Romantik und Klassik: Unterschied zwischen den Seiten

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{{Literatur/Epochen}}
[[Bild:Goetheschiller.gif|right]]
Die '''Romantik''' ist eine der Epochen der deutschen '''Literatur und der Kunstgeschichte'''. Sie reicht vom Ende des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts und wird oft in Früh-, Hoch- und Spätromantik eingeteilt. Eine andere Einteilung orientiert sich an zentralen Orten, an denen wichtige Vertrter der Romantik gelebt und geschrieben haben: Hier spricht man von Heidelberger, Jenaer und Berliner Romantik.  
Der Begriff '''Klassik''' bezeichnet eine [[Deutsch/Epoche|Epoche der deutschen Literatur]].


== Unterrichtsideen ==
==Zum Begriff „klassisch“==
{{Box|ROMANTIK für Einsteiger|
[[Datei:Caspar David Friedrich 023.jpg|250px|right|Kreidefelsen auf Rügen - [[Caspar David Friedrich]], 1818]]


Sieben Einstiege in die Epoche - für Arbeitsgruppen:
1. gleichbedeutend wie „mustergültig“, allgemeingültig, vorbildhaft und „zeitlos“


Erforsche Dich selbst:
2. bezeichnet kunst- bzw. literaturgeschichtliche Epochen, in denen versucht wird, sich an den Vorbildern der griechisch-römischen Antike zu orientieren.
# Malen / verfertigen Sie ein romantisches Bild und stellen es vor. Was romantisch ist, bestimmen Sie selbst. (=> Plakat, Folie, PPP)
# Verfassen Sie ein romantisches Gedicht und stellen es vor. (=> Plakat mit Vortrag)
# Werbung: Untersuchen Sie, in welchen Kontexten der Begriff „romantisch“ verwendet wird und welches Versprechen er enthält? (-> Plakat und Kurzvortrag)


Recherchiere und Formuliere:
3. Name für eine 10-jährige Phase der Zusammenarbeit von J.W. [[Goethe]] und F. [[Schiller]] (1795-1805), die mit Schillers Tod endet und lokal mit der Residenzstadt [[Weimar]] und der naheliegenden Universität Jena verknüpft ist, darum auch der Begriff Weimarer Klassik, der später im Kaiserreich zur „Deutschen Klassik“ verklärt wurde in dem Bedürfnis, dem neugegründeten Deutschen Reich (nach 1871) eine nationale Identität und respektable Vergangenheit zu verschaffen.
# Begriffsklärungen: Recherchieren Sie die Begriffe „Roman“ und „Romanze“ (=> Kurzvortrag und Vorschlag für Hefteintrag)
# Begriffsklärung: Erarbeiten Sie eine Kurzcharakteristik des Epochenbegriffs „(Deutsche) Romantik“ (=> Kurzvortrag und Vorschlag für Hefteintrag)
# Romantik in der (deutschen) Musik-Geschichte: Namen, Themen, Gattungen, Beispiele
# Stellen Sie ein Gemälde von [[Caspar David Friedrich]] vor (=> Kurzvortrag mit Bildbeschreibung)


}}
Dieses  „Klassik-Projekt“ der beiden Weimarer Dichter ist als eine von mehreren intellektuellen Reaktionsweisen auf die [[Geschichte/Aufklärung|Aufklärung]] und die [[Französische Revolution]] zu begreifen:


== Bekannte Bilder ==
==Von der Aufklärung zur Weimarer Klassik==
<small>(im Wesentlichen nach: Deutsche Literaturgeschichte, Verlag J.B. Metzler 1992 S.155 ff)</small>


=== Caspar David Friedrich ===
* Die '''[[Aufklärung]]''' hatte zum Ziel die Befreiung des Menschen aus den Fesseln von religiösen Aberglauben und politischer Bevormundung.


{{Siehe|Caspar David Friedrich}}
* Philosophischer Ausgangspunkt war die Idee einer allgemeinen Vernunft, die allen Menschen gleichermaßen zu Gebote steht und von der vollständigen Gebrauch zu machen jeder aufgefordert ist.
<gallery>
Datei:Caspar David Friedrich 040.jpg|Tetschener Altar (Kreuz im Gebirge) (1807/08)
Datei:Caspar David Friedrich 023.jpg|Kreidefelsen auf Rügen (1818)
Datei:Caspar David Friedrich 032.jpg|Der Wanderer über dem Nebelmeer (1818)
Datei:Caspar David Friedrich 018.jpg|Frau im Fenster (1822)
Datei:Caspar David Friedrich 013.jpg|Die Lebensstufen (um 1835)
</gallery>


== Literatur der Romantik ==
* Dieser Vernunftgebrauch führt zur vorurteilsfreien Kritik aller Traditionen, Herrschaftsformen und gesellschaftlichen Instutionen (Adel und Kirche). Kritik bedeutet im [[Kant]]schen Sinne: Die Bedingungen der Möglichkeit für die Existenz einer Sache müssen analysiert werden.         


{{Box|Begriffe|
<center><big>&dArr;</big></center>
:'''Romantik''', im Rahmen der dt. Literaturgeschichte Epochenbegriff für den Zeitraum von etwa 1795 bis 1830/40. Das Wort '''›romantisch‹''' war im 18. Jh. vorwiegend im Sinn des Phantastischen, Romanhaften, Märchenhaften gebraucht worden. In der R. erhielten diese Bedeutungen nicht nur einen positiven Sinn; sie wurden auch um neue Nuancen erweitert. ›Romantisch‹ erscheint als eine Sehweise, die das Gewöhnliche, Alltägliche überhöht: »Die Welt muss romantisiert werden«
                               
:Zugleich wurde ›romantisch‹ als Epochenbezeichnung und Gegenbegriff zum Klassischen, d. h. Antiken eingesetzt: ›Romantisch‹ in diesem Sinn heißt ›nicht-klassisch‹, ›modern‹ und bezieht sich auf die Dichtung des christlichen MA, die Literaturen Italiens und Spaniens (Dante, Petrarca, Calderón, Cervantes) und nicht zuletzt auf Shakespeare und Goethe.
* Dann kam das Jahr [[1789]] und die  ERSTÜRMUNG DER BASTILLE  in Paris.  
:Volker Meid: Sachwörterbuch zur Deutschen Literatur, Reclam-CD, Jahr 1999, S. 945|Zitat}}
:Dieses Ereignis erschien als logische Konsequenz der Aufklärung.


*Beispiel für ein Unterrichtsprojekt: [http://romantischeschule.wordpress.com/ '''Romantische Schule'''] - in einem Blog. Nicht nur der Titel enthält romantische Ironie.
<center><big>&dArr;</big></center>


==Namen und Orte==
* Und es kam das Jahr 1792 mit der HINRICHTUNG LOUIS XVI., den SEPTEMBERMORDEN und der Schreckensherrschaft der JAKOBINER. Bei den meisten deutschen Intellektuellen führt dies zur Ernüchterung und Abwendung von der politischen Ereignissen in Frankreich. So kann die Gesellschaft nicht verändert werden! Wie dann? Und welche Rolle kann die Literatur für die gesellschaftliche Veränderung spielen? Allgemeiner: Wie ist das Verhältnis von Kunst und Politik zu bestimmen?
{{Box|Jena, Heidelberg, Berlin|
{{pdf|Uebersicht.pdf|Zahlen - Namen - Orte - Themen: Eine Übersicht zum Vervollständigen}}:
[[Bild:Uebersicht-Romantik.gif|450px|thumb]]|Üben}}
<!--
* [[Clemens Brentano]] - [[Achim von Arnim]] - [[Novalis|Friedrich von Hardenberg]] - [[Ludwig Tieck]]
* [[Joseph von Eichendorff]] - [[E.T.A. Hoffmann]] - [[Adelbert von Chamisso]]
* [[Heinrich von Kleist]] - [[Heinrich Heine]] -->


==Romantik: Aufklärung in der Krise==
Drei Antworten wurden gegeben:
{{Box|Übersicht|
Vor- und Zwischenstufen:
*Jean-Jacques ROUSSEAUS' Zivilisationskritik,
*die Empfindsamkeit des Sturm & Drang (Vernunftkritik, Geniekult)
*und die erniedrigenden Folgen der Französischen Revolution für Deutschland (Besetzung und militärische Niederlage)
führen bei vielen Intellektuellen zu Zweifeln und zur Absage an die Ideale der Aufklärung:
# Kritik an der Reglementierung ''bürgerlichen Lebens'' durch (ökonomischen) Zweckrationalismus und Erfolgsdenken (Kritik des "Krämergeistes" und des "Philistertums")
# Kritik an der aufklärerischen Naturbetrachtung: Natur ist nur Objekt, d.h. Gegenstand des Mach- und Berechenbaren, dem der Mensch sich nicht zugehörig oder verpflichtet fühlen muss.
# Kritik an einem Vernunftbegriff, der alle Phantasie und Intuition als Schwärmerei verwirft.


Diese Aufklärung führt in den Augen der Romantiker zur
1. Die Literatur soll sich in den Dienst von Politik und Revolution stellen
: ENTZAUBERUNG DER WELT,
:=> LITERARISCHER JAKOBINISMUS
:demgegenüber will die Romantik den im Menschen und in der Natur verborgenen Zauber wieder aufspüren:
:"Eben auf dem Dunkel, worin sich die Wurzel unseres Daseins verliert, ... beruht der Zauber des Lebens, dies ist die Seele aller Poesie." (August Wilhelm Schlegel)       


Für die Romantiker gilt:
2. Die Literatur muss autonom sein und ihr eigenes politisches Programm umsetzen:  
* Der MENSCH ist Teil der Natur: einer unergründlichen, unbegreifbaren Natur (irrational, weil nicht ausrechenbar) Folglich ist auch
:nicht durch die Revolution dürfen die Verhältnisse geändert werden, sondern durch die Erziehung des Volkes zu sittlichem Handeln z.B. auf der "Bühne als moralischer Anstalt" ([[F. Schiller]])
* die SEELE des Menschen ist voller Abgründe und Tiefe, welche sich im Traum, im Wahnsinn, im Somnambulismus manifestieren
:=> Weimarer KLASSIK: [[J.W. Goethe]], [[F. Schiller]], [[F. Hölderlin]]
* auch ein VOLK hat eine (kollektive) Seele: Zeugnisse dieser Volksseele sind Volkspoesie, Volksmärchen und Volkslieder ( Nationalismus, Deutschtümelei, Mittelaltersehnsucht )|Merksatz}}


{{Box|Programmatisches|
3. Kunst hat keine soziale Funktion, sie dient der Poetisierung des Lebens und nicht der Politisierung
:Die romantische Poesie ist eine '''progressive Universalpoesie'''. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen, und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will, und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig und gesellig, und das Leben und die Gesellschaft poetisch machen, den Witz poetisieren, und die Formen der Kunst mit gediegnem Bildungsstoff jeder Art anfüllen und sättigen und durch die Schwingungen des Humors beseelen. Sie umfasst alles, was nur poetisch ist, vom größten ... System der Kunst, bis zu dem Seufzer, dem Kuss, den das dichtende Kind aushaucht in kunstlosen Gesang. ... Die Kunst ist der höchsten und allseitigsten Bildung fähig; nicht bloß von innen heraus, sondern auch von außen hinein.  ... Andre Dichtarten sind fertig und können nun vollständig zergliedert werden. Die romantische Dichtart ist noch im Werden, ja das ist ihr eigentlichstes  Wesen, dass sie ewig nur werden, nie vollendet sein kann.  ... Sie allein ist unendlich, weil sie allein frei ist, und das als ihr erstes Gesetz anerkennt, dass die Willkür des Dichters kein Gesetz über sich leide. Die romantische Dichtart ist die einzige, die mehr als Art, und gleichsam die  Dichtkunst selbst ist: denn in gewissem Sinn ist oder soll alle Poesie romantisch sein.
:=> '''[[Romantik]]'''; [[F.v. Hardenberg]] ([[Novalis]]), [[L. Tieck]], [[Brüder Grimm]], [[A.v. Arnim]], [[C.v. Brentano]], [[J.v. Eichendorff]]


:Friedrich Schlegel: Athenäums-Fragment 116 (1798), zitiert nach: [http://www.zeno.org/Literatur/M/Schlegel,+Friedrich/Fragmentensammlungen/Fragmente "Zeno.org. Meine Bibliothek"]
==Grundgedanken der Weimarer Klassik==


:'''Die Welt muß romantisiert werden'''. So findet man den ursprünglichen Sinn wieder. Romantisieren ist nichts, als eine qualitative Potenzierung. Das niedre Selbst wird mit einem bessern Selbst in dieser Operation identifiziert. So wie wir selbst eine solche qualitative Potenzreihe sind. ... Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe  so romantisiere ich es - Umgekehrt ist die Operation für das Höhere, Unbekannte, Mystische, Unendliche - dies wird durch diese Verknüpfung logarithmisiert - Es bekommt einen geläufigen Ausdruck.
ausgeführt am Beispiel von [[Friedrich Schiller]]s "Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen" (1794/5):


:Novalis (Friedrich v. Hardenberg): Logologische Fragmente, Vorarbeiten 1798, Fragment 105, zitiert nach [http://www.goethezeitportal.de/wissen/projektepool/intermedialitaet/intermedialitaet-romantik.html "www.goethezeitportal.de"]|Zitat}}
Ausgangspunkt ist die Kritik der schlechten Gegenwart, die mit jenen glücklichen Zeiten der Griechen  kontrastiert wird: Die Menschen heute haben ihre "Totalität" verloren, sie sind nur noch Rädchen und Schräubchen des seelenlosen "Uhrwerkes" Staat. Darin herrscht Arbeitsteilung, der Mensch kann die Gesamtheit seiner Anlagen nicht mehr ausbilden, sondern muss sich spezialisieren, d.h. auf eine bestimmte (möglicherweise ihm fremde) Zweckmäßigkeit reduzieren. '''Der Mensch ist sein Amt!''' (6. Brief über die ästhetische Erziehung des Menschen)
Hierzu auch eine Stelle aus [[Friedrich Hölderlin]]s Briefroman '''Hyperion''':
:"So kam ich unter die Deutschen. (...) Es ist ein hartes Wort und dennoch sag ich´s, weil es die Wahrheit ist: ich kann kein Volk mir denken, das zerrißner wäre, wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen. Denker, aber keine Menschen, Priester, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen - ist das nicht wie Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstückelt untereinander liegen, indessen das vergoßne Blut im Sande zerrinnt!"  


==Klassik und Romantik==
Aus dem Gegensatz von
{|cellpadding=5 cellspacing=5
:'''SINNLICHKEIT    und     VERSTAND'''
!bgcolor=#ffeedd|Klassik
folgt das Grundproblem:
!bgcolor=#ddeeff|Romantik
*Wie wird der sinnliche Mensch vernünftig und umgekehrt? 
|-
*Wie wird er moralisch veredelt?
|bgcolor=#ffeedd|Alleiniges Zentrum: WEIMAR||bgcolor=#ddeeff| mehrere städtische Zentren: Berlin, Jena, Heidelberg
Die Antwort lautet:
|-
:Durch die Kunst!
|bgcolor=#ffeedd|Hauptsächliche Protagonisten: Goethe und Schiller ||bgcolor=#ddeeff|Vielfalt von unabhängigen Autoren, Zirkeln und „Schulen“: Heidelberger und Jenaer Romantik, Berliner Romantik, Schwäbische Schule
Begründung:  
|-
:Kunst ist freies SPIEL im Reich des ästhetischen Scheins -  
|bgcolor=#ffeedd|Affinität zum Adel (geadelte Bürger: v. Goethe)<br /> Veredelung des Bürgerlichen durch die Lebensart des Adels siehe Goethes „Wilhelm Meister“||bgcolor=#ddeeff|Bürgerlicher Hintergrund bzw. verbürgerlichter Adel<br /> Antibürgerliche Haltung: Philister-Kritik und Beschäftigung mit >Volkshaftem<:<br />
:Frei von  aller Zweckhaftigkeit und Herrschaft spielt der Mensch mit Modellen des versöhnten Lebens.
[[Märchen]], Liedern, Sagen, Volksglauben (Grimms Märchen, Des Knaben Wunderhorn, Hauffs Märchen)
|-
|bgcolor=#ffeedd|Vorbildwirkung der [[Antike]] ||bgcolor=#ddeeff| [[Mittelalter]]sehnsucht (Deutsches Kaiserreich)
|-
|bgcolor=#ffeedd|religiöse Skepsis  ||bgcolor=#ddeeff|Hinwendung zur Religion (Katholizismus)
|-
|bgcolor=#ffeedd|Rationalisierung des Mythos ||bgcolor=#ddeeff|  Wiedergewinnung eines >neuen Mythos<: Volksseele, Nationalidee, Fernöstliches (Sanskrit)
|-
|bgcolor=#ffeedd|Programm: Verstand und Gefühl harmonisieren ||bgcolor=#ddeeff|Die Kräfte der Phantasie und Intuition freisetzen:<br />Entdeckung der >dunklen Seele<, der Nachtseiten des Daseins (das „Unbewusste“ z.B. bei [[E.T.A. Hoffmann]])
|-
|bgcolor=#ffeedd|geschlossene literarische Formen: <br />Klassisches Drama, antike Versmaße und Formen (Elegie, Distichon, Blankvers) ||bgcolor=#ddeeff| offene Formen, Experimente, Fragmente, Satire, frei-rhythmische Gesänge (Novalis: Hymnen an die Nacht)<br /> aber auch volkstümliche-einfache Liedformen ([[Eichendorff]], Wilhelm Müller, Brentano, Ludwig Uhland)
|}
(Nach „Deutsche Literaturgeschichte“, Verlag J.B. Metzler 1992, S.174ff)


== Romantische Motive ==
Zusammenfassend
=== Philister-Kritik===
# Die moralische Verbesserung des Menschen ist nur möglich durch AUSGLEICH zwischen der sinnlichen und der rationalen Natur des Menschen. Deren Auseinanderklaffen, das sich in Arbeitsteilung, Funktionalisierung und Entfremdung äußert, ist der Grund aller gesellschaftlichen Mißstände!
Ein interessantes und für die romantische Welthaltung typisches Phänomen ist das (Zerr-)Bild des Philisters, also des Spießers und bürgerlichen Kleingeistes. Portraits dieses Typus' finden sich bei Brentano ("Der Spießer" 1811), in Eichendorffs "Taugenichts" oder in den Reisebeschreibungen ("Harzreise") und Gedichten von Heinrich Heine ("Buch der Lieder"). Hierzu:
# Der Schriftsteller kann diesen Ausgleich idealtypisch im Kunstwerk vorwegnehmen und gestalten. Der "klassische Held" verkörpert die Harmonie von Sinnlichkeit und Rationalität, von Gefühl und Verstand, von Natur und Geist. Er führt dem Publikum Möglichkeiten der sittlichen Vervollkommnung vor Augen.
* {{zum|http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/spiesser/index.html Spießer in der Literatur|}}
# Der Künstler ist zugleich Erzieher, das Theater eine moralische Erziehungsanstalt und das Schauspiel eine moralische Veranstaltung, in der die Versöhnung von Ideal und Wirklichkeit vorgeführt wird.
:Wären wir nicht gerne ganz normal und ein wenig spießig? Das ist die Frage.
#Konsequenzen für die KUNST bei Schiller und Goethe:
:Darum werden zunächst einige Begriffe geklärt: Spießer, Spießbürger und Philister
:* Verzicht auf unmittelbaren Realitätsbezug und politische Wirkung
:In einem weiteren Schritt tauchen wir in das Selbstverständnis der deutschen Romantik (und Vor-Romantik) ein: Der Bürger ist der Spießer, der Künstler das Genie.
:* utopisch vorgreifende Idealisierung der Wirklichkeit
:* Abschied vom >Bürgerlichen Trauerspiel< (Kabale und Liebe, Räuber) und Wahl historischer oder mythologischer Stoffe (Don Carlos, Iphigenie)
:* Abkehr von Shakespeare (Goethe), Wendung zum französischen Klassizismus und Suche nach geschlossenen, harmonisch ausgewogenen Kunstformen (die klassischen drei Einheiten), innerer Gedankenreichtum bei äußerer Handlungsarmut, gehobene Sprache in klassischen Versmaßen, z.B.Hexameter.


=== Wanderlust ===
Schillers Rat an die Dichter lautet:
* {{zum|http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/naturlyrik/index5.htm Natur & Lyrik: Wandern, Lustwandeln und Spazierengehen|}}
:"... aber wie kann sich unter den Einflüssen einer barbarischen Staatsverfassung der Charakter veredeln? Man müßte also zu diesem Zwecke ein Werkzeug aufsuchen, welches der Staat nicht hergibt, und Quellen dazu eröffnen, die sich bei aller politischen Verderbnis rein und lauter erhalten (...) Dieses Werkzeug ist die schöne Kunst, diese Quellen eröffnen sich in ihren unsterblichen Mustern (...) Der Künstler ist zwar der Sohn seiner Zeit, aber schlimm für ihn, wenn er zugleich noch ihr Zögling oder gar noch ihr Günstling ist. Eine wohltätige Gottheit reiße den Säugling beizeiten von seiner Mutter Brust, nähre ihn mit der Milch eines besseren Alters und lasse ihn unter fernem griechischen Himmel zur Mündigkeit reifen. Wenn er dann Mann geworden ist, so kehre er, eine fremde Gestalt, in sein Jahrhundert zurück (...) um es zu reinigen (...) Verjage die Willkür, die Frivolität, die Rohigkeit aus der Menschen Vergnügungen, so wirst du sie unvermerkt auch aus ihren Handlungen, endlich aus ihren Gesinnungen verbannen. Wo du sie findest, umgib sie mit edeln, mit großen, mit geistreichen Formen, schließe sie ringsum mit den Symbole des Vortrefflichen ein, bis der Schein die Wirklichkeit und die Kunst die Natur überwindet." (9. Brief über die ästhetische Erziehung des Menschen)


=== Mittelaltersehnsucht ===
== In der Wikipedia ==
{{wpd|Weimarer Klassik}}


{{Box|Kaiser, Ritter und Gespenster|
==Siehe auch==
Heinrich von Kleist schildert in einem Brief an die Verlobte einen Besuch in der Würzburger Lesebibliothek:


:„Wir wünschen ein paar gute Bücher zu haben.“ – Hier steht die Sammlung zu Befehl.
* [[Epochen der deutschen Literatur]]
:„Etwa von Wieland.“ – Ich zweifle fast.
* [[Goethe]]
:„Oder von Schiller, Goethe.“ – Die möchten hier schwerlich zu finden sein.
* [[Schiller]]
:„Wie? Sind alle diese Bücher vergriffen? Wird hier so stark gelesen?“ – Das eben nicht.
:„Wer liest denn hier eigentlich am meisten?“ – Juristen, Kaufleute und verheiratete Damen.
:„Und die unverheirateten?“ – Sie dürfen keine fordern.
:„Und die Studenten?“ – Wir haben Befehl ihnen keine zu geben.
:„Aber sagen Sie uns, wenn so wenig gelesen wird, wo in aller Welt sind denn die Schriften Wielands, Goethes, Schillers?“ – Halten zu Gnaden, diese Schriften werden hier gar nicht gelesen.
:„Also Sie haben sie gar nicht in der Bibliothek?“ – Wir dürfen nicht.
:„Was stehn  denn eigentlich für Bücher hier an diesen Wänden?“ – Rittergeschichten, lauter Rittergeschichten, rechts die Rittergeschichten mit Gespenstern, links ohne Gespenster, nach Belieben.
:„So, so.“


An Wilhelmine von Zenge, Würzburg, den 13. (-18.) September 1800, zitiert nach [http://gutenberg.spiegel.de/buch/briefe-7043/2 Bibliothek Gutenberg]|Zitat}}


=== Fantasie- und Gegenwelten===
[[Kategorie:Klassik|!]]
* Märchen, Lokalsagen und Lieder
* Bergwerke und unterirdische Reiche
 
=== Wahn und Wahnsinn ===
* Doppelgänger, Revenants und Automaten
* Traum- und Geisterwelten
 
* siehe z.B. {{zum|http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/eta_hoffmann/eta_serapion.htm E.T.A. Hoffmanns Geschichte von '''Serapion''', dem ver-rückten Einsiedler|}}
 
== Materialien ==
 
*{{zum|http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/romantik/ Romantik und Gedichtinterpretation|}} - allgemeine Hinweise zur Gedichtinterpretation und Beispielinterpretationen von romantischen Gedichten (K. Dautel)
 
* [http://www.schule-bw.de/faecher-und-schularten/sprachen-und-literatur/deutsch/unterrichtseinheiten/epoch2/romantik Die Epoche der Romantik] - zu erarbeiten in sechs Schritten.
:Die Reihe "Epochen" auf dem Landesbildungsserver Ba-Wü gibt Anregungen für das selbstständige Erarbeiten einer literarischen Epoche. Die Epochen Barock, Aufklärung, Sturm und Drang, Romantik können in mehreren Arbeitsschritten und dank systematisch geordneter Materialien (vorrangig Primärtexte) erarbeitet und präsentiert werden (M. Breddin)
 
'''Epochendarstellungen im Internet:'''
 
* [http://www.goethezeitportal.de/wissen/projektepool/intermedialitaet/intermedialitaet-romantik.html Intermedialität und Synästhesie in der Literatur der Romantik] - im "Goethezeitportal"
 
* [http://www.einladung-zur-literaturwissenschaft.de/index.php?option=com_content&view=article&id=452%3A10-3-romantik&catid=47%3Akapitel-10&Itemid=55 Einladung zur Literaturwissenschaft] - Ein Vertiefungsprogramm zum Selbststudium, Universität Duisburg-Essen
 
* [https://www.pohlw.de/literatur/epochen/romantik/ Romantik Literaturepoche Merkmale, Autoren & Werke]
:www.Pohlw.de - Homepage für Deutsche Literaturgeschichte, Methodentraining, Arbeitstechniken und um das Lernen zu lernen. Verantwortlich: Kevin Görner.
 
== Lyrik der Romantik ==
 
{{Siehe|Lyrik der Romantik}}
 
== Siehe auch ==
 
* [[Epochen der deutschen Literatur]]
 
 
[[Kategorie:Deutsch]]
[[Kategorie:ZUM2Edutags]]<metakeywords>ZUM2Edutags,ZUM-Wiki,ZUM.de,OER,Romantik,Kunst der Romantik,Literatur der Romantik,Epoche,Deutsch,Literatur,Kunst</metakeywords>

Version vom 12. Februar 2009, 14:49 Uhr

Goetheschiller.gif

Der Begriff Klassik bezeichnet eine Epoche der deutschen Literatur.

Zum Begriff „klassisch“

1. gleichbedeutend wie „mustergültig“, allgemeingültig, vorbildhaft und „zeitlos“

2. bezeichnet kunst- bzw. literaturgeschichtliche Epochen, in denen versucht wird, sich an den Vorbildern der griechisch-römischen Antike zu orientieren.

3. Name für eine 10-jährige Phase der Zusammenarbeit von J.W. Goethe und F. Schiller (1795-1805), die mit Schillers Tod endet und lokal mit der Residenzstadt Weimar und der naheliegenden Universität Jena verknüpft ist, darum auch der Begriff Weimarer Klassik, der später im Kaiserreich zur „Deutschen Klassik“ verklärt wurde in dem Bedürfnis, dem neugegründeten Deutschen Reich (nach 1871) eine nationale Identität und respektable Vergangenheit zu verschaffen.

Dieses „Klassik-Projekt“ der beiden Weimarer Dichter ist als eine von mehreren intellektuellen Reaktionsweisen auf die Aufklärung und die Französische Revolution zu begreifen:

Von der Aufklärung zur Weimarer Klassik

(im Wesentlichen nach: Deutsche Literaturgeschichte, Verlag J.B. Metzler 1992 S.155 ff)

  • Die Aufklärung hatte zum Ziel die Befreiung des Menschen aus den Fesseln von religiösen Aberglauben und politischer Bevormundung.
  • Philosophischer Ausgangspunkt war die Idee einer allgemeinen Vernunft, die allen Menschen gleichermaßen zu Gebote steht und von der vollständigen Gebrauch zu machen jeder aufgefordert ist.
  • Dieser Vernunftgebrauch führt zur vorurteilsfreien Kritik aller Traditionen, Herrschaftsformen und gesellschaftlichen Instutionen (Adel und Kirche). Kritik bedeutet im Kantschen Sinne: Die Bedingungen der Möglichkeit für die Existenz einer Sache müssen analysiert werden.
  • Dann kam das Jahr 1789 und die ERSTÜRMUNG DER BASTILLE in Paris.
Dieses Ereignis erschien als logische Konsequenz der Aufklärung.
  • Und es kam das Jahr 1792 mit der HINRICHTUNG LOUIS XVI., den SEPTEMBERMORDEN und der Schreckensherrschaft der JAKOBINER. Bei den meisten deutschen Intellektuellen führt dies zur Ernüchterung und Abwendung von der politischen Ereignissen in Frankreich. So kann die Gesellschaft nicht verändert werden! Wie dann? Und welche Rolle kann die Literatur für die gesellschaftliche Veränderung spielen? Allgemeiner: Wie ist das Verhältnis von Kunst und Politik zu bestimmen?

Drei Antworten wurden gegeben:

1. Die Literatur soll sich in den Dienst von Politik und Revolution stellen

=> LITERARISCHER JAKOBINISMUS

2. Die Literatur muss autonom sein und ihr eigenes politisches Programm umsetzen:

nicht durch die Revolution dürfen die Verhältnisse geändert werden, sondern durch die Erziehung des Volkes zu sittlichem Handeln z.B. auf der "Bühne als moralischer Anstalt" (F. Schiller)
=> Weimarer KLASSIK: J.W. Goethe, F. Schiller, F. Hölderlin

3. Kunst hat keine soziale Funktion, sie dient der Poetisierung des Lebens und nicht der Politisierung

=> Romantik; F.v. Hardenberg (Novalis), L. Tieck, Brüder Grimm, A.v. Arnim, C.v. Brentano, J.v. Eichendorff

Grundgedanken der Weimarer Klassik

ausgeführt am Beispiel von Friedrich Schillers "Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen" (1794/5):

Ausgangspunkt ist die Kritik der schlechten Gegenwart, die mit jenen glücklichen Zeiten der Griechen kontrastiert wird: Die Menschen heute haben ihre "Totalität" verloren, sie sind nur noch Rädchen und Schräubchen des seelenlosen "Uhrwerkes" Staat. Darin herrscht Arbeitsteilung, der Mensch kann die Gesamtheit seiner Anlagen nicht mehr ausbilden, sondern muss sich spezialisieren, d.h. auf eine bestimmte (möglicherweise ihm fremde) Zweckmäßigkeit reduzieren. Der Mensch ist sein Amt! (6. Brief über die ästhetische Erziehung des Menschen)

Hierzu auch eine Stelle aus Friedrich Hölderlins Briefroman Hyperion:

"So kam ich unter die Deutschen. (...) Es ist ein hartes Wort und dennoch sag ich´s, weil es die Wahrheit ist: ich kann kein Volk mir denken, das zerrißner wäre, wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen. Denker, aber keine Menschen, Priester, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen - ist das nicht wie Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstückelt untereinander liegen, indessen das vergoßne Blut im Sande zerrinnt!"

Aus dem Gegensatz von

SINNLICHKEIT und VERSTAND

folgt das Grundproblem:

  • Wie wird der sinnliche Mensch vernünftig und umgekehrt?
  • Wie wird er moralisch veredelt?

Die Antwort lautet:

Durch die Kunst!

Begründung:

Kunst ist freies SPIEL im Reich des ästhetischen Scheins -
Frei von aller Zweckhaftigkeit und Herrschaft spielt der Mensch mit Modellen des versöhnten Lebens.

Zusammenfassend

  1. Die moralische Verbesserung des Menschen ist nur möglich durch AUSGLEICH zwischen der sinnlichen und der rationalen Natur des Menschen. Deren Auseinanderklaffen, das sich in Arbeitsteilung, Funktionalisierung und Entfremdung äußert, ist der Grund aller gesellschaftlichen Mißstände!
  2. Der Schriftsteller kann diesen Ausgleich idealtypisch im Kunstwerk vorwegnehmen und gestalten. Der "klassische Held" verkörpert die Harmonie von Sinnlichkeit und Rationalität, von Gefühl und Verstand, von Natur und Geist. Er führt dem Publikum Möglichkeiten der sittlichen Vervollkommnung vor Augen.
  3. Der Künstler ist zugleich Erzieher, das Theater eine moralische Erziehungsanstalt und das Schauspiel eine moralische Veranstaltung, in der die Versöhnung von Ideal und Wirklichkeit vorgeführt wird.
  4. Konsequenzen für die KUNST bei Schiller und Goethe:
  • Verzicht auf unmittelbaren Realitätsbezug und politische Wirkung
  • utopisch vorgreifende Idealisierung der Wirklichkeit
  • Abschied vom >Bürgerlichen Trauerspiel< (Kabale und Liebe, Räuber) und Wahl historischer oder mythologischer Stoffe (Don Carlos, Iphigenie)
  • Abkehr von Shakespeare (Goethe), Wendung zum französischen Klassizismus und Suche nach geschlossenen, harmonisch ausgewogenen Kunstformen (die klassischen drei Einheiten), innerer Gedankenreichtum bei äußerer Handlungsarmut, gehobene Sprache in klassischen Versmaßen, z.B.Hexameter.

Schillers Rat an die Dichter lautet:

"... aber wie kann sich unter den Einflüssen einer barbarischen Staatsverfassung der Charakter veredeln? Man müßte also zu diesem Zwecke ein Werkzeug aufsuchen, welches der Staat nicht hergibt, und Quellen dazu eröffnen, die sich bei aller politischen Verderbnis rein und lauter erhalten (...) Dieses Werkzeug ist die schöne Kunst, diese Quellen eröffnen sich in ihren unsterblichen Mustern (...) Der Künstler ist zwar der Sohn seiner Zeit, aber schlimm für ihn, wenn er zugleich noch ihr Zögling oder gar noch ihr Günstling ist. Eine wohltätige Gottheit reiße den Säugling beizeiten von seiner Mutter Brust, nähre ihn mit der Milch eines besseren Alters und lasse ihn unter fernem griechischen Himmel zur Mündigkeit reifen. Wenn er dann Mann geworden ist, so kehre er, eine fremde Gestalt, in sein Jahrhundert zurück (...) um es zu reinigen (...) Verjage die Willkür, die Frivolität, die Rohigkeit aus der Menschen Vergnügungen, so wirst du sie unvermerkt auch aus ihren Handlungen, endlich aus ihren Gesinnungen verbannen. Wo du sie findest, umgib sie mit edeln, mit großen, mit geistreichen Formen, schließe sie ringsum mit den Symbole des Vortrefflichen ein, bis der Schein die Wirklichkeit und die Kunst die Natur überwindet." (9. Brief über die ästhetische Erziehung des Menschen)

In der Wikipedia

Vorlage:Wpd

Siehe auch