Ursprung ins Leben gerufen hat, hat auch verhindert, dass wir dem Tod durch unsere Schuld verfallen. Dieses Wort ist nach dem Tod und der Auferstehung Jesu für immer glaubwürdig: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,20,vgl. Ex 3,14)
* [http://www.heiligenlexikon.de Ökumenisches Heiligenlexikon]
*Gott spricht '''zu''' Menschen. Dies ist die älteste Form der Gotteserfahrung, von der Beter aller Zeiten berichten, aber nachdem Gott als Mensch unter uns wohnte und der Geist Gottes unter uns Propheten erweckt hat, muss der Mensch sein Gegenüber neu begreifen lernen als Einheit seines Ursprungs und seiner Bestimmung, und dafür steht die zärtliche Anrede Gottes als Abba, lieber Vater. (vgl. Röm 8,14-17)


So erleben Menschen ihren Gott, seit sie denken können; sie beschimpfen ihn und sie jubeln über ihn; sie verzweifeln an ihm und vertrauen sich ihm voller Zuversicht an: Die Bibel bestätigt diese Erfahrungen, und der Theologie, der Glaubenswissenschaft bleibt nichts anderes übrig, als mit ihrer Logik stotternd der Vielfalt der Zeugnisse hinterherzuhinken.


{{SORTIERUNG:{{SUBPAGENAME}}}}
[[Kategorie: Religion]]
[[Kategorie:ZUM-Wiki-Buch Katholische Religionslehre]]
[[Kategorie: Sekundarstufe 1]]

Version vom 6. November 2019, 15:56 Uhr

Person und Individuum

Aufgabe

Auskunft über mich

  1. Gesetzt, du wärest vermisst, und man würde ein Steckbrief verfassen, um dich zu suchen. Was könnte in einem solchen Steckbrief stehen?
  2. Was steht in deinem Kinderausweis oder Schülerpass?
  3. Schreibe eine Kurzbiografie über eine prominente Persönlichkeit!
  4. Was schätzen deine Freunde und Freundinnen an dir?
  • Schau dir die Antworten auf die drei Fragen an und markiere die wichtigsten Unterschiede.


Zur Auswertung

Einige deiner Eigenschaften sind objektiv feststellbar, das heißt: Jeder wird bei Anwendung der richtigen Methode dasselbe herausfinden zum Beispiel über deine Größe, Augenfarbe, deine Fingerabdrücke, den genetischen Code.

Andere Eigenschaften kann man nur herausfinden, wenn man eine Weile gemeinsame Erlebnisse teilt: Ob du dich leicht aufregst oder entspannt bleibst, ob du freundlich bist oder abweisend, hilfsbereit oder faul, mutig oder feige.

Die meisten Menschen werden zustimmen, dass diese sozialen Eigenschaften mehr und Wichtigeres über dich aussagen als jene äußerlichen, objektiven Eigenschaften. Diese sozialen Eigenschaften sind aber beziehungsabhängig: Deine Freunde beurteilen dich vielleicht anders als die Lehrer.

Das lateinische Wort persona bedeutet ebenso wie das griechische Wort prosopon in der Grundbedeutung die Larve, die Maske des Schauspielers im Theater. Schon vor dem Christentum wurde der Begriff auch in übertragener Bedeutung gebraucht für den Stand eines Menschen in der Gesellschaft. Erst das Christentum jedoch hat den Begriff „Person“ zur zentralen Kategorie seines Menschen- und vor allem Gottesbildes werden lassen. Wie ist das gemeint?

Man kann nicht Personen aus einem Theaterstück in ein anderes versetzen: Der Versuch, William Shakespeares Figur der Julia in Star Wars mitspielen zu lassen, würde unsere Erkenntnisse über Julia nicht erweitern können; es entstünde ein neues Stück.

Übertragen wir diese Einsicht aus der Theaterwelt auf unser alltägliches Leben, kommen wir zu folgender Aussage:

Merke
Der Mensch wird zu dem, was er ist, durch Kontakte mit anderen, durch die sozialen Kontexte, in denen er jeweils seine Rolle spielt – Familie, Schulklasse, Clique, Betrieb, soziale Einrichtung.


Die Suche nach einem „Selbst“, das sich unabhängig von allen diesen Chancen und Herausforderungen definieren ließe, gerät zur blutleeren Abstraktion. Beispielsweise die Frage, wie ich mich verhalten hätte angesichts des Nationalsozialismus oder angesichts des Hexenwahns, ist nützlich als Vorbereitung auf moralische Grenzsituationen, die mir noch bevorstehen mögen, sie ist aber letztlich nicht beantwortbar. Denn es ist ein wesentliches Merkmal meines Ich, dass ich im Horizont meiner eigenen Geschichtsepoche lebe und lerne und denke.

Eine Möglichkeit über Gott zu sprechen

Es ist nun weder ganz richtig, dass jeder seines Glückes Schmied sei, noch ist es wahr, dass man alles hinnehmen müsse, wie es eben kommt.


Aufgabe

Wenn Du in ein paar Jahrzehnten eine Bilanz deines Lebens ziehst:

Unter welchen Umständen würdest du sagen, dass dein Leben gelungen ist, und unter welchen Bedingungen würdest Du sagen, dass dein Leben misslungen ist?

Die Herausforderungen und Chancen des Lebens, vor allem die Begegnungen mit Menschen, erscheinen zwar zunächst als zufällig, aber im Rückblick glaubt man manchmal einen geheimnisvollen Plan hinter den Wechselfällen des Schicksals zu erkennen, als sei es gerade mir wirklich von jemandem geschickt. Christen reden von der Vorsehung und der Fürsorge Gottes. Im Katechismus steht:

Zitat
In dem Maße, als sich ein Mensch auf Gottes Willen einlässt und sein Leben ändert, ändert sich auch sein „Schicksal“. Der Mensch, der mit Gott ins Einvernehmen kommt, kommt auch mit der Welt ins Einvernehmen.

Aber wer ist das: Gott? Woher beziehen die Menschen ihr Wissen von Gott?

Die Antwort, die geschichtlich wohl am weitesten zurückreicht, lautet:

Menschen erfahren Gott und erzählen davon.


Die Erzählungen von Gott führen dazu, dass man geeignete spirituelle Maßnahmen ergreift, die eine Gottesbegegnung wahrscheinlicher machen: Riten, Opfer, Gebete, Meditationen, Feiern, Tänze, Lieder. Die Vorstellung von guten und bösen Göttern bietet für den Menschen entscheidende Vorteile:

  • Es ist ein Unterschied, ob man nicht einschlafen kann in namenloser Angst oder ob man die Nacht damit verbringt wachend und betend mit einem Gott zu ringen (vgl. Gen 32). Wer hinter Donner und Blitz, Fluss und Berg, Tier und Pflanze Götter am Werke glaubt, der hat wenigstens etwas zu erzählen, vor allem jemanden, der ansprechbar ist, und der Schrecken, der zur Sprache zurückgefunden hat, ist schon halb ausgestanden (Hans Blumenberg).
  • Es ist nicht zuletzt ein Unterschied, ob man die toten Gefährten am Wegesrand zurücklässt und zu vergessen sucht, oder ob man einen Gedenkstein für sie aufstellen, ein ewiges Licht bei ihnen entzünden, sie einem Fährmann ins Jenseits anvertrauen kann. Denn wer die Ahnen vergisst, muss sich auch selbst für eine flüchtige Erscheinung halten.

Stimmt es aber auch, was von den Göttern erzählt wird? Stimmen wenigstens die Geschichten der Bibel? - Offenbar doch nicht!

Zitat

Lies Genesis 1,24-25: Gott sprach: Die Erde treibe hervor lebende Wesen nach ihrer Art, Herdentiere, Kriechtiere und die Wildtiere der Erde nach ihrer Art! Es geschah so. Gott formte die Wildtiere der Erde nach ihrer Art und die Herdentiere nach ihrer Art und alle Ackertiere nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war.



Aufgabe

Was berichtet die Bibel?

  • Die Erde bringt die Tiere hervor auf Gottes Befehl.
  • Gott formt die Tiere Art nach Art.

Sind die beiden Varianten miteinander kombinierbar?

Welche Variante lässt sich leichter mit der Evolutionstheorie vereinbaren?

Die Bibel mutet uns gleich in den ersten beiden Kapiteln drei verschiedene Versionen zu, wie und warum Gott die Tiere geschaffen hat: Nach Gen 1,24 bringt die Erde die Tiere auf Gottes Befehl hervor; nach Gen 1,25 formt Gott selbst die Tiere Art nach Art, und Gen 2,19 erzählt, dass Gott die Tiere erst nach dem Menschen geschaffen hat, damit dem nicht so langweilig wird.

Auch die Motive Gottes für die Sintflut werden nicht widerspruchsfrei dargestellt: Nach Gen 6,5-8 will Gott die ganze Welt vernichten aus Wut auf die Menschen und aus Wut auf sich selbst, weil er die Menschen überhaupt geschaffen hat. In Gen 6,13 erzählt Gott dem Noah, dass die Boshaftigkeit der Menschen ihre Vernichtung heraufbeschworen habe, dass aber Gott in seinem Erbarmen wenigstens den Noah und die Tiere retten will, damit die Welt nicht ganz untergeht.

Die Bibel ist kein Geschichtsbuch, sondern ein Religionsbuch.

An allen Ecken und Enden lassen sich in der Bibel Widersprüche aufzeigen, vor allem die Erfahrung der schrecklichen Macht und die Erfahrung der liebevollen Zuwendung Gottes stimmen offenbar nicht überein. Aber gerade die Widersprüche beweisen, dass der Text dem Menschen aus der Seele spricht: Wer sein Schicksal gerade jetzt so erlebt, dass er sich von Gott verworfen fühlt, dem kann man nicht mit dem billigen Trost kommen: Nein, nein, ich weiß es besser, Gott verwirft niemanden, es wird alles gut. Ein solcher Mensch muss durch die dunkle Nacht erst einmal hindurchgehen; man muss es ihm erlauben und sogar erleichtern, das Erlebnis Gott ist wütend auf mich auszusprechen. Dabei leistet die Bibel Hilfestellung, indem sie von Menschen erzählt und ihre Gebete überliefert, die ähnliches erlebt haben. Wer ein solches Erleben ausgehalten hat, darf darauf hoffen, dass er von seinen niederdrückenden Stimmungen einmal befreit wird; auch die Geschichte von der großen Flut endet mit dem im Regenbogen besiegelten Versprechen Gottes, dass die Erde niemals wieder vernichtet wird. (Gen 8,20-22)



Vergleich


Die Griechen haben versucht, mit ihren Mythen reinen Tisch zu machen und einen klaren widerspruchsfreien Begriff Gottes zu formulieren. Die Idee des Guten (Platon), das sich selbst denkende Denken, der unbewegte Beweger (Aristoteles), das Ur-Eine (Plotin), so einige der Vorschläge, wie man sich einen Gott denken könne. Immer größer erschien der Abstand zwischen Gott und der Welt, sodass sich für die stoische Schule der Gedanke nahelegte, die Götter lebten zwischen den Welten und haben mit uns überhaupt nichts zu tun, und es sei für uns völlig uninteressant zu den Göttern zu beten oder sie sonst wie zu verehren. Der Atheismus der Neuzeit fand da sein Vorbild.

Israel hat in seiner Heiligen Schrift auch für Philosophie Raum – etwa in den Büchern Kohelelet, Weisheit, Jesus Sirach - aber man hat die Gebete und Geschichten der anderen, gerade der armen und schlecht ausgebildeten Menschen, darüber nicht vernachlässigt. Vielfältige Gotteserfahrung wird in der Bibel authentisch überliefert. Der Schriftgelehrte hat die Spannungen zwischen den verschiedenen Vorstellungen von Gott nicht durch seine Logik zu verkleistern, sondern ernst zu nehmen und fruchtbar zu machen.

Von den Geschichten der Bibel zur Theologie der Dreifaltigkeit

Die biblische Überlieferung des Alten Bundes lässt sich sehr grob in drei Epochen einteilen:


ZEIT Thema Bücher
900-700 Kritik am König im Namen Gottes Amos, Jesaia
700-500 Politische Inanspruchnahme der JHWH-Religion führt zur Zerstörung Jerusalems Deuteronomium, Jeremia
500-100 Konsolidierung des Frühjudentums Tora, Psalmen
Lehrender christus.jpg

Mit der griechischen Übersetzung des Tanach, der jüdischen Heiligen Schriften, war schon ein wichtiger Schritt der Öffnung der JHWH-Religion getan; noch konsequenter missionierte das junge Christentum im griechisch-sprachigen Raum des römischen Reiches. Dabei sahen sich die Schülerinnen und Schüler der Apostel zwei Herausforderungen ausgesetzt:

  • Es galt, bei den Griechen deren Kultur des Denkens zu erlernen und einen eigenen Beitrag dazu zu leisten.
  • Aber die Christen bestanden weiterhin auf der Authentizität der in der Bibel gesammelten Erfahrungen von Gott. Sie ergänzten die Geschichten der Juden durch die frohe Botschaft über ihren Lehrer Jesus Christus, dessen Leben, Tod und Auferstehung; vor allem aber betrachteten sie die lebendige Erfahrung der Gemeinde Gottes als Norm aller Bemühungen des denkenden Geistes.

Das Christentum hat – nach der Methode der Philosophie - den Begriff „Person“ zur Deutung der Gottesvorstellung herangezogen. Diese Entwicklung ging aus von einem Erlebnis: Der Auferstehung Jesu von Nazaret. Ostern beginnt ein Prozess reflektierter Erfahrung in der christlichen Gemeinde, dessen Zwischenergebnis das Glaubensbekenntnis zum dreieinigen Gott, und dessen Fernwirkung die Geschichte der christlichen Theologie ist.


Merksatz
Das Urproblem, ohne das es nie eine christliche Theologie gegeben hätte, ist die Frage, wie man den Gottmenschen Jesus Christus angemessen beschreiben kann.

Denn wenn Gott, der ewige, alles beherrschende, die menschliche Natur annehmen kann, Person werden kann in einem historischen Drama, einer von uns, der sich mit uns freute und mit uns litt und unter uns starb, dann ist offenbar Personsein das Wesen Gottes selbst und daher die umfassendste Wirklichkeit, die es überhaupt gibt. Nicht nur uns zeigt sich Gott in den verschiedenen Situationen unseres Daseins, sondern in ihm selbst gibt es „Situationen“, gibt es Beziehung und Austausch. Selbstverständlich können wir uns die Gemeinschaft von drei Personen göttlichen Wesens nicht vorstellen. Um so wichtiger sind die Beispiele und Gleichnisse, durch die wir Gott zu vergegenwärtigen versuchen. In der Kinderkatechese ist der Klee beliebt mit seinen drei herzförmigen Blättchen oder ein Licht mit drei Flammen. Wer aber Gott begreifen will, darf nicht hängen bleiben bei der Veranschaulichung des Zahlenverhältnisses Eins zu Drei, sondern muss einsteigen in die Betrachtung des einzigen Ebenbildes Gottes auf dieser Erde (Gen 1,27):

Die innere Pluralität der menschlichen Person.

Beispiel


Wenn etwas Schönes passiert, kann man dazu sagen: Das freut mich, als wäre das Ereignis der Ursprung meiner Freude und ich selbst nur deren Objekt. Richtiger ist es zu sagen: Ich freue mich über das Ereignis. Dieser Satz stellt mich als Ursprung (Subjekt) und Ziel (Objekt) der Freude dar und das Erlebnis als bloßen Anlass. Das ist richtig, denn ich bin ja kein Hund, der zwar mit dem Schwanz wedelt, aber nicht weiß, dass er das aus Freude tut. Freude wird meine Reaktion auf ein Ereignis erst dadurch, dass ich sage oder wenigstens denke: Ich freue mich. Indem ich das sage, befinde ich mich aber in einer dreifachen Rolle:

  • Ich bin der Beobachter meiner Freude,
  • ich bin der, dessen Freude ich beobachte, und
  • ich bin die Einheit des Beobachtens und Erlebens, ein Subjekt unter anderen Subjekten, die erleben und erkennen und mit denen ich reden kann.

Daraus kann man lernen, wie Gott ist, wie er sich erleben und ansprechen lässt.

  • Gott spricht durch Menschen, durch die Propheten aller Zeiten und Völker, die den Menschen offenbarten, dass ihr letztes Ziel die Vollkommenheit in Gott ist. Gott wird angerufen als Heiliger Geist.
  • Gott kam als Mensch in die Welt, in allem uns gleich außer der Sünde (Kanon der Heiligen Messe). Jesus, der Gottmensch, wird zu Recht unter vielen Namen angerufen: Als Gesalbter (Christos, Messias) und Gesandter Gottes, als gehorsamer Sohn Gottes, als Retter und Erlöser, schließlich als ewiges Wort (Logos) ) Gottes; denn dasselbe Wort, welches uns im Ursprung ins Leben gerufen hat, hat auch verhindert, dass wir dem Tod durch unsere Schuld verfallen. Dieses Wort ist nach dem Tod und der Auferstehung Jesu für immer glaubwürdig: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,20,vgl. Ex 3,14)
  • Gott spricht zu Menschen. Dies ist die älteste Form der Gotteserfahrung, von der Beter aller Zeiten berichten, aber nachdem Gott als Mensch unter uns wohnte und der Geist Gottes unter uns Propheten erweckt hat, muss der Mensch sein Gegenüber neu begreifen lernen als Einheit seines Ursprungs und seiner Bestimmung, und dafür steht die zärtliche Anrede Gottes als Abba, lieber Vater. (vgl. Röm 8,14-17)

So erleben Menschen ihren Gott, seit sie denken können; sie beschimpfen ihn und sie jubeln über ihn; sie verzweifeln an ihm und vertrauen sich ihm voller Zuversicht an: Die Bibel bestätigt diese Erfahrungen, und der Theologie, der Glaubenswissenschaft bleibt nichts anderes übrig, als mit ihrer Logik stotternd der Vielfalt der Zeugnisse hinterherzuhinken.